Betrachtung über den Propheten Hesekiel

Kapitel 20

Unser Kapitel beginnt mit einem neuen Abschnitt im Buch Hesekiel. Dieser Abschnitt umfasst die Kapitel 20–23. Das Thema dieses Abschnitts ist die Verunreinigung und der Götzendienst des Volkes und Jerusalems während seiner gesamten Geschichte von Anfang an. Daraus resultieren dann die Gerichte, die mit dem Fall Jerusalems und der Entweihung des Heiligtums durch Gott selbst enden.

Wie vermutlich bekannt, wird in diesen Abschnitten im ersten Teil des Buches (Kap. 1–24) Jahr und Datum angegeben, gerechnet ab dem Jahr der Wegnahme unter Jojakin, worauf wir im vorigen Kapitel eingegangen sind (siehe Kap. 1,2). Wir befinden uns also zwei Jahre später als am Anfang unseres Buches. Der Beginn von Kapitel 24 findet im neunten Jahr statt. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Belagerung Babylons.

Doch die Zeitrechnung nach diesem Schema setzt sich fort, auch im zweiten und dritten Teil dieses Buches. In Kapitel 30, das zum zweiten Teil gehört, befinden wir uns im „zwölften Jahr unserer Wegführung“ (Hes 33,21), als der Eilbote zu Hesekiel kommt und verkündet, dass die Stadt geschlagen ist. Und das dritte Buch beginnt in Kapitel 40 mit dem „fünfundzwanzigsten Jahr unserer Wegführung“ (V. 1).

Unser Kapitel 20 beginnt mit einer bunten orientalischen Szene. Männer von den Ältesten Israels sind gekommen, um den Herrn zu befragen, und in echter östlicher Weise sitzen sie schweigend vor dem Mann, durch den das Wort Gottes kommen soll. Und dieses Wort kommt tatsächlich. Aber von Ihm, der Nieren und Herzen erforscht, und der in diesen Abgeordneten und ihrer Haltung das Haus Israel mit den Worten des Verses 39 tadelt: „Und ihr, Haus Israel, so spricht der Herr, Herr: Geht hin, dient jeder seinen Götzen. Aber nachher werdet ihr wirklich auf mich hören und werdet meinen heiligen Namen nicht mehr entweihen mit euren Gaben und mit euren Götzen.“ Gott lässt sich von diesen Menschen, die nicht in Wahrheit und Aufrichtigkeit zu Ihm kommen, nicht befragen, und Er lädt den „Menschensohn“ Hesekiel ein, sie zu richten, so wie er später den wahren Sohn des Menschen einladen wird, nicht nur die Kinder Israel, sondern auch die abgefallene Christenheit zu richten.

Dieses Urteil aus dem Mund Hesekiels gleicht dem zweischneidigen scharfen Schwert, mit dem der Sohn des Menschen bald die Völker schlagen wird. Einerseits deckt es die Verderbtheit des Hauses Israel vollständig auf, andererseits zeigt es vollständig, wie Gott in seinem Umgang mit diesem Volk die Ehre seines Namens unfehlbar aufrechterhält.

Der Bericht beginnt mit der Feststellung, dass jede Handlung mit dem Volk von Gott und von Ihm allein ausgeht. Gott erwählt Israel und erhebt seine Hand zugunsten der Nachkommen des Hauses Jakob. Und wenn nun Gottes Auge auf dieses Volk gerichtet ist und ein dreieiner Gott bei sich selbst im Blick auf dieses Volk schwört, dann kann Gott verlangen, dass daher die Augen dieses Volkes nicht mehr auf abscheulichen Götzen und unsittliche Kulthandlungen, die damit verbunden sind, gerichtet sein sollen. Diese Forderung, die mit den Worten „Ich bin der Herr, dein Gott“ untermauert und zweifellos durch Mose vermittelt wird, stößt auf eine entsprechende Ablehnung seitens des Volkes.

Dann erwägt Gott, seinen Zorn über sie auszugießen, während sie noch nicht einmal aus Ägypten herausgezogen sind, denn die erste Forderung, die das Volk in Übereinstimmung damit bringen würde, was Gott für sie in seinem Herzen hatte und worauf Er selbst geschworen hatte, wurde bereits in Ägypten als das vorgelegte „Programm“ abgelehnt.

Allerdings gibt es in Gottes unermesslichem Arsenal an Möglichkeiten ein Aber. Ein Aber, das vom Zustand des Volkes und seinem Wollen oder Nichtwollen so unabhängig ist wie die Wahl und der Eid. „Aber ich handelte um meines Namens willen“ (V. 9). Hier sehen wir nur die äußere Seite. Wie es möglich ist, dass Gott ohne Rücksicht auf die Reaktion des Volkes nur um seines Namens willen handelte, sehen wir, wenn wir auf Golgatha stehen und die Bedeutung der drei Stunden der Finsternis auf uns einwirken lassen. Im Vorbild erscheint dieses Kreuz in der Einsetzung des Passahfestes: „und sehe ich das Blut, so werde ich an dir vorübergehen“ (2. Mo 12,13).

Hier wird deutlich, dass in dem Passahlamm, obwohl es kein Opfer ist, der Gedanke des Brandopfers liegt, und es hat nichts mit dem Sündopfer zu tun. Gott verherrlichte sich an dem Ort und unter den Umständen, unter denen Er durch das Verhalten des Volkes Israel entehrt wurde. Dadurch konnte Er um seines Namens willen handeln.

Als Er sie aus dem Land Ägypten herausgeführt und in die Wüste gebracht hatte, war ihre Haltung offenbar unverändert. Das Fleisch kann nicht verbessert werden kann; allein Gott kann es in den Tod bringen. Es ist richtig, wie Kelly in seinen Notes on Ezekiel sagt: „Als sie Ägypten verlassen hatten, war Israel nicht besser als zuvor; ja, ihre Bosheit wurde noch offensichtlicher und weniger entschuldbar. Denn sie waren in der Einsamkeit der Wüste in der Nähe des Herrn, und doch suchten sie falsche Götter; sie hatten seine Satzungen und Ordnungen, aber sie wandelten nicht danach, sondern verachteten sie. Sie hatten seine Sabbate als Zeichen zwischen Ihm und ihnen, aber sie entweihten sie sehr.“1

Kulturgeschichtlich, doch für unser prophetisches Tagebuch zu weitschweifig, ist es wichtig zu sehen, wie der alte hamitische Götzendienst, der sich in den Kulturzentren Euphrat-Tigris-Ebene und Ägypten nach dem Turmbau zu Babel und der Sprachverwirrung entwickelte, seine Spuren bei den Nachkommen Sems und Arpaksad hinterließ, und wir sehen in Josua 24,2, dass Terach und Abraham bereits damit infiziert waren. Josua kommt auf den Fortbestand dieses Götzendienstes über die Generationen hinweg zurück, wenn er in Vers 14 sagt: „und tut die Götter weg, denen eure Väter jenseits des Stromes und in Ägypten gedient haben“. Wir weisen hier auf Amos 5,25-27 und Apostelgeschichte 7,41-43 hin.

Wieder erwägt Gott, seinen Zorn über sie auszugießen, und wieder handelt Er um seines Namens willen. Und wieder gibt es diese wunderbare Sicht von Gottes Seite aus auf das Werk, das sein Sohn 1500 Jahre später am Kreuz vollbringen würde. Unmittelbar nach jenen schrecklichen Ereignissen in 4. Mose 14, wo das murrende Volk bestraft wird und die Wüstenwanderung beginnt, sagt Gott: „wendet euch und brecht auf in die Wüste, den Weg zum Schilfmeer“ (V. 25). Doch dann sagt Er in Kapitel 15: „Wenn ihr in das Land eurer Wohnsitze kommt, das ich euch geben werde, und ihr dem Herrn ein Feueropfer opfert, ein Brandopfer oder ein Schlachtopfer“ (V. 2.3). Er handelt um seines Namens willen und blickt auf das freiwillige Opfer Christi als Brandopfer.

Aber hier folgt ein neuer Schwur: „an jenem Tag erhob ich ihnen meine Hand, dass ich sie aus dem Land Ägypten führen würde in ein Land, das ich für sie erspäht hatte, das von Milch und Honig fließt; die Zierde ist es von allen Ländern“ (Hes 20,6). Dieser Schwur wird uns in dem bereits erwähnten 4. Mose 14,21-25 beschrieben. Gott kann nicht anders, als seine Absichten um seines Namens willen zu verwirklichen, aber Er tut es anstelle der Väter an ihren Söhnen. Ein mahnendes Beispiel steht vor diesen Söhnen: Das, was ihren Vätern widerfuhr, die alle in den nächsten 38 Jahren sterben würden. Ein Beispiel, das die Väter selbst in Ägypten nicht hatten und das die Söhne daher umso mehr unter Verantwortung stellte.

Diese zweite Generation widersetzte sich jedoch Gottes liebevollen Absichten und herzlichen Warnungen. „Aber die Kinder waren widerspenstig gegen mich; sie wandelten nicht in meinen Satzungen und hielten meine Rechte nicht, um sie zu tun, durch die der Mensch, wenn er sie tut, leben wird; sie entweihten meine Sabbate“ (Hes 20,21). Wieder erwägt Gott, seinen Zorn auszugießen, nun auch über diese zweite Generation, die ebenso böse und widerspenstig ist wie die erste. „Aber ich zog meine Hand zurück und handelte um seines Namens willen“ (V. 22). Er blickt erneut auf die Vollkommenheit Christi und sagt in 4. Mose 20, als sie nach 38 Jahren Wanderschaft in Kades an der Grenze des Landes murrten und Mose und Aaron vorwarfen, sie aus Ägypten geführt zu haben: „Nimm den Stab“ (V. 8). Nicht nur ein Christus, der am Kreuz alles für Gott bedeutete, an dem Ort, wo die Sünde ihn entehrt hatte, sondern ein Christus, der in der Herrlichkeit der Auferstehung alles für sein Herz ist, wenn es ein völliges Versagen eines aus Ägypten erlösten Volkes gibt, so gibt Ihm das die Gelegenheit, um seines Namens willen zu handeln.

In der Zwischenzeit, mit dem Einzug in das Land, ist Gottes Ruhe, die Befriedigung seines Herzens in der Erfüllung seiner Anordnungen bezüglich der endgültigen Segnungen seines Volkes, nicht eingetroffen: „Denn wenn Josua sie zur Ruhe gebracht hätte, so würde er danach nicht von einem anderen Tag geredet haben“ (Heb 4,8). In 4. Mose 20 wird der Bund Gottes, der in Schwüren zum Himmel erhoben werden sollte, beim Anblick der Vollkommenheit dieses Stabes, Christi, zurückgezogen. In Vers 23 unseres Haupttextes lesen wir von einem dritten Schwur, der in der Wüste stattfand: „Auch erhob ich ihnen meine Hand in der Wüste, dass ich sie unter die Nationen versprengen und sie in die Länder zerstreuen würde“ (vgl. 3. Mo 26; 5. Mo 32).

Dies ist ein furchtbarer Schwur, und die Geschichte lehrt uns, was seine Erfüllung bedeutet hat – oder sie lehrt es uns nicht: Was das Schicksal der zehn Stämme war oder noch ist, kann uns niemand sagen, aber wenn man den Charakter der aufeinanderfolgenden östlichen Reiche kennt, ist eine Verschleppung durch die Assyrer nicht die sanfteste Deportation. Glücklicherweise finden wir in 5. Mose 32 einen weiteren Schwur, der uns diese Dinge ankündigt: „Seht nun, dass ich bin, der da ist, und kein Gott neben mir! Ich töte, und ich mache lebendig, ich zerschlage, und ich heile; und niemand ist da, der aus meiner Hand errettet! Denn ich erhebe zum Himmel meine Hand und spreche: Ich lebe ewig“ (V. 39.40). Dieser Schwur wird in seiner Ausführung nicht mit dem Seufzen und Wehklagen eines Volkes enden, das in die Gefangenschaft geht, sondern mit dem Jubel: „Jubelt, ihr Nationen, mit seinem Volk! Denn er wird das Blut seiner Knechte rächen und Rache erstatten seinen Feinden, und seinem Land, seinem Volk, vergeben“ (V. 43).

Bisher haben wir in unserer Betrachtung die Wege des Volkes in Ägypten und in der Wüste gesehen und wies der Herr darauf reagiert. Wir betreten nun mit dem Volk das Land, aber wie wir bereits in den vorherigen Versen gesehen haben, ist das Gericht der Zerstreuung bereits auf sie geschrieben, noch bevor sie das Land betreten. Gott hat in seinem Zorn geschworen bereits: „Wenn sie in meine Ruhe eingehen werden!“ (Ps 95,11; Heb 4,5), und so ist kein Gedanke daran, dass „Josua sie zur Ruhe gebracht hätte“ (Heb 4,8).

Im Gegenteil, Gott benutzt in seiner Vorsehung die abscheulichen und unmoralischen Riten, mit denen sie in Israel in Berührung kommen, um über sie das zu bringen, was Er ihnen schon in der Wüste verkündet hatte. Wie Er sich in der Wüste nach der Geschichte vom goldenen Kalb von ihnen abwandte und sie hingab, „dem Heer des Himmels zu dienen“ (Apg 7,42), so gab Er ihnen im Land „Satzungen, die nicht gut waren, und Rechte, durch die sie nicht leben konnten“ (V. 25). Dies sind nicht die Zehn Gebote, wie man fälschlich angenommen hat. Sie sind gut, und wenn man sie hält, dann wird man leben. Wir denken hier an die entartete und verkommene kanaanäische Kultur und die der umliegenden – wie sie meist genannt werden – westsemitischen Völker, obwohl ich hier immer mehr hamitischen Einfluss und Abstammung vermute und auf Grund der Völkerkarte von 1. Mose 10 weiter annehmen will. Wie die Unmoral sich selbst bestraft und den Körper zerstört, so zerstört dieser grausame Moloch-Feuerkult sogar die Völker, die sich ihm hingeben und ihre Erstgeborenen, „die Erstlinge all ihrer Kraft“ (Ps 105,36) diesen Göttern des Feuers weihen. Daher lesen wir von Gott: „Und ich verunreinigte sie durch ihre Gaben, indem sie alles, was den Mutterschoß durchbricht, durchs Feuer gehen ließen – damit ich sie verwüstete, damit sie wissen möchten, dass ich der Herr bin“ (Hes 20,26).

Welch ernster Weg Gottes mit seinem Volk. Als der ägyptische Herrscher sich weigerte, Ihm zu gehorchen, und in stolzer Überheblichkeit sagte: „Wer ist der Herr, auf dessen Stimme ich hören soll, um Israel ziehen zu lassen? Ich kenne den Herrn nicht, und auch werde ich Israel nicht ziehen lassen“ (2. Mo 5,2), strafte Gott ihn und sein Volk entsprechend, und der Engel des Verderbens ging mitten durch Ägypten und tötete alle Erstgeborenen. Hier, bei Israel, liegen die Dinge völlig anders. Gott darf verschiedene Dinge von Israel erwarten, und wenn Israel diese Erwartung grob verfehlt, wird Er nicht dadurch geheiligt, dass Er mitten durch das Volk geht und alle Erstgeborenen erschlägt, sondern sie selbst werden ihre Erstgeborenen umbringen. So wird sein Name hier geheiligt und Er wird gerechtfertigt.

Aber es ist ernsthaft zu bedenken, dass Gott auch gegenüber den Erstgeborenen in der Christenheit so handelt, die sich von ihm abgewandt hat und immer mehr auf „betrügerische Geister und Lehren von Dämonen“ achten. In Römer 1 wird uns gesagt, was die Menschen aus den Nationen, die sich von Gott und seiner Offenbarung in der Natur entfernt haben, mit ihrem Körper schändliche Dinge verübt haben. Dann folgt darauf in majestätischer Weise – von Kapitel 3,21 bis einschließlich Kapitel 11 – die Heilslehre, abgeschlossen mit der Erhebung Gottes in Kapitel 11,33–36. Und danach folgt in Kapitel 12,1 eine Ermahnung, die sich auf die „Erbarmungen Gottes“ gründet, die in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben werden. Die Gläubigen werden ermahnt, ihre Leiber zu einem lebendigen, heiligen und Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzustellen, und dann wird hinzugefügt, „was euer vernünftiger Dienst ist“. Solch einen Dienst kann Gott von denen erwarten, die mit den großen Grundsätzen des Römerbriefes bekannt geworden sind. Wenn sie diese Erwartung nicht erfüllen, werden sie nicht dafür bezahlen wie diejenigen, die sich in Unkenntnis dieser Grundsätze über die Naturgesetze Gottes hinweggesetzt haben, wie in Kapitel 1 beschrieben ist. Dann wäre Gott entehrt, denn dann könnten die Beobachter seiner Gerichte sagen: Ob man diese großen Grundsätze der Heilslehre gekannt hat oder nicht, das Gericht bleibt dasselbe. Oder auch: Das Gericht wegen der Missachtung seines Redens in der Schöpfung wird ebenso wie das wegen der Missachtung der Heilslehre.

Schrecklich ist es, wenn man bedenkt, dass die Christenheit den Weg der Molochanbeter geht, indem sie ihre eigenen Kinder, die ihr von Gott anvertraut worden sind, Theorien und Strömungen ausliefert, die aus demselben Osten stammen, wo der Teufel in weniger subtiler Form die Menschen in den Ländern an der Ostküste des Mittelländischen Meeres zu Kindesopfern verführte.

Doch dann kommt noch etwas anderes, was kennzeichnend ist für Israels Wege und Handlungen, insbesondere für seine religiösen Handlungen. Als sie in das Land kamen, das Gott ihnen zu geben geschworen hatte, sahen sie dort etwas, das ihnen in Ägypten nicht oder weniger vertraut war, nämlich die geweihten Stätten in Kanaan auf Hügeln und unter alten laubreichen Bäumen.

Der Gedanke an erhöhte Orte, die mit religiösen Kulten verbunden sind, wurde den Menschen von alters her vom Satan eingeflößt. Von Bergen und hohen Plätzen lesen wir erst nach der Sintflut und der darauf folgenden Regierungsordnung unter Noah. Die Arche ruhte auf den Bergen des Ararat, und Gott hat die Anbetung dieses Ortes verhindert, da er das Rätsel der Überreste der Arche bis heute geheimnisvoll verschleiert hat. Doch Satan wollte im Menschen das verwirklichen, was er selbst für sich gebrauchen konnte. Durch den Turmbau von Babylon ergriff er die Gelegenheit, durch den Menschen das zu verwirklichen, was in seinem eigenen Herzen war. Er sagt in Jesaja 14,13.14: „Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über die Sterne Gottes meinen Thron erheben und mich niedersetzen auf den Versammlungsberg im äußersten Norden. Ich will hinauffahren auf Wolkenhöhen“. Das Volk sagt in 1. Mose 11,4: „Wohlan, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm, dessen Spitze an den Himmel reicht“. Ihre Pläne sind durch das Eingreifen Gottes zunichtegemacht worden, aber der Gedanke, der ihnen zugrundeliegt, ist nicht ausgelöscht worden und wird bald nach der Entrückung der Versammlung vollständig verwirklicht werden. Die Frauen, die das Epha der Ungerechtigkeit, das sich in der Religion gegen die Gedanken Gottes offenbart, aufnehmen und in das Land Sinear bringen, wo der Turm von Babel gebaut wurde (1. Mo 11,2), hoben es empor „zwischen Erde und Himmel“ (Sach 5,9).

Zwischen diesen beiden Zeitabschnitten, der eine in grauer Vorzeit, der andere in sehr naher Zukunft, gab es alle möglichen Formen der Erhöhung des Menschen durch religiöse Dinge (man nimmt an, dass der Turm von Babel auch einen religiösen Zweck hatte). Ich weise nebenbei auf den Übergang vom romanischen zum gotischen Stil hin, der angeblich die Gedanken des Menschen erhöhen soll, in Wirklichkeit aber den Menschen selbst in seinen religiösen Verrichtungen erhöht. Es ist ernst für uns, dass Gott alle diese Erhöhungen persönlich zur Kenntnis nimmt, wie Er es beim Turmbau zu Babel getan hat: „Und ich sprach zu ihnen: Was ist das für eine Höhe, wohin ihr geht?“ (Hes 20,29). Gott kommt herab, um auch die Höhen in unserer Mitte zu besehen; einmal wird Er vor seinem Richterstuhl offenbaren, was Er gesehen hat.

Der Mensch ist sehr geschickt darin, seinen religiösen „Lieblingskindern“ Namen zu geben, die die wahren Absichten Satans völlig verbergen. Zum Beispiel bedeutet der Name „Baal“ nichts anderes als „Herr“ im Sinn von „Meister, Eigentümer, derjenige, der die Herrschaft über etwas oder jemanden besitzt.“ In den folgenden Abschnitten verwendet der Heilige Geist gerade dieses Wort, um im Vorbild die göttliche Herrschaft anzudeuten (Hld 8,11.12; 1. Chr 27,28; 2. Sam 5,20-25; 2. Kön 4,42-44). Und in Hosea 2,15 gibt Gott selbst zu, dass Israel Ihn früher „mein Baal“, das heißt mein Meister, nannte. Aber ein Sonntagschulkind weiß, mit welchem schrecklichen Götzen der Name Baal in Verbindung gebracht wird. Das Raffinierte daran ist, dass man nicht von einem bestimmten Götzen sprechen kann, der diesen Namen trägt, sondern dass Baal ein allgemeiner Name für den Gott einer Stadt, eines Brunnens, eines Weinbergs und dergleichen wurde.

So auch hier in Bezug auf „Bama“, die Höhe. Es ist dasselbe Wort, hat zumindest denselben hebräischen Ursprung wie das „Rama“, das uns aus der Heiligen Schrift vertraut ist und für uns so lieblich klingt. Auch dieses bedeutet „Höhe“. Bama bekommt neben der rein geographischen „Höhe“ von Rama mehr die Bedeutung: „Höhe“ im Sinn eines von Menschen geweihten Opferplatzes. Aber die Verbindung zwischen den beiden Wörtern erscheint uns klar, wenn wir die Pluralformen den beiden Wörter sehen: In der Bibel sind das „Ramot“ und „Bamot“, siehe die Konkordanz mit geographischen Namen.

Diese Dinge und Begriffe, die Satan damals wie heute in die Köpfe der Menschen eingeschleust hat, sind so hartnäckig, dass nur die völlige Veränderung, die in allem eintreten wird, wenn Christus sein Reich hier auf der Erde errichten wird, ihnen ein Ende setzen kann. „Und ihr Name wird Bama [d. i. Höhe] genannt bis auf diesen Tag“.

Das Einzige, was diese Dinge bis dahin radikal abschafft, sind die Lehren der Apostel, wie sie uns überliefert wurden und wie Paulus das „auserwählte Gefäß“ war, um sie uns bekanntzumachen. Nicht ein im Exil wiedergeborenes Judentum, wie es so schön von der gelehrten Seite heißt. Paulus wurde auf der Straße nach Damaskus gewaltsam von den „Höhen“ dieses so genannten wiedergeborenen Judentums zu Boden warf. Das Licht, das ihn zu Boden warf, kam von einer Ebene, die kein menschlicher Einfallsreichtum je erreicht hat, auch nicht auf seinem höchsten Gipfel. Es kam nicht aus Jerusalem mit seinen berühmten rabbinischen Schulen. Es kam „aus dem Himmel“ (Apg 9,3; 22,6) – es umstrahlte ihn „vom Himmel her“ (Apg 26,13). Und es bestimmte mit diesem großen Apostel für immer den Platz des Geschöpfes gegenüber seinem Schöpfer und die Beseitigung jedes Gedankens an Höhe im Reich Gottes. In 2. Korinther 10,4.5 sagt der Apostel über seinen Dienst und den seiner Mitapostel: „indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus“. Diese Höhen werden hier mit „Vernunftschlüssen“ in Verbindung gebracht, mit menschlichem Verstand und Scharfsinn des menschlichen Einfallsreichtums. Diese Dinge bringen den Menschen nicht näher zu Gott, sondern sind Spitzfindigkeiten wie ein Gebirgskamm mit hohen Gipfeln, der günstige Wettereinflüsse blockiert, ein Hindernis für die Erlangung der wahren Erkenntnis Gottes. Sie „erhebt sich gegen die Erkenntnis Gottes“.

Wie wird nun der natürliche Mensch mit seinen Höhen von diesen Dingen abgebracht und zur wahren Gotteserkenntnis geführt? Paulus drückt es hier in 2. Korinther 10 so schön aus: Die Person Jesu Christi in seinem vollkommenen Gehorsam wird dem Menschen vorgestellt, und so werden seine Gedanken „dem Gehorsam des Christus“ unterworfen.

Ja, Er, unser Erlöser, ist der wahre Barak, der Sohn Abinoams, von dem wir in Richter 4,10 lesen: „Und Barak stieg vom Berg Tabor hinab, und 10 000 Mann ihm nach“. Barak ist das aramäische Wort für dasselbe hebräische Wort Rama, um das es jetzt geht. Wenn es jemanden gab, der die Höhen als Mensch hätte besetzen und halten können, dann wäre es unser Heiland gewesen. Der Teufel führte Ihn in Matthäus 4,8 auf einen „sehr hohen Berg“ und versuchte, bei Ihm mit einem Mal das zu erreichen, was er seit dem Turmbau in Babel unter den Menschen verfolgt hat. Doch das war vergeblich.

Nach einer dreijährigen Wanderschaft in Israel kommt der Herr mit dreien seiner Jünger in Matthäus 17,1 für sich allein auf einen „hohen Berg“, und es gibt kein verlockendes Angebot Satans, sondern er empfängt dort von Gott, dem Vater, „Ehre und Herrlichkeit“, wie es in 2. Petrus 1,17 heißt. Petrus meinte, dass die Herrlichkeit dieser Höhefestgehalten werden müsste und schlägt vor, drei Hütten zu bauen. Doch auch dieser Gedanke entsprang menschlichen Überlegungen und konnte nicht zur Erkenntnis Gottes und seiner unergründlichen Ratschlüsse führen. Wahrlich, unser Barak musste vom Berg Tabor herabsteigen und den Weg nach Golgatha einschlagen. Dort, auf der „Schädelstätte“, musste Gericht und Tod über alles gesprochen werden, was unter dem Schädel des Menschen, dem menschlichen Gehirn und dem menschlichen Erfindungsgeist entsprungen war. Und glücklich die, die wie die 10 000 des Barak die Höhen hinter sich ließen – „er wurde seinen Füßen nach ins Tal gesandt“ (Ri 5,15). Das ist der Weg, den Paulus von der Straße von Damaskus bis zu dem Ort außerhalb Roms gehen lernte, wo ihm der Kopf abgeschlagen wurde und seine Seele in die Herrlichkeit einging. Aber auch die Glücklichen, die durch das Wort dieser Nachfolger des wahren Barak gefangengenommen wurden, und von denen man zu dem Herrn Jesus sagen kann: „Mach dich auf, Barak, und führe gefangen deine Gefangenen, Sohn Abinoams“ (Ri 5,12). Sie bekommen die wahre Gotteserkenntnis, die von diesen Höhen zurückgehalten wird – sie lernen Ihn kennen, den Vater des wahren Barak: „Abinoam. Der Name bedeutet: Vater der Lieblichkeit“. Der Herr Jesus sagt zu seinem Vater prophetisch in Psalm 16,11 sagt: „Fülle von Freude ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeit in deiner Rechten immerdar.“

Oh, geliebter Leser, der Herr lehre dich und mich diesen Weg, den Weg seines Gehorsams, Ihm zu folgen. Ein Weg, der zur Herrlichkeit führt, und von dieser Herrlichkeit mit Ihm zu einer gereinigten Erde, auf der uns ein jubelnder Überrest entgegenkommen wird, wenn der Einfluss Satans von der Erde verbannt ist und sie vom Geist Christi geleitet wird, der uns sagt, dass „in der Hand des Herrn „die Tiefen der Erde, und dessen die Höhen der Berge sind“ (Ps 95,4).

Der Abschnitt, der nun folgt, ist von außergewöhnlicher Bedeutung und ein reicher Trost für uns alle. Er handelt von der Wiederherstellung, aber nicht so, wie die Menschen es sich vorstellen und wie mein natürliches Herz es sich vorstellt, sondern so, wie es ein Bruder bei einer Diskussion über diesen Abschnitt ausdrückte: dass unsere Gedanken und Gottes Gedanken übereinstimmen: „und ihr werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen aller eurer bösen Taten, die ihr begangen habt“ (V. 43).

In den Versen 30 und 31 legt Gott ihrem Gewissen die Frage vor, ob es möglich ist, einen Weg des abscheulichen Ehebruchs und der Verunreinigung durch die schmutzigen Götzen mit der Befragung Gottes zu verbinden. Gott legt diese Frage auch unseren Gewissen vor. Das gilt zunächst in buchstäblicher Bedeutung, dann aber auch in dem, was die Schrift sinnvollerweise unter Ehebruch und Götzendienst versteht. Um die Bedeutung dieser Dinge zu verstehen, verweisen wir den Leser auf Offenbarung 2,14.20-22. Dazu gibt es so viele Kommentare, so dass wir uns kurz fassen und auf die kurzen Anmerkungen zur Offenbarung hinweisen können, die in den letzten Jahren in unserer Zeitschrift erschienen sind.

Das Götzenopfer spricht von der falschen Anbetung unter dem Einfluss der Dämonen in der Welt und von der Hurerei eines unerlaubten Verkehrs mit der Welt. Werden diese Dinge bei uns gefunden und nicht gerichtet, so ist ein Infragestellen Gottes durch Selbstbetrug. Es ist bemerkenswert, dass Gott im Zusammenhang mit diesem Infragestellen an die Opfer erinnert, „indem ihr eure Kinder durch durchs Feuer gehen lasst“ (V. 31).

Wie sollte dies uns als Eltern zur Selbstprüfung und Demut veranlassen. Wenn auf dem Marktplatz unserer Heimatstadt ein großes Feuer angezündet würde und eine Aufforderung käme, unsere Kinder durch dieses Feuer zu jagen, würde ein Schrei des Entsetzens ertönen. Aber was soll ich sagen, wenn ich meine Kinder geistig meinen Götzen opfern will? Wenn ich meine Ehre, meinen guten Namen, irgendeinen Ehrenplatz nicht aufgeben will und deshalb meine Kinder an diesem oder jenem teilnehmen lasse, von dem ich weiß, dass es für sie schädlich ist, von dem ich aber weiß, dass ich, wenn ich meine Kinder verschone und nein sage, gezwungen bin, die Zusammenarbeit mit anderen aufzugeben?

Dann hilft kein Befragen Gottes. Dann wird ein lebendiger Dienst des Wortes durch den Heiligen Geist an meinem Herzen und Gewissen ausgeschlossen: „und ich sollte mich von euch befragen lassen“, sagt Gott (V. 31). Und Er, der Herzenskenner, sagt nein zu dem, was im Geist der Fragenden aufgestiegen ist, nämlich: „Wir wollen sein wie die Nationen und wie die Geschlechter der Länder, indem wir Holz und Stein dienen“ (V. 31).

Sechshundert Jahre zuvor hatte das Volk durch den Mund Samuels zum Herrn gesagt: „Nein, sondern ein König soll über uns sein, damit auch wir seien wie alle Nationen“ (1. Sam 8,19.20). Dies ist der Ausdruck des Willens des Volkes, der Anfang und das Ende der Geschichte des verantwortlichen Christentums. Die Autorität Gottes und Christi über die Kirche wird geleugnet und geistliche Herrscher sind wie die mächtigen Priester der religiösen Kulturen des Altertums. Und am Ende dieser Haushaltung erhebt sich in allen Dingen, in der Haartracht, im Fernsehen, im Gebrauch von Genuss- und Erholungsmitteln, immer mehr die Stimme der Christenheit: Wir wollen sein wie die Völker, wie die Generationen der Völker, indem wir Holz und Stein dienen. Sogar unter den Gläubigen wird eine Stellung der Absonderung nicht mehr angestrebt. Wir wollen teilhaben an den Maßstäben und der Lebensweise, die ein christlich genanntes Europa und Amerika kennzeichnen, aber auf das Gottes Wort keinerlei Rücksicht nehmen.

Zu Israel sagt Gott in Bezug auf diese Dinge: „Und was in eurem Geist aufgestiegen ist, wird keineswegs geschehen“ (V. 32). Und Er sagt dies, weil Er für dieses Volk irdische Segnungen und einen irdischen Ort des Zeugnisses für seinen Namen auf einer zuvor durch Gerichte gereinigten Erde vorgesehen hat. Für die Christenheit hat Er dies jedoch nicht. Deshalb ist es für einen Gläubigen höchst gefährlich, sich auf diesen Text zu stützen und zu sagen: „Der Herr wird mir auf meinem Weg entgegentreten, wenn er nicht gut ist“.

Zweifellos ist Gott im Lauf der Jahrhunderte auf seinen Wegen mit seinen Kindern begegnet, indem Er „mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm und mit ausgegossenem Grimm über“ sie regiert hat (V. 33). Weil Er die Seinen nicht loslässt und seinem Haus Heiligkeit geziemt, haben sich Gottes Regierungswege im Blick auf seine Versammlung, wie wir sie in 1. Korinther 11,30-32 finden, im Lauf der Geschichte oft wiederholt. Und wenn Gott dies getan hat, auch in der Geschichte seines Zeugnisses auf der Erde, auch in deinem und meinem Leben, dann ist das ein großer Segen, und die Betrachtung dieses Abschnitts ist unter diesem Gesichtspunkt für uns lebenswichtig.

Und ich werde euch herausführen“, sagt Gott in Vers 34. Und dann in Vers 35: „Und ich werde euch in die Wüste der Völker bringen“, das ist ein besonderer Ausdruck. In der Heiligen Schrift werden die Völker oft mit dem Meer verglichen, ein Bild für den Aufruhr. Der Volksmund hat den Ausdruck „Völkermeer“ übernommen. Doch hier fällt uns der Ausdruck „die Wüste der Völker“ auf. Es ist der Ort, an dem der Seele, die Gott wiederherstellt, sich bewusst wird, was dem verlorenen Sohn aus Lukas 15,17 bewusst wird, als er sagte: „Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluss an Brot, ich aber komme hier um vor Hunger.“ In allen Darstellungen dieser Szene wird der verlorene Sohn in der Einsamkeit unter den Schweinen dargestellt, aber ist das richtig? „Und niemand gab ihm“, lesen wir, während er seinen Bauch mit den Futterpflanzen füllen wollte, die die Schweine fraßen. Es wird mehr Tagelöhner und auch Aufseher auf dem Land des „Bürgers jenes Landes“ gegeben haben. Doch inmitten all dieser Dinge hatte er einen unerträglichen Hunger und eine Leere.

Um bei den Worten von Hesekiel 20 zu bleiben: Die Völker, unter denen er als einer von ihnen leben wollte, waren für ihn zur „Wüste der Völker“ geworden. Er war von Gott mit starker Hand und ausgestrecktem Arm geführt worden und mit ausgegossenem Grimm aus den Völkern und aus den Ländern gesammelt. Es „kam eine gewaltige Hungersnot über jenes Land“, lesen wir in Lukas 15,14, ein geheimnisvolles Bild für das, was hier auf der Erde mit den Völkern geschehen wird, in deren Mitte die zehn Stämme dann augenblicklich leben werden. Und nun, moralisch getrennt von den Menschen, mit denen er sein Vermögen vergeudet hatte, zwingt Gott ihn inmitten derselben Menschen (es heißt ausdrücklich: einen der Bürger jenes Landes) zu lernen, was Hunger bedeutet, für jemanden, der den Gott von Bethlehem, des Brothauses, kennengelernt hat: „Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Überfluss an Brot [nicht in Dürftigkeit, sondern im Überfluss], ich aber komme hier um vor Hunger“ (Lk 15,17).

Dies ist die Geschichte Israels, das vom Herrn, Herrn, in die Wüste der Völker geführt wurde. Hätte Israel auf die Stimme Gottes gehört, nachdem es vierzig Jahre lang in der Wüste umhergewandert war und sie erlebt hatte, wäre es nie dorthin zurückgekehrt. Gott sagt in Josua 3,4, als sie im Begriff stehen, in das Land der Verheißung einzuziehen: „Von der Wüste und diesem Libanon bis zum großen Strom, dem Strom Euphrat, das ganze Land der Hethiter, und bis zum großen Meer gegen den Sonnenuntergang, soll eure Grenze sein.“ Rossier sagt dazu in seiner Betrachtung über Josua: „Die Grenzen des Landes wurden gebildet durch eine große Wüste, ein großes Gebirge, einen großen Strom und ein großes Meer. Das war es, was sich außerhalb jenes fruchtbaren Landes vorfand, und worauf das Volk seinen Fuß nicht setzen konnte oder sollte. Finden wir hierin nicht die Welt vorgebildet und das, was sie moralisch kennzeichnet: ihre geistige Dürre, ihre Macht, ihre äußere Wohlfahrt und ihre stete Unruhe? Was ihre Dürre betrifft, so hatte Israel sie durchschritten und die Erfahrung gemacht, dass es in ihr keine Hilfsquellen für sie gab, und dass nur das Brot vom Himmel sie auf dem Weg durch die Wüsteneien ernähren konnte.“

Nun aber wurden sie in diese Wüste der Völker gebracht. Und dort trat Gott ihnen von Angesicht zu Angesicht im Gericht gegenüber. Und Er erinnert sich an die Tage der vierzigjährigen Wanderschaft und an sein Gericht während dieser Reise. Dürfen wir hier nicht an die Worte denken, die wir in Amos 8,11.12 finden: „Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, Herr, da werde ich einen Hunger in das Land senden, nicht einen Hunger nach Brot und nicht einen Durst nach Wasser, sondern die Worte des Herrn zu hören. Und sie werden umherschweifen von Meer zu Meer und vom Norden bis zum Osten; sie werden umherlaufen, um das Wort des Herrn zu suchen, und werden es nicht finden“? Dieses sie werden es nicht finden erinnert uns an das, was wir beim verlorenen Sohn gefunden haben: „und niemand gab ihm“ (Lk 15,16).

Aber dann kommt ein mächtiger Beweis der Gnade Gottes in Vers 37: „Und ich werde euch unter dem Stab hindurchziehen lassen und euch in das Band des Bundes bringen.“ Der Herr lässt nur die unter dem Stab hindurchziehen, die Ihm angehören. Es ist das schöne Bild des orientalischen Hirten: Wenn die Schafe in den Stall oder aus dem Stall geführt werden, er sich in die Öffnung des Geheges stellt, also die „Tür“ bildet, und dann mit erhobenem Stab die Schafe „berührt“, die ihm gehören.

Oh, was für ein mächtiger Hirte ist unser Herr. Groß ist Er vor unseren Augen als der „Ich bin“ in Johannes 18, als die Schar und die Diener mit „Leuchten und Fackeln und Waffen“ kommen, um Ihn gefangenzunehmen. Und dann, als Er seine Macht als der Ewige zurückhält und ein sicheres Geleit für seine Jünger fordert, heißt es: „... damit das Wort erfüllt würde, das er sprach: Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren“ (Joh 18,9). Und wir beschränken das in unserem Denken gewöhnlich auf die Jünger und auf uns selbst. Aber dieser gute, große und oberste Hirte wird niemals ein Schaf von irgendeiner Herde verlieren, ganz gleich in welcher Zeitspanne. Nicht einmal von der Herde, an die wir jetzt denken.

Wir sehen diese Herde in Johannes 21,11, wie durch den Dienst der Jünger das Netz des Überrestes der zwei Stämme auf das Land gezogen wird. Wenn die, mit denen Gott im Gericht gehandelt hat, sich für immer von Wüste, Gebirge, Fluss und Meer getrennt haben, und sie von ihren Brüdern „aus allen Nationen dem Herrn als Opfergabe bringen, auf Pferden und auf Wagen und auf Sänften und auf Maultieren und auf Dromedaren, zu meinem heiligen Berg, nach Jerusalem, spricht der Herr, so wie die Kinder Israel das Speisopfer in einem reinen Gefäß zum Haus des Herrn bringen“ (Jes 66,20). „Und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht“ (Joh 21,11). Keiner war verloren! Alle, die unter dem Stab hindurchgezogen waren, wurden unter das Band des Bundes gebracht.

Das ist die Absicht Gottes mit seinen Kindern, die unter dem Stab hindurchziehen. Das war seine Absicht mit den Korinthern, an die Paulus nach der Abfassung seines ersten Briefes schrieb (2. Kor 1,21): „Der uns aber mit euch befestigt in Christus ..., ist Gott.“ Nicht um zu sehen, ob es jetzt besser ist als beim ersten Mal, sondern um uns unter das Band des Bundes zu bringen. Nicht am Tag des Gelübdes, sondern am Tag der Vollendung heißt es über den Nazarener in 4. Mose 6,11: „und er soll sein Haupt an diesem Tag heiligen.“ Und das wiederhergestellte Volk Israel sagt in Psalm 80,19, als Gottes Hand auf dem Mann seiner Rechten, auf dem Menschensohn, den er gestärkt hat, liegt: „So werden wir nicht von dir abweichen; belebe uns, und wir werden deinen Namen anrufen.“

Das ist die „nie zu bereuende Buße zum Heil“ (2. Kor 7,10), die durch die Trauer entsprechend Gott bewirkt wird. Das ist eine Buße, auf die das beste Gewand und das gemästete Kalb folgen. Kein Abwenden seitens des Vaters, wenn es mal wieder schiefgeht. Dann erfüllt sich „essen und fröhlich sein“ im Mahl des Tausendjährigen Reiches. Die Widerspenstigen wurden ausgemerzt, als Gott mit Israel in der Wüste der Völker ins Gericht ging. Das geistlich unterjochte Juda oder die Nationen mögen die große Drangsal überlebt haben und im Tausendjährigen Reich oder erst am Ende dieses Reiches offenbar werden. Aber hier wird von den zehn Stämmen das Speisopfer in einem reinen Gefäß zum Haus des Herrn gebracht (Jes 66,20).

„Denn auf meinem heiligen Berg, auf dem hohen Berg Israels, spricht der Herr, Herr, dort wird mir das ganze Haus Israel insgesamt dienen im Land“ (V. 40a), und nicht anders, als dass Gott sie seinerseits dort gnädig annimmt. Aber das Band des Bundes, unter das sie gebracht werden, macht das, was in Israel verwirklicht wird, zu dem, was dieser Bund beinhaltet: „dort werde ich sie wohlgefällig annehmen, und dort werde ich eure Hebopfer fordern und die Erstlinge eurer Gaben, in allen euren geheiligten Dingen“ (V. 40b). Wie nach der Wiederherstellung der Korinther schreibt Paulus in dem bereits zitierten Abschnitt: „Denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja, darum auch durch ihn das Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns“ (2. Kor 1,20). Das heißt, dass es Gott zur Herrlichkeit gereicht, seine Verheißungen zu erfüllen, indem Er sie an und in uns verwirklicht. Gott will sich an ihnen „vor den Augen der Nationen“ heiligen (V. 41). Wie kostbar ist der Gedanke, dass die einleitenden Worte des Gebets, das der Herr Jesus seine Jünger lehrte als solchen, die das kommende Reich erwarteten: „Geheiligt werde dein Name.“ Das wird dann in denen verwirklicht werden, die sich so weit von Ihm entfernt hatten. „Und ihr werdet wissen, dass ich der Herr bin“, das ist die praktische Erkenntnis dessen, was das Wesen seines Namens bedeutet. Das sollten sie auf eine Weise erfahren, die sie nie erfahren hätten, wenn dies alles nicht geschehen wäre.

Dann folgt: „Und ihr werdet euch dort an eure Wege und an alle eure Handlungen erinnern, durch die ihr euch verunreinigt habt; und ihr werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen aller eurer bösen Taten, die ihr begangen habt“ (V. 43). Es gibt keine bessere Veranschaulichung als diese, was unsere Offenbarung vor dem Richterstuhl Christi bedeutet: Dort werdet ihr euch erinnern. Das geschieht, wenn die Wege der Züchtigung zu Ende sind und sie in die Segnungen des Reiches Gottes für immer eingegangen sind. Keine Angst mehr vor dem Gericht, in völliger Ruhe und Frieden. Und dort, bei Gott und in voller Gemeinschaft mit Gott, ein vollkommener Blick auf ihre Vergangenheit, so wie Gott sie sieht und wie sie Ihn nie gehabt haben, weder in jenen Tagen, noch während ihrer ersten Buße, noch während der darauffolgenden Wege der Züchtigung: „und ihr werdet Ekel an euch selbst empfinden wegen aller eurer bösen Taten, die ihr begangen habt.“ Doch auch dann wird es so sein: „Und ihr werdet wissen, dass ich der Herr bin, wenn ich mit euch handle um meines Namens willen und nicht nach euren bösen Wegen und nach euren Verderben bringenden Handlungen, Haus Israel, spricht der Herr, Herr“ (V. 44).

Besser als je zuvor hier auf der Erde werden wir dann wissen, wie böse wir waren, denn wir werden die Dinge in unserem Leben so sehen, wie Gott sie sieht. Aber auch besser als je zuvor hier auf der Erde werden wir verstehen, wie groß der Wert des Werkes des Herrn Jesus und wie mächtig sein gegenwärtiger Dienst für uns im Heiligtum ist, dass Gott auch in unserem Leben um dieses Werkes willen und durch die Kraft dieses vollkommen ausgeführten priesterlichen Dienstes, aufgrund des Werkes Christi, um seiner selbst willen handeln konnte, und nicht entsprechend dem, was unsere Offenbarung hier auf der Erde war.

Fußnoten

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