Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis

Psalm 90

Einleitend ist zunächst einiges aus dem Inhalt des Psalms vorweggenommen, was ihn als Ganzes charakterisiert. Gott wird hier beschrieben als der Unwandelbare und über allem hoch Erhabene. Er ist ewig Derselbe, herrlich in Heiligkeit und Gerechtigkeit (2. Mo 15,11; Off 4,8.9; 15,4). Als der Schöpfergott ist Er vor allem Geschaffenen da, denn Er steht außerhalb der Zeit und über den Dingen (Joh 1,1–3). Sie sind ja durch Seine Weisheit und nach Seinem Willen entstanden (Spr 3,19f; 1. Kor 15,38; Off 4,11). Als der ewig Seiende gebietet Er allem Bestehenden mit überlegener Hoheit und Macht und bestimmt das Maß aller Dinge (Vers 2). Er Selbst ist an nichts Anderem zu messen: „Seine Größe ist unerforschlich“ (Ps 145,3). Darum entzieht sich Seine Person der natürlichen menschlichen Erkenntnisfähigkeit. Seiner Größe und Unendlichkeit stellt der Psalm die Geringfügigkeit des Menschendaseins gegenüber. Im Vergleich zu Ihm erscheinen die Menschen und ihre Werke wie ein Nichts, unter anderem auch ihre als sicher geltenden Gedankengebäude. Dabei handelt es sich um den Gegensatz zwischen dem göttlich Unendlichen und dem begrenzten Vergänglichen des Menschen. Die Vergänglichkeit des von Menschen Geschaffenen zeigt sich darin, dass es zwar eine Zeitlang existiert, danach aber zurückgeht und schließlich zusammenbricht (Vers 6). Dagegen bleibt Gottes Werk unverändert kraftvoll und besteht fort (Vers 17). Das, was nutzbringenden Bestand hat, verdankt sein Dasein der Gnade und Kraft Gottes. Jeder Mensch ist mit dem persönlichen Sein und Bleiben von Gott abhängig und somit Ihm verantwortlich, und sein Gewissen weist ihn ständig daraufhin.

So wunderbar groß wie Seine Gerechtigkeit und Heiligkeit ist auch die Barmherzigkeit Gottes (Verse 13 und 14). Er gewährt sie dem, der an Ihn und Sein Heil glaubt. Durch Glauben erkennt der Mensch, mit wem er es bei dem Allmächtigen zu tun hat und demütigt sich vor Ihm. Durch Glauben gewinnt er eine ewige Wohnung in Gott und Seinem Reich und entgeht der Vergänglichkeit. Er lernt, Gott zu würdigen, zu ehren und in seinem Herzen zu heiligen. In schwerer Zeit vertraut er in innerem Frieden auf Ihn und vermag in Ruhe selbst dem Tod ins Auge zu schauen.

Nun stehen die einzelnen Verse des Psalms zur Betrachtung an. Wenn jemand zu Gott umkehrt und durch Glauben ein ‚Mensch Gottes' geworden ist, besitzt er eine beständige Wohnung, einen sicheren Zufluchtsort in Gott, dem Ewigen. Der „Glaube an Gott“ ist im Neuen Testament der Glaube an Christus und Sein Werk. In Psalm 90 finden wir das so natürlich nicht, wohl können wir aber Anwendungen für Gläubige und Ungläubige aus dem Psalm entnehmen, die äußerst nützlich sind. Der in Gott Geborgene überlebt das ganze Menschengeschlecht, das Zeitliche und alles Geschaffene (Verse 1 und 2; Ps 91,9f). Gott allein ist ewig, nur Er vermag ewigen Bestand zu verleihen. Wer im Glauben seine Hoffnung auf Gott und Seine Rettung setzt, gewinnt mit der Gewissheit der Auferstehung ein ewig bestehendes Teil (Joh 6,39f; 1. Pet 5,1; Off 20,6). Wenn der Glaube diese Hoffnung nicht besäße, hätte er keinerlei Wert, er wäre umsonst (1. Kor 15; Heb 11,10.13–16.19). Doch Gott „ist nicht der Gott der Toten, sondern der Lebenden“ (Mt 22,32). Der Glaube rechnet fest auf Gottes Treue und auf die Wahrheit der Verheißungen Seines Wortes. Der Psalmdichter erinnert daran, dass Gott seit jeher Seine Zusagen eingehalten und die an Ihn Glaubenden am Leben erhalten hat. Während ihre gläubigen Vorfahren abgeschieden sind und schon längst in Gott ruhen, ermutigt die Treue Gottes jedes neue Geschlecht der Gläubigen, Ihm und Seinem Wort unbeirrt ihr Vertrauen zu schenken. Sie werden einen Leib bekommen, der das Bild des Himmlischen ist. Denn das Irdische, innerhalb der Zeit und für eine gewisse Zeit Geschaffene, ist seiner Natur nach für das ewige Dasein untauglich (1. Kor 15,44ff).

