Gedanken über das Johannesevangelium

Auslegung: "Sein Gebet"

„Dies redete Jesus und erhob seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen; verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche – so wie du ihm Gewalt gegeben hast über alles Fleisch, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe. Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (Joh 17,1-3).

Wir kommen jetzt zu dem wunderbaren siebzehnten Kapitel, dem „heiligsten“ von allen! Denn hier befinden wir uns in der unmittelbaren Gegenwart Gottes und haben das Vorrecht, unseren Herrn aus der Fülle Seines Herzens sprechen zu hören. Sein Gebet ist natürlich ein Musterbeispiel an Vollkommenheit. Dieses Gebet ist nicht nur eine Aufzeichnung dessen, was unser Herr einst in der letzten Nacht, die Er auf Erden verbrachte, sagte, sondern es gibt einen Einblick in Seiner gegenwärtigen Dienst in der Fürbitte beim Vater.

Wir dürfen nicht vergessen, dass Er immer lebt, um für uns Fürsprache einzulegen, wie Er es in diesem siebzehnten Kapitel tut. Alles, was unser Herr hier sagt, ist in der Gegenwartsform geschrieben, eine schöne Erinnerung daran, dass Er immer noch so betet. Jesus ist nicht wie wir, die wir es so schwer finden, über längere Zeit mit einem gewissen Grad an Beständigkeit zu beten. Wir leben nicht ein Leben des unaufhörlichen Gebets, aber Er kann es und tut es – was würde sonst aus uns werden?

Sicherlich haben wir nicht vergessen, dass die Kinder Israels nur dann über Amalek siegten, als Mose seine Hände in der Fürbitte hochhielt (2. Mo 17,10). Auch wir werden nur durch Sein Gebet für uns bis zum Äußersten gerettet. Mose brauchte Aaron und Hur, damit sie ihm helfen. Aber unser Fürsprecher braucht keine solche Hilfe. Wie jemand mal sagte, lebte und predigte Christus dreiunddreißig Jahre lang auf der Erde; Er starb einmal auf Golgatha in einem mächtigen Akt der Versöhnung. Aber Er hat schon 2000 Jahre lang gebetet! So wird die enorme Bedeutung des Gebets gegenüber dem Predigen deutlich.

Wir lernen aus Vers 4, dass der Herr von dem Standpunkt aus betet, dass das Werk des Kreuzes vorüber ist, und aus Vers 11 sehen wir unseren Herrn als aufgefahren in die Herrlichkeit, denn Er sagt, dass Er nicht mehr in der Welt ist. Wir hören sein Gebet der Fürbitte, und wie schon gesagt, dauert diese Fürbitte während dieser Gnadenzeit an. Christus ist unser Fürsprecher in der Höhe bei Gott; wir legen auf Erden Fürsprache für die Menschen ein. Unser Herr legt Fürsprache für uns im Himmel ein; der Heilige Geist legt Fürsprache in uns hier auf der Erde ein, denn Er legt Fürsprache für die Heiligen ein (Röm 8,27).

Es ist wunderbar zu hören, wie unser Herr in diesem Kapitel Seinen eigenen und den Namen seines Vaters miteinander vermengt und immer wieder auch uns mit einbezieht: Was für eine Gesellschaft! Ich bin mir der Genauigkeit meiner Zählung nicht sicher, aber ich finde, dass der Vater in diesem Kapitel einige Male genannt wird, der Herr selbst 71 Mal und wir, Sein Volk, 52 Mal.

Welche Herrlichkeit ist es, mit dem Vater und dem Sohn verbunden zu sein – zu lesen, dass die Dinge, die für die Gottheit so wichtig sind, auch für uns wichtig sind, weil sie uns betreffen. Ich staune immer wieder über Vers 21, wo wir die Worte finden: „Du ... in mir, und ich in dir“ und „sie ... in uns.“ Was auch immer solche Worte bedeuten mögen, es ist auf jeden Fall ganz offensichtlich, dass wir Gläubigen eng und untrennbar mit dem Vater und dem Sohn verbunden sind – all das zur ewigen Herrlichkeit der Gottheit und zum Segen derer, die gerettet werden! Möge der Herr uns unsere Augen öffnen, um das zu erkennen!

Ich möchte nebenbei erwähnen, dass wir beim Lesen dieses Kapitels einige sehr praktische Lektionen lernen können. Unsere Gebete sollten nach Seinem Vorbild gestaltet sein. Sein Gebet war kurz und doch umfassend. Ich fand beim langsamen Lesen, dass es in nur vier Minuten gelesen werden kann. Es gibt kein einziges unnötiges Wort darin. Natürlich kann keiner von uns das, was unser Herr sagte oder tat, perfekt nachahmen, aber wir können etwas über das Gebet lernen, indem wir Ihn nachahmen. Ein guter Anfang wäre, weniger wortreich zu beten und würdiger zu beten, besonders bei Gebetstreffen in der Versammlung, wo fünf Minuten Gebet mehr als genug sind.

Erinnern wir uns an einen prägnanten Ausspruch von Spurgeon: „Gott misst unsere Gebete nicht an ihrer Länge, sondern an ihrer Tiefe.“

Ein weiteres Merkmal ist die Einfachheit der Sprache und des Denkens. Alles was hier gesagt wird, kann von einem Kind verstanden werden, soweit es die Worte selbst betroffen sind. Die tiefsten Wahrheiten wurden in einer Sprache ausgedrückt, die jeder begreifen kann. Unser Herr hat offensichtlich nicht für das Ohr des Vaters allein, sondern auch für die Ohren seiner Jünger; für eure und meine Ohren. Das vergessen wir oft beim Beten in der Öffentlichkeit. Unsere Gebete sollten so deutlich und hörbar sein, dass die dass die Umstehenden „Amen“ sagen können, wenn wir ihnen danken.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die einfache, erhabene Art, in der der Herr den Vater anspricht. Wir neigen dazu, superlative Adjektive zu verwenden, wenn wir Gott ansprechen. Unser Herr sagt einfach: „Vater.“ Einmal verwendet Er das Adjektiv „heilig „ und einmal „gerecht“, und wir können sicher sein, dass Er diese Worte an den richtigen Stellen verwendet.

Als Er von seinen Jüngern spricht, die während Seiner Abwesenheit in dieser bösen Welt zurückgelassen werden (V. 11), spricht Er den Vater als heilig an und bittet ihn, die Seinen vor dem Bösen zu bewahren, das von allen Seiten im Überfluss vorhanden ist. Das Gegenmittel für das Böse ist Heiligkeit. Aber wenn Er von der Tatsache spricht, dass die Welt Gott nicht kennt und Ihn verworfen hat, wie Er sich in Seinem Sohn offenbart hat, verwendet Er den Ausdruck „gerechter Vater“; während die Welt in ihrer Ungerechtigkeit Christus verwirft, hat der Vater in seiner Gerechtigkeit Ihn über alles erhöht und wird Ihn an jenem Tag der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes offenbaren.

Das Gebet dieses Kapitels kann in fünf Abschnitte unterteilt werden:

  • Verse 1–5: Der Herr betet in Bezug auf sich selbst und sein Werk.
  • Verse 6–10: Er spricht von seinen Jüngern.
  • Verse 11–17: Er spricht als der verherrlichte Herr und übergibt die Seinen der Obhut des Vaters.
  • Verse 18–21: Als das verherrlichte Haupt der Versammlung sendet Er Seine Diener aus und erhält sie durch Seine Fürbitte.
  • Verse 22–26: Er teilt mit den Seinen die Herrlichkeit, die Er hier auf der Erde gewonnen hat, und gibt ihnen die Freude, Seine eigene innere Herrlichkeit zu sehen.

Johannes spricht viel von der Herrlichkeit Christi. Er sagt:

„Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14).

Christus stellte in Seinem Leben der Reinheit, Heiligkeit und Liebe den Charakter Gottes zur Schau. Gottes Herrlichkeit leuchtet in diesem Weg der zärtlichen Gnade auf, der Seinen Höhepunkt im Kreuz erreichte. Für einen Ungläubigen mag die Szene auf Golgatha, wo Er nackt und entblößt hing, keine Anziehungskraft ausüben; aber für das Auge des Glaubens leuchtet sie in unsterblichem Glanz.

Die Menschen waren ungehorsam bis zum Tod geworden, aber unser Herr am Kreuz war gehorsam bis zum Tod. Er erkannte alle Ansprüche der göttlichen Gerechtigkeit an und bezahlte in unserem Namen die Schuld, die wir Gott schuldeten. Im Leben und im Sterben hielt Er alle Rechte des Thrones Gottes aufrecht.

So kann Er in Vers 4 sagen, dass Er Gott auf der Erde verherrlicht und das Werk vollendet hat, das der Vater Ihm zu tun gegeben hatte. Dabei wurde unser Herr schändlich gedemütigt, wie Jesaja 35 so anschaulich beschreibt. Aber jetzt, da das Werk vollbracht ist, kann Er in Vers 1 unseres Kapitels sagen: „Verherrliche deinen Sohn, damit auch dein Sohn dich verherrliche.“ Weil Er gehorsam wurde bis zum Tod, hat der Vater Ihn nun hoch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der höher ist als alle Namen. Er ist nicht mehr der Schmerzensmann, verachtet und verworfen, sondern Gott hat ihn auf den Thron der Majestät gesetzt. Er ist in doppelter Weise erhöht. Erstens wird Seine eigene innewohnende Majestät und Herrlichkeit als der ewige Gott noch einmal angenommen.

Vers 5 spricht davon in der Forderung unseres Herrn, dass die Herrlichkeit, die Er bei dem Vater hatte, bevor die Welt war, Ihm wiedergegeben werden sollte. Er nahm die äußeren Gewänder Seiner Majestät wieder an, die Er abgelegt hatte, als Er auf die Erde kam, und nahm freiwillig den Schleier der niedrigen Menschheit und des Leidens auf sich. Und zweitens empfing Er die Herrlichkeit, die Er durch Seinen kostbaren Tod auf Golgatha verdient hatte, wie in Vers 1 angedeutet.

In Vers 2 sagt Er, dass Ihm alle Macht (Autorität) über alles Fleisch gegeben ist. Einst wurde Adam Macht über alles Fleisch gegeben, aber er verlor diese durch die Sünde und wurde selbst ein Untertan. Jetzt wird diese Macht als in die Hände von Christus gegeben angesehen. Wie ermuntert dieser Gedanke die Seele des Gläubigen!

Durch alle Zeitalter hindurch haben Menschen nach Macht gestrebt und ohne Ausnahme die Macht, die sie ausübten, missbraucht. Wir haben in unseren Tagen krasse Beispiele dafür gesehen. Aber hier ist Einer, dem alle Macht gehört, und Er benutzt diese Macht immer und nur zum Segen der Menschen. Wenn wir uns daran erinnern, wie böse Menschen den heiligen Sohn Gottes missbraucht, verspottet und ermordet haben, wundern wir uns, dass Er Seine Allmacht nur dazu einsetzt, allen, die sich Ihm zuwenden, Gunst zu erweisen. Wie Josef in der Antike sagt er tatsächlich:

„Da sprach Joseph zu seinen Brüdern: Tretet doch zu mir her! Und sie traten herzu. Und er sprach: Ich bin Joseph, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt. Und nun betrübt euch nicht, und zürnt nicht über euch selbst, dass ihr mich hierher verkauft habt; denn zur Erhaltung des Lebens hat Gott mich vor euch hergesandt“ (1. Mo 45,4.5).

Er nutzt seine große Macht und Autorität, um ewiges Leben zu geben. Er hat Macht über alles Fleisch, und wenn Sie jemals zugrunde gehen, dann nur, weil Sie sich geweigert haben, das Geschenk der göttlichen Liebe aus Seinen Händen anzunehmen. Der Mensch als verantwortliches Wesen ist aufgefordert und gebeten, sich in Reue an Gott zu wenden und das Heil, das Gott zu schenken hat, im Glauben anzunehmen.

Unserem Herrn ist auch Macht über die übrige Schöpfung gegeben worden. Hebräer 2 zitiert aus Psalm 8 und spricht von dem herrlichen Tag, an dem der Herr Jesus diese Macht ausüben wird:

„Denn ein wenig hast du ihn unter die Engel erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt.

Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt:

Schafe und Rinder allesamt und auch die Tiere des Feldes“ (Ps 8,6-8).

Und im Hebräerbrief lesen wir:

„Du hast alles seinen Füßen unterworfen.“ Denn indem er ihm alles unterworfen hat, hat er nichts gelassen, was ihm nicht unterworfen wäre; jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen. Wir sehen aber Jesus, der ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt – so dass er durch Gottes Gnade für alles den Tod schmeckte“ (Heb 2,8.9).

Mit anderen Worten: Obwohl unserem Herrn alle Macht gegeben wurde, wird sie von Ihm jetzt nicht über alles Fleisch ausgeübt. Aber wir, die wir an Ihn geglaubt haben, unterwerfen uns Ihm bereits und erkennen Ihn als denjenigen an, dem unsere Treue und unser Gehorsam gebührt.

„Dies redete Jesus und erhob seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen; verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche – so wie du ihm Gewalt gegeben hast über alles Fleisch, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe. Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte. Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (Joh 17,1-5).

Dieser erste Abschnitt erzählt in aller Kürze die ganze Geschichte von Gottes großem Erlösungswerk. Diese Verse fordern uns auf, Christus als den ewigen Sohn zu betrachten, der Seine Herrlichkeit ablegte, um auf die Erde zu kommen, damit Er Gott in der Welt verherrlichen konnte, obwohl Er von den Menschen verachtet und entehrt wurde. In Seinem Leben und in Seinem Tod vollendete Er das Werk, das der Vater Ihm zu tun gegeben hatte. Er ist siegreich auferstanden und wurde vom Vater auf die Spitze der Macht gestellt, mit all Seiner eigenen, innewohnenden Herrlichkeit als Gott, die Ihm wiedergegeben wurde, mit der zusätzlichen Herrlichkeit des siegreichen Überwinders.

Diese Herrlichkeit hat Er auf dem Schlachtfeld gewonnen, indem Er die Sünde und alle Mächte des Bösen besiegte. Alle Macht ist Ihm gegeben worden, und Er teilt die Beute Seines Sieges mit denen, die Er durch Seine Gnade rettet.

In diesen ersten fünf Versen folgen wir Christus auf seiner mächtigen Reise vom Thron in der Höhe bis hinunter in die Tiefe von Golgatha des Elends und wieder zurück zum Thron. Wir sehen, wie Er diesen Thron in der ganzen unergründlichen Fülle und dem Wunder Seines essentiellen, selbst existierenden Seins als Gott verlässt. Wir sehen, wie Er als Mensch dorthin zurückkehrt, in dem zärtlichen Mitgefühl und der allumfassenden Gnade, die jetzt jedem zur Verfügung steht, der zu Seinem Gnadenthron kommt.

„Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort gehalten. Jetzt haben sie erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist; denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und haben geglaubt, dass du mich gesandt hast.

Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein (und alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, mein), und ich bin in ihnen verherrlicht“ (Joh 17,6-10).

Der zweite Abschnitt stellt Sein Gebet für Seine Jünger dar, jene Männer, die Er zu sich gezogen hatte und die mit Ihm während der Jahre Seines öffentlichen Dienstes wandelten. Wir können diese Verse so lesen, als ob sie direkt zu allen Jüngern Christi während dieser ganzen Gnadenzeiten gesprochen würden.

Unter anderem sagt der Herr, dass Er den Namen des Vaters den Menschen offenbarte, die der Vater Ihm aus der Welt gab. Im letzten Vers dieses Kapitels sagt Er wieder, dass Er ihnen den Namen des Vaters verkündet hat, „damit die Liebe, mit der du (der Vater) mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.“ Durch souveräne Gnade aus der Welt auserwählt, wird der Gläubige zu Gott gebracht, um ihn als Vater zu kennen, einschließlich aller Segnungen, die mit einer solchen Stellung einhergehen. Und der Herr sprach nicht nur vom Vater, sondern Er offenbarte Ihn. Er offenbarte den Vater durch das Leben, das Er lebte, wie auch durch die Worte, die Er sprach.

Er konnte sagen: „Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen.“ All die angeborene Furcht vor Gott, die das menschliche Herz erfüllt, wird denen genommen, die gelernt haben, Gott als Vater kennenzulernen, in der Art und Weise, wie der Herr Jesus Ihn bekannt gemacht hat. In diesem Leben der Zärtlichkeit, des Mitgefühls und der Heiligkeit gab Jesus eine praktische, sichtbare Demonstration dessen, wie Gott wirklich ist. So verschwindet die Angst, wenn wir lernen, dass Gott Liebe ist. Solch vollkommene Liebe vertreibt alle Furcht.

Kein Wunder, dass die Jünger Seine Worte aufnahmen und die absolute Gewissheit besaßen, dass ihr Herr vom Vater gekommen war, um die Geschichte Seiner Liebe zu bringen, wie es in Vers 8 heißt.

Wir könnten am Rande bemerken, dass der Herr in Vers 6 sagt, dass die Jünger das Wort des Vaters empfingen; in Vers 8, dass der Herr Jesus ihnen seine Worte gab; und in Vers 20, dass andere durch das Wort der Apostel an Ihn glauben sollten.

Das Wort des Vaters antwortet auf die alttestamentlichen Schriften. Die eigenen Worte des Herrn entsprechen den vier Evangelien, die seine Worte aufzeichnen.

Das Wort der Apostel findet sich in den neutestamentlichen Briefen. Somit umfassen diese drei Abteilungen unsere ganze Bibel – Gottes wunderbares Buch. In Vers 9 betet Jesus für die von Seinem eigenen Blut erkauften Heiligen. Er ist unser großer Hohepriester, der immer für uns Fürsprache einlegt, mit erhobenen Händen in Mitgefühl und Liebe.

„Und ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater! Bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins seien wie wir. Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast; und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren gegangen – als nur der Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde. Jetzt aber komme ich zu dir; und dieses rede ich in der Welt, damit sie meine Freude völlig in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin. Heilige sie durch die Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit“ (Joh 17,11-17).

Abschnitt 3 spricht davon, dass unser verherrlichter Herr Sein Volk der Fürsorge des Vaters übergibt. Er hat sie sorgfältig und eifersüchtig bewacht, während Er mit ihnen in der Welt war. Ein Mietling, der den Wolf kommen sieht, könnte die Schafe verlassen und fliehen, weil er ein Mietling ist und sich nicht um die Schafe kümmert. Aber unser Herr ist der gute Hirte, und der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.

Als schließlich die Stunde kam, in der Er dem Tod ausgeliefert werden sollte, sagte Er:

„Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, dass ich es bin; wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen! – damit das Wort erfüllt würde, das er sprach: Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren“ (Joh 18,8.9).

Er bewahrte sie nicht nur vor körperlichem Schaden, indem Er sie durch Seine mächtige Kraft schützte, sondern Er bewahrte sie auch vor dem Bösen, das von allen Seiten im Überfluss vorhanden war. Böse Dinge und böse Menschen, sogar Satan selbst, konnten denen nichts anhaben, die durch seinen Arm geschützt waren. Aber jetzt, wenn Er in den Himmel zurückkehrt, übergibt der Herr Sein Volk der Fürsorge des Vaters. Christen können Trost aus der Tatsache schöpfen, dass der Vater für uns sorgen wird, so wie der Sohn, als Er unter uns war.

„Keiner von ihnen ist verloren“, sagt Jesus (V. 12). Das erinnert uns an Jakobs Worte an Laban:

„Zwanzig Jahre bin ich nun bei dir gewesen; deine Mutterschafe und deine Ziegen haben nicht fehlgeboren, und die Widder deiner Herde habe ich nicht gegessen. Das Zerrissene habe ich nicht zu dir gebracht, ich habe es büßen müssen; von meiner Hand hast du es gefordert, mochte es gestohlen sein bei Tag oder gestohlen bei Nacht. Es war mit mir so: Am Tag verzehrte mich die Hitze, und der Frost in der Nacht, und mein Schlaf floh von meinen Augen“ (1. Mo 31,38-40).

Jakob musste zugeben, dass trotz seiner fast unaufhörlichen Wachsamkeit einige Schafe gestohlen und einige getötet wurden. Aber unser Herr konnte sagen: „Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keines verloren.“ Wir sind nicht weniger sicher in der Fürsorge des Vaters, trotz der Tatsache, dass Heerscharen von Feinden aller Art ständig auf der Hut sind, um einem Christen ein Bein zu stellen. So mancher Gläubige würde, wenn er gerettet ist, am liebsten sofort in den Himmel kommen, um bei Christus zu sein.

Unser Herr hat nicht darum gebetet, dass wir aus der Welt genommen werden, sondern dass wir vor dem Bösen bewahrt werden. Er hat uns hier in dieser Welt gelassen, ausgesetzt all ihren Versuchungen und Gefahren, damit die Freude des Herrn durch uns verwirklicht wird und wir die allgenügende Gnade Gottes, unseres Vaters, beweisen können. Wir sind in der Welt geblieben, aber wir sind nicht von der Welt. Wir sind Fremde in einer Welt, die nicht unsere Heimat ist. Wir sollen durch himmlische Eigenschaften gekennzeichnet sein, die die Welt als anders als ihre eigenen Gedanken und Wege erkennen soll. Wir sollen abseits von ihr wandeln.

Dann spricht Vers 17, der letzte Vers unseres Abschnitts, von der Kraft, die allein uns befähigen kann, uns wirklich von dieser sündigen Welt zu trennen.

Diese Kraft ist das Wort Gottes. „Heilige sie durch deine Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.“ Wenn das Wort Gottes seinen Platz in unserem Herzen und in unseren Gedanken und damit in unseren Wegen hat, wird es uns von der Welt und ihren Interessen trennen. Dann wird es nicht nur eine Absonderung sein, sondern eine wahre Trennung.

Unser Herr mischte sich unter die Menschen seiner Zeit, und doch lebte er getrennt von ihren Sünden und Vergnügungen. Auch der Gläubige soll sich unter die Menschen mischen; er soll sich nicht verstecken, wie in einem Kloster. Er soll ein normales Leben unter den Menschen dieser Welt führen, aber ein Leben in Berührung mit Gott, in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn und den Heiligen. Das Wort Gottes allein kann, wenn es gelesen und beachtet wird, die Anleitung für ein solches Leben liefern; und wenn es durch den Heiligen Geist angewandt wird, liefert es die Kraft, ein solches getrenntes Leben zu führen.

„Warum fragst du mich? Frage die, die gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe; siehe, diese wissen, was ich gesagt habe“ (Joh 18,21).

Der vierte Abschnitt stellt unseren Herrn als das aufgestiegene Haupt seiner Versammlung dar, der seine Diener in die Welt sendet, die Er gerade verlassen hat, und sie in diesem Dienst durch Seine Fürbitte unterstützt. Moralisch sind die Gläubigen nicht von dieser Welt:

„Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt“ (1. Joh 2,16).

Aber physisch sind wir in der Welt. Und wir müssen uns daran erinnern, dass wir von unserem Herrn in sie hineingesandt worden sind, um für Ihn zu leben und Ihn den Menschen bekannt zu machen. Viel Gnade, Kraft und Weisheit sind nötig, um uns zu befähigen, in dieser sündigen Welt zur Ehre Gottes und zum Segen der Menschen zu leben. Wir müssen täglich bewahrt werden, und wir werden bewahrt durch die Kraft Gottes und durch den Glauben.

Und als Nächstes brauchen wir, um die Energie und Liebe zu haben, die für die Hingabe an Christus notwendig sind, die mächtige Anziehungskraft seiner verherrlichten Person, um unsere Herzen zu Ihm zu ziehen. Wie es im Hebräerbrief ausgedrückt wird:

„Deshalb nun, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“ (Heb 12,1.2).

Was meint der Herr, wenn Er sagt, dass Er sich selbst heiligt? Ganz offensichtlich kann Heiligung hier nicht praktische Heiligung bedeuten, denn das würde in diesem Fall bedeuten, dass der Herr sich selbst heilig gemacht hat, was eine gotteslästerliche Andeutung wäre.

Grundsätzlich bedeutet Heiligung die Absonderung oder Absonderung für einen besonderen Zweck. Unser Herr hat sich also selbst abgesondert. Er weiht sein Leben im Himmel dem besonderen Zweck, sein Volk zu ermutigen und zu unterstützen. Er ist nicht nur für uns am Kreuz gestorben, sondern lebt jetzt für uns im Himmel, um uns in unserem Dienst anzuspornen. Wenn wir im Glauben nach oben schauen und Ihn auf dem Thron sehen, wird uns geholfen, ihn zu besetzen, bis Er kommt. Wie Er dort oben sein Leben hingibt, um sich um unsere Interessen zu kümmern und unsere Not zu stillen, so heiligen wir uns hier unten, um uns um seine Interessen in dieser Welt zu kümmern.

Vers 20 versichert uns, dass das, was hier in Kapitel 17 gesagt wird, nicht nur auf die Jünger zutrifft, die mit Christus auf Erden wandelten, sondern dass dieselben Vorkehrungen und Segnungen der Anteil aller Erlösten sind. All diese reichen Gedanken der göttlichen Gnade werden über uns ausgegossen, damit sie das glückliche Ergebnis bewirken.

Wir wissen, wie weit die Gläubigen von diesem Ziel noch entfernt sind. Dennoch war es Gottes Wunsch, dass die Gläubigen geistlich und moralisch eins sind, damit diese schöne Einheit ein mächtiges Zeugnis für ihn ist. Nichts hat eine stärkere Wirkung auf unerlöste Menschen als die Harmonie und die glückliche Gemeinschaft, die von Christen gezeigt wird. Wir müssen versuchen, dieses Ideal in gewissem Maße zu verwirklichen, damit viele zum Vertrauen auf Christus hingezogen werden.

„Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind; ich in ihnen und du in mir, damit sie in eins vollendet seien und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast.

Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt. Gerechter Vater! – Und die Welt hat dich nicht erkannt; ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen“ (Joh 17,22-26).

Die letzten Verse bilden den fünften Abschnitt dieses Kapitels. Unser Herr blickt hier auf die herrliche Zukunft, wenn alle Heiligen eins sein werden, wenn Er etwas sehen wird von der Mühsal seiner Seele und darin ruhen wird.

In Vers 22 denkt Er an den Tag, wenn wir entrückt sein werden, um Ihm in der Luft zu begegnen. Dann werden wir mit der Herrlichkeit bekleidet sein, die Er uns schenken wird. Unser Herr spricht in Vers 22 in Vorwegnahme jenes Tages, an dem die Gerechten leuchten werden wie die Sonne. Dann, so heißt es in Vers 23, werden wir in dem einen vollkommen gemacht werden.

Beachten Sie das kleine Wort „vollkommen“. Es kommt in Vers 21 nicht vor. Dieser Vers stellt eine Wahrheit dar, die in ihrer Manifestation von unserem Verhalten und Zeugnis abhängt, und leider gibt es dort keine Vollkommenheit.

Aber in Vers 23 spricht Jesus von dem Tag, an dem er uns zu sich genommen haben wird, wenn Er, der ein gutes Werk in uns begonnen hat, es an jenem Tag in Christus vollendet haben wird. Das Ergebnis ist hier nicht von uns abhängig, sondern von Ihm, und so finden wir das Wort „vollkommen“. Ja, an jenem Tag werden wir in einem vollkommen gemacht werden, und dann wird es keine Frage sein, dass die Welt glaubt, dass der Vater den Sohn gesandt hat, denn dann wird die Welt Ihn erkennen (V. 23).

Die Zeit des Glaubens ist dann vorbei, denn an jenem Tag wird jedes Auge Ihn sehen und in der Tat wissen, dass Er der Retter der Sünder ist. Wenn sie dann auf die Heiligen schauen, die Ihn begleiten (Kol 3,4), wird die Welt wissen, dass wir Sein sind. Dann wird Er verherrlicht werden in Seinen Heiligen und angebetet werden in allen, die glauben (2. Thes 1,10).

Aber noch haben wir nicht den Gipfel des Segens erreicht, der in diesen letzten Versen unseres Kapitels enthalten ist. Lassen Sie uns diesen geistlichen Berg der Herrlichkeit noch ein wenig höher erklimmen. Der Vers, den wir gerade betrachtet haben, spricht von der herrlichen Vision der Herrlichkeit, die über die Welt hereinbrechen wird an dem Tag, an dem der Herr Jesus herauskommt, um mit Seiner Braut zu herrschen. Jedes Auge wird Ihn dann sehen und jeder Mund wird sich öffnen, um Ihn zu preisen.

Aber Vers 24 geht noch weiter. Hier haben wir nicht das öffentliche Kommen Christi in der Zurschaustellung Seiner Macht und Majestät und die öffentliche Präsentation seiner schönen Braut, der Versammlung. Vers 24 ist der private, intime Blick auf den Herrn Jesus, der allein Seiner Braut vorbehalten ist. Um Ihn so zu sehen, muss man bei Ihm sein, wo Er ist.

Diese wunderbare Offenbarung Christi in all Seiner ewigen Gottheit, Herrlichkeit und Schönheit ist Seiner Braut vorbehalten. Niemand außer den Erlösten dieser Haushaltung wird Ihn jemals so sehen. Die Engel sehen Ihn nie, denn sie verbergen ihr Gesicht in Seiner Gegenwart. Die Menschen auf der Erde sehen Ihn nur, wenn Er das äußere Gewand des Königtums und der Majestät annimmt. Allein die Versammlung sieht Ihn, wie Er ist.

Uns wird nicht nur die offizielle Herrlichkeit gezeigt – die Herrlichkeit, die Er durch Seinen Tod am Kreuz errungen hat –, sondern wir dürfen auch mit unverhülltem Antlitz auf die ewige Herrlichkeit blicken, die Ihm für immer gehört. Es ist die Herrlichkeit, von der unser Herr in Vers 5 spricht, wo Er den Vater bittet, ihm die Herrlichkeit wiederzugeben, die Er bei dem Vater hatte, bevor die Welt war. Und das herausragende Merkmal dieser Herrlichkeit ist die Herrlichkeit Seiner Gnade, denn Er sagt in Vers 24, dass der Vater Ihn für immer geliebt hat. Es gibt keine Herrlichkeit, die so unwiderstehlich und überwältigend ist, wie die Herrlichkeit Seiner Liebe; Liebe, die für Seine Braut reserviert ist – Liebe, die ewig uns gehört, ewig zu genießen.

Und noch immer führt die Spur nach oben, denn in Vers 25 wird zu all den bereits erwähnten Schätzen der ungeheure Segen der göttlichen und ewigen Einsicht in der Erkenntnis Gottes hinzugefügt. Die Welt weiß es nicht, aber wir wissen es. Wir werden erkennen, wie wir erkannt werden. Unser gegenwärtiges Wissen ist schwach, aber dann wird es vollkommen sein.

Schließlich wird uns in Vers 26 gesagt, dass der Herr uns in der Ewigkeit weiterhin Gott bekannt machen wird. Wir werden nie die Grenze von Gottes Liebe und Weisheit erreichen. Ewig werden wir mehr davon erfahren:

„Damit er in den kommenden Zeitaltern den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erwiese in Christus Jesus“ (Eph 2,7).

Die gleiche Liebe, die in dem Vater und dem Sohn ist, soll in uns sein. Wer kann sagen, was das bedeutet? Es ist die krönende Glückseligkeit, zu lieben, wie wir geliebt werden.

  • Vers 22: Die Herrlichkeit wird unser sein.
  • Vers 23: Die Vollkommenheit wird unser sein.
  • Vers 24: Wir werden für immer bei Ihm sein, Er wird unser Anteil sein.
  • Vers 24: Wir werden Gott in Herrlichkeit des Sohnes sehen.
  • Vers 25: Wir werden erkennen, wie wir erkannt werden.
  • Vers 26: Wir werden lieben, wie Gott uns liebt.

Man hat das Gefühl, dass man sich in diesem wunderbaren Kapitel nur tastend zurechtfindet. Möge der Geist Gottes unsere Augen öffnen und unsere Herzen erleuchten, um diese wunderbaren Lektionen aus diesem heiligen Kapitel zu lernen.

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