Betrachtung über den Propheten Hesekiel
Kapitel 13
Dieses Kapitel ist für alle, die „prophezeien“, ob bekehrt oder nicht bekehrt, von großem Interesse. Wenn wir eine moralische Anwendung für unser eigenes Herz und Gewissen wünschen, müssen wir nicht nur an die Prophezeiungen denken, sondern an das, was uns 1. Korinther 14,3 sagt: „Wer aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und Tröstung.“
Der Menschensohn Hesekiel gibt in diesem Kapitel die Gedanken Gottes über diejenigen bekannt, ob Männer oder Frauen, die „nach ihrem eigenen Herzen weissagen“ (V. 2.17) – ein Wort des Gerichts.
Dies ist ein wichtiger Grundsatz. Viele Menschen, auch Gläubige, denken, wenn jemand nur sein Herz in das Gesagte legt, ist es für alle bestimmt. „Es kam so richtig aus seinem Herzen“, sagen sie. Und ganz sicher ist es nicht in Ordnung, wenn etwas nur eine Sache des Kopfes und nicht des Herzens ist. Aber wehe den törichten Propheten, die ihrem eigenen Verstand folgen und nichts gesehen haben. Es geht um das Prinzip. Es ist klar, dass „seinem eigenen Verstand folgen“ hier in direktem Gegensatz zu „etwas gesehen haben“ steht. Etwas gesehen zu haben, das nicht aus dem eigenen Verstand, sondern wird durch den Geist Gottes bewirkt ist.
„Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist“, heißt es in Offenbarung 1,3. Das folgt auf Vers 2: Johannes, „der bezeugt hat das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi, alles, was er sah.“
Nun wird jemand sagen: „Das ist ein sehr schönes Zitat, doch es geht hier um die inspirierten Worte Gottes, und ein Wort der Prophetie, wie du es hier benutzt, ist es nicht inspiriert.“ In der Tat, aber der Ursprung ist in beiden Fällen derselbe, nämlich der Geist Gottes. In 1. Korinther 2,12 sagt Paulus, indem er die von Gott inspirierten Mitapostel einbezieht, über das, was ihnen von Gott gegeben wurde, „die wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel.“ Das ist Inspiration, doch um das Inspirierte aufzunehmen, ist derselbe Geist Gottes nötig: „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird“ (V. 14).
So war es in der früheren Haushaltung, so ist es jetzt. Damit jemand wirklich ein prophetisches Wort weitergeben kann, ist es notwendig, dass der Geist Gottes ihm etwas offenbart hat. Früher, als das Wort Gottes, die Bibel, noch nicht vollständig war, schöpfte jemand aus dem, was bereits offenbart und aufgeschrieben worden war, oder direkt; jetzt, wo wir in diesem Wort „alle Pläne und Gedanken Gottes“ aufgeschrieben finden, schöpfen wir allein aus diesem Wort. Doch damit der Geist Gottes uns diese Dinge aus dem Wort Gottes offenbaren kann, müssen wir im Licht sein und in diesem Licht Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn in ihren Gedanken haben. Wenn wir nicht in diesem Licht sind (und das nicht nur moralisch, sondern auch lehrmäßig), dann muss der Geist, der bei uns ist, uns zuerst ins Licht bringen, bevor er in uns die Gedanken Gottes für andere deutlich machen kann.
Das gilt für alles Prophezeien: zuallererst für die Vermittlung der Gedanken Gottes aus den Grundtexten des Alten und Neuen Testaments in einer bestimmten Sprache. Dann aber auch für das Äußern der Gedanken über dieses Wort gegenüber anderen, sei es nun schriftlich oder mündlich.
Gott sagt in Vers 4: „Wie Füchse in den Trümmern sind deine Propheten geworden, Israel.“ Auf keinen Fall anerkennt Er diese Menschen, die nichts gesehen haben, als seine Diener. Er anerkennt den Seher auf Patmos als seinen „Knecht Johannes“ – diese Propheten sind aus Israel, und sie sind wie „Füchse in den Trümmern“ geworden. Füchse in Ruinen“, übersetzt Dr. Noordtzij und fügt hinzu: „In Häusern findet man keine Füchse. Sie leben gern an einem Ort, wo sie sich ohne allzu große Mühe Höhlen graben können und nicht daran denken, beim Graben das zu untergraben, was noch steht. Sie leben in Ruinen und verfallenen Häusern und tun nichts anderes, als sie noch zahlreicher zu machen.“ Dies sind wahre Worte, die durch andere Stellen der Heiligen Schrift bestätigt werden, die von der zerstörerischen Arbeit der Füchse sprechen.
In Klagelieder 5,18 stellt der Geist Christi, der im Überrest wirkt, ihnen den Zustand des Berges Zion, des Berges der souveränen Gnade Gottes, vor, und Er spricht davon, dass Er zerstört ist, und „Füchse streifen darauf umher“. Das ist eine Anerkennung der Situation, wie sie sich ihnen darstellt – geistlich gesprochen: Menschen, die keine Gemeinschaft mit Gott haben, die als beredte Kanzelredner die Wahrheiten des Heils ausbreiten, streifen auf dem Berg Zion umher. Doch wo man es zulässt, dass der Geist Gottes an Herz und Gewissen wirkt und die Dinge so sieht, wie sie sind, dort lässt der Geist uns nicht allein – er bringt uns weiter, hilft uns heraus, und durch die Nöte der Psalmen kommt der Überrest in die des Hoheliedes. Dort sagt der Bräutigam, Christus, in Gemeinschaft mit der Braut – dem Überrest –, der von seinem Geist in Jerusalem ausgeübt wird, zu den Personen, die für den Weinbergs verantwortlich sind: „Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben“, in Anspielung auf ihre bereits erwähnte unterirdische, zerstörerische Wirkung, diesmal an den Wurzeln der Reben.
In Vers 5 finden wir ein weiteres Merkmal jener Propheten, über die ein Wehe ausgesprochen werden soll: „In die Risse seid ihr nicht getreten, und die Mauer habt ihr nicht vermauert um das Haus Israel her, damit es standhält im Kampf am Tag des Herrn.“ Wir wollen die Aufmerksamkeit darauf richten, dass der Tag, an dem es darauf ankommt, was diese Propheten für Israel tatsächlich wert sind, „der Tag des Herrn“ genannt wird. Ein merkwürdiger Ausdruck, der uns zeigt, dass Prüfungen, wenn sie über das Volk Gottes auf der Erde kommen, sei es für sein irdisches oder sein himmlisches Volk, dies eine Gelegenheit für Ihn ist, öffentlich zu zeigen, was diese Propheten nicht nur für Ihn, sondern auch für die Seinen auf der Erde wert sind. Das erinnert uns an das, was wir im Buch Maleachi lesen: „Wer aber kann den Tag seines Kommens ertragen, und wer wird bei seinem Erscheinen bestehen? Denn er wird wie das Feuer des Schmelzers sein und wie die Lauge der Wäscher. ... Und ihr werdet wieder den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient“ (3,2.18). Diese Dinge werden erst völlig zum Ausdruck kommen, wenn Christus erscheint, um sein Reich zu errichten; gelegentlich benutzt Gott dazu schon jetzt Tage der Erprobung: „Denn es müssen auch Parteiungen unter euch sein, damit die Bewährten unter euch offenbar werden“, schreibt der Apostel an die Korinther (1. Kor 11,19).
Dazu einige wenige Worte, was die dreifache Bedrohung seitens Gottes in Vers 9 bedeutet:
- „Im Rat meines Volkes sollen sie nicht stehen“. Zuvor, in Vers 4, sprach Gott von „deinen Propheten“, und ihr Wirkungsfeld in der Mitte Israels wurde mit Trümmern verglichen. Hier spricht Gott von der Versammlung seinesVolkes. Niemals wird der verderbliche Einfluss des Feindes die Ratschlüsse der Gnade Gottes in Bezug auf sein Volk unwirksam machen. Die Versammlung seines Volkes spricht von dem, was Gott letztlich für sich selbst hier auf der Erde bewirken wird. Das hat seine Bedeutung für uns in dem, was wir in 2. Thessalonicher 2,1 lesen, unser Versammeltwerden zu Ihm hin, genau das Wort, das in Hebräer 10,25 mit „Zusammenkommen“ übersetzt wird – das griechische Wort, das sein hebräisches Gegenstück in 4. Mose 10,1-4 hat, wo vom Gebrauch der beiden silbernen Posaunen die Rede ist. Wenn der Herr Jesus bald „mit der Posaune Gottes vom Himmel“ herabkommt, wie uns 1. Thessalonicher 4,16 sagt, dann wird dieses Versammeltwerden seiner Versammlung zu ihm hin geschehen. Welch ein ernster Gedanke, dass diese Lügenpropheten dann nicht dabei sein werden. Sie werden an der Entrückung der Versammlung nicht teilhaben, obwohl sie sich oft verantwortlich fühlten, die Posaune an ihren Mund zu legen. Sie werden den Klang dieser himmlischen Posaune nicht hören und hier zurückbleiben. Sie werden im Gericht über die Christenheit untergehen.
- „Und in das Buch des Hauses Israel nicht eingeschrieben werden“. Dieses „Buch des Hauses Israel“ hat nichts mit dem „Buch des Lebens des Lammes“ in Offenbarung 21,27 zu tun oder mit dem, wovon der Herr Jesus spricht, wenn Er zu seinen Jüngern sagt: „freut euch vielmehr, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“ (Lk 10,20). Das Buch des Lebens bedeutet hier wie in Offenbarung 2,5: diejenigen, die während eines bestimmten Zeitabschnittes ihren Platz darin für Gott haben. So standen in der Zeit von Sardes alle, die dazu gehörten, bekehrt oder nicht, vor Gott im Buch des Lebens. Aber alle, die nicht zu den Überwindern gehören oder gehörten, werden aus diesem Buch gestrichen werden, wenn Sardes gerichtet wird. So wird der Herr die Nationen, die in das Tausendjährige Reich eingehen, bald einschreiben (Ps 87,6). Doch diese Lügenpropheten werden dieses Einschreiben nicht erleben: Sie werden vor dieser Zeit sie von den Gerichten weggerafft werden, die den ungläubigen Teil des Volkes treffen werden.
- „Und in das Land Israel sollen sie nicht kommen.“ Dieses „Land“ oder diese „Erde“ Israels ist dann der zukünftige Erdkreis, das für den Israeliten das verheißene Land bedeutet, in dem er in den vollen Genuss der Segnungen kommt, die Abraham und den Vätern verheißen wurden. Es ist das „Land“, von dem wir in Psalm 37,11 lesen: „Aber die Sanftmütigen werden das Land besitzen“, eine Verheißung, die der Herr Jesus in der Bergpredigt übernommen hat (Mt 5,5). Nun, diese Segnungen, für uns die Segnungen des neuen Jerusalems, das aus dem Himmel herabkommt, wird diese irdischen Segnungen austeilen und ihnen Glanz verleihen. Sie wird niemals das Teil derer sein, die das Wort hier als Lügenpropheten bezeichnen muss.
In den Versen 10–16 lässt uns der Heilige Geist ein weiteres Bild ihrer Praktiken sehen, mit denen sie Gott verachteten. Dort ist die Rede von der Art der Bauten dieser lügnerischen Propheten. Wenn einer von ihnen eine Mauer errichtet hat, sind die anderen schnell dabei, sie zu verputzen. Äußerlich mit feinem Bindemittel, aber durch das Wort des Herrn, der alles so sieht, wie es wirklich ist, als „Tünche“ (eig. mit Kalkbewurf) bezeichnet. Die englische Darby-Bibel gibt uns untempered mortar, was bedeutet, dass dieser Mauermörtel nicht richtig durch Ablöschen vorbereitet wurde. Von der Versammlung, dem einen Leib, heißt es in 1. Korinther 12,24, dass Gott ihn „zusammengefügt“ hat (dieselbe Übersetzung). Dies gibt uns, wie mir scheint, einen Eindruck von dem, was diese Lügenpropheten benutzten, und von „Gottes Bindemittel“. Gott „löscht“ den Kalk, den Er für den Bau seiner Versammlung verwendet, durch die Anwendung des Wortes durch den Heiligen Geist auf Herz und Gewissen, und sein Bindemittel ist das einzige, das Bestand hat. Alle anderen Bindemittel und Mittel des Verputzes, mögen sie noch so schöne Glaubensbekenntnisse sein, werden sich, wenn der strömende Regen, die großen Hagelkörner und der stürmische Wind von Vers 11 kommen, als null und nichtig erweisen. Ein Tag des Gerichts kommt – ein Gericht in der Vorsehung durch die Hand des Königs des Nordens, davon sind die erwähnten Naturerscheinungen ein Abbild, wie wir sie im Buch Jesaja finden. Dann wird öffentlich gefragt werden: Wo ist die Tünche jetzt? Auch für die Kirche, die in ihrer Verantwortung hier auf der Erde gesehen wird, wird eine Zeit kommen, in der alle Bindemittel, die die verschiedenen Systeme der Christenheit benutzt haben, um ihre Glieder „zusammenzuhalten“, sich als wertlos erweisen werden.
Gibt es unter den Lesern dieses Buches jemanden, der mit solchen Bindemitteln arbeitet? Wer bringt Gläubige unter einem anderen Maßstab der Einheit zusammen als dem, der gültig ist, nämlich ob jemand von Gott selbst durch die Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes mit dem einen Leib verbunden worden ist? Bedenke also, dass das Wort des Herrn dir hier in Vers 15 sagt, dass eine Zeit kommen wird, in der Gott sagen wird: „Die Mauer ist nicht mehr, und die sie tünchten, sind nicht mehr“.
Es gibt noch eine weitere ernste Sache in Vers 14. Gott wird die Mauer einreißen „und sie zur Erde niederwerfen, dass ihr Grund entblößt wird“. Das heißt, das Fundament, auf dem diese Lügenpropheten gebaut haben, wird für alle Augen sichtbar werden. So wird es in Bezug auf Israel sein, so wird es mit dem Werk aller falschen Arbeiter in der Versammlung Gottes sein.
Die Propheten sprechen vom „Frieden“, obwohl kein Frieden da ist (V. 10); sie sehen für Jerusalem Gesichts des Friedens, obwohl kein Frieden da ist“ (V. 16). Ein treffendes Bild für das, was sich augenblicklich in der Christenheit abspielt. Von allen Seiten hört man von der Zukunft, die der Kirche Christi auf der Erde bevorsteht, von innerer Erneuerung und solch schönen Sprüchen. Aber nicht von dem, was uns die Offenbarung des Johannes über die Gerichte über eine abgefallene Christenheit lehrt: Ein schreckliches Gericht für diejenigen, die solche Vorschläge machen: „und sie [d. i. die Stadt Jerusalem] soll fallen, und ihr werdet in ihrer Mitte umkommen.“
Der Herr gebe allen, die in diesen Tagen einen Dienst an den Seelen ausüben, sich daran zu erinnern, was der große Apostel Paulus am Ende von 1. Korinther 9,27 sagt: „damit ich nicht etwa, nachdem ich anderen gepredigt habe, selbst verwerflich werde.“ Dieses Wort, gesprochen von einem so überzeugten Gläubigen, lässt uns mit Furcht und Zittern dienen. Ein geliebter Lehrer unter den Brüdern, der bekannte William Kelly, sagt zu diesem Vers: „Den Menschen die Wahrheit zu predigen oder zu lehren, ohne sich selbst vor Gott zu prüfen oder zu richten und zu verleugnen, ist verderblich. Man betrügt sich selbst und nicht den, der sich nicht verspotten lässt. Es gibt keine Christen, die mehr Wachsamkeit und Gebet nötig haben als diejenigen, die viel mit dem Wort Gottes umgehen oder andere auf den Wegen des Herrn führen. – Wie leicht vergessen solche Menschen, dass das Tun der Wahrheit die gemeinsame Verantwortung aller ist und dass das Reden zu anderen, wie ernsthaft man es auch tun mag, nicht den eigenen Gehorsam vor Gott ersetzt! Ein geistlicher Wandel ist etwas anderes als Aufrichtigkeit; aber hochmütige Vernunft ohne ein zartes Gewissen führt bald zum Schiffbruch.“
In den verbleibenden Versen dieses Kapitels (V. 17–23) wendet Hesekiel sich als der Menschensohn gegen die Töchter seines Volkes, die – wie die zu Beginn dieses Kapitels erwähnten Propheten – „aus ihrem eigenen Herzen weissagen“. Aber die Aussagen über diese Prophetinnen sind keineswegs vergleichbar mit denen über die Propheten. Wir sehen in diesen Versen, dass die Prophezeiung dieser Frauen mit der Deutung von Zeichen oder Wahrsagerei zu tun hatte.
In Zeiten des Verfalls und des Niedergangs, die einem Eingreifen Gottes im Gericht unmittelbar vorausgehen, bedienen sich sowohl Gott als auch Satan der Frauen, um auf die Menschen einzuwirken. Gott bedient sich der Frauen, um deutlich zu machen, dass das Zeugnis von Schwachheit geprägt ist, von Schwachheit ohne Heilmittel. Als Beispiele nenne ich Debora in den Tagen der Richter, Hulda in den Tagen Josias, Anna, die Tochter Phanuels, in den Tagen, als der Herr Jesus geboren wurde. Außerdem denke ich an die wichtige Rolle, die bedeutende gläubige Frauen in den Tagen des letzten Jahrhunderts gespielt haben, als der Herr Jesus das letzte Zeugnis vor seinem Kommen gründete.
Doch wie ich schon sagte, benutzt Satan ebenfalls die Fähigkeiten und besonderen Eigenschaften von Frauen in der Endzeit, um Seelen zu verführen. Denken wir nur an die Zauberin von Endor in den Tagen Sauls, an Isebel, die sich nach Offenbarung 2 eine Prophetin nannte, und von der Jehu in 2. Könige 9,22 sagt, dass ihrer Zaubereien viele waren. Man denke an die Täuschungen derer, die in 2. Timotheus 3 die „Weiblein“ gefangennehmen, und deren Praktiken denen der Zauberer des Pharao entsprechen.
In unserem Kapitel heißt es, dass diese Prophetinnen Binden oder Bänder machen. Ich denke, und berufe mich auf das, was Dr. Noordtzij darüber sagt, dass wir hier an gepolsterte Streifen denken sollten, die um die Arme, besonders um die Gelenke der Hände, gewickelt wurden und denen eine magische Kraft zugeschrieben wurde. Nützlicher, als ausführlich auf diese Manipulation einzugehen, ist es, zu überlegen, was Gott uns damit sagen will. Diese abergläubischen Rituale sprechen von den Fesseln, die der Spiritismus und alle dämonischen Hilfen um die Seele des Menschen legen und sie lähmen.
Nichts ist gefährlicher, als sich auf Dinge einzulassen, bei denen dämonische Kräfte eine Rolle spielen. Die Seele wird nicht nur verunreinigt, sondern sie wird gebunden, wovon sie nur die Kraft des Namens des Herrn Jesus befreien kann. Es ist gut, auch hier im Bösen einfältig zu sein, aber das Zeugnis von Menschen, die sowohl das sittliche Böse als auch die Versuchung spiritistischer Praktiken kennengelernt haben und durch Gnade davon befreit wurden, ist, dass von Letzterem nur eine beispiellos große Macht Gottes befreien kann, und dass man sonst hilflos verloren ist.
Diese Frauen tun noch etwas anderes in ihren teuflischen Praktiken: Sie machen Kopfhüllen über die Häupter jeden Wuchses, um Seelen zu fangen. Dieser Ausdruck jeden Wuchses bedeutet, dass sie für jede Kopfgröße eine passende Kopfhülle oder eine Haube hatten. Wie aufschlussreich ist das in seiner moralischen Bedeutung. Nicht für jeden kommt der Teufel mit seinen schweren spiritistischen Sitzungen daher. Er hat seine Diener mit Kopfhüllen versehen, mit Hauben jeder Größe. Er beginnt damit, dass er die Jugendlichen einen Groschen oder eine andere Münze in eine Wahrsagemaschine werfen lässt. „Eine harmlose Geldbeschaffungsaktion“, mag ein Leser sagen. Täusche dich nicht: Der Menschenmörder von Anfang hat auch Jungen- und Mädchenhauben auf Lager. Er benutzt die Prüfungen des Lebens, der Krankheit und des Leidens, um die Gläubigen zu veranlassen, Hilfe bei Ärzten zu suchen, die zwar nicht behaupten, Spiritisten zu sein, die aber dennoch auf die eine oder andere Weise schlummernde Seelenkräfte, die nur Gott nach seinem Willen mobilisieren darf, in den Dienst für ihre Patienten stellen, und zwar gemäß den Eingebungen der Geister um uns her. Und wehe uns, wenn wir die Kappe aufgesetzt bekommen. Besser aus der Hand Gottes die Betäubungshaube angenommen, als aus der Hand der Diener oder Knechte Satans diese Hauben, die nur dem Zweck dienen, Seelen zu fangen.
Und dann folgt eine höchst merkwürdige Frage. Gott fragt diese Prophetinnen: „Die Seelen meines Volkes fangt ihr, und eure Seelen erhaltet ihr am Leben?“ Aus dieser Frage lernen wir die ernste Lektion, dass es für einen Gläubigen weitaus gefährlicher ist, sich in irgendeiner Weise mit der Geisterwelt um uns herum einzulassen oder dies jemand anderem zu gestatten, als für einen Ungläubigen. Satans „eigene Seelen“, die sich noch in der Macht der Finsternis befinden, sind in diesen Dingen nicht annähernd so gefährdet wie Gläubige. Überall um uns her gibt es Beispiele. Vielleicht kennst du sie aus deiner eigenen Umgebung, von ansonsten anständigen, wie wir sie nennen, aber unbekehrten Menschen, die es sich zur Gewohnheit machen, mit diesem und jenem Thema zu einem Wahrsager zu gehen, und die dennoch für die Klänge des Evangeliums empfänglich werden können. Es gibt aber auch Gläubige, die, nachdem sie einmal der Neigung nachgegeben haben, die Hilfe eines solchen Menschen zu suchen, ihre Ruhe und ihren Seelenfrieden völlig verloren haben und wahnsinnig geworden sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt folgt in Vers 19. Gott wird im Blick auf seine Regierungswege gegenüber seinem Volk entweiht, indem Seelen durch ihre Praktiken (und das für einen Hungerlohn) getötet werden, die nicht hätten sterben sollen, und Seelen im Leben erhalten werden, die nicht hätten weiterleben sollen. Die Praktiken dieser Menschen und ihr Wirken auf die Körper und Seelen der Menschen sind die Regierungswege Gottes mit den Menschen. Ich denke hier insbesondere an die Praktiken der sogenannten Heilungen, ob sie nun von Gebet begleitet sind oder nicht (wir werden in Vers 22 darauf zurückkommen). Gott bestreitet nicht, dass durch ihre Praktiken Seelen am Leben erhalten werden. Aber der Teufel ist in der Lage, Seelen am Leben zu erhalten, die nicht in den Regierungswegen Gottes oder in seiner unergründlichen Weisheit und Liebe zu den Seinen leben wollen. Natürlich müssen wir bei dem Ausdruck Seelen, die am Leben erhalten werden, nicht an das ewige Heil denken. Doch durch dämonische Mächte kann das Leben hier auf der Erde verlängert werden, wenn es Gottes Zeit war, dass sie diese Erde verlassen sollten. Andererseits können durch diese Praktiken auch Seelen getötet werden, die nicht hätten sterben sollen, wie wir hier lesen. Ruinöser Einfluss für Körper und Seele kann zur Folge haben, dass man die Macht des Teufels in seinem Leben lässt, obwohl es noch nicht Gottes Zeit war, von dieser Erde Abschied zu nehmen, und wenn man alles ruhig in seine Hand gelegt hätte, hätte Er die Wiederherstellung bewirkt.
Ihre Sünden und die von diesen Worten begleiteten Handlungen bezeichnet Gott so: „indem ihr mein Volk belügt, das auf Lügen hört?“ Lasst uns die Dinge im Licht Gottes so betrachten, und auch den Ausdruck am Leben erhalten als Lüge bezeichnen, wodurch sich in unseren Tagen der Teufel erhebt. Der Teufel kann gar nicht anders tun als lügen, auch bei einer scheinbaren Heilung von einer Krankheit. Er „steht nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist“, sagt der Herr Jesus in Johannes 8,44 und fügt hinzu: „Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ihr Vater.“
Deshalb ist es so gefährlich, Dinge, die mit Wahrsagerei und teuflischer Kunst zu tun haben, sozusagen anzuprangern, indem man beweist, dass die Prophezeiung keineswegs in Erfüllung geht. Es ist daher falsch und gefährlich, die Sache als unbedeutend darzustellen, die nichts mit dem Teufel zu tun hat. Das ganze teuflische Spiel bei der sogenannten Geisterbeschwörung ist Täuschung: Wir sehen, dass die Zauberin von Endor mitten in ihrer eigenen Täuschung schockiert ist, als Gott sie mit seiner harten Wirklichkeit konfrontiert.
Glücklicherweise gibt es Rettung bei Gott, auch für solche, die in die Fesseln des Todes geraten sind. Er, der die Besessenen im Land der Gadarener aus der Macht von 5000 bis 6000 Dämonen befreit hat, kann sie auch jetzt durch seine Macht, durch die Macht seines Namens, erlösen. „Ich will die Seelen wegfliegen lassen und sie von euren Armen wegreißen“ (V. 20), sagt Gott zu den Frauen, die die Seelen mit weiblicher Raffinesse in ihre Arme geschlossen und sie damit in die Arme Satans getrieben hatten. „Und ich will die Seelen freilassen, die ihr fangt, die Seelen, dass sie wegfliegen“ (V. 20). Es ist bemerkenswert, dass der hebräische Text diese feine Unterscheidung gibt: wegreißen, freilassen – dass sie wegfliegen! Dasselbe finden wir zum Beispiel in Psalm 73,17: „bis ich hineinging in die Heiligtümer Gottes und jener Ende gewahrte.“ Ein Meer der Gedanken, der Erfahrungen der Seele, des Schreiens zu Gott und tiefer Scham. Doch schließlich ist das herrliche Ergebnis hier in Hesekiel 13,20, dass sie wegfliegen.
Am letzten Sonntag habe ich zufällig einen solchen Kampf des Wegreißens, Freilassens und Wegfliegens gesehen. Eine Taube hatte sich mit ihrem Flügel in dem von der Sonnenwärme aufgeweichten Teer einer Fernsehantenne verfangen. Das arme Tier dümpelte dort einige Zeit hoch über dem Dach des Nachbarn, wo niemand ihr helfen konnte, und wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben, als sie sich nach einem vergeblichen Kampf von fünfzehn Minuten plötzlich losriss und schnell vom Unglücksort wegflog.
Am nächsten Abend fand ich das Opfer für die Freiheit in meinem Garten: ein Büschel von sechs großen Federn, die sie im wahrsten Sinne des Wortes und im übertragenen Sinne verlassen hatte, an den Spitzen zusammengehalten von dem Teerklumpen, der es angekettet hatte. Ein eindrucksvolles Bild aus der Natur für uns. Jede Befreiung von der Macht der Sünde, jeder Erlösung aus der Macht Satans, wie wir sie in unserem Kapitel gesehen haben, kostet uns einen solchen Gedankenstrang ... ein Geheimnis, das wir mit in die Ewigkeit nehmen. Sie kostet uns auch jenes Federbündel, einen Verlust, den wir Gott sei Dank nicht mit in die Ewigkeit nehmen, der uns aber hier vor den Menschen kennzeichnet und den der in Wahrheit messerscharfe Volksmund „Federn lassen“ nennt.
Gott wird die Kopfhüllen zerreißen, sagt Er in Vers 21, und Er fügt in seiner Gnade hinzu: „und mein Volk aus eurer Hand erretten“. So will Gott gerade jetzt die Kopfhüllen zerreißen. Er kann und wird auch anders handeln. Aber dann wird es eine schreckliche Ernüchterung bedeuten. Auch für Saul und für die Zauberin wurden die Kopfhüllen zerrissen, doch um das schreckliche Urteil zu hören: „da Herr von dir gewichen und dein Feind geworden ist … morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein“ (1. Sam 28,16.19).
In Vers 22 ist von zwei Dingen die Rede, die ähnlich zu sein scheinen, es aber nicht sind. Er spricht: „Weil ihr das Herz des Gerechten mit Lüge kränkt, obwohl ich ihn doch nicht betrübt habe.“ Das sind zwei verschiedene Begriffe. Gott sagt, dass Er den Gerechten nicht betrübt hat. Dieses Leid zufügen bedeutet hier: durch traurige Dinge oder Umstände einem Gerechten etwas sagen und ihn von einem falschen Weg abzubringen. Nun, sagt Gott, ihr Prophetinnen habt mit euren dunklen Praktiken das Herz des Gerechten, den ich nicht zu mir zurückholen wollte wegen dem, was er durchmachen musste, sondern in dem ich mich durch dieses Leiden nur verherrlichen wollte, betrübt, ja gekränkt, wegen eurer falschen Vorstellung, als ob er dieses Leiden selbst verschuldet hätte und dass es eine Strafe für ihn wäre.
Hören wir nicht diese Falschheit, diese Lügen heute, was diejenigen, die für die Glaubensheilungen eintreten, vielen gläubigen Seelen zufügen und damit diesen Seelen Schaden zufügen und das Herz kränken? Wenn die Krankheit nicht von ihrer Sünde herrührt, dann doch von ihrem Unglauben (der ja auch Sünde ist), oder vom Unglauben derer, die sie umgeben. Daher sagt Gott: „Darum sollt ihr nicht mehr Eitles schauen“ (V. 23). Er will diese Lügen durch die Wahrheit seines Wortes, seiner Gedanken, entlarven. „Und ich will mein Volk aus eurer Hand erretten“.
Aber Gott sagt auch: „weil ihr die Hände des Gottlosen stärkt, damit er von seinem bösen Weg nicht umkehrt“. Es ist auch möglich, dass Gott durch Krankheit und Leid zu dem Gewissen unbekehrter Menschen sprechen will. Und für solche Menschen sind diese trügerischen Darstellungen ebenso verderblich. Das Evangelium mit der Heilung des Körpers oder der Beseitigung von Strafen zu verbinden, die hier auf der Erde gerecht zu vollziehen sind, ist ein falsches Evangelium. Gott kann retten, will retten vor dem ewigen Verderben, und zwar durch die Erkenntnis von Sünde und Schuld und den Glauben an den Herrn Jesus und sein vollbrachtes Werk, und dann wird man Weg und Schicksal ruhig in seine Hand legen. Dann kann Er es so lenken, dass Heilung geschieht oder dass der irdische Richter begnadigt, es kann aber auch sein, dass Er sich verherrlichen will, indem Er mit Ihm das trägt, was zu tragen ist, und das zu seiner Ehre. Und so kann er Gnade geben, dass das Ende eines Weges der Sünde hier auf der Erde ein Zeugnis ist, das für viele andere zum Mittel der Erlösung wird.
Durch eine falsche Darstellung der Dinge können die Hände des Gottlosen gestärkt werden, damit er nicht von seinem bösen Weg umkehrt, um sein Leben zu retten. Dann kann eine äußere Bekehrung stattfinden, und man legt sich in die Hände dieser falschen Propheten oder Prophetinnen, um Heilung zu suchen, und tatsächlich kann diese Heilung stattfinden. Aber weil das Gewissen nicht erweckt und das Herz nicht zerbrochen wird, werden die Hände des Gottlosen nur in seiner Unbußfertigkeit gestärkt, und der Ruf Gottes, er möge von seinem bösen Weg umkehren und sein Leben retten, wird zum Schweigen gebracht. Was für eine Verantwortung für die Anstifter zu solchem Unheil! „Und ihr werdet wissen, dass ich der Herr bin.“