Gott, der Schöpfer, der jedem Einzelnen durch Geburt und Tod Anfang und Ende setzt (Pred 3,2), hat auch die Berge entstehen lassen, die für den vergänglichen Menschen ein Sinnbild des Unveränderlichen sind. Er hat den Aufbau der Gebirge veranlasst; ebenso hat Er ihren Untergang und gleichzeitig das Ende der ganzen Erde festgesetzt (Vers 2; Hiob 9,5f; Jes 65,17). „Die Berge erhoben sich, es senkten sich die Täler – an den Ort, den du ihnen festgesetzt hattest“ (Ps 104,8). Die Kraft und die Weisheit, die nötig sind, diesen mächtigen Gebilden Bestand zu verschaffen, finden sich allein bei Ihm, dem allmächtigen Gott (Ps 65,7). Vor ihnen, über ihnen und nach ihnen besteht der ewige Gott und bestimmt über ihr Sein und Nichtsein. Er ist von einem Wo und Wann nicht abhängig und an Ort und Zeit nicht gebunden. Im Gegensatz zu sterblichen Geschöpfen ist Er das Leben selbst, Er ist der Lebendige ohne Anfang und ohne Ende. Wer durch Glauben daran Anteil gewonnen hat, bleibt mit Ihm verbunden und lebt für immer (Hab 2,4). Das Leben der gläubigen Christen ist von ihrer Bekehrung an „verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol 3,3). Dass Gott in Vers 1 als die Wohnung des Gläubigen bezeichnet wird, betont die feste Verbindung mit dem Allmächtigen. Gottes Majestät steht erhaben über allem Geschaffenen, selbst wenn es sich so mächtig darstellt wie in den höchsten Gebirgsmassiven der Erde (Vers 2). Der weise Plan und die aufrechterhaltende Kraft für die Schöpfung liegen bei dem ewigen Gott (Spr 8,27–31). Nach Röm 1,20 werden Seine ewige Kraft und seine Göttlichkeit in dem Gemachten wahrgenommen. Aufrichtige Wissenschaft wird dies nur unterstreichen und gleichzeitig die Begrenztheit des menschlichen Verstandes demütig anerkennen.

Gott gebietet seinen Geschöpfen und spricht: „Kehrt zurück, ihr Menschenkinder!“ (Vers 3; Ps 89,48f; 1. Mo 3,19; Pred 3,19; 12,7). In der Todesstunde, doch spätestens am Tag des Gerichts, das dem Tod folgt (Heb 9,27), wird ein Ungläubiger bemerken, dass er es jetzt mit dem Schöpfer Selbst zu tun hat. Dieser Zeitpunkt ist für jeden Menschen festgelegt (Hiob 14,2.5; Pred 5,17; Lk 12,20). Kein Mittel kann den oben zitierten Befehl des Verses 3 rückgängig machen. Der Mensch mag sein Leben ohne Gott und gegen Ihn rebellierend geführt haben, doch dann ist die unverrückbare Grenze seines freien Willens und seiner Kräfte erreicht (Ps 104,29; 146,4). Durch Missachtung Gottes zieht er sich ewiges Gericht zu, denn er verharrte in seinem Eigenwillen und in gleichgültiger Haltung Gott gegenüber. Vergeblich schlägt sich so mancher den Gedanken an sein Ende aus dem Sinn (Ps 49,12). Andere wieder suchen die ernsten Tatsachen zu verharmlosen. Die menschliche Existenz besitzt nur eine eingeschränkte Selbstständigkeit. In Wirklichkeit hängen die Geschicke des Menschen von Gottes Festlegungen ab, nicht aber vom Zufall oder von naturbedingten Ereignissen. Die Verfügungsgewalt liegt vom Ursprung bis zum Lebensende bei Gott. Daraus folgt, dass niemand über sein Leben oder das eines anderen willkürlich verfügen darf. Denn solche Willkür ist nichts anderes als ein schwerer Eingriff in die Rechte Gottes. Sowohl das Ganze als auch jede Einzelheit der Schöpfung ist durch Ihn und für Ihn geschaffen (Kol 1,16f). Er hat es jederzeit in der Hand, die großen und die kleinen Verhältnisse dieser Welt nach Seinen Beschlüssen zu verändern.

