Betrachtung über den Propheten Hesekiel

Kapitel 6

In diesem Kapitel begegnen wir einem neuen Auftrag an den Propheten. Er musste in Kapitel 4,3.7 gegen Jerusalem zeugen, hier in Kapitel 6 fordert ihn der Herr auf, sein Angesicht gegen die Berge Israels zu richten.

Wir können vom Gehorsam Hesekiels bei allen seinen verschiedenen Aufträgen, die er bekommt, viel lernen. Gott gibt ihm nicht nur die Worte, die er aussprechen sollte, sondern Er bestimmt auch, gegen wen sie gerichtet werden sollen. Und Hesekiel ist gehorsam. Er fragt nicht, ob es sinnvoll ist, gegen Jerusalem zu prophezeien, das tausend Kilometer entfernt ist, oder gegen die Berge Israels, oder ob die Berge seine Rede hören werden oder ob die toten Gebeine in Kapitel 37 Ohren haben, um zu hören. Beschämt uns diese Bereitwilligkeit Hesekiels nicht? Müssen wir uns im Dienst für den Herrn nicht auch stets diese beiden Fragen stellen: Spreche ich Worte Gottes oder nicht – und auch: Richte ich mein Angesicht gegen die, die Gott mir in den Weg stellt? In der kleinen Broschüre von C. Stanley Wie der Herr mich führte1 sehen wir, wie es auch in unseren Tagen noch möglich ist, das zu erfahren, was Hesekiel auf seinem Weg des Glaubens und des Gehorsams zu seinem Meister erlebte.

Inzwischen haben die „Berge Israels“ für uns eine sinnbildliche Bedeutung. In Vers 3 wird näher beschrieben, was darunter zu verstehen ist. Dort ist die Rede von Bergen, Hügeln, Tälern und Gründen. Und dieses Land der Berge und Täler steht im Gegensatz zur flachen Landschaft des Nils, von dem es heißt: „vom Regen des Himmels trinkt es Wasser“ (5. Mo 11,11). Dieses Wassertrinken vom Regen des Himmels ist ein Bild dieser Segnungen, die uns nicht durch menschliche Anstrengungen zuteilwerden, sondern die uns der Heilige Geist von einem verherrlichten Christus herabfließen lässt, von dem Christus, der nach dem vollbrachtem Werk der Versöhnung und Erlösung, und zwar in Vollkommenheit, durch die Gott vollkommen verherrlicht ist. Er hat den Platz zu seiner Rechten eingenommen, und zwar im Zentrum der Macht und auch im Zentrum des Segens. Von diesen Segnungen, die der Erde bald gegeben werden, lesen wir: „Die Segnungen deines Vaters überragen die Segnungen meiner Voreltern bis zur Grenze der ewigen Hügel. Sie werden sein auf dem Haupt Josephs und auf dem Scheitel des Abgesonderten unter seinen Brüdern“ (1. Mo 49,25.26). Ebenso gipfeln alle himmlischen Segnungen für die Versammlung in Ihm, „der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, auf dass er alles erfüllte“ (Eph 4,10).

Nun, diese Segnungen kommen von Ihm herab auf die Versammlung durch den Heiligen Geist, von dem es in 1. Korinther 2,10 heißt: „denn er erforscht alle Dinge, auch die Tiefen Gottes“, und in Johannes 16,14: „denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen.“ Das ist der „Regen des Himmels“, von dem wir in 5. Mose 11 lesen.

In Israel unterscheidet man zwei Regenperioden: den Früh- und Spätregen2. In der prophetischen Anwendung wurde der Frühregen von den gläubigen Israeliten in den Tagen der Apostel genossen. Diese kündigten die zukünftigen Segnungen an und offenbarten es ihnen durch die Verkündigung des Evangeliums in der Kraft des vom Himmel gesandten Heiligen Geistes und zugleich einen wirklich himmlischen Besitz (1. Pet 1,12).

