Was sagen uns die Psalmen?

Psalm 93-101

Psalm 93

Vers 1‑5

Wir haben in dem vorhergehenden Psalm manches zur Ermunterung und Freude unserer Herzen gefun­den, und wir dürfen dem Herrn danken für den Segen, den wir aus demselben schöpfen können. Die obigen Verse hingegen tragen einen andern Charak­ter: Gott und die Menschen werden einander gegen­übergestellt. „Ströme erhoben, Jehova, Ströme erho­ben ihre Stimme, Ströme erhoben ihre Brandung.“ Darunter verstehen wir die Nationen, die sich dem Volke Gottes entgegengestellt haben, z. B. Pharao mit seiner Heeresmacht und die Feinde Israels zur Zeit Davids und der gottesfürchtigen Könige von Juda. Es gibt aber noch zwei Begebenheiten, bei wel­chen wir in besonderer Weise die Brandung der Ströme wahrnehmen, siehe Offbg. 19,19; 20,7‑10. Doch „Jehova in der Höhe ist gewaltiger als die Stimme grosser Wasser, als die gewaltigen Wogen des Meeres.“ Wie ist doch der Mensch so verblendet, dass er glaubt, Gott den Krieg erklären zu können! Aber welches Vorrecht, sich auf der Seite Dessen zu wissen, der stärker und mächtiger ist als jede Brandung der Nationen!

Wir wollen noch eine andere Seite dieses Psalmes hervorheben, nämlich „Deine Zeugnisse sind sehr zuverlässig“. Sind aber alle Gläubigen wirklich von der Zuverlässigkeit des Wortes Gottes restlos über­zeugt? Leider gibt es da und dort solche, die beim Lesen der Heiligen Schrift von Zweifeln befallen werden und fragen: Kann man sich denn in allem darauf verlassen? Diesen Seelen möchten wir zu­rufen: Bleibt einmal im Ernst einige Minuten bei diesem Vers stehen und lasst euch von ihm über­führen. Wir wollen aber dabei noch die Frage auf­werfen: Ist der Zweifelnde nicht wie einer, der Gott zum Lügner macht? Lasst uns Ihm von Herzen dan­ken, dass wir auf die Zuverlässigkeit und die Unver­brüchlichkeit Seines Wortes und Seiner Verheissungen völlig bauen dürfen.

Mit dieser Tatsache ist aber noch eine andere ver­bunden; sie lautet: „Deinem Hause geziemt Heilig­keit, Jehova, auf immerdar.“ Heiligkeit wird das zukünftige Tausendjährige Reich kennzeichnen. Sie ist aber auch jetzt schon das Charakteristische an Seinem Hause, vergl. Eph. 2, 19‑22; und jeder, der zu diesem Hause gehört, soll sich der Heiligkeit be­fleissigen, siehe 1. Petr. 1, 15.

 

Psalm 94

Vers 1‑11

Gott wird hier „Gott der Rache“ genannt, oder nach der Fussnote: „Gott der Rache‑Vollstreckungen“. Zwar ist Er geduldig und hat oft lange Zeit hindurch die Bosheit der Feinde Seines Volkes ertragen und dem Tun der Gesetzlosen zugeschaut. In ihrer Frech­heit konnten sie sagen: „Jah sieht es nicht, und der Gott Jakobs merkt es nicht.“ Aber der Augenblick kommt, wo der Richter der Erde sich erheben und den Hoffärtigen ihr Tun vergelten wird.

Dieser Abschnitt zeigt uns, dass Israel vor der Auf­richtung des Tausendjährigen Reiches noch unter dem Gesetz stehen wird, daher sein Ruf nach Rache. Was uns anbelangt, so sollen wir, den Worten des Herrn Jesus gemäss, unsere Feinde lieben und denen wohl tun, die uns hassen, siehe Matth. 5, 43‑48.

Wir wollen auch noch den Inhalt der Verse 9‑11 zu uns reden lassen. Vielleicht geben wir uns nicht genügend Rechenschaft darüber, dass Gott alles sieht, was wir tun, und dass Er von allem Kenntnis nimmt, was wir reden. Möchte die Erkenntnis dieser Tatsache uns von Nutzen sein in unserm Alltags­leben!

 

Vers 12‑15

In den Psalmen kommt der Ausdruck (‑glückselig“ öfters vor; z. B. „Glückselig, die da wohnen in dei­nem Hause“; „Glückselig der Mensch, dessen Stärke in dir ist“; „Glückselig der Mensch. der auf dich ver­traut“ (Ps. 84, 4. 5. 12) u. a. m. Was sollen wir aber sagen, wenn es hier heisst: „Glückselig der Mann, den du züchtigst, Jehova“? Die Züchtigung ist ein Beweis der Liebe Gottes; weil Er uns liebt, ist Seine Aufmerksamkeit auf uns ge­richtet, siehe auch Spr. 3, 12; Hiob 5, 17. Die Züch­tigung gehört zur Erziehung des Vaters, und was den Zweck anbelangt, so geschieht sie, gemäss dem 13.Vers, „um ihm Ruhe zu geben vor den bösen Tagen“. Hier handelt es sich also um die Züchtigung in ihrer vor­beugenden Art. Der Herr kennt unsern Weg; Er weiss um die Gefahren, die auf uns lauern. Damit wir aber keinen Schaden nehmen, schickt Er in Liebe und Fürsorge eine Züchtigung, und zwar in der Form, wie sie uns zum Nutzen dient. Die angeführ­ten Worte: „um ihm Ruhe zu geben vor den bösen Tagen“ sind überaus tröstlich für alle Gläubigen, welche durch Prüfungen gehen.

Vers 16‑23

In den Versen 16‑18 tritt die Hilflosigkeit und Ab­hängigkeit des Gerechten zutage. (Wenig fehlte, so hätte im Schweigen (d. h. im Grabe) gewohnt meine Seele.“ Angesichts der Gefahr war ihm der Herr eine Hilfe gewesen. Wieder sehen wir Seine Auf­merksamkeit auf die Gläubigen gerichtet. Er nimmt Kenntnis von den Umständen, in denen sie stehen, und Er hilft ihnen. Es entgeht Seinem Auge nicht, wenn unser Gang unsicher wird; in Seiner Güte ergreift Er uns bei der Hand, damit wir nicht fallen. Wer könnte die wiederholten Begebenheiten alle zählen, wo unser Fuss am gleiten war? Gott sei Dank, Er überliess uns nicht uns selber, sondern stützte uns in Seiner Güte; Er wird es auch weiter tun bis wir das Ziel erreicht haben. Indem wir solch kostbare Erfahrungen machