Einführende Vorträge zum Johannesevangelium

Kapitel 7

Einführende Vorträge zum Johannesevangelium

Auf dieser Basis folgt Kapitel 7. Die Brüder des Herrn Jesus konnten die erstaunliche Macht in Ihm erkennen. Da ihre Herzen jedoch fleischlich gesinnt waren, entdeckten sie sofort, dass diese Macht eine ungewöhnlich gute Gelegenheit für sie und Ihn war, in dieser Welt Nutzen aus ihr zu ziehen. Das war Weltlichkeit in ihrer schlimmsten Form, indem sie sogar die Herrlichkeit Christi für irdischen Gewinn missbrauchen wollte. Warum sollte Er sich nicht der Welt zeigen? (V. 3–5). Der Herr deutete an, dass Er unmöglich die Zeit Gottes vorwegnehmen konnte. War sie indessen gekommen, dann wollte Er entsprechend seiner eigenen persönlichen Herrlichkeit handeln. Danach tadelte Er die Fleischlichkeit seiner Brüder. Wenn auch seine Zeit noch nicht gekommen war, so war ihre Zeit „stets bereit“ (V. 6–8). Sie gehörten zur Welt. Sie sprachen von der Welt; die Welt würde auf sie hören. Er selbst wollte jetzt nicht zum Laubhüttenfest gehen. Doch später ging Er hinauf, „nicht offenbarlich, sondern wie im Verborgenen“ (V. 10), und lehrte. Zuerst war „viel Gemurmel“  unter der Volksmenge, später verwunderten sie sich (V. 12–15). Jesus zeigte, dass das Verlangen, den Willen Gottes zu tun, die Voraussetzung für geistliches Verständnis ist (V. 16–18). Die Juden hielten das Gesetz nicht und suchten Ihn zu töten, weil Er einen Menschen in göttlicher Liebe geheilt hatte (V. 19–23). Welches Gericht könnte weniger gerecht sein? (V. 24). Sie überlegten hin und her und waren in völliger Ungewissheit (V. 25–31). Er stand im Begriff, an einen Ort zu gehen, wohin sie nicht kommen konnten und den sie niemals erraten würden. Der Unglaube dachte an die Zerstreuung unter den Griechen – an alles, nur nicht an Gott (V. 33–36). Jesus würde zu dem zurückkehren, der Ihn gesandt hatte; daraufhin sollte der Heilige Geist gegeben werden. So stand der Herr an dem letzten, dem großen Tag des Festes (der achte Tag zeugt von einer Auferstehungsherrlichkeit außerhalb dieser Schöpfung, die heute schon in der Kraft des Heiligen Geistes, bevor irgend etwas davon sichtbar ist, verwirklicht wird) vor ihnen und rief: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke“ (V. 37). Jetzt handelt es sich nicht um das Essen des Brotes Gottes oder, nachdem Christus gestorben ist, das Essen seines Fleisches und das Trinken seines Blutes. Hier steht: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke.“  Wie in Kapitel 4 geht es um die Kraft im Heiligen Geist und nicht einfach um die Person Christi. „Wer an mich glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (V. 38). Danach lesen wir die Erklärung durch den Heiligen Geist: „Dies aber sagte er von dem Geiste, welchen die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“ (V. 39). Zuerst kommt die durstige Seele zu Jesus und trinkt; daraufhin folgt die Kraft des Heiligen Geistes, die aus dem Inneren des Gläubigen zur Erfrischung anderer ausfließt.

Nichts ist leichter zu erkennen. Ausführliche Erklärungen sind nicht erforderlich; eine Übersicht genügt. Vorausgesetzt wird, dass aufgrund der Erlösung unser Herr als Mensch in den Himmel gegangen, d. h., nachdem Er den Tod durchschritten hat, in die Herrlichkeit aufgefahren ist. Anstatt sofort das abschließende Fest der Glückseligkeit für die Juden und die Welt einzuführen, teilt Er inzwischen aus dieser Herrlichkeit den Heiligen Geist denen mit, die glauben. Ersteres wird Er tun, wenn die Gegenbilder von Ernte und Weinlese erfüllt sind. So wird hier nicht davon gesprochen, dass der Geist Gottes eine neue Natur mitteilt oder als Kraft zur Anbetung und Gemeinschaft mit seinem Gott und Vater geschenkt wird. Das wurde schon früher ausführlich dargestellt. Jetzt sehen wir den Heiligen Geist als eine Macht, die Ströme lebendigen Wassers ausfließen lässt. Dies steht in Verbindung damit und ist die Folge davon, dass der Herr sich als Mensch in der Herrlichkeit befindet. Vorher konnte der Heilige Geist nicht gegeben werden. Jesus musste, nachdem die Erlösung vollbracht war, erst verherrlicht sein. Was wäre klarer oder lehrreicher? Es ist die endgültige Beiseitesetzung des Judentums, dessen kennzeichnende Hoffnung in der Entfaltung von Macht und Ruhe in dieser Welt bestand. Hier wird das Laubhüttenfest, das nicht erfüllt werden kann, bevor Christus vom Himmel kommt und sich der Welt zeigt, durch diese Ströme des Geistes ersetzt. Die Zeit für das Fest war noch nicht gekommen. Ohnehin geht es jetzt nicht um Ruhe, sondern vielmehr um das Ausströmen der Kraft des Geistes, während Jesus im Himmel ist. In einem gewissen Sinn wurde der Grundsatz von Johannes 4   in der Frau von Samaria und anderen, die Christus annahmen, damals schon verwirklicht. Die Person des Sohnes war für sie der Gegenstand einer göttlichen und überströmenden Freude, obwohl natürlich im vollen Sinn des Wortes der Heilige Geist als Kraftquelle für diese Freude erst einige Zeit später gegeben wurde. Doch der Gegenstand der Anbetung war schon da und offenbarte den Vater. Hingegen setzt Johannes 7 voraus, dass Er in den Himmel gegangen ist, bevor Er von dort aus den Heiligen Geist mitteilte, der wie Ströme ausfließen sollte. Dabei handelt es sich nicht wie bei den Israeliten um Wasser  außerhalb ihrer selbst, das aus dem Felsen floss, um sie in der Wüste zu tränken (1. Kor 10, 4), und auch nicht um eine Quelle, die  in dem Gläubigen aufspringt. Wie gesegnet ist dieser Zustand im Gegensatz zu dem des Volkes, wie er in unserem Kapitel geschildert wird! Es wurde von jedem Wind der Lehre umhergetrieben, blickte auf Buchstaben, Gesetzgelehrte und Pharisäer und war verwirrt bezüglich des Christus, jedoch ohne gerechtes Gericht, Sicherheit und Freude. Nikodemus erhob Einwände und wurde verächtlich abgewiesen. Alle gingen nach Hause – Jesus, der kein Heim hatte, nach dem Ölberg (V. 40–53).

Damit werden die verschiedenen Ausblicke auf den Herrn Jesus abgeschlossen, in denen Er das Judentum vollständig auflöst. Es wird geschildert, wie es in einem System aus Gesetz und Anordnungen ruhte, einen Messias, der ihnen augenblickliches Wohlergehen brachte, erwartete und auf die Entfaltung der messianischen Herrlichkeit in der Welt damals hoffte. Der Herr Jesus stellt sich vor, wie Er all diesem für den Christen ein Ende macht. Trotzdem wird natürlich jedes Wort, das Gott verheißen bzw. als Strafe angekündigt hat, bald in Israel erfüllt werden, denn die Schrift kann nicht aufgelöst werden; und was der Mund des Herrn ausgesprochen hat, erwartet seine Erfüllung am rechten Ort und zur rechten Zeit.

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