Den Spätregen finden wir in Joel 3,1, wo der Herr seinen Geist über alles Fleisch ausgießt – sogar über Knechte und Mägde. Er erweckt keine Apostel als Zeugen inmitten des gläubigen Überrestes, sondern Er wird alle Gefäße von oben mit Öl füllen, so dass man im Haus nach Gefäßen suchen muss, die noch nicht gefüllt sind und zu dem Schluss kommen wird: „Es ist kein Gefäß mehr da“ (2. Kön 4,6). Dieser Spätregen ist für uns vom Himmel herabgekommen, als Gott zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts durch seinen Geist in einer – seit der Zeit der Apostel – nicht mehr gekannten Weise gewirkt hat. Die Gläubigen haben das himmlische Teil und ihr Zentrum gefunden, nämlich in dem verherrlichten Christus zur Rechten Gottes. Das rückte wieder deutlich in den Vordergrund.

Der Regen des Himmels deutet im Bild und in der Wirklichkeit auf eine vertikale Bewegung hin: Der Himmel neigt sich zur Erde hernieder. Die Berge, Hügel, Täler und Gründe, gegen die Hesekiel prophezeien sollte, weisen auf die breite Streuung der Segnungen hin, die von oben durch den Regen des Himmels herabgekommen sind. Die Wirklichkeit für uns, wovon das Vorbild spricht, finden wir daher nach Epheser 4,10, den Vers 11 haben wir bereits angeführt: „Und er hat die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer, zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes des Christus“. Ebenso wie die Berge und Hügel in Israel das empfangene Wasser in den Flüssen weiterleiten und so das Wasser weitertransportieren, so hat Er, der zum Himmel aufgefahren ist, Menschen gegeben, durch die wir diese Segnungen, die von Ihm durch den Heiligen Geist herabkommen, dorthin in dem Land leiten, auf das seine Augen gerichtet sind. Dort erweisen sich die Segnungen als nützlich, den Er ihnen zugedacht hat.

„Aber“, wird jemand sagen, „diese Berge und Hügel, Täler und Täler, über die sich das Wasser des Himmels ergoss, konnten nichts dafür, dass Israel sich nicht an den Segen des Himmels gehalten hat.“ Unsere Antwort ist: Konnten die Apostel und Propheten, die Evangelisten, Hirten und Lehrer von Epheser 4 etwas dafür, dass die Versammlung ihrer Verantwortung nicht gerecht wurde und zum großen Haus von 2. Timotheus 2,20 wurde? Doch die Apostel sehen das nicht so, und der Apostel Johannes sagt stellvertretend für alle Apostel: „Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit, wenn er offenbart werden wird, wir [die Apostel] Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft“ (1. Joh 2,28). Johannes stellt es hier so vor: Wenn die Kinder nicht in Ihm, dem Vater und dem Sohn in Vers 24, bleiben, dass das Bild, das der Zustand dieser Kinder hervorrufen würde, am großen Tag der Offenbarung zur Beschämung der Apostel so traurig sein würde, dass diese nichts lieber tun würden, als bei einer solchen Szene so schnell wie möglich vor Ihm verkriechen würden.

Und ist eine solche Szene, wie sie uns Hesekiel 6,4-7 vorstellt, nicht zur Beschämung derer dient, die dazu bestimmt sind, die Menschen hier auf der Erde zu segnen?

Das ist doch wohl ein ernster Gedanke, nicht für die, die zur Versammlung im Allgemeinen gehören, sondern für die, die der Herr darin als Evangelisten, Hirten oder Lehrer gegeben hat. Oder mussten nur die Apostel und Propheten, die nicht mehr auf dem Schauplatz sind, diese Dinge auf sich zu nehmen, und hat der Evangelist, Hirte oder Lehrer am großen Tag der Offenbarung keine Rechenschaft über seine Beschämung abzulegen? Geliebter Mitgläubiger, wie anders wäre mein Dienst für den Herrn, den ich bis heute ausüben darf, gewesen, wenn diese Dinge mein Gewissen beunruhigt hätten, was Gott erwarten konnte.

Doch ist dann die Aufgabe der Apostel und Propheten, der Evangelisten, der Hirten und Lehrer, ziellos, und wird ihre Arbeit umsonst sein? Die Antwort darauf hängt mit der Frage zusammen: Sehen wir die Versammlung, als das, was der Herr baut, oder als das, was der Mensch in Verantwortung baut? Wenn wir sie im Charakter von Epheser 4 sehen, als sein Werk, dann gibt es dort kein Verderben, und bald, wenn Er kommt, wird Vers 13 wunderbar erfüllt sein, „bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus“. Dann ist es im Blick auf die Apostel so, wie der Herr in Johannes 15,16 zu ihnen sagt: „Ihr habt nicht mich auserwählt, sondern ich habe euch auserwählt und euch dazu bestimmt, dass ihr hingehet und Frucht bringet und eure Frucht bleibe“.

