Betrachtung über den Propheten Hesekiel

Kapitel 3

In Kapitel 3 lesen wir etwas von einer Buchrolle; denselben Ausdruck finden wir in Psalm 40,7 in Verbindung mit dem Herrn Jesus: „In der Rolle des Buches steht von mir geschrieben.“ Diese Rolle, von der im letzten Vers von Kapitel 2 berichtet wird, dass Klagen, Seufzer und Wehe darin geschrieben stehen, muss Hesekiel als Sohn des Menschen essen (Vers 3). In der Rolle des Buches, die von dem Herrn Jesus handelte, waren ihm ebenfalls Leiden und Schmach, Gericht und ein Gottverlassensein wegen unserer Sünden vorausgesagt, und er ging in Gethsemane in „die Klagen, Seufzer und Wehe“ ein, die als gerechter Zorn Gottes ein schuldiges Israel treffen sollten. Was jedoch Hesekiel als Gebot aufgetragen wurde, das tat der Herr Jesus aus freiem Willen. Er fügt zu den soeben erwähnten Worten aus Psalm 40 noch hinzu. „Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.“ O, was war es für Gott, wenn sein geliebter Sohn nicht nur all das ausführte, was in der Buchrolle geschrieben stand, sondern auch noch das, was er in Gottes Herzen tief verborgen las. Er sagte in Samaria (Joh 4,34), als er auf dem Weg von Judäa nach Galiläa war (das ist im Bilde der Weg des Kreuzes, den der Herr gegangen ist): „ Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.“ Er unterwirft sich völlig den Gedanken Gottes, wenn er spricht: „Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ (Joh 18,11).

Wer denkt nicht bei den Worten des Herrn Jesus „Mein Gott“ (Ps 40,5.8) an den Kreuzesschrei: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern von meiner Rettung den Worten meines Gestöhns“? Als dann das Feuer des Zornes Gottes das wahre Opfer verzehrte, konnte man wiederum nichts als seine Vollkommenheit finden. Auch dann, als die drei Stunden währten, fand ein heiliger und gerechter Gott in seinem Innersten (seinem Leib) und in seinen tiefsten Neigungen (seinem Herzen) nur die Bestätigung von Psalm 40,8: „Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust, und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.“

Wenn der Herr Jesus auf diese Erde zurückkehrt, auf der er verachtet und verworfen war, um seine Herrlichkeit zu offenbaren und seine Macht zu entfalten, auch dann trifft 1. Könige 8,9 zu: „Nichts war in der Lade, als nur die beiden steinernen Tafeln, welche Mose am Horeb hineinlegte, als der HERR einen Bund machte mit den Kindern Israel, als sie aus dem Lande Ägypten zogen.“ Den Bund Gottes, der kein Bündnis aufgrund von Verantwortung, sondern „vom Horeb“ ist, wird der Herr Jesus mit Ehrfurcht gesagt „beherzigen“; die Lade des Bundes des HERRN, welche ein Vorbild des Herrn ist und die im Himmel gesehen wird (Off 11,19), soll dann auf dieser Erde geschaut werden. Unser geliebter Herr stimmte mit den Ratschlüssen Gottes in Bezug auf das Heil dieser Welt, die Rettung der Verlorenen und die Wiederherstellung des ungehorsamen Volkes völlig überein und erduldete deshalb das Verlassensein von Gott, das Gericht und den Tod, so dass er nach den Ratschlüssen Gottes in Bezug auf diese Erde und das ganze Weltall mit Herrlichkeit gekrönt wird. Gott wird ihn „in sich selbst verherrlichen“ (Joh 13,32). Das Auge des Glaubens sieht bereits jetzt „die Lade seines Bundes in seinem Tempel“ (Off 11,19) und seine „alsbaldige Verherrlichung“ (Joh 13,32).

Auch in seiner Herrlichkeit werden sich alle, welche durch sein teures Blut erkauft sind, immer wieder an sein Kreuz erinnern. Die Rolle des Buches in Offenbarung 5 war inwendig und auswendig beschrieben, also auf beiden Seiten des Pergaments. Das deutet auf die Menge der Gerichte hin, die noch zu erwarten sind, bis endlich das Lamm den Platz in Gottes Schöpfung einnehmen kann, der ihm aufgrund seiner Würde zukommt.

Wie viel Schmerz hast Du erduldet,
Wie viel Tränen Du geweint.
Alles das, was wir verschuldet,
Lag auf Dir, o Herr, vereint!

Gott gab Hesekiel diese Buchrolle zu essen. Er sollte im Bilde so vollkommen in die Gedanken Gottes eingehen, wie die Nahrung zu allen Körperteilen gelangt. In gewissem Sinn gilt dies auch für uns. Jeremia schreibt in Kapitel 15,16: „ Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen.“ Nur der Herr Jesus konnte dies in seiner Vollkommenheit tun. „Ich muss die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat,“ so heißt es von ihm in Johannes 9,4, und es folgt in Vers 6: „Als er dies gesagt hatte, spützte er auf die Erde und bereitete einen Kot aus dem Speichel“; hier erkennen wir seine Menschwerdung auf der Erde. „Einen Leib aber hast du mir bereitet;“ (Heb 10,5). Dieses Wort „bereitet“ schließt mehr in sich ein, als nur von der Magd Maria durch den Geist geboren zu sein. Dieses Wort soll die vollständige Übereinstimmung mit dem Willen Gottes ausdrücken, denn allein zu diesem Zweck wurde der Leib bereitet. „Durch welchen Willen wir geheiligt sind, durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi“. - Dort am Kreuz wurde dieser zubereitete Leib geopfert und dieses Opfer entsprach völlig dem Willen Gottes.

„Fülle deinen Leib mit dieser Rolle“ gibt uns einen zweiten, nicht minder wertvollen Gedanken wieder. Der Herr Jesus war gänzlich von dem Vorsatz Gottes in Liebe und Gnade in Anspruch genommen. Es fand sich keine andere Neigung in seinem Herzen. Er muss seinen Eltern die Frage stellen: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ (Lk 2,49). Psalm 69,9 berichtet von ihm: „Denn der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt.“ Das griechische Wort für „hinschauend“ in Hebräer 12,2 ermahnt uns, allen Dingen dieser Welt zu entsagen und unser Auge ausschließlich auf den Herrn zu richten, denn auch er ist uns darin ein Vorbild, der „um der vor ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldete, der Schande nicht achtend.“ Die Freude, die Sünde von Gottes Angesicht aus der Welt hinwegzunehmen, enthob ihn allem Irdischen, „füllte seinen Leib“ und regierte all seine Gedanken und Neigungen.

Die Verse 4 bis 7 versetzen uns gleichsam in die Zeit, in der der Herr Jesus hier auf der Erde lebte. Vers 5 stellt uns Hesekiel als Gesandten vor; er ist in dieser Eigenschaft ein typisches Vorbild von Christus, wie er uns durch den Heiligen Geist im Johannesevangelium gezeigt wird. Wenn der Leser dieses Evangeliums sich durch den heiligen Verfasser leiten lässt, so wird er sich so wie der Blindgeborene im Teich Siloam waschen (Siloam heißt: Gesandt) (Joh 9,7). Seine Augen sollen sehend werden, damit er den Herrn Jesus Christus, der vom Vater gesandt wurde, erkennen kann. Diese Kenntnis wird zwar die Verwerfung von Seiten der religiösen Welt zur Folge haben, doch werden wir endlich zu der Anbetung des von Gott gesandten Sohns kommen. Merkwürdigerweise sagt Gott zu den Völkern außerhalb Israels das gleiche, was der Herr während seines Lebens auch in Bezug auf Tyrus, Sidon und Sodom wiederholt. Wenn der Sohn in diese Gebiete gesandt worden wäre - doch Israel wurde darin gnädig bevorzugt -, sie hätten auf ihn gehört und sich bekehrt.

In Vers 7 muss Gott klagen: „Aber das Haus Israel wird nicht auf mich hören.“ Wir erinnern uns an die Worte des Herrn Jesus, die er am Ende von Johannes 15 ausspricht, dass nämlich die Verwerfung seiner Worte und Werke auch die Verwerfung des Vaters bedeutet. So finden wir denn in Vers 10, dass Hesekiel die Worte, die Gott zu ihm sprach und die er ausdrücklich „seine Worte“ nennt, in sein Herz aufnehmen und mit seinen Ohren hören und sie dann weitergeben soll. Wir verweisen nur auf einige Stellen aus dem Evangelium nach Johannes wie z.B. 8, 26-28 und 12, 49.50, um die Vergleiche anhand dieser Verse dem Leser selber zu überlassen.

Die Worte in den Versen 12 bis 14 sind ebenfalls wunderbar. Hesekiel vernimmt hinter sich den Schall eines starken Getöses - nachdem er lange Zeit völlig betäubt ist, findet er sozusagen wieder zur Wirklichkeit zurück. In diesem Zustand befand sich unser Heiland nie. Wir dürfen Blicke tun in die Herrlichkeit des HERRN, die überhaupt nur der Glaube sehen kann, und F.W. Grant bemerkt zu Recht, dass wir über dem Schauplatz des Gerichts in Offenbarung den erhöhten Thron in entsetzliche Stille gehüllt sehen. Von den Flügeln der lebendigen Wesen lesen wir in Vers 13, dass sie einander berührten - buchstäblich steht im Hebräischen, dass es aussah, als wenn eine Frau ihre Schwester küsst. Ich möchte an dieser Stelle einen Abschnitt aus der „Numerical Bible“ von Grant zitieren: „Es ist beeindruckend, wie die Flügel in vollkommener Übereinstimmung (der Prophet drückt das sehr deutlich aus) einander 'küssten'. Die Nacht mag über diese Erde hereingebrochen sein, Wetterleuchten mögen den herannahenden Sturm ankündigen, doch in unseren Versen atmet alles Ruhe, Eintracht und innigsten Frieden; selbst die Flügel nehmen hier nach dem hebräischen Text einen zärtlichen, weiblichen Charakter an, gleich 'einer Frau und deren Schwester' herrscht in dieser Atmosphäre Harmonie und Unterwürfigkeit, alle sind eines und desselben Sinnes.“

Diese Szene des ungestörten und unstörbaren Friedens und der Harmonie ließ der Herr Jesus nicht - wie Hesekiel jetzt - „hinter sich“. Von ihm lesen wir in Johannes 1,18, dass er „der eingeborene Sohn im Schoß des Vaters“ ist, und weiter in Kapitel 3,13: „der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ Nie war Hesekiel imstande, als „Sohn des Menschen“ diese Vollkommenheit zu erreichen. So lesen wir von ihm, wenn der Geist ihn von diesem herrlichen Schauplatz wegnimmt, dass er „erbittert in der Glut seines Geistes“ war. Die Hand des HERRN war „stark auf ihm“, damit sein erbitterter Geist besänftigt und bewahrt wurde. Nie hatte der Herr Jesus es nötig, sich derartig zu beruhigen. Als er aus dem Garten Gethsemane tritt und der Schar und den Dienern entgegengeht (Joh 18,4), dann ist er „im Schoß des Vaters“, dann „ist er im Himmel“ und es kommt keine Verbitterung des Geistes in ihm auf, sondern er genießt vollkommene Ruhe, welche die Herrlichkeit des Herrn „von droben“ charakterisiert, so dass er noch fragen konnte: „Wen suchet ihr?“ Welch ein Wunder der Gnade, dass wir, obschon wir nicht die erhabene Stellung unseres Herrn erreichen, doch mit ihm verbunden sind und mittels der Fußwaschung teil mit ihm haben, so dass auch wir die Ruhe des Heiligtums und die Herrlichkeit, in der er jetzt weilt, in vollkommenem Frieden auf dieser Erde offenbaren könnten. „Er ging mit seinen Jüngern hinaus über den Bach Kidron, wo ein Garten war“, so lauten die Worte in Johannes 18,1. Kidron bedeutet „unruhig, verstört“. Mögen wir mit ihm schon jetzt auf der Erde über den Bach Kidron gegangen sein. Mit Nachdruck wird durch den Heiligen Geist in diesem Vers darauf hingewiesen: „Wo ein Garten war, in welchen er hinein ging, er und seine Jünger.“

Wir lesen dann weiter in Vers 15: „Und ich kam nach Tel-Abib zu den Weggeführten, die am Flusse Kebar wohnten; und daselbst wo sie saßen, dort saß ich sieben Tage betäubt (Fußnote: entsetzt; eig. hinstarrend vor Entsetzen) in ihrer Mitte.“

Es besteht ein großer Unterschied zu dem, was wir in den drei bekannten Stellen von Johannes 1 lesen: „In die Welt kommend“; „er kam in das Seinige“; „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.“ Wir lesen nichts von Entsetzen oder Erschrecken, denn er kam aus der Herrlichkeit des Vaters. Die Herrlichkeit, das war sein eigenes Milieu, da war er, mit Ehrfurcht gesagt, zu Hause. Doch ebenso wie Hesekiel sich den Weggeführten nahte, „daselbst, wo sie saßen“, hat sich auch der Herr Jesus uns genähert. Nachdem er Fleisch angenommen hatte, wohnte er unter uns. Er wurde nicht durch eine höhere Macht aus der Ewigkeit in diese Zeit eingesetzt, sondern es geschah in der vollen moralischen Herrlichkeit seiner Person, des Werkmeisters (Künstlers - gemäß Hohel. 7,1) an der Seite Gottes (Spr 8,30). Ein Zeichen des Erstaunens konnte man bei ihm nicht feststellen, obwohl er doch alles „hinter sich gelassen“ hatte. In dieser vollkommenen moralischen Herrlichkeit, weil er allezeit im Schoß des Vaters ist, verkehrte er unter den Menschen „voller Gnade und Wahrheit“.

In den Versen 16 bis 21 wird uns Hesekiel als Wächter vorgestellt. Es ist nicht unsere Absicht, weitere Ausführungen hierüber anzuschließen, doch möchte ich nur noch in Verbindung mit den Ausdrücken „in Ungerechtigkeit sterben“ und „in seiner Sünde sterben“ auf Johannes 8,21.24 und 25 aufmerksam machen, wo der Herr Jesus zu den Juden spricht: „Ihr werdet in euren Sünden sterben.“ Er unterscheidet dort die Sünde des jüdischen Volkes im Allgemeinen von dem Sterben in der Sünde, das auf den Einzelnen persönlich Bezug hat. Es ist eine Gnade, dass wir uns mit dem Kreuz beschäftigen dürfen. Dieses Vorrecht haben wir, so der Herr will, beim Betrachten des vor uns liegenden Gegenstandes. Aber was ist das Größte und Gewaltigste dabei? Die Herrlichkeit Gottes selbst, diese Herrlichkeit steht nach Vers 23 daselbst „gleich der Herrlichkeit, die ich am Flusse Kebar gesehen hatte“. Sie ist ebenso majestätisch groß in ihrer Offenbarung auf dem Kreuz von Golgatha, wie im Himmel selbst. Auf dem Kreuz wurde dann sichtbar, wie die unaussprechlich erhabene Person des Sohns Gottes, unseres Herrn und Heilandes, diese beiden Seiten offenbarte. In ihm, und ihm allein steht die göttliche Herrlichkeit, genauso wie der Mensch in ihm in den drei Stunden der Finsternis unter dem heiligen und gerechten Gericht Gottes lag - beides ereignete sich zu derselben Stunde auf dem Kreuz von Golgatha. In der Tat ist nichts auf der Erde diesem Kreuz zu vergleichen, und nur derjenige ist glücklich, der gelernt hat, seine Knie unter dem Kreuz zu beugen, gleichwie Hesekiel in Vers 23 auf sein Angesicht fällt. Er soll bald die Herrlichkeit Gottes im neuen Himmel und auf der neuen Erde schauen und abermals wird er, wie er es einst als Sünder vielleicht in seiner frühen Jugend getan hat, „auf sein Angesicht fallen“ (Kap. 43,3).

Dass wir hier in dem „Tal“ von Kapitel 3,22.23 ein Bild des Kreuzes haben, kommt in dem Wort „Tal“ nicht so deutlich zum Ausdruck; die Fußnote gibt „Talebene“ an. Das hebräische Wort bedeutet: „Ein langes Feld, das zwischen Bergen liegt, die es einsäumen.“ Eine Fußnote, die den gleichen Gedanken ausdrückt, gibt uns die englische Übersetzung von Darby; sie weist uns auf Josua 11,8 hin. Grant schreibt hierzu folgendes: „Das hier gebrauchte Wort bezeichnet eine Kluft, obschon es zeitweise auch für eine Ebene gebraucht wird, wie z. B. in 1. Mose 11,2 „eine Ebene im Lande Sinear“, doch scheint es selbst hier die Bedeutung von einer zwischen Bergen gelegenen Fläche zu haben. Das Wort wird auch für das Tal Jerichos verwendet, der tiefen Jordankluft, die das Tote Meer miteinschließt.“ Kliefoth gibt uns in der Dächselbibel folgende Erklärung: „Hier ist ein Tal in der Nähe des Kabor gemeint, es ist ein dem Propheten bekanntes Tal gewesen.“

Auch für uns, die wir den Herrn Jesus kennen, ist es ein bekanntes Tal, eine bekannte Kluft. Es ist das Kreuz, das durch Gottes Gnade in unserer Seele Eingang gefunden hat.

Wenn nun die Herrlichkeit des HERRN im Tal steht, erhält Hesekiel einen Befehl, den auch wir beherzigen sollten. „Geh, schließ dich in deinem Haus ein.“ Die Kapitel 11 und 12 des Johannesevangeliums erinnern uns, wo wir die Herrlichkeit des Herrn ins Tal gehen sehen. Diese Herrlichkeit unseres Herrn wurde am Grab des Lazarus offenbar, doch der Zustand des ungläubigen Israel war so, dass der „Sohn des Menschen“ sich in sein Haus einschließen musste. In Kapitel 12,36 lesen wir, dass er sich vor ihnen verbarg; im darauf folgenden Abschnitt (Verse 37 bis 41) werden die Geschehnisse der Kapitel 11 und 12 mit Jesaja 6 verglichen. Wenn Jesaja die Herrlichkeit dessen sieht, der im Fleisch gekommen ist und unter uns gewandelt hat, wird er blind und verhärtet sich. In diesem Tal offenbart sich eine sittliche Herrlichkeit: „Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht wird“, bei dem Offenbarwerden dieser Herrlichkeit schließt der „Sohn des Menschen“ sich in sein Haus ein.

Wir finden besonders in den Kapiteln 13 bis 17, wie der Herr Jesus Sich von Israel zurückzieht und Sich gewissermaßen in sein Haus einschließt, indem er den Kreis der Jünger aufsuchte, die den gläubigen Überrest dieser Tage darstellen. Hebräer 3,5 vergleicht Mose und Christus, und wir lesen dort, dass Mose treu war in seinem ganzen Haus, der Herr Jesus aber „als Sohn über sein Haus“. Diese Stelle deutet auf das 1000-jährige Reich hin, wenn durch den Herrn Jesus in Erfüllung geht, was ihm der Geist Christi prophetisch in den Mund legt: „Ich will weislich handeln auf vollkommenem Weg; - wann wirst du zu mir kommen? - im Innern meines Hauses will ich wandeln in Lauterkeit meines Herzens. . . Nicht soll wohnen im Innern meines Hauses, wer Trug übt; wer Lügen redet, soll nicht bestehen vor meinen Augen“ (Ps 101,2.7).

Jetzt schon kann sich der gläubige Überrest nach Hebräer 3,6 „das Haus des Christus“ nennen, denn der Apostel fährt fort, „dessen Haus wir sind, wenn wir anders die Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhalten“. Sollte man zu dem jüdischen System zurückkehren, welches Christus verlassen hat und das auch Hesekiel hinter sich ließ und sich in sein Haus einschloss, so war jeglicher Ruhm, in seinem Hause zu sein, unbegründet.

Die Verse 25 und 26 zeigen uns, was mit Israel geschah, als der Herr Jesus sich in sein Haus zurückziehen musste. Sein öffentlicher Dienst inmitten des Volkes ging zu Ende. „Du sollst nicht in ihre Mitte hinausgehen. Und ich werde deine Zunge an deinem Gaumen kleben lassen, damit du verstummst und sie nicht mehr zurechtweisest; denn ein widerspenstiges Haus sind sie.“ Die Auswirkungen davon können wir jetzt, wo die Versammlung noch auf der Erde ist, noch nicht so deutlich sehen, doch sobald die Versammlung entrückt ist, wird der Schrecken des Gerichtes für Israel offenbar werden. Jesaja 8,14 bis 22 berichtet uns hierüber. In den Versen 16 und 17 lesen wir: „Binde das Zeugnis zu, versiegele das Gesetz unter meinen Jüngern. - Und ich will auf den HERRN harren, der sein Angesicht verbirgt vor dem Haus Jakob, und will auf ihn hoffen.“

Die große Betrübnis im Herzen unseres Herrn, dass er Sich dermaßen von seinem Volk zurückziehen musste, kommt wohl im Vorbild Hesekiels sehr schön zum Ausdruck. Es wird ihm in Vers 25 gesagt: „Und du, Menschensohn, siehe, man wird dir Stricke anlegen und dich damit binden.“ Ein wenig von dieser Betrübnis, die in den Stricken veranschaulicht wird, drückt Paulus aus, der dem Heiland mit solch großer Hingabe diente und in tiefer Gemeinschaft mit ihm seine Gefühle teilte: „Ich habe große Traurigkeit und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen; ... für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleische“ (Röm 9,2.3).

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