Betrachtung über den Propheten Hesekiel
Kapitel 20
Das Kapitel leitet einen neuen Abschnitt im Buch Hesekiel ein, der bis zum 23. Kapitel geht. Das Thema liegt in der Behandlung der Unreinigkeiten und Abgöttereien des Volkes und der Bewohner Jerusalems von deren Beginn an. Das Gericht folgt auf den Fuß. Jerusalems Fall ist tief, so dass Gott das Heiligtum mit eigener Hand entheiligen muss.
Wie uns bekannt ist, werden die Abschnitte in den Kapiteln 1 bis 24 stets mit einer Zeitangabe begonnen, die vom Jahr der Wegführung unter Jojakin, die wir im vorigen Kapitel behandelt haben, gerechnet wird (siehe Hes 1,2). Vom Beginn des Buches Hesekiel an zählen wir also bisher zwei Jahre. In Kapitel 24 beginnt das neunte Jahr mit der Belagerung Babels.
Die Zeitrechnung hält sich auch in dem zweiten und dritten Teil des Buches Hesekiel an einen bestimmten Anfang. In Kapitel 30, das zum zweiten Teil gehört, sehen wir im zwölften Jahr der Wegführung einen Eilboten zu Hesekiel kommen, der ihm mitteilt, dass die Stadt geschlagen ist. Der dritte Teil beginnt in Kapitel 40 mit den Worten: „Im fünfundzwanzigsten Jahr unserer Wegführung.“
Die Szene am Anfang des 20. Kapitels vermittelt uns einen orientalischen Eindruck: Männer von den Ältesten Israels nehmen in der ihnen eigenen Art stillschweigend vor einem Mann Platz, der sich im Wort Gottes auskennt, um den Herrn zu befragen. Und tatsächlich erhalten sie eine Antwort. Doch der, der Herzen und Nieren prüft, tadelt die Gesinnung der Gesandten mit den Worten aus Vers 39: „Und ihr, Haus Israel, so spricht der Herr, Herr: Geht hin, dient jeder seinen Götzen. Aber nachher werdet ihr wirklich auf mich hören und werdet meinen heiligen Namen nicht mehr entweihen mit euren Gaben und mit euren Götzen.“ Gott lässt sich nicht von Menschen, die ohne Wahrheit und Aufrichtigkeit Ihm nahen, befragen und nötigt sodann den „Menschensohn“ Hesekiel, sie zu richten, wie Er bald dem wahren Sohn des Menschen alle Gerichte über die Kinder Israel wie über eine abgefallene Christenheit überträgt.
Dieses Urteil erweist sich dann durch den Mund Hesekiels als ein zweischneidiges Schwert, mit dem auch der Sohn des Menschen die Völker vernichten wird: Es legt auf der einen Seite völlig die Verdorbenheit des Hauses Israels bloß und zeugt auf der anderen Seite laut von den unfehlbaren Wegen Gottes mit seinem Volk zur Ehre seines Namens.
Der Bericht erwähnt zunächst, dass jedes Tun Gottes mit seinem Volk allein von Ihm ausgeht. Gott erwählt Israel und bietet seine Hand dem Samen des Hauses Jakobs an. Wenn nun also das Auge Gottes auf dieses Volk gerichtet ist und ein dreieiniger Gott in Bezug auf dies Volk einen Eid ablegt, dann hat Er auch das Recht zu fordern, dass sie von nun an ihr Augenmerk von ihren Scheusalen, Göttern und sittenlosen Kulthandlungen wegwenden. Diese Forderung, die aus den Worten „Ich bin der Herr, euer Gott“ heraus spricht und durch den Mund Moses überbracht wurde, fand bei dem Volk wenig Beachtung und schließlich missachtet wurde. Gott zog bereits vor dem Auszug aus Ägypten in Erwägung, ob Er nicht seinen Grimm über sie ausgießen solle, denn die erste Aufforderung, die das Volk mit dem in Übereinstimmung bringen sollte, was Gott sich in seinem Herzen vorgesetzt hatte, wurde gänzlich überhört.
Es gibt jedoch in Gottes unermesslichen Gnadenratschlüssen ein „Aber“. Ein „Aber“, das unabhängig von dem Zustand und dem Willen des Volkes auf eine Gnadenwahl hinweist. „Aber ich handelte um meines Namens willen.“ Wir sehen hierbei die äußere Kante des Schwertes. Wie es möglich ist, dass Gott um seines Namens willen über das Benehmen des Volkes hinwegsieht, wird uns in den drei Stunden der Finsternis klar, wo Er auf Golgatha ein Zeugnis seiner Gnade ablegte. Die Einsetzung des Passah gibt uns ein anschauliches Bild vom Kreuz: „Wenn ich das Blut sehe, so werde ich an euch vorübergehen.“
Hier tritt wohl deutlich hervor, dass in dem Passahlamm, obwohl es sich nicht selbst opfert, der Gedanke an das Brandopfer liegt und das Sündopfer keinen Platz hat an dieser Stelle. Gott wird dort verherrlicht, wo Israel Ihn schmählich verunehrt hat, so dass Er nun Gelegenheit findet, „um seines Namens willen zu handeln“.
Selbst als sie aus dem Land Ägypten in die Wüste hinausgeführt waren, scheinen ihre Herzen unverändert geblieben zu sein. Das Fleisch ist unverbesserlich, und Gott kann nur mit dem Tod antworten. Bruder Kelly sagt in seinen „Notes on Ezekiel“ zurecht: „Als Israel sich außerhalb der Grenzen Ägyptens befand, konnte man gegenüber früher keine Besserung an ihnen wahrnehmen; ja, ihre bösen Taten wurden nur um so hervorstechender und konnten nicht minder entschuldigt werden. Wenngleich sie selbst in der Einsamkeit der Wildnis dem Herrn begegneten, so dienten sie doch noch fremden Götzen; sie besaßen Gebote und Satzungen, und doch wandelten sie nicht dementsprechend, sondern verachteten sie noch; ihnen waren Sabbate verordnet und Bündnisse zwischen dem Herrn und dem Volk gegeben, doch all das Gute wurde schmählich verachtet.“
Kulturgeschichtlich wäre es wohl interessant – doch für unsere prophetische Sicht zu weitschweifend –, einmal der uralten hamitischen Götzendienerei, die nach dem Turmbau zu Babel und der anschließenden Sprachenverwirrung in dem Kultus der Gegenden um den Euphrat und Tigris sowie Ägyptens fortgesetzt wurde, auf die Spur zu gehen und nachzuvollziehen, wie sie ihren Stempel auf die Nachkommen Sems und Arpachsads gesetzt hat. Josua 24,2 zufolge kamen bereits Tarah und Abraham mit anderen Göttern in Berührung. Josua kommt zurück auf die Stetigkeit in diesem Dienst seitens der Väter und sagt in Vers 14: „Und tut die Götter weg, denen eure Väter jenseits des Stromes und in Ägypten gedient haben, und dienet dem HERRN.“ Wir verweisen noch auf Stellen wie Amos 5,25-27 und Apostelgeschichte 7,41-43.
Abermals erwägt Gott, seinen Grimm über sie auszugießen und wieder handelt Er um seines Namens willen. Die göttliche Seite des Werkes, das 1500 Jahre später auf dem Kreuz vollbracht werden sollte, erstrahlt in wunderbarem Glanz. Sofort nach den boshaften Äußerungen aus 4. Mose 14, in dem das murrende Volk bestraft wird und die Wanderung durch die Wüste beginnt: „Morgen wendet euch und brecht auf in die Wüste, den Weg zum Schilfmeer“ sagt Gott in Kapitel 15,2: „Wenn ihr in das Land eurer Wohnsitze kommt, das ich euch geben werde, und ihr dem Herrn ein Feueropfer opfert, ein Brandopfer oder ein Schlachtopfer.…“ In dieser Sprache erkennen wir nur seinen Namen und die Vollkommenheit Christi als das wahre Brandopfer.
An dieser Stelle folgt ein neuer Eidschwur. „Ich bin herabgekommen, um es … in ein gutes und geräumiges Land, in ein Land, das von Milch und Honig fließt, zu bringen.“ Diese Verheißung finden wir in 4. Mose 14 beschrieben. Gott kann nur entsprechend seiner Natur sein Vorhaben zur Ausführung bringen. Er tut es an den Menschen in dem Verhältnis eines Vaters zu seinem Sohn. Die Söhne erhielten in ihren Vätern ein warnendes Vorbild, die allesamt in den achtunddreißig Jahren der Wüstenreise zu Tode kamen. Das abschreckende Beispiel, das die Väter in Ägypten nicht sahen, stellt den Söhnen ihre hohe Verantwortlichkeit vor Augen.
Dieses zweite Geschlecht leistete aber ebenfalls erbitterten Widerstand gegen die liebevollen Absichten und gut gemeinten Ermahnungen Gottes. Die Söhne waren widerspenstig gegen mich, „sie wandelten nicht in meinen Satzungen und hielten meine Rechte nicht, um sie zu tun, durch die der Mensch, wenn er sie tut, leben wird; und sie entweihten meine Sabbate“ (V.21). Wiederum hielt Gott seinen Grimm zurück; sie waren ein Geschlecht, das gleich seinen Vätern boshafte und ungesetzliche Taten verübte. Doch Er zog seine Hand zurück und handelte um seines Namens willen. Er sah abermals auf die Vollkommenheiten der Person Christi und, nachdem sie nach achtunddreißig Jahren an der Grenze in Kades angelangt waren und Mose and Aaron vorwarfen, sie doch besser in Ägypten gelassen zu haben, sprach Er in 4. Mose 20,8: „Nimm den Stab“. Nicht das Kreuz allein, das die Frage der Sünde in Gottes Augen bereinigte, schuf die Möglichkeit, dass Gott entsprechend seinem Wesen dem vollständigen Versagen seines aus Ägypten erlösten Volkes in gnädiger Weise begegnen konnte, sondern es bedurfte dazu vielmehr eines Christus, der in seiner Auferstehungsherrlichkeit das ganze Herz Gottes befriedigen konnte. Indessen hat aber die Ruhe Gottes – die Befriedigung seines Herzens im Blick auf die Vollendung seiner Ratschlüsse in Bezug auf die unendlichen Segnungen an seinem Volk – mit dem Einzug in das Land noch keinen Anfang genommen. „Denn wenn Josua sie in die Ruhe gebracht hätte, so würde er danach nicht von einem anderen Tage geredet haben“ (Heb 4,8). Wenn auch die Hand Gottes, die im Begriff stand, sich wegen eines Schwurs zum Himmel zu erheben, im Anschauen der Vollkommenheiten des „Stabes“ Christi sich wieder senken sollte, so lesen wir doch von einem dritten Schwur in der Wüste in unserem Kapitel: „Auch erhob ich ihnen meine Hand in der Wüste, dass ich sie unter die Nationen versprengen und sie in die Länder zerstreuen würde“ (V.23). Vergleiche auch dazu 3. Mose 26 und 5. Mose 32.
Dies ist ein furchtbarer Eidschwur, und die Geschichte lehrt uns, was dessen Ergebnisse bedeutete. Oder kennen wir sie nicht? Das Los, das das Zehnstämmereich traf oder noch trifft, kann kein Mensch anschaulich genug beschreiben. Doch wer den Charakter der orientalischen Völker kennt, weiß, dass die Wegführung durch die Assyrer nicht gerade als die sachteste Verschleppung bezeichnet werden kann. Glücklicherweise entdecken wir in 5. Mose 32,39 noch einen weiteren Eidschwur: „Seht nun, dass ich bin, der da ist, und kein Gott neben mir! Ich töte, und ich mache lebendig, ich zerschlage und ich heile; und niemand ist, der aus meiner Hand errettet! Denn ich erhebe zum Himmel meine Hand und spreche: Ich lebe ewig!“ Dieser Schwur wird in seiner Ausführung nicht in Züchtigung und Jammer eines verschleppten Volkes enden, sondern in Jubel: „Jubelt, ihr Nationen, mit seinem Volk! Denn er wird das Blut seiner Knechte rächen und Rache erstatten seinen Feinden, und seinem Land, seinem Volk, vergeben“ (5. Mo 32,43).
Wir ziehen nun mit dem Volk in das Land ein und stellen fest, dass der Urteilsspruch der Zerstreuung bereits vor dem Einzug in das Land gefasst war. Gott hatte schon in seinem Zorn geschworen: „Wenn sie in meine Ruhe eingehen werden!“ (Ps 95,11; Heb 4,5). Selbst der Gedanke, dass Josua sie in die Ruhe bringen könnte, erwies sich als Irrtum (Heb 4,8).
Im Gegenteil! Gott nimmt in seiner Vorsehung die gräulichen und sittenlosen Bräuche, mit denen sie in Palästina in Berührung kamen, zum Anlass, um das über sie zu bringen, was Er ihnen bereits in der Wüste kundgetan hatte. Ebenso wie Er sich nach der Errichtung des goldenen Kalbes in der Wüste von innen abwandte und sie dahingab, „dem Heer des Himmels zu dienen“ (Apg 7,42), so verordnete Er ihnen auch hier Satzungen, „die nicht gut waren, und Rechte, durch die sie nicht leben konnten“ (V.25). Hierbei handelt es sich nicht um die zehn Gebote, wie vielerorts zu Unrecht angenommen wird. Dieselben waren gut und jeder, der sie hielt, sollte leben. Es wird wohl mehr an die Kultur der Kanaaniter sowie ihrer benachbarten Völker, der West-Semiten, zu denken sein. Ich glaube sogar, dass wir anhand der Völkerkarte von 1. Mose 10 auch die hamitische Abstammung mit einschließen können. Wie sich die Zuchtlosigkeit selbst bestraft und den Körper schändet, so vergeht sich diese Moloch-Feuerkultur selbst an den Völkern, die sich ihr übergeben und ihre Kinder dem Moloch opfern, indem sie dieselben durchs Feuer gehen lassen (Vers 26). Weil Gott sie dadurch verunreinigte, indem sie alles, was den Mutterschoß durchbricht, durch das Feuer gehen ließen, verwüstete Er sie.
Gott geht sehr ernste Wege mit seinem Volk. Als sich Pharao weigerte, dem Herrn gehorsam zu sein und in ausgelassenem Übermut sagt: „Wer ist der Herr, auf dessen Stimme ich hören soll, um Israel ziehen zu lassen? Ich kenne den Herrn nicht, und auch werde ich Israel nicht ziehen lassen“ (2. Mo 5,2), strafte Gott mit ihm auch das ägyptische Volk, indem der Würgengel in einer Nacht alle Erstgeburt in Ägypten tötete. In Bezug auf Israel handelt Er anders. Gott erwartet von Israel ein höheres Verständnis. Doch da es in allem so schmählich versagt, schlägt Er in seiner Heiligkeit nicht selber die Erstgeburt inmitten des Volkes, sondern lässt das Volk selbst ihre Kinder umbringen. Auf diese Weise wird sein Name geheiligt und gerechtfertigt.
Wir müssen auch ernsthaft erwägen, dass Gott auch in Hinsicht auf die Erstgeburt in der Christenheit, die sich von Ihm abgewendet und sich anderen, dämonischen Einflüssen übergeben hat, sein Vorhaben ausführt. Römer 1 berichtet uns von Personen, die von Gott und seiner göttlichen Offenbarung in der Natur abgewichen sind und ihre Körper missbraucht haben. Mit Beginn von Römer 3,21 werden wir zu der majestätischen Höhe der Lehre des Heils geführt, die endlich in überwältigenden Aussprüchen wie Römer 11,33-36 gipfelt. Römer 12,1 schließt mit einer Ermahnung wegen der Entfremdung von Gott, die uns in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben wurde. Es ist eine Ermahnung an Gläubige, um ihre „Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“ Diesen Dienst kann Gott von jedem erwarten, der mit den großen Grundsätzen des Römerbriefs vertraut ist. Ist jemand mit den Grundsätzen des Heils nicht vertraut und verletzt gemäß Römer 1 Gottes Gesetze in der Natur und verunehrt Ihn, so bleibt für diesen Ungläubigen das Urteil letztlich gleich, ob er nun die Prinzipien der Lehre des Heils kennt, oder nicht. Man kann sagen, dass die Vernachlässigung der Lehre des Heils gleichermaßen gerichtet wird wie die Missachtung der Sprache Gottes in seiner Schöpfung.
Es ist ein entsetzlicher Gedanke, dass die Christenheit mit ihren Kindern, die Gott ihnen anvertraute, den gleichen Weg wie die Moloch-Anbeter einschlägt, indem sie sie mit Theorien und Strömungen bekannt macht, die ihren Ursprung im Osten haben, wo Satan in grässlicher Art und Weise Menschen verführt, an den Gestaden des Mittelmeeres ihren Kinderopferdienst zu verüben.
Im Hinblick auf die religiösen Verrichtungen inmitten des israelischen Volkes finden wir noch eine markante Besonderheit. Sobald sie im verheißenen Land Kanaan lebten, das ihnen von Gott zugeschworen war, stießen sie auf gewisse gewichtige, in Ägypten nie gekannte Plätze auf hohen Hügeln und entdeckten alte dichtbelaubte Bäume, die als Heiligtümer angesehen waren.
Der Einfall, sich erhobene Stätten für den religiösen Kult auszuwählen, ist von Satan schon von alters her im Menschen hervorgerufen worden. Wir lesen von solchen Bergen und Erhebungen bereits zur Zeit der Sintflut sowie der darauf folgenden Zeitperiode von Noah. Die Arche fand damals ihren Ruheplatz auf dem Gebirge Ararrat; doch hat Gott bis heute auf eine geheimnisvolle Weise das Rätseln um die Überreste der Arche erhalten, um damit eine abgöttische Verehrung an diesem Platz zu verhindern. Satan jedoch möchte in dem Menschen dasselbe anfachen, was ihn zu Fall gebracht hatte, und suchte schon damals bei dem Turmbau zu Babel das zu erreichen, was sein Herz bewog. Er übernimmt sich in Jesaja 14,13 mit den Worten: „Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über die Sterne Gottes meinen Thron erheben... Ich will hinauffahren auf Wolkenhöhen.“ Ebenso lautet die Sprache der Menschen in 1. Mose 11,4: „Wohlan, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm, dessen Spitze an den Himmel reicht.“ Ihrem Planen wurde durch das Eingreifen von Seiten Gottes Einhalt geboten, doch der Gedanke, auf dem all ihr Tun beruhte, wurde nicht ausgetilgt und wird einst nach der Aufnahme der Versammlung zur Ausführung kommen. Zwei Frauen, die das Epha der Gottlosigkeit, die in dem gottfremden Opferdienst zum Ausdruck kam, aufhoben, um es in das Land Sinear zu bringen, wo der Turm zu Babel erbaut werden sollte, brachten es empor zwischen Erde und Himmel (Sach 5,9; 1. Mo 11,2).
Zwischen diesen beiden Ereignissen, eines in der Vergangenheit, das andere in naher Zukunft, traten die verschiedensten Abwandlungen im religiösen Leben der Völker auf. (Wir setzen voraus, dass der Turmbau zu Babel einen geistlichen Hintergrund besitzt.) Ich weise beiläufig auf den Übergang vom romanischen zum gotischen Stil hin, der die Gedanken der Menschen zum Höheren verhelfen wollte, doch nur sein religiöses Äußere beeinflusste. Uns gibt nur die Gegenwirkung von Seiten Gottes zu denken, der all unser Tun persönlich zur Kenntnis nimmt: „Und ich sprach zu ihnen: Was ist das für eine Höhe, wohin ihr geht?“ Gott kommt hernieder, um die Höhen in unserer Mitte anzusehen, und Er wird bald von seinem Richterstuhl verkünden, was Er wahrgenommen hat.
Mittlerweile gab der Mensch in seiner vermeintlichen Vernunft seinem gottesdienstlichen „Hätschelkind“ einen Namen, der über seine wahre satanische Herkunft nur hinwegtäuscht. So bedeutet beispielsweise der Name „Baal“ nichts anderes als „Herr“ im Sinne von einem mächtigen Besitzer. In folgenden Stellen gebraucht denn auch der Heilige Geist diesen Namen, um auf eine göttliche Herrschaft hinzuweisen: Hohelied 8,11-12; 1. Chronika 27,28; 2. Samuel 5,20-25; 2. Könige 4,42-44. In Hosea 2,18 erkennt Gott selbst, dass Israel Ihn ehemals „mein Baal“ genannt hat. Doch schon jedes Kind in der Sonntagsschule weiß, mit welch erschreckender Gestalt der Name Baals verbunden ist. Die Schwierigkeit liegt wieder darin, dass man nicht von einem bestimmten Götzen als dem Baal sprechen kann, da Baal für verschiedene Götter in Stadt, Wohnung, Weinberg usw. steht.
Dasselbe trifft für „Bama“, die Höhe, zu. Dieses Wort ist hebräischen Ursprungs und bedeutet das gleiche wie das uns so lieblich lautende Rama. Bama kommt mehr einer rein geographischen Höhe von Rama nahe: „Höhe“ weist den Menschen auf eine geweihte Opferstätte hin. Der Zusammenhang beider Begriffe wird besonders in der Mehrzahl klar: Ramot und Bamot – beides sind geographische Bezeichnungen.
Die Ausdrücke, die Satan heute wie damals in die Gedankenwelt der Menschen einführt, sind dermaßen fest verwurzelt, dass nur die grundlegenden Änderungen, die sich bei der Machtergreifung Christi auf der Erde vollziehen werden, hier ein Ende bringen werden. „Und ihr Name wird Bama genannt, bis auf diesen Tag.“ Das Einzige, das vor dieser Zeit mit diesem Irrtum rücksichtslos aufräumt, ist die Lehre der Apostel, die uns durch Paulus, das auserwählte Gefäß, zugänglich gemacht wurde. Nicht ein aus der Gefangenschaft erlöstes Judentum machte uns, wie die Wissenschaft es schwerlich zu beweisen sucht, mit den himmlischen Grundsätzen bekannt, sondern ein Paulus, der mit der Kraft aus der Höhe ausgerüstet wurde, als er verblendet durch das so genannte wiederhergestellte Judentum auf dem Weg nach Damaskus zu Boden geworfen wurde. Das Licht, das ihn niederwarf, leuchtete von dem Platz aus, zu dem sich keine menschliche Vernunft, und sei sie noch so folgerichtig, je aufschwingen kann. Es strahlte nicht von Jerusalem mit seinen berühmten Rabbinerschulen hervor. Es kam „aus dem Himmel“ (Apg 9,3; 22,6) und umstrahlte ihn „vom Himmel her“ (Apg 26,13). Von nun an wurde dem großen Apostel der Platz des Geschöpfes gegenüber seinem Schöpfer klar. 2. Korinther 10,4-5 spricht von seinem Dienst und dem seiner Mitapostel: „Indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes.“ Diese Höhen werden hier mit Vernunftschlüssen in Beziehung gebracht. Das will uns sagen, dass Vernunftschlüsse Spitzfindigkeiten der menschlichen Vernunft darstellen. Diese Überlegungen führen die Menschen nicht näher zu Gott, sondern bilden eher wie ein hoher Bergkamm ein Hemmnis für günstige Witterungseinflüsse; sie verhindern die Sehnsucht nach der wahren Erkenntnis Gottes. Sie erheben sich „gegen die Erkenntnis Gottes.“
Wie kann nun der natürliche Mensch von diesen „Höhen“ ablassen und zur wahren Gotteskenntnis gelangen? Paulus drückt es hier in 2. Korinther 10 so schön aus: Die Person Jesu Christi in seinem vollkommenen Gehorsam tritt vor unsere Blicke, und unsere Gedanken werden unter den Gehorsam des Christus gefangen genommen. Ja, Er, unser Heiland, ist der wahrhaftige Barack, der Sohn Abinoams, von dem wir in Richter 4,14 hören: „Und Barak stieg vom Berg Tabor hinab, und 10.000 Mann ihm nach.“ Barak ist das aramäische Wort für das hebräische Hama. Wenn es einen geben sollte, der als Mensch die Höhen besetzen konnte, so wäre es unser Heiland wohl gewesen. Der Teufel nimmt Ihn in Matthäus 4,8 mit auf einen „hohen Berg“ und verheißt Ihm auf einmal alles, wonach sich die Menschen seit dem Turmbau zu Babel vergebens ausgestreckt haben. Nach dreijährigem gemeinsamem Zusammenleben in Palästina begibt sich der Herr mit drei von seinen Jüngern in Matthäus 17,1 auf einen „hohen Berg besonders“, wo Ihm kein verführerisches Satansangebot begegnet, sondern Er „empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit“ (2. Pet 1,17). Petrus meint, die Herrlichkeit solcher Höhe müsse festgehalten werden und schlägt vor, drei Zelte zu bauen. Doch selbst dieser Gedanke beruhte auf menschlichen Vernunftschlüssen und hatte nichts mit der Erkenntnis Gottes und seiner unergründlichen Ratschlüsse zu tun. Der wahre Barak musste vom Berg Tabor herabsteigen und den Weg nach Golgatha einschlagen. Dort auf Golgatha, der „Schädelstätte“, musste das Urteil über all das ausgesprochen werden, was unter dem „Schädel“ des Menschen hervorgeht, was dem menschlichen Verstand entspringt. Glücklich jene, die – gleich den 10.000 Männern Baraks – hinter Ihm her die Höhe verlassen haben: „Er wurde seinen Füßen nach ins Tal gesandt“ (Ri 5,15). Diesen Weg wurde auch Paulus gelehrt, der von Damaskus zu der Stätte außerhalb Roms führte, wo er enthauptet wurde und seine Seele in die Herrlichkeit einging. Glücklich können auch die genannt werden, die durch die Worte der Boten des wahren Barak gefangen genommen sind und in Bezug auf welche dem Herrn Jesus zugerufen werden kann: „Mache dich auf, Barak, und führe gefangen deine Gefangenen, Sohn Abinoams!“ (Ri 5,12). Sie werden mit dem bekannt gemacht, der der Vater ist: „Abinoam“ – „Mein Vater ist Anmut“. Zu Ihm kann der Sohn rufen: „Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar“ (Psalm 16,11).
O, geliebter Leser, mögen wir als gelehrige Schüler mehr den Weg des Gehorsams hinter Ihm her einschlagen. Es ist der Pfad, der zur Herrlichkeit führt, aus der wir bald mit Ihm auf eine gereinigte Erde herabkommen werden, wo wir einem jubelnden Überrest begegnen. Dann ist der Einfluss Satans zunichte gemacht und durch den Geist Christi geleitet vernehmen wir die Worte: „In dessen Hand die Tiefen der Erde, und dessen die Höhen der Berge sind“ (Psalm 95,4).
Der letzte Abschnitt unseres Kapitels ist von außergewöhnlicher Tragweite, denn er spricht von dem reichen Trost für uns alle. Er behandelt die Wiederherstellung! Das geschieht jedoch nicht nach unseren Gedanken und natürlichen Herzensneigungen, sondern hierbei müssen – so drückte es einst ein Bruder in einer Konferenz aus – die Gedanken Gottes mit den unsrigen zusammenfallen. „Und ihr werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen all eurer bösen Taten, die ihr begangen habt“ (Vers 43). In den Versen 30 und 31 legt Gott ihnen die Frage vor, ob es angeht, den Weg der abscheulichen Hurereien und Verunreinigungen zu begehen und gleichzeitig einen Rat des Herrn einzuholen. Diese Frage richtet Gott auch an unsere Gewissen; zunächst tut Er es in buchstäblicher Weise, dann auch sinnbildlich durch Abgötterei und Hurerei. Um die Bedeutung dieser Handlungsweise zu begreifen, verweisen wir auf Offenbarung 2,14.20-22. Der Götzendienst redet von der falschen Anbetung unter dem Einfluss von den Dämonen in dieser Welt, die Hurereien von dem unerlaubten Umgang mit der Welt. Sollten solche Neigungen bei uns gefunden werden, dann ist das Befragen Gottes Selbsttäuschung.
Es verdient noch unsere Aufmerksamkeit, dass Gott das Fragen mit den Opfergaben, indem sie ihre Kinder durch das Feuer gehen ließen, in Verbindung bringt. Wie sollte doch das letztere uns als Eltern zur Selbsteinkehr und zur Besinnung leiten. Wenn auf dem Dorfplatz unserer Heimat ein großes Feuer entflammte und an uns die Aufforderung erginge, unsere Kinder durch dieses Feuer zu schicken, würde dann ein Schrei des Entsetzens in uns wachgerufen werden? Wie steht es aber mit der geistlichen Aufopferung unserer Kinder an Götzen unserer Zeit? Mein Ansehen, mein guter Ruf, das ein oder andere Ehrenamt – all das würde leiden, wenn ich meine Kinder hinderte, dies oder jenes auszuführen, wobei ich weiß, dass meine Nichteinwilligung mir selbst Rückschläge im öffentlichen Leben und Aufstiegschancen verbauen könnte. Unter diesen Umständen hilft es nicht, eine Auskunft von Seiten Gottes einzuholen, denn dann ist die Möglichkeit, dass das Wort Gottes durch den Heiligen Geist an Herz und Gewissen wirkt, ausgeschlossen. „Wenn ich mich von euch befragen lasse“, lautet die spöttisch anmutende Antwort Gottes. Er aber, der Herzenskenner, erstickt all die keimenden Gedanken der Fragesteller, in deren Herzen die Überlegungen in Vers 32 aufkommen: „Wir wollen sein wie die Nationen und wie die Geschlechter der Länder, indem wir Holz und Stein dienen.“
Sechshundert Jahre zuvor sprach das Volk durch den Mund Samuels zu dem Herrn: „Nein, sondern ein König soll über uns sein, damit auch wir seien wie alle Nationen“ (1. Sam 8,19). Diese Willenskundgebung dieses Volkes äußert sich auch von Anfang bis Ende in der Geschichte der Verantwortlichkeit des Christentums; sie bestreiten die Autorität Gottes und Christi über die Versammlung und neigen zu den unheiligen Machthabern, den Priestern und dem religiösen Kultus der Vorzeit. Am Ende gelangt man dann – begünstigt durch Fernsehen und den Gebrauch von Genuss und Entspannungsmitteln – zu der Ansicht: „Wir wollen sein wie die Nationen und wie die Geschlechter der Länder, indem wir Holz und Stein dienen.“ Auch unter Gläubigen erscheint die Stellung der Absonderung nicht mehr begehrenswert. Man will sich der Lebensweise der allgemeinen Christenheit in Europa und Amerika anpassen, die keine Beziehungen mehr mit den Grundsätzen der Schrift aufrechterhält.
In Bezug auf Israel spricht Gott in Vers 32: „Und was in eurem Geist aufgestiegen ist, wird keineswegs geschehen.“ Er sagt dies, weil Er seinem irdischen Volk Segnungen auf dieser Erde zugesichert hat, die durch die Gerichte gereinigt sein wird. Das betrifft aber keinesfalls die Christenheit. Daher sollte sich ein Christ niemals auf diese Worte stützen: „Der Herr wird mich wohl schon vor einem falschen Wege behüten.“
Ohne Zweifel ist Gott im Laufe der Geschichte seinen Kindern mancher Hinsicht entgegengekommen, indem Er mit starker Hand und mit „ausgestrecktem Arm und mit ausgegossenem Grimm“ über sie regiert hat. Da Gott die Seinen nie verlässt, aber die Heiligkeit seines Hauses auch stets gewahrt bleiben muss, musste Gott in seinen Regierungswegen mit der Versammlung oft nach 1. Korinther 11,30-32 handeln. Wenn Gott zu diesem Mittel in der Geschichte seines Zeugnisses auf der Erde wie in deinem und meinem Leben greifen musste, so hat es immer einen großen Segen zur Folge. Sind diese Überlegungen von unserer Seite aus gesehen nicht äußerst wichtig?
„Ich werde euch hinausführen aus den Völkern ... Ich werde euch in die Wüste der Völker bringen,“ so heißt es in den Versen 34 und 35. Beachtenswerter Ausdruck, da doch die Schrift meist die Völker mit einem Meer, dem Bild der Unruhe, vergleicht. Der Sprachgebrauch hat den Begriff des „Völkermeeres“ übernommen; doch hier begegnet uns „die Wüste der Völker“. An diesem Ort kann Gott die Seele dazu bringen, dass sie sich gleich dem verlorenen Sohn in Lukas 15 bewusst wird: „Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluss an Brot, ich aber komme hier um vor Hunger!“ Die Szene der Einsamkeit zeigt uns den verlorenen Sohn bei den Schweinen; kann man das richtig finden? „Und niemand gab ihm“ lesen wir, als er sich anschickte, seinen Bauch mit den Futterpflanzen, die die Schweine fraßen, zu füllen. Es werden noch mehr Tagelöhner und Aufseher auf dem Land gearbeitet haben, doch in ihrer Mitte empfand er eine unerträgliche Leere in seinem Inneren.
Um mit den Worten aus Hesekiel 20 zu sprechen, so waren die Nationen, unter denen er zu wohnen begehrte, für ihn zur Wüste der Völker geworden. Doch Gott führte ihn mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm und mit ausgegossenem Grimm heraus aus den Völkern und „sammelte sie aus den Ländern“ (Vers 34). „Es kam eine gewaltige Hungersnot über jenes Land“ (Lk 15,14); hier werden wir in geheimnisvoller Weise auf die Geschehnisse auf dieser Erde hingewiesen, die die Völker angehen, in deren Mitte sich heute die zehn Stämme aufhalten. Nun aber, sittlich getrennt von diesen Menschen, hatte er ehedem „sein Vermögen bei ihnen vergeudet“, doch Gott zwingt ihn, unter demselben Personenkreis (es wird ausdrücklich von „einem der Bürger jenes Landes“ gesprochen) Hunger zu leiden, er, der doch den Gott von Bethlehem, des Brothauses, gekannt hatte. „Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluss an Brot, ich aber komme hier um vor Hunger!“
Der Herr, lenkt auch die Wege Israels durch die Wüste der Völker. Als Israel der Stimme Gottes gehorsam war, brauchte es nicht nach 40-jähriger Wüstenwanderung, bei der sie reiche Erfahrungen machten, wieder zur Wüste zurückzukehren. Gott stand zu seiner Verheißung, wenn wir sie im Glauben das gelobte Land betreten sehen: „Von der Wüste und dieses Libanon bis zum großen Strome der Hethiter, und bis zum großen Meer gegen Sonnenuntergang, soll eure Grenze sein“ (Jos 1,4).
In der Betrachtung über Josua von Rossier lesen wir: „Die Grenzen des Landes wurden von einer großen Wüste, einem hohen Gebirge, einem gewaltigen Fluss und einem weiten Meer gebildet. Das befand sich also außerhalb dieses fruchtbaren Landes, und keiner konnte noch durfte dort ansässig sein. Erkennen wir in diesen Bildern nicht typische Merkmale dieser Welt: ihre geistliche Dürre, ihre Macht, ihr äußerliches Wohlergehen und ihre stete Unruhe? Was ihre Öde betrifft, so war Israel durch die Wüste gezogen und hatte erfahren, dass dort keine frischen Quellen auszumachen waren, sie konnte nur das Brot des Himmels in dieser Einöde ernähren.“ Doch nun werden sie in die Wüste der Völker geschickt, und Gott rechtet mit ihnen von Angesicht zu Angesicht. Er ruft ihnen die 40-jährige Wüstenwanderung und seine Maßnahmen während dieser Reise aufs Neue ins Gedächtnis zurück. Stoßen wir bei diesen Worten nicht auf Amos 8,11.12? „Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, Herr, da werde ich einen Hunger in das Land senden, nicht einen Hunger nach Brot und nicht einen Durst nach Wasser, sondern die Worte des Herrn zu hören. Und sie werden umherschweifen von Meer zu Meer und vom Norden bis zum Osten; sie werden umherlaufen, um das Wort des Herrnzu suchen, und werden es nicht finden.“ Dieses „und werden es nicht finden“ erinnert deutlich an die Worte über den verlorenen Sohn: „Und niemand gab ihm.“
Es folgt in unserem Kapitel ein kräftiger Beweis von Gottes Gnade: „Und ich werde euch unter dem Stab hindurch ziehen lassen, und euch in das Band des Bundes bringen“ (Vers 37). Der Herr lässt nur diejenigen unter dem Stab hindurch ziehen, die Ihm angehören. Liebliches Bild – der Hirte im Orient lässt die Schafe in einer Öffnung der Mauer an sich vorüberziehen und zählt dabei jedes Schaf, das ihm gehört, indem er es mit seinem Stab berührt.
O, welch ein treuer Hirte ist unser Herr. Wie groß steht Er in Johannes 18 vor unseren Blicken, wo die Schar und die Diener der Hohenpriester und Pharisäer mit Leuchten, Fackeln und Waffen Ihn ergreifen wollen. Der Herr sorgt sodann, dass seine Jünger vor ihnen verschont bleiben: „Damit das Wort erfüllt würde, das er sprach: Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren.“ Diesen Vers beschränken wir oft auf die Jünger und uns selbst, doch der gute, große und der Erz-Hirte wird nie, in welcher Verbindung es auch sei, ein Schaf seiner Herde verlieren, auch nicht von der Herde, die wir im Augenblick betrachten. Wir erkennen diese Herde im Bild von Johannes 21,11, als durch den Dienst der Jünger aus dem Überrest der zwei Stämme das Netz ans Land gezogen wurde. Als solche, mit denen Gott im Gericht gewesen war und für immer Wüste, Gebirge, Fluss und Meer hinweg getan hat, werden sie alle ihre „Brüder aus allen Nationen dem Herrn als Opfergabe bringen, auf Pferden und auf Wagen und auf Sänften und auf Maultieren und auf Dromedaren, zu meinem heiligen Berg, nach Jerusalem, spricht der Herr, so wie die Kinder Israel das Speisopfer in einem reinen Gefäß zum Haus des Herrn bringen.“ (Jes 66,20). „Und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“ Niemand geht verloren. Alle, die unter dem Stab hindurch ziehen werden, bringt Er in das Band des Bundes.
Hierin sehen wir die weise Vorsehung Gottes mit seinen Kindern, die Er unter dem Stab hindurch ziehen lässt. Das war auch seine Absicht mit den Korinthern, denen Paulus im zweiten Brief schreibt: „Der uns aber mit euch befestigt in Christus ... ist Gott“ (2. Kor 1,21). Kein Probieren, ob sie die Prüfung jetzt besser bestehen als zuvor, hängt davon ab, in das Band des Bundes gebracht zu werden. Nicht am Tage seines Gelübdes, sondern am achten Tage steht von dem Nasiräer geschrieben: „Und er soll sein Haupt an diesem Tag heiligen“ (4. Mo 6,11). Der wiederhergestellte Überrest Israels sagt in Psalm 80,19, wenn Gottes Hand auf dem Mann seiner Rechten liegt und Er Ihn gestärkt hat: „So werden wir nicht von dir abweichen; belebe uns, und wir werden deinen Namen anrufen.“ Diese Sprache entsprang nur einem wiederhergestellten Herzen. Es war eine Bekehrung, auf die das beste Kleid und ein gemästetes Kalb folgten. Der Vater macht keine Vorhaltungen in Bezug auf seine Verfehlungen.
Das Essen und das Fröhlichsein bestimmt auch den Inhalt des Tausendjährigen Reiches. Der Widerstand Israels wurde in der Wüste der Völker von Gott gebrochen Die zehn Stämme bringen das Speisopfer in einem reinen Gefäß zum Hause des HERRN. „Denn auf meinem heiligen Berg, auf dem hohen Berg Israels, spricht der Herr, Herr, dort wird mir das ganze Haus Israel insgesamt dienen im Land“ (Vers 40). Nicht nur nimmt sich Gott ihrer in Gnade an, sondern das Band des Bundes, unter das sie gebracht worden sind, bewirkt auch in Israel, dass all das Wirklichkeit wird, was dieser Bund beinhaltet: „Dort werde ich eure Hebopfer fordern und die Erstlinge eurer Gaben, in allen euren geheiligten Dingen.“ Denselben Gedanken bringt Paulus an die Korinther zum Ausdruck: „Denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja und in ihm das Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns.“ Das heißt, dass es Gott zur Herrlichkeit gereicht, wenn Er seine Verheißungen an uns wahr macht: „Und ich mich vor den Augen der Nationen an euch heilige.“
Welch schönen Anfang erkennen wir in dem Gebet, das der Herr seine Jünger, die das kommende Reich erwarteten, lehrte: „Geheiligt werde dein Name;“ das sollte in denen verwirklicht werden, die so fern von Ihm standen. „Und ihr werdet wissen, dass ich der Herr bin“: die praktische Hinführung zu diesem Wissen konnten sie nur auf dem von ihnen beschrittenen Pfad erreichen.
„Und ihr werdet euch dort an eure Wege und an alle eure Handlungen erinnern, durch die ihr euch verunreinigt habt; und ihr werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen aller eurer bösen Taten, die ihr begangen habt.“ Dieser Vers veranschaulicht uns in erklärender Weise, was unser Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi in sich schließt. „Und ihr werdet euch erinnern!“ Die Wege göttlicher Zucht sind vorbei und sie sind auf immerdar in die Segnungen des Reiches eingeführt. Keine Furcht vor dem Gericht wird die vollkommene Ruhe und den tiefen Frieden je beeinträchtigen. Dort, in vollkommener Gemeinschaft mit Gott können sie ihre Vergangenheit beurteilen, wie Gott es tut und sie es noch zuzeiten der Betrübnis und der hierauf folgenden Zucht nicht imstande waren. „Ihr werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen aller eurer bösen Taten, die ihr begangen habt. Und ihr werdet wissen, dass ich der Herrbin, wenn ich mit euch handele um meines Namens willen, und nicht nach euren bösen Wegen und nach euren verderbten Handlungen, Haus Israel, spricht der Herr, HERR.“
Wir werden dann besser als je auf dieser Erde erkennen, wie schlecht wir waren, denn wir werden alles nach Gottes Sichtweise beurteilen und sehen. Dann werden wir auch besser als je auf dieser Erde den hohen Wert des Werkes unseres Herrn Jesus und seinen huldreichen Dienst für uns im Heiligtum schätzen, der Gott die Möglichkeit gab, in unserem Leben um seines Namens willen zu handeln, nicht aber gemäß unseren schwachen Bemühungen, denn die Kraft zu diesem vollkommen ausgeführten Priesterdienst beruht allein auf dem Werk Christi am Kreuz.