Doch der Apostel Johannes schreibt in seinem zweiten Brief in Vers 8: „Gebt acht auf euch selbst, damit wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen.“

Beides ist wahr, auch für uns Evangelisten, Hirten oder Lehrer; doch die Frage ist, in welchem Charakter wir es sehen. Sehen wir den Herrn als den, der seine Versammlung baut, dann gibt es keine Macht der Pforten des Hades, die etwas zu tun vermag. Dann gibt Er frei den Menschen Gaben, nachdem Er in die Höhe aufgefahren ist und die Gefangenschaft gefangengeführt hat. Das heißt nicht, dass Er den Evangelisten, Hirten und Lehrern Gaben gibt, sondern dass sie selbst die Gaben sind, die Er der Versammlung gegeben hat. Nun, wenn Er diese Gaben gibt, um sein herrliches Ziel zu verwirklichen, dargelegt in den Versen 12 und 13, dann wird dieser verwirklicht, sonst wäre der Brief an die Epheser nicht der Brief an die Epheser gewesen, so wie uns der Heilige Geist den Charakter dieses Briefes in der Gnade offenbart hat.

Wenn wir aber zu dem Bereich kommen: „ein jeder sehe zu, wie er darauf baut“ (1. Kor 3,10) – von „Gebt acht auf euch selbst, damit wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben“ (2. Joh 8), so werde ich dann, bei allen Beweisen des Versagens, in Israel und der Versammlung und in mir selbst, das sagen, was Israel einst am Sinai in völliger Unkenntnis seiner selbst antwortete: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun?“ Nein, dann gibt es keine Hoffnung auf Frucht meiner Arbeit, sondern dann gibt es bei der völligen Selbstverurteilung nur die Barmherzigkeit des Herrn, der mein Versagen nicht beschönigt, indem Er mich mit der Unverderblichkeit dessen beschäftigt, was Er baut. Doch dann finden wir in Hesekiel 6,8.9 diese wunderbaren Worte: „Doch ich will einen Überrest lassen, indem ihr [die Berge] unter den Nationen solche haben werdet, die dem Schwert entronnen sind, wenn ihr in die Länder zerstreut seid. Und eure Entronnenen [von euch, Berge] werden sich an mich erinnern unter den Nationen, wohin sie gefangen weggeführt sind“.

Es ist wunderbar, dass der Herr diesen schwachen Überrest, den Kern derer, auf die bald die Herrlichkeit kommen wird, als die Frucht derer erkennen will, die hier als Berge vorgestellt werden. Das erinnert uns an Amos 3,12, wo der Überrest Israels beschrieben wird als „zwei Beine und einen Ohrzipfel“, die der Hirte aus dem Rachen des Löwen gerettet hat. Sind diese zwei Beine nicht ein Bild des aufrichtigen Wandels der Gläubigen inmitten des Verfalls, und erinnert uns der Ohrzipfel nicht an solche, zu denen in den sieben Briefen der Offenbarung 2 und 3 gesagt wird: „Wer Ohren hat, höre, was der Geist den Versammlung sagt!“ Nun, das, was der Geist Gottes durch eine gnädige Erweckung bewirkt hat, sieht Er in seiner Barmherzigkeit als vom Hirten aus dem Rachen des Löwen gerettet an, als „eure Entronnenen“. Ist es dann nicht der Mühe wert, gerade in Zeiten des Niedergangs, kurz vor dem Korn des Herrn, unsere besten Kräfte in dem zu geben, wozu Er uns in der Versammlung gesetzt hat?

Noch ein Wort zum letzten Vers: „Und ich werde meine Hand gegen sie ausstrecken und das Land zur Wüste und Verwüstung machen, mehr als die Wüste Diblat, in allen ihren Wohnsitzen. Und sie werden wissen, dass ich der Herrbin“. Was bedeutet der Ausdruck „mehr als die Wüste Diblat“? Viele Ausleger meinen, dass sich bei dem Ortsnamen Diblat ein Schreibfehler eingeschlichen hat. Der Autor ist mit den Übersetzern der Staatenvertaling, C. I. Scofield und F. W. Grant jedoch der Meinung, dass es sich nicht um einen Schreibfehler handelt, sondern dass wir an denselben Ort denken müssen, der in 4. Mose 33,46 Almon-Diblataim und in Jeremia 48,22 Beth-Diblataim genannt wird. Diblat bedeutet Feigenkuchen. Almon Diblataim bedeutet zwei Feigenkuchen zu verstecken. Beth-Diblataim: Haus der zwei Feigenkuchen.

Dieser Ort in Moab lag nach 4. Mose 33,47 zwischen Dibon-Gad und dem Gebirge Abarim, gegen den Nebo hin. Wir können sagen: Es war die letzte Station, bevor das Volk jenen Bergrücken erreichte, von dessen höchstem Gipfel aus Mose das ganze Land der Verheißung überblickte, bevor er „nach dem Wort [Mund] des Herrn“ starb (5. Mo 34,5).

Das Hochland Moabs mit seinem kalkhaltigen Boden war in diesem Gebiet sehr fruchtbar. Jeremia 48, das wir zitiert haben, handelt von der Früchten des Sommers und der Weinernte, für die diese Region bekannt war, wie bei uns in Europa das Moseltal oder das Elsass.

Es lohnt sich, hier ein Zitat über diese Landschaft von Dr. A. van Deursen, Palestina, het Land van de Bijbel“, S. 245, wiederzugeben:

Der Süden ist eine ziemlich flache, nur von Hügelreihen durchzogene Hochebene, ein Plateau, das sich nach Osten hin in der unbegrenzten Wüste verliert. Es ist ein recht eintöniges Land, das aus horizontalen Kalksteinschichten aufgebaut ist; es erstreckt sich vom Bach der Weiden bis zum Wadi-el-Arab. Flüsse haben tiefe Täler in sie gegraben; der berühmteste ist der Arnon, früher der Grenzfluss von Moab. Das Land nördlich des Arnon bis zum Bach Hesbon wird im Alten Testament Mishorgenannt („Ebene“, 5. Mo 3,10; „Land der Ebene“ (5. Mo 4,43); „Bachtal“ Josua 13,9 oder „Plateau“ in der Übersetzung von Joh. de Groot). Dieses flache Hochland fällt steil zum Jordantal ab; für den Betrachter von Westen her sieht es so aus, als sähe er ein Gebirgsland; sein südlicher Teil wird im Alten Testament Abarim genannt.

Einer der Gipfel am Rand dieses Abarim-Gebirges ist Nebo (5. Mo 32,49), wahrscheinlich der Berg, der heute Dsjebel Neba heißt. Von diesem Gipfel aus hat man eine wunderbare Aussicht. Im Süden sieht man den tiefblauen Spiegel des Toten Meeres und auf der anderen Seite die schöne Oase En-Gedi und darüber das graubraune Bergland von Juda, bis hin zu den Bergen von Ziph und Arad, südlich von Hebron. Im Westen erhebt sich das Gebirge kaskadenartig; darüber, auf der Kammlinie, liegt Bethlehem, und der Ölberg und die Höhe von Nebi Samwil. Weiter nördlich ruht das Auge mit Vergnügen auf den Bergen von Ephraim, die am Abhang der Ebene von Megiddo enden. Das hagere Galiläa ist bis zu den Schneegipfeln des Hermon zu sehen. Von dort aus öffnet sich das Jordantal nach Süden; deutlich sichtbar sind die grünen Hänge des Sees Genezareth und die glitzernden Wasserläufe in der Talebene sowie die grünen Waldränder der „Pracht des Jordans“. Ein Beduine aus der Wüste würde mit inniger Sehnsucht auf dieses saubere Land blicken, wo es im Vergleich zu seiner Wildnis Wasser im Überfluss gibt, wo das satte Grün nicht zu verdorren scheint, wo es alles gibt, was ihm Glück bringt. Denn von dort kommt der Regen, der ihm Leben und Wohlstand bringt, von dort weht um vier Uhr nachmittags der kühle Wind, der die glühende Hitze der Sonne mildert und ihm neue Kraft gibt, von dort kommt der süße Traubenhonig, von dem jedes Beduinenkind in seiner Jugend träumt, dort gibt es das ganze Jahr über frische Milch und trockenen Käse ... Auf diesem Berg sah Mose „das gute Land …, das jenseits des Jordans ist, dieses gute Gebirge und den Libanon“ (5. Mo 3,25); hier sah der Mann Gottes das Land, das der Herr dem Bundesvolk als Schnur des Erbteils gab (Ps 105,8-11), hier geschah das Wunder: Der Herr zeigte ihm das ganze Land (5. Mo 34,1). Die Hochebene erhält ausreichend Niederschlag und entwickelt so eine Vegetation, die in scharfem Gegensatz zur trockenen Aue steht, wo die Steppe zur Wüste wird. Auf der verwitterten Erde bringt die Landwirtschaft gute Erträge: Der Prophet Hesekiel spricht von Minnit, Weizen und Mehl (Hes 27,17; Übersetzung von A. Noordtzij). Das Land lieferte auch ausgezeichneten Wein und Hafer; als in den Tagen Jesajas dieses Gebiet zu Moab gehörte, malte der Prophet den Untergang dieses Volkes und sagt von der Landwirtschaft:

Da klagte Moab um Moabs willen, klagten alle,
um Kir-Haresets Traubenkuchen, sie seufzten, tief betrübt,
als Hesbons Felder verdorrten, in Sibma die traubenreichen Länder.
Eingebrochen war Jubel, der Baumgärten Jubel,
kein Jauchzen ist mehr zu hören im Weinberg,
kein fröhliches Singen in der Keltergrube,
kein Stampfen von Wein ...

(Jes 16,7.8.10; Übersetzung Dr. A. van der Flier).

So erinnert dieser Ort Diblat (oder mögliche Ableitungen davon) an diese „Freude und Frohlocken aus dem Baumgarten“, an die zu Kuchen gepressten getrockneten Feigen, die von den reichen Ernten dieses Landes zeugten.

Aber die „Wüste von Diblat“, von der in unserem Text aus Hesekiel 6 die Rede ist, steht in krassem Gegensatz zu all dem Herrlichen, das man vom Gipfel des Nebo aus sehen konnte, zu jener grenzenlosen Wüste, in die dieses Plateau sich verlor, wie wir am Anfang des Zitats lesen.

Welch ein Unterschied, dieses gute Land zu sehen, wie es im Herzen Gottes war, es einst seinem Volk zu geben (wie Mose es mit erleuchteten Augen sah), oder es in der grenzenlosen Wüste zu betrachten, wo Zerstörung und Tod herrschen. Doch das Land der Verheißung würde durch all die Schrecken seiner Bewohner noch trostloser als die trostlose Wüste jenseits von Diblat werden.

Welch ein Unterschied, mit „erleuchteten Augen des Herzens“ den „Reichtum der Herrlichkeit des Erbes Gottes in den Heiligen“ zu sehen, zu erkennen, wie nach dem Willen Gottes alle Gläubigen jene Segnungen in Besitz nehmen können und dürfen, die mit ihrer Erweckung und ihrem Sitzen in den himmlischen Örter Christi verbunden sind ‒ oder mit dem Apostel Johannes im Geist in eine Wüste geführt zu werden und eine Frau zu sehen, die „auf einem scharlachroten Tier“ sitzt, „voller Namen der Lästerung“ (Eph 1,18; Off 17,3).

Der Herr gebe uns die Gnade, ähnlich wie der Verfasser des Artikels über „die Freuden des Himmels“ auf dem Nebo-Gipfel von Offenbarung 19 zu verweilen – um in den ersten fünf Versen dieses Kapitels mit Ehrfurcht die Verwüstung zu sehen, die von Gott über die große Hure kommen wird. Doch in den Versen 6‒10 wollen wir unsere Augen auf die andere Seite richten und uns mit Mose an dem erfreuen, was Gott schon jetzt aus Gnade vor dem Auge des Glaubens aller entfalten will, „die unseren Herrn Jesus Christus lieben in Unverderblichkeit“ (Eph 6,24).

Fußnoten

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