Die Zeitbegriffe des Menschen orientieren sich an der normalen Zeitspanne des Menschenlebens. Nach dem Maß seiner Lebensdauer beurteilt er mehr oder weniger unbewusst das Zeitmaß und den Wert des übrigen Bestehenden. Daher meint er auch, dass Jahrmillionen eine lange Zeit seien. Ganz anders urteilt Gott. In Wirklichkeit ist das, was der ewige Gott überschaut, mit der Übersicht und dem Erinnerungsvermögen eines Menschen gar nicht vergleichbar. Petrus sagt: „dass ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag“ (2. Pet 3,8). In Vers 4 dieses Psalms heißt es: „Denn tausend Jahre sind in deinen Augen (d. h. Gottes) wie der gestrige Tag“. Die angeführten Stellen besagen nicht, dass bei Gott tausend Jahre auf einen Tag zusammenschrumpfen, dass Er also lediglich einen veränderten Maßstab anwenden würde. Tatsächlich aber belehren sie uns darüber, dass Sein Erkennen und Seine Wege mit unseren Vorstellungen und mit unseren Maßstäben und Rechenoperationen überhaupt nicht zu messen und daher auch nicht zu beurteilen sind. Seine Pläne sind nicht nachzuzeichnen. Aus Seiner Sicht gleicht auch das intensivste Forschen des Menschen eher dem Schlafen als einem aufgeweckten Erfassen (Vers 5). In seinem kurzen Leben gelangt der Mensch kaum zur Klarheit über sich selbst, wieviel weniger über die Welt, die ihn umgibt, und über die Hintergründe des Zeitlaufs. Vom Schlaf aufgewacht, weiß man oft nicht recht, wo man war. Unbewusst verging die Zeit und man muss sich an der Uhr orientieren. So schwach und vergänglich, wie der Mensch beschaffen ist, gleicht er mitsamt seinem Wissen und Können dem Gras, das während einer kurzen Zeitspanne aufsprosst und wieder vergeht. So endigt auch die bewegte Blütezeit der Jugend nur zu bald im Erstarren der Entwicklungsfähigkeit, gefolgt vom Altern und Dahinsiechen (Vers 6; Hiob 14,1–6; Ps 102,12; 103,15f; 144,3f; Jes 40,6–8; 1. Pet 1,24). Gott allein verfügt über die Macht, den Menschen, der an Ihn und Sein Wort glaubt, über diese Schöpfung hinaus bestehen zu lassen. Er ist Herr über alles.

Wenn jemand in Sünde gefallen ist, hat er seine Verantwortlichkeit Gott gegenüber einzugestehen; er muss Ihn als Richter über seine Schuld anerkennen. Er kann Gott nicht ausklammern, als gäbe es Ihn nicht. Der heilige Gott wird als Schöpfer und Erhalter aller Menschen einer Sünde gegenüber niemals gleichgültig bleiben. Der Schärfe Seines richterlichen Blicks entgeht nicht eine einzige Verfehlung. Folglich trifft Sein Zorn den sündigen Menschen und fordert seinen Tod. „Die Lebenden wissen, dass sie sterben werden“, sagt Pred 9,5. Diese Gewissheit weckt Furcht (Heb 2,15). Es macht bestürzt, dem Tod als Strafe Gottes für die Sünde verfallen zu sein (Vers 7; Ps 78,33). Im Licht des Angesichts Gottes kann der Mensch nicht bestehen, und er empfindet es (Vers 8; Ps 5,5–7; Röm 1,18). Doch jeder steht unweigerlich vor Gott, seinem Richter. In dieses Licht gestellt, nimmt der Mensch wahr, wie schwerwiegend seine Ungerechtigkeit in Wirklichkeit ist (Jer 16,17a; Heb 4,13). In der Regel neigt er zur Flucht vor diesem Licht, „damit seine Werke nicht bloßgestellt werden“ (Joh 3,20). „Und wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott, und wie könnte ein von einer Frau Geborener rein sein?“ (Hiob 25,4). Der Psalmdichter beschreibt in den Versen 7 bis 12 die dem ewigen Strafgericht verfallenen Menschen vor dem heiligen Gott; der Dichter tritt hier sozusagen als ihr Sprecher auf. Nicht einer von ihnen kann als gerecht gelten, „denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 3,10.22.23). Übrig bleibt nur die bedrückende Feststellung: „Alle unsere Tage schwinden durch deinen Grimm, wir bringen unsere Jahre zu wie einen Gedanken“ (Vers 9), ähnlich einem flüchtigen Hauch oder Seufzer. Von bleibendem Wert kann kaum die Rede sein, vieles war Verlust, es war unbrauchbar oder gar schädlich und verderbt.

Die Verse 10 bis 12 blicken zurück auf ein verflossenes Leben und ziehen Schlüsse daraus. Im Nachhinein betrachtet, sind die siebzig oder achtzig Lebensjahre rasch verstrichen. Manches Schöne und Wertvolle sucht man festzuhalten, doch vergebens; es zerrinnt unter den Händen. Einiges schien ein Ausdruck von Können und von Kraftfülle zu sein, es hatte etwas in Bewegung gebracht und nährte den Stolz. Doch wie alles andere unterliegt das Bewirkte der Vergänglichkeit, es ist von Anfang an dem Untergang ausgesetzt und rückt mit jedem Tag weiter in den Hintergrund. Keine Stunde, kein Erlebnis, kein Gewinn kann festgehalten werden. Besonders Mutige machen ihren Lebensweg zu einem ungestümen, stolzen Höhenflug. Doch „wie ein Traum verfliegt er (beim Versterben), und man findet ihn nicht, und er wird verscheucht wie ein Nachtgesicht. Das Auge hat ihn erblickt und sieht ihn nie mehr, und seine Stätte gewahrt ihn nicht mehr“ (Hiob 20,8f). Es war nichts weiter als Mühsal und Nichtigkeit und eilt zuletzt dem Tod entgegen (Vers 10). Trotz dieses eiligen Fluges kann der Mensch stille stehen, und dies sollte vor Gott geschehen. Aus der Todeserwartung sollte er Einsichten gewinnen und Lehren ziehen, um ein weises Herz zu erlangen. Einsicht über die ernsten Folgen von Gottes Zorn, sollte ihn dazu bringen, sich unter Gottes Urteil zu beugen und sich der wahren Weisheit, der Furcht Gottes, zuzuwenden (Vers 11; Ps 76,8–10; Hiob 42,5f). So begibt er sich an den ihm zukommenden Platz vor Gott und gibt Ihm die gebührende Ehre. Wenn er dies zu verstehen wünscht und Gott darum bittet, wird ihm Einsicht gegeben werden, auch die Weisheit für den weiteren Weg (Vers 12; Ps 39,5–9; Spr 9,10.11; Jak 1,5). Dann wird er nicht beim Rückblick auf sein Leben stehenbleiben, sondern die noch vorhandene Zeit nutzen, um Gott zu erkennen und Ihm wohlzugefallen. Er wird nicht mehr dahinleben, als gäbe es keinen Gott und keinen Tod. Selbstherrlichkeit und Selbstzufriedenheit wird er verurteilen. Seine Selbstsicherheit findet ein Ende, wenn er die eigene Schwachheit und Vergänglichkeit auf Gott gemäße Weise wahrnimmt (Jak 4,13–17). Statt in dem Vergänglichen dieses Zeitlaufs Nahrung für Herz und Seele zu suchen, wird er den göttlichen Dingen seine Aufmerksamkeit zuwenden, im Besondern aber der Heiligen Schrift.

In den folgenden Versen ist jetzt von bedrängten Gottesfürchtigen die Rede, die in aussichtsloser Lage dringend Hilfe von oben brauchen, denn ohne Unterstützung von Seiten Gottes wären alle Anstrengungen umsonst (Vers 17). Prophetisch gesehen, betreffen die Bitten der Verse 13 bis 17 speziell die Leiden der gläubigen Juden in der Zukunft, die ihre Hoffnung ausschließlich auf die Gnade Gottes setzen. Hier wenden sich schwer geprüfte Gottesfürchtige an den HERRN. Sie möchten Ihm als Knechte dienen und sich Seinem Willen unterwerfen. Sie suchen Seine Nähe und die Gemeinschaft mit Ihm und bitten um Beendigung ihrer schon lange anhaltenden Leidenszeit. Dabei können sie sich auf die Verheißungen der Schrift stützen (Vers 13; 5. Mo 32,36; Jes 40; Sach 8,14f). Ihr Wunsch ist, dass der HERR sich als der barmherzige Gott erweisen möge, der ihre üblen Geschicke zu ändern vermag und immer bereit ist, Seinen Kindern zu helfen. Sie wissen, dass Seine Gnade jeden Mangel ausgleichen und sie bis zur Sättigung segnen kann (Verse 14 bis 17). Prophetisch wird hier angedeutet, dass in der Zukunft nach der Nacht des Zorns ein immerwährender Tag der Gnade anbrechen wird, an dem sie sich mit Jubel der Liebe des Herrn erfreuen werden (Vers 14; Ps 46,2–8; 59,17). Ihre Segnungen werden wie ein ewiger Morgen sein, den sie dann für immer unverändert genießen werden. Nach vielen bösen Tagen und nach Jahren der Erniedrigung werden sie den Reichtum Seiner Gnade desto mehr zu schätzen wissen (Vers 15; Ps 44,18–20.27).

Die Gottesfürchtigen aus Israel haben in der Bedrängnis der Endzeit lange genug unter Hilflosigkeit gelitten (Mt 24,29–31), nun aber wird sich alles zum Guten wenden. „Und es wird Festigkeit deiner Zeiten, Fülle von Rettung, von Weisheit und Erkenntnis geben; die Furcht des HERRN wird sein Schatz sein“ (Jes 33,6; 35,10). Ihrer Drangsal (Jer 30,7) folgt ein über jedes Maß hinausgehendes, ewiges Gewicht von Herrlichkeit. Auf wirksamste Weise lässt der Herr ihnen dann Seine Güte zukommen. Seine Majestät wird sich zu ihren Gunsten offenbaren. Rühmend werden sie der Taten des Jah gedenken, denn immerfort nehmen sie nun Seine unendliche Güte an Seinen Werken wahr (Vers 16; Ps 66,4–6; 92,5). Der Herr ist dann mit ihnen zu dem seit jeher geplanten Ziel gelangt. Vor aller Welt nimmt Er nun ihre Sache in Seine Hand. Seine Huld ist von da an immerfort über ihnen; dies ist in den Versen 16 und 17 noch Gegenstand ihres Flehens (Jes 60,2f). Wenn sich die Zeitläufe vollendet haben werden, ist die Einsicht Allgemeingut, dass der Mensch und seine Werke vergehen, dass Gottes Ratschluss hingegen immer zustande kommt. Seine Werke bleiben ewig bestehen. Wer Seinem Willen entspricht und sein Leben und seine Unternehmungen Ihm anvertraut, der wird aufgrund seines Glaubens mitsamt seinem Werk Bestand haben. Auf die Dauer, das heißt über den Tod und über die Zeit hinaus, kann nur Gott ein Werk befestigen. Wer dies als eine Gnade nach Seinem Willen erbittet (Jes 26,12; 1. Joh 5,14.15) und darauf sein Vertrauen setzt, gleicht dem, „der sein Haus auf den Felsen baute“ (Mt 7,24f).

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel