Betrachtung über den Propheten Hesekiel

Kapitel 19

In Kapitel 19 werden die Fürsten Israels verurteilt und beiseite gesetzt. Merkwürdig, dass hier der Ausdruck „Fürsten Israels“ und nicht „Fürsten Judas“ verwendet wird. Die Fürsten sind also aus dem Weinstock hervorgegangen, ihrer Mutter; der Weinstock war Israel, nicht nur das Zweistämmereich allein.

Hesekiel erhebt ein Klagelied – ein Klagelied, das zwar schon besteht aber dennoch zum Klagelied wird. Ausleger, die die kommende Unterdrückung Jakobs nicht bedenken, werden hier Schwierigkeiten bekommen. Man hilft sich dann, indem man diese „Mutter“ der Fürsten buchstäblich nimmt und in Hamutal, die Tochter Jeremias von Liona sieht. Diese soll zunächst ihren Sohn Joahas und darauf ihren Sohn Zedekia auf den Thron geholfen haben. Man gelangt leicht zu dieser Annahme, obschon Joahas aufgrund der Stimme des Volkes König wurde und Zedekia dem willen Nebukadnezars zufolge als König eingesetzt wurde. Notgedrungen wendet man dann auch die Verse 10ff. über den Weinstock als der Mutter der Fürsten auf Hamutal an, was die Phantasie noch mehr schürt.

Es ergeht die Frage an die Fürsten: „Welch eine Löwin war deine Mutter?“ Israel war es. Die Schrift stellt uns manchmal ein Land als Mutter vor, um bestimmte Personen hervorzubringen; (siehe Jer 50,12). Hier wird sie als Löwin gezeigt, die zwischen Löwen lagert. Diese Löwen sind die Städte, die namentlich 1000 v.Chr. im nahen Osten entstanden, erwähnt sei das Ägyptische und das Hethitische Reich. Wir befinden uns zu der Zeit, wo Jakob im Anblick Judas auf dem Sterbebett prophezeit: „Juda ist ein junger Löwe; vom Raub, mein Sohn, bist du emporgestiegen. Er duckt sich, er legt sich nieder wie ein Löwe und wie eine Löwin; wer will ihn aufreizen?“ (1. Mo 49,9).

Die Löwin zog unter jungen Löwen ihre Jungen groß. Wir erkennen hier die Fürsten, die nicht von Gott eingesetzt, sondern von der Mutter, Israel, zur Welt gebracht und erzogen wurden.

Denkwürdig ist nur, und das bestätigt wiederum die Genauigkeit und Unfehlbarkeit des Wortes Gottes, dass das Junge der Löwin einen Fürsten darstellt, der durch die Gunst und das Ansehen beim Volk gewählt und auf den Thron gesetzt wurde. Es war zu dieser Zeit für Semiten und Hamiten ungewöhnlich, dass das Volk seine Stimme dem Machthaber und Gebieter gab, der über ihr Leben und Sterben entschied. Ihre Macht benutzten sie unter anderem auch, mächtige Bauwerke wie die Pyramiden in Ägypten entstehen zu lassen, die selbst heutzutage noch in dem Reisenden große Bewunderung hervorrufen, doch man denkt weniger an die Menge der Menschenleben, die diese Zeugen der Vergangenheit gekostet haben.

In 2. Könige 23,30 wird von diesem Löwenjungen berichtet: „Und das Volk des Landes nahm Joahas, den Sohn Josias, und sie salbten ihn und machten ihn zum König an seines Vaters statt; 2. Chronika 36,1 bestätigt uns diesen Willensentscheid des Volkes.

In dem kurzen Abschnitt aus Könige und Chronika wird von einer Regierungszeit von drei Monaten gesprochen, doch wenn wir in Vers 3 von Joahas lesen, dass er als junger Löwe Raub zu rauben lernte und Menschen fraß, so glaube ich nicht, dass er in diesen drei Monaten seiner Regierung all das Unheil bewirkte bis der Ausspruch ihn erreichte: „Und er tat, was böse war in den Augen des HERRN.“ Dieser junge Löwe hatte bestimmt schon in seiner frühesten Jugend diese Gräueltaten verübt. Der bekannte Geschichtsschreiber Flavius Josephus schreibt von ihm, dass er gottlos und unrein in seinem ganzen Lebenswandel war. Er machte sich wahrscheinlich durch Gewalttaten sehr schuldig. In Jeremia 22,11 wird er bezeichnend „Schallum“ genannt: „Der, dem vergolten wird“ (1. Chr 3,15).

Doch das Volk scheute sich nicht, einen Mann von diesem Ruf und Charakter auf den Thron zu erheben, ja, sie salbten ihn selbst mit heiligem Salböl und meinten, dass Gottes Gerechtigkeit mit ihm wäre und Er ihn nicht verlassen könne. Der Pharao Neko konnte nicht viel von ihm erwarten und nachdem er in der Schlacht bei Meggido über seinen Vater gesiegt und zufolge der Geschichtsschreiber auf der Rückkehr noch Karkemis erobert hatte (wahrscheinlich mit Hilfe der um Juda gelegenen Reiche), setzte er auch zu Ribla Joahas gefangen. Nach Ansicht anderer Schreiber soll er seine Pläne zur Eroberung Karkemis aufgeschoben oder anderen Befehlshabern übertragen haben. Jedenfalls können wir an dem Beispiel der Grausamkeiten dieser Tage sehen, wie die großen Fürsten in abschreckender Weise regiert und Aufstände unterdrückt haben; wir erkennen eine raue, orientalische Wirklichkeit, der wir auch in Vers 4 gegenüberstehen: „In ihrer Grube wurde er gefangen; und sie brachten ihn mit Nasenringen in das Land Ägypten.“ Die Fußnote verweist uns mit der Bemerkung: „Haken, die durch die Nase gezogen wurden“ auf Hiob 40,26: „Kannst du einen Binsenstrick durch seine Nase ziehen, und seinen Kinnbacken mit einem Ringe durchbohren?“

Nach den Worten von Jeremia 22,10 könnte man annehmen, dass das Volk die Wegführung nicht sehr ernst nahm. Man rechnete vielleicht damit, dass der wegen seiner Verschlagenheit bekannte Joahas sich noch aus der Affäre ziehen und binnen kurzer Zeit wieder auf dem Thron sitzen würde. Die allgemeine Trauer über Josia, siehe (2. Chr 35,24.25) hat in der dreimonatlichen Regierungszeit von Joahas noch kein Ende gefunden und Jeremia wird von Seiten Gottes die Botschaft zuteil: „Weint nicht um den Toten, und beklagt ihn nicht; weint vielmehr um den Weggezogenen, denn er wird nicht mehr zurückkehren und das Land seiner Geburt sehen. Denn so spricht der Herr von Schallum, dem Sohn Josias, dem König von Juda, der König wurde an seines Vaters Josia statt und der aus diesem Ort weggezogen ist: Er wird nicht mehr hierher zurückkehren, sondern an dem Ort, wohin sie ihn weggeführt haben, dort wird er sterben, und er wird dieses Land nicht wieder sehen.“ (Jer 22,10-12).

Die Hoffnung des Volkes in Bezug auf Joahas erfüllte sich nicht. Niemand glaubte am Ende mehr, dass er jemals aus Ägypten werde zurückkehren. Vielleicht wurde die Nachricht seines Todes von dort aus nach Jerusalem überbracht. Das Volk besaß jedoch einen anderen Günstling, und das war der Sohn des von dem Pharao Neko zum König ernannten Jojakin. Sein Regime duldete Erpressung und Unrecht. Es scheint, als habe sich Jojakin nicht an Erpressungen versündigt, doch maß er seine Kräfte mit den umliegenden Völkern: „Und es wandelte unter Löwen“ (Vers 6). „Und er kannte ihre Paläste“ wird von manchen mit „Und er kannte ihre Schlösser“ wiedergegeben. Das hebräische Wort lässt die Deutung zu, dass es in Kriegszeiten besetzte Festungen waren, die in Zeiten des inneren Friedens als Schlösser die Landschaft zieren sollten. Jojakin kennt diese strategischen Punkte und es ist denkbar, dass er wegen der von ihm geplanten Eroberungszüge auch seine Augen auf sie richtete. Bereits in seiner Zeit als Kronprinz unternahm er es, Städte zu verwüsten. Die umliegenden Völker begegneten aber diesen Unmenschlichkeiten nach den Versen 8 und 9: „Da stellten sich gegen ihn die Nationen aus den Landschaften ringsum und sie breiteten ihr Netz über ihn aus, in ihrer Grube wurde er gefangen. Und sie setzten ihn mit Nasenringen in den Käfig und brachten ihn zu dem König von Babel.“ Der hier erwähnte Käfig ist nichts anderes als Jerusalem selbst; die Stadt, in der Vater und Sohn, Jojakim wie Jojakin, durch die Nachbarvölker und Chaldäer gefangen genommen wurden. Als Jojakin – wahrscheinlich bei einem Fluchtversuch – in die Hände Nebukadnezars fällt und somit ein schmähliches Ende findet, geht die Regierung auf den Günstling des Volkes, auf Jojakin, über, der in der belagerten Stadt wie Joahas nur drei Monate herrscht. Die Chroniken sprechen merkwürdigerweise von einer Regierungsperiode von „drei Monaten und zehn Tagen“, als ob hier noch einmal die Verantwortlichkeit dieses Jünglings, dem Liebling des Volkes, betont werden sollte; er wurde von dem Volk zu einem jungen Löwen gemacht (Vers 5). In dieser kurzen Zeit muss die Schrift noch über ihn klagen: „Und er tat, was böse war in den Augen des HERRN.“ Das Gericht und die Wegführung nach Babel folgte auf dem Fuß. Über seine freiwillige Auswanderung aus Jerusalem und seine Übergabe an den König von Babel wird an dieser Stelle nicht gesprochen. Hier wird lediglich erwähnt, dass sie ihn in eine der Festungen brachten, „damit seine Stimme nicht mehr gehört würde auf den Bergen Israels.“ Da sehen wir nun den Liebling des Volkes: im Kerker zu Babel. Uns fallen die Worte Jeremias ein: „Und ich werde dich und deine Mutter, die dich geboren hat, in ein anderes Land schleudern, wo ihr nicht geboren seid; und dort werdet ihr sterben. Und in das Land, wohin sie sich sehnen zurückzukehren, dahin werden sie nicht zurückkehren“ (Jer 22,26.27). Aus der anschließenden rhetorischen Frage erkennen wir, dass es das Los eines sehr begehrten Mannes war; „Ist denn dieser Mann Konja ein verachtetes Gefäß, das man zertrümmert, oder ein Gerät, an dem man kein Gefallen hat?“

So ist dann die „spes patriae“ (die Hoffnung des Vaterlandes) vereitelt worden; die Männer, die das Vertrauen des Volkes besaßen, sind nach Ägypten und Babel fortgeführt worden und Israel, das in den Versen 13ff mit dem bekannten Bild des Weinstockes vor uns tritt, der starke Zweige besaß und ein Zepter zum Herrschen hatte, ist zu Boden geworfen. Vers 12 gibt uns zu verstehen, dass diese starken Zweige dürr und abgerissen sind. Der vielleicht einzige Sohn, den Jojakin besaß, Assir, wurde weggeschleudert in ein Land, das er nicht kennt (Jer 22,28). Durch die Heirat seines Bruders mit der Witwe wird ihm der Sohn Schealtiel zugeschrieben; ebenso wird ihm durch die Heirat der Witwe mit seinem Bruder Pedaja ein Sohn geboren (siehe Mt 1,12). Doch der Weinstock Israels steht ohne starke Zweige in einer Wüste, in einem dürren Land.

Der nächste Vers bereitete wieder den Auslegern, die mit der Israel betreffenden Prophetie der zukünftigen Drangsalszeit nicht auf festem Fuß stehen, so viel Schwierigkeit, dass man die Worte „Und ein Feuer ist aus gegangen vom Gezweige seiner Ranken, hat seine Frucht verzehrt,“ sogar auf Zedekia anwenden wollte. Mit bestem Willen erkenne ich in Zedekia nicht die Person, von der Feuer ausgegangen ist. Von seinen drei Vorgängern wäre dies schon eher denkbar gewesen, doch Gottes Wort stellt Zedekia mehr als einen Schwächling hin. Uns wird vielmehr hier in prophetischer Weise der Antichrist vorgestellt. Die Schrift sagt, dass ein Feuer „vom Gezweig seiner Ranken“ ausgegangen ist, also haben wir hier nicht grundsätzlich an einen Zweig des Hauses Davids zu denken. Man nimmt aufgrund der Prophetie Jakobs über Dan in 1. Mose 49 an, dass der Antichrist aus diesem Zweig des Hauses Israels hervorkommt; der Stamm Dan gehört zudem auch nicht zu den Versiegelten von Offenbarung 7. Der letzte Daniter, dem wir – soweit mir bekannt ist – in der Schrift begegnen, ist Huram-Abi, dessen Name „Mein Vater ist edelgeboren“ heißt (2. Chr 2,13.14). In 2. Chronika 4,16 drückt sein Name Huram-Abiw „sein Vater ist edelgeboren“ eine Anerkenntnis von Seiten seiner Stammverwandten aus, die auf seine bevorrechtigte Stellung in ihrer Mitte Zeugnis gab. Dieser Huram-Abiw, dessen Mutter aus danitischer Familie stammte, erinnert uns an Abimelech („Mein Vater ist König“) aus Richter 9, dessen Name auch unter den Brüdern seiner Mutter und „dem ganzen Geschlecht des Hauses des Vaters seiner Mutter“ kennzeichnend ist.

Von diesen Abimelech lesen wir ähnliche Aussprüche wie solche, die in Hesekiel 19 auf den Antichrist anzuwenden sind. Richter 9,15 stellt uns einen Dornstrauch vor, der zu den Bäumen sprach: „Wenn ihr mich in Wahrheit zum König über euch salben wollt, so kommt, vertraut euch meinem Schatten an; wenn aber nicht, so soll Feuer von dem Dornstrauch ausgehen und die Zeder des Libanon verzehren.“ Vers 20 legt uns diese bildhafte Sprache aus: „Wenn aber nicht, so gehe Feuer von Abimelech aus und verzehre die Bürger von Sichern und das Haus Millo.“ So wird bald der Antichrist in Erscheinung treten. Ob wir nun mit der oben erwähnten Abstammung des „Menschen der Sünde“ einer Ansicht sind oder gleich anderen glauben, er komme aus Juda hervor: fest steht, was Vers 14 über ihn aussagt: „Und ein Feuer ist ausgegangen vom Gezweig seiner Ranken, hat seine Frucht verzehrt; und an ihm ist kein starker Zweig mehr, kein Zepter zum Herrschen.“ Selbst der Herr Jesus machte in allem Ernst auf ihn aufmerksam: „Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen“ (Joh 5,43). Diese Worte auf Führer des Volkes anzuwenden, die sich zur Zeit der Zerstörung Jerusalems unter den Juden anmeldeten, ist irrig, denn niemals wurde jemand in dieser Sache vom gesamten Volke anerkannt. Kurz nach der Aufnahme der Versammlung aber wird für das ungläubige Israel die Zeit reif sein, sich unter dem äußeren Druck, der vor allem durch den Erzfeind Assyrien verursacht wird, nach einem Erlöser umzusehen. Die folgenschwere Verblendung Israels auf religiösem, politischem wie militärischem Gebiet wird dahin führen, dass ein Feuer von dem Antichrist ausgehen kann, um alles innerhalb von Israel beiseite zu schaffen, was ihm die Krone streitig machen könnte. Ebenso wie Athalja nach der Ermordung ihres Sohnes Ahasja, des Königs von Juda, „allen königlichen Samen umbrachte“ (2. Kön 11,1), wird dereinst jeder starke Zweig, der sich zum Zepter der Herrschaft aufschwingen will, zu Tode gebracht werden.

Psalm 80 beschreibt das aufrichtige Verlangen des Überrestes in diesen bangen Tagen, der seinen Zustand vor Gott erkannt hat. Israel ist sich als Volk der zwölf Stämme (ich glaube, dass die zwei Stämme hier stellvertretend für ganz Israel stehen) der Verfassung des Weinstockes, den wir hier in Hesekiel beschrieben finden, völlig bewusst. Denkwürdig bleibt nur, dass in Vers 15 noch des Geschlechts Davids gedacht wird, aus dem ehemals die von ihnen begehrten Könige Joahas und Jojakin hervorkamen: „Und des Setzlings, den deine Rechte gepflanzt, und des Reises (oder des Sohnes), das du dir gestärkt hattest!“ Der Setzling deutet auf den von Gott nach Jerusalem versammelten Überrest hin, und das Reis, das Er sich gestärkt hatte, weist auf eine durch göttliche Vorsehung offenbar gewordene Linie des alten Geschlechts Davids hin, aus der auch bald der Fürst kommen wird, der als Knecht Christi während seiner messianischen Regierungszeit in Jerusalem regieren wird.

Erfreulich bleibt die Tatsache, dass Israel über die Ereignisse um Joahas und Jojakin zur Einsicht gelangt ist, vor allem auch, dass sie eine Lehre aus den Geschehnissen zur Zeit des Antichristen, des Königs nach ihrer Wahl, gezogen haben. Ein für allemal sagt Israel nun allen seinen demokratischen Empfindungen in Bezug auf die Wahl eines Mannes nach ihrem Sinn ab und bekennt dem Herrn in Psalm 80,17: „Deine Hand sei auf dem Mann deiner Rechten, auf dem Menschensohn, den du dir gestärkt hast!“ Sie erkennen vor Gott, dass sie außerstande sind, eine gerechte Wahl zu treffen und berufen sich auf Gott, der selbst in der Person Jesu Christi seine Gedanken zu erkennen gab. Das ist der Sohn seiner Liebe, der Menschensohn, an den zufolge Daniel 7,14 „Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben wurde; und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm.“ Das ist unser Heiland, „der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1. Pet 2,24).

Nun, wir werden an diesen Vorgängen zwar nicht auf der Erde, sondern vielmehr im Himmel teilhaben. Wir werden die Gebete der Heiligen, auch das Gebet „Deine Hand sei auf dem Mann deiner Rechten“, als Priester in goldenen Schalen vor den Thron Gottes tragen. Wäre es dann nicht auch für uns wünschenswert, durch den Heiligen Geist mit all den Grundsätzen bekannt gemacht zu werden, die der Überrest mit viel Blutvergießen und Tränen gelernt hatte? Gott möge auch uns in die denkwürdigen Ereignisse dieser Zeit mit einbeziehen; Er möge auch unsere Gewissen zu der Erkenntnis leiten, dass Europa ebenso wie Israel, sein irdisches Volk, nicht aufgrund eines demokratischen Volksentscheides gesegnet regiert werden kann. Das soll nicht heißen, dass der Schreiber sich für eine Gewaltherrschaft ausspricht oder die Möglichkeit in Abrede stellt, dass sich in einer demokratischen Staatsform das Reich Gottes günstig entwickeln könnte, denn der Herr selbst hat ja nach 1815 in der Versammlung für eine „geöffnete Tür“ gesorgt, indem Er zunächst in seiner Vorsehung Erleichterung von der willkürlichen Herrschaft schuf und dann die Demokratie in Europa und Amerika hierzu benutzte. Doch die Mittel, die der Herr in seiner Voraussicht anwendet, geben uns keinen Anlass, uns für ein bestimmtes System einzusetzen.

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