Die Psalmen
Eine Auslegung für die Praxis

Psalm 128

Vers 1 stellt Glückseligkeit dem in Aussicht, der den HERRN fürchtet und auf Seinen Wegen wandelt (Ps 1,1ff; 112,1; 115,13; 119,1f). Der Psalm ermuntert den Gläubigen dazu, sein Leben in Gottesfurcht zu verbringen und von dem Weg nach dem Wort nicht abzuweichen, um dann die Erfahrung zu machen, dass der HERR zu der Wahrheit Seiner Verheißungen steht. Denn echte Frömmigkeit hat „die Verheißung des Lebens, des jetzigen und des zukünftigen. Das Wort ist zuverlässig“ (1. Tim 4,8f). Offensichtlich hat Gott Freude daran, die Treuen, die Ihn und Sein Wort lieben, zu segnen (Vers 2; 2. Mo 20,6; 5. Mo 28,1ff; Jes 58,8–11). Die Art und Weise der Gunsterweisung, ob der Segen in zunehmender Erkenntnis Gottes und Seiner Wege besteht oder auch in irdischer, familiärer Hinsicht Gestalt annimmt, bleibt Seiner Weisheit und Liebe überlassen. In jedem Fall wird der Gottesfürchtige die Freude haben, dass er in Übereinstimmung mit Gott lebt und inneren Frieden genießt. Das Vollmaß dieser Glückseligkeit wird einst in der Herrlichkeit sein ewiges Teil sein. Bereits jetzt darf er fest damit rechnen, dass Gott die ihm zugedachten Segnungen bereithält, auch wenn zurzeit noch viele Schwierigkeiten zu überwinden sind (Jes 3,10). Dabei wird der Glaube in Tätigkeit bleiben und das Verhalten wird sich täglich von neuem an der Richtlinie des Wortes orientieren. Der Gottesfürchtige möchte in Ehrfurcht vor Gott leben und wird darauf achten, dass er der Güte Gottes würdig ist und den Heiligen Geist nicht betrübt. „Dann wirst du die Furcht des HERRN verstehen und die Erkenntnis Gottes finden. Denn der HERR gibt Weisheit“ (Spr 2,5f).

Den Weg zur Ehre Gottes zu gehen, bedeutet wahres Glück. Man findet es nicht in sich selbst, sondern im Herrn, in der Gemeinschaft mit Ihm. Die zahlreichen Schriftstellen, die von der Glückseligkeit sprechen, machen deutlich, dass man dieses Glück nicht mittels mancherlei Weisheitslehren und durch menschliche Bemühungen erreicht, sondern durch Befolgen der Lehren der Heiligen Schrift und durch das daraus hervorgehende Wachstum in der Erkenntnis Gottes und in geistlicher Einsicht (Kol 1,9–12). Diese Glückseligkeit wird empfunden im Umgang mit Gott, besonders auch im Gebet (Ps 65,5; 144,15; Jes 56,2; Joh 13,17). Wenn das Verhalten durch die Gottesfurcht und ein Leben „auf seinen Wegen“ geprägt ist (Vers 1), erfreut sich der Gläubige des wahren Glücks und des Wohlergehens seiner Seele (Vers 2; 2. Joh 1–4; 3. Joh 2f). „Sagt vom Gerechten, dass es ihm wohl ergehen wird; denn die Frucht ihrer Handlungen werden sie genießen“ (Jes 3,10; Gal 6,8b). In praktischer Hinsicht bedeutet dies, dass er die Hilfe des HERRN erfährt in dem, was er täglich benötigt. Die Kraft und das Gelingen zu seiner Arbeit verdankt er dem HERRN (Ps 37,25; Pred 2,24f; Lk 12,28–31). Die Sorgen des Lebens, die in vielfältiger Weise auf ihn eindringen und ihm sehr zur Last werden können, darf er an jedem Tag seinem Gott, dem Geber aller Gaben, übergeben. Der Gläubige legt Ihm jede Frage vor, auch alle Ungewissheit und das notwendige Planen dessen, was zu tun ist (Ps 145,18–20; Mt 6,25–34; Phil 4,6.7). Gott nimmt Kenntnis von den Mühen der Tagesarbeit und von der Sorge um den Erfolg. Gottesfurcht und Gemeinschaft mit dem Herrn ist das beste Mittel, um zur inneren Ruhe zu kommen. Der gottesfürchtige Christ lernt mehr und mehr, sein Dasein in Demut und Abhängigkeit von Ihm zu verbringen und vor allem nach Gott und Seinem Reich zu trachten (Klgl 3,25; Lk 12,31). Er möchte, dass wir vermehrte Erkenntnis des Heiligen gewinnen (Hos 6,3). Doch das höchste Ziel des Christen ist, hinzugelangen zur himmlischen Heimat (Heb 11,16), und für den Israeliten, in das Reich des Messias einzugehen. Die Aufgaben des täglichen Lebens kommen erst in zweiter Linie in Betracht, obwohl sie viel Kraft und Zeit beanspruchen und nicht vernachlässigt werden können.

In Vers 3 wendet sich der Psalmdichter dem „Innern des Hauses“ zu; er spricht von der Hausfrau und den Kindern, die am Tisch der Gläubigen sitzen (1. Mo 50,23; Ps 127,3; 144,12; Spr 17,6). Wertvolle Gewächse wie der Weinstock und der Ölbaum sind hier ein Sinnbild für die Ehefrau und die Söhne. Die glücklichen Verhältnisse sind vervollständigt, wenn zu dem äußeren Fortschritt und Erfolg das Wohlergehen innerhalb der Familie kommt. Das auf die Dinge außerhalb des Hauses gerichtete Wirken des Mannes wird gestützt durch gute Verhältnisse in Haus und Familie, wo vor allem die Frau und Mutter die rechte Entwicklung entscheidend beeinflusst. Das Zusammenleben und -wirken in Gottesfurcht und im Gehorsam den Geboten der Schrift gegenüber bildet die Grundlage für eine gute Ehe; es gehört zu den Grundbedingungen für das Gelingen der Kindererziehung. Grundsätzlich führt nur das zum guten Ziel, was in Abhängigkeit von Gott und in Unterwürfigkeit unter Sein Wort getan wird, und dann wird es Bestand haben. An ihren Eltern sollen die Kinder ein gutes Beispiel echter Gottesfurcht und Aufrichtigkeit haben. Es muss ihnen vor Augen geführt werden, dass Vater und Mutter den Herrn und Sein Wort lieben und dass sie entschieden auf seinen Wegen wandeln (Vers 1). Am Beispiel ihrer Eltern lernen die Kinder den Wert einer absoluten Anerkennung der Autorität Gottes und der Heiligen Schrift kennen. Daraus leitet sich ab, dass Kinder nach der von Gott festgelegten Lebensordnung der Autorität ihrer Eltern unterstehen. Nach Seiner Verheißung wird sich der Herr zu der gottesfürchtigen Haltung der Eltern und ihrer Kinder bekennen: „Siehe, so wird gesegnet sein der Mann, der den HERRN fürchtet“ (Vers 4).

Vers 5 sieht den Mann und seine Familie in ihrer Bedeutung für das Volk und die Regierung Israels. Das gute Gedeihen der einzelnen Familien ist entscheidend für die Wohlfahrt des ganzen Volkes. Im Heiligtum zu Jerusalem ist Gott gegenwärtig, von dort aus herrscht Er als König. Von Jerusalem geht Sein Wort und das göttliche Recht aus; darum ist dort die Quelle allen Segens (Ps 87,7; 134,3). Es ist auch der Ort, von dem das Lob Gottes ausgeht (Ps 135,21). Der Gottesfürchtige steht dann am rechten Platz, wenn seine Freude an dem Glück der eigenen Familie noch überboten wird von der Freude an der Stadt Gottes, wo der HERR im Heiligtum gegenwärtig ist. Durch Seinen Geist sind die vielen Glieder des Volkes Gottes geeint und loben Ihn wie aus einem Mund in geistlicher Übereinstimmung miteinander. Dies bedeutet für den, der Gott liebt, wahres Glück und höchste Freude (Ps 43,4; 137,6; Jes 66,10–14). Er darf auch darüber glücklich sein, unter den vielen, die sich dort zur Verehrung des Herrn vereinen, seine eigenen Kinder und Enkel zu sehen (Vers 6). An diesem Glück nimmt der Herr Selbst teil, denn Er hat ewige Freude daran, unter denen zu wohnen, die Er zu Seinen Anbetern gemacht hat.

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