Einführende Vorträge zum Johannesevangelium

Kapitel 17

Einführende Vorträge zum Johannesevangelium

Bei Kapitel 17 muss ich mich kurz fassen, obwohl seine Schätze dazu einladen, ihrer Betrachtung reichlich Zeit zu widmen. Einige Worte mögen vielleicht einen allgemeinen Überblick geben. Der Herr hebt seine Augen auf zum Himmel und spricht nicht mehr zu den Jüngern, sondern zum Vater. Die Grundlage seines Gebets ist eine zweifache: Zum einen die Herrlichkeit seiner Person, zum anderen die Vollbringung seines Werkes. Er erbittet vom Vater einen Platz des Segens für die Jünger in Gemeinschaft mit Ihm in Übereinstimmung mit der Würde seiner Person und seines Werkes.

Beachten wir, dass Er von Vers 6 an die Beziehung seiner Jünger zu seinem Vater entwickelt. Er hatte den Namen des Vaters jenen geoffenbart, die des Vaters waren, und ihnen die Worte gegeben, die Er vom Vater empfangen hatte. Außerdem betet Er, auf dass sie seine Freude völlig in sich haben. Ab Vers 14 entfaltet Er ihre Beziehung zur Welt. Sie sind nicht von ihr und gänzlich von ihr abgesondert, obwohl sie in die Welt gesandt sind gleichwie Er. Und beachten wir: Er gibt ihnen des Vaters Wort (lçgon) als ihr Zeugnis, so wie Er ihnen vorher seine Worte (vgl. Joh 15, 7) gegeben hatte. Er heiligt sie nicht nur durch das Wort, welches sie von allem Bösen dieser Welt bewahrt, sondern auch durch sich selbst. Obwohl Er stets von der Sünde abgesondert war, wurde Er jetzt höher als die Himmel erhoben, um sie mit einem Gegenstand zu erfüllen, der ihre Zuneigungen beschäftigen, erweitern und reinigen konnte. Vom 20. Vers an dehnt Er diese Stellung des Vorrechts und der Verantwortlichkeit auf diejenigen aus, die durch das Wort der Apostel an Ihn glauben. Die sittliche Einheit von Vers 11 wird zu einer Einheit im Zeugnis erweitert, „auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (V. 21). Er führt seine Gedanken weiter bis zur Entfaltung der Herrlichkeit – „ich in ihnen und du in mir“ (V. 22) – wenn sie in eins vollendet sind und die Welt erkennen wird (dann geht es nicht mehr um glauben), dass der Vater den Sohn gesandt hat und sie so liebt, wie Er den Sohn liebt (vgl. 2. Thess. 1, 10).

Zuletzt, von Vers 24 an bis zum Ende, hören wir noch erhabenere Dinge, falls das überhaupt möglich ist. Hier drückt der Herr den Wunsch seines Herzens aus. Er äußert nicht länger mehr eine Bitte, sondern seinen Willen – „Vater, ich will.“  Dieses Wort offenbart eine andere Art des Begehrens. „Ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin.“  Der Anfangsteil des Kapitels betrachtet seine Person und sein Werk als Grundlage für seine Verherrlichung im Himmel. Schon in seiner Person besaß Er ein Anrecht darauf; und zudem hatte Er jetzt sein Werk vollbracht. Vers 24 greift sozusagen jene Stellung der Herrlichkeit bei dem Vater vor Erschaffung der Welt auf, die Christus wieder eingenommen hat. Dabei verlangt sein Herz, dass die Gläubigen mit Ihm dort seien, wo Er ist, damit sie seine Herrlichkeit schauen, die der Vater Ihm gegeben hat; „denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.“  Wir sehen im mittleren Teil des Kapitels die Jünger auf der Erde, einerseits in ihrem Verhältnis zum Vater und andererseits in völliger Trennung von der Welt. Zusammen mit den späteren Gläubigen sollten sie sowohl im Zeugnis als auch der zukünftigen Herrlichkeit vor der Welt eins werden. Die letzten Verse hingegen versetzen die Christen sozusagen in eine unirdische, himmlische Herrlichkeit bei dem Vater und zeigen des Herrn Verlangen, dass sie mit Ihm dort seien. Er begehrt nicht nur, dass sie, so weit möglich, seinen eigenen Platz in der Beziehung zum Vater und abgesondert von der Welt einnehmen, sondern auch, dass sie vor dem Vater in eine Stellung der Vertrautheit und Nähe zu Ihm, dem Sohn, treten. Danach wird in Vers 25 der Bruch zwischen der Welt und dem Vater sowie dem Sohn endgültig vollzogen. Er sagt: „Gerechter Vater! – und die Welt hat dich nicht erkannt; ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.“  Der Widerstand der Welt gegen den Vater bestand immer und wurde während der Anwesenheit des Sohnes in ihr bewiesen. So wie der Sohn den Vater kannte, hatten die Jünger erkannt, dass der Vater den Sohn gesandt hatte. Er hatte ihnen den Namen des Vaters kundgemacht und wollte es auch weiterhin tun, „auf dass die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen“ (V. 26). Dieser letzte Vers bringt sozusagen die Liebe des Vaters, so wie der Sohn sie kannte, in ihre Herzen hinein. Das ist die geheime Quelle aller Segnung und Herrlichkeit. Auch Christus selbst war in ihnen. Ausschließlich das Leben Christi durch den Geist vermag alles zu genießen. Auf diese Weise sollen sie sich schon gegenwärtig im Vater und in Christus erfreuen entsprechend dem Platz der Nähe, den sie einnehmen, weil sie so mit Ihm verbunden sind.

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