Einführende Vorträge zum Johannesevangelium
Kapitel 2
Am dritten Tag war die Hochzeitsfeier in Kana in Galiläa, an der Jesu Mutter sowie auch Er selbst und seine Jünger teilnahmen. Die Verwandlung des Wassers in Wein war das erste Zeichen von seiner Herrlichkeit, ein weiteres jene erste Reinigung des Tempels. So haben wir also bisher gesehen, wie zunächst einige Herzen von Ihm angezogen und andere zur Nachfolge aufgefordert wurden. Danach fanden wir im Sinnbild die zukünftige Berufung Israels. Zuletzt verschwand das Zeichen sittlicher Reinigung zugunsten der Freude des neuen Bundes, wenn die Zeiten des Messias kommen, um die Not leidende Erde zu segnen. Aber im Zusammenhang damit findet die Ausübung des Gerichts in Jerusalem und seinem schon so lange geschändeten Tempel statt. All das weist klar auf das Tausendjährige Reich hin.
Der Herr rechtfertigte diese Gerichtshandlung vor den Augen der Juden mit seiner Beziehung zu Gott als seinem Vater und verhieß ihnen in dem Tempel seines Leibes ein Zeichen als Zeugnis von seiner Auferstehungsmacht. „Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten“ (V. 19). Er ist immer Gott; Er ist der Sohn. Er macht lebendig und weckt aus den Toten auf. Später wurde Er als Sohn Gottes erwiesen durch die Kraft der Toten-Auferstehung (Röm 1, 4). Sie hatten Augen, aber sie sahen nicht, Ohren, doch sie hörten nicht, auch verstanden sie nichts von seiner Herrlichkeit. Ach, das galt nicht nur für die Juden! Denn die Erkenntnis war vor seiner Auferstehung bei den Jüngern nur geringfügig größer. Die Auferstehung des Herrn ist nicht nur eine Offenbarung seiner Macht und Herrlichkeit, sondern auch die einzige Befreiung für Jünger des Herrn aus der Sklaverei jüdischer Einflüsse. Ohne dieselbe gibt es kein göttliches Verständnis über Christus, seine Worte und die Bibel. Außerdem steht sie unmittelbar mit dem Beweis von dem Ruin des Menschen durch die Sünde in Verbindung. Obwohl nur kurz geschildert, stellt dieses Ereignis doch eine wesentliche Wahrheit vor, die zu einem der wichtigsten Teile des Evangeliums überleitet. Christus war das wahre Heiligtum und nicht jenes Gebäude, an dem die Menschen so lange in Jerusalem gebaut hatten. Der Mensch mochte Ihn „abbrechen“, Ihn zerstören, soweit er dazu in der Lage war; und dennoch sollte jene Tat in der Hand Gottes zur Grundlage besserer Segnungen werden. Er war Gott; und in drei Tagen wollte Er diesen Tempel wieder aufbauen. Der Mensch war gerichtet; ein anderer Mensch war gekommen, der Herr vom Himmel, der bald mit Auferstehungsmacht bekleidet sein sollte.
Unsere Verse sprechen nicht von der Offenbarung Gottes, wie Er in seiner göttlichen Natur oder kundgemacht im Fleisch den Menschen begegnet. Auch wird hier nicht das Handeln Gottes in seinen Haushaltungen in eingeschobenen Sätzen oder Bildern (wie in Joh 1 bis 2,11) vorgestellt, anfangend beim Zeugnis Johannes' des Täufers und endend mit dem Tausendjährigen Reich in der Person des Sohnes voller Gnade und Wahrheit. Jetzt ging es um den Zustand des Menschen und sein Verhältnis zum Reich Gottes. Diese Frage erhob sich am Passahfest in Jerusalem, wo viele an seinen Namen glaubten, nachdem sie die von Ihm gewirkten Zeichen gesehen hatten. Dort wurde sie auch vom Herrn beantwortet. Eine schreckliche Wahrheit trat ans Licht. Der Herr vertraute sich ihnen nicht an, weil Er alle Menschen kannte. Wie vernichtend sind diese Worte! Er hatte es nicht nötig, dass Ihm jemand vom Menschen Zeugnis gab, denn Er wusste, was in demselben war. Das war keine Verleumdung, sondern ein ernstes, würdiges Urteil. Der strittige Punkt, ob Gott dem Menschen vertrauen kann, fand seine Antwort, denn Er konnte es tatsächlich nicht. In Wirklichkeit bestand nun die Frage darin, ob der Mensch Gott vertraute. Aber, ach, er wollte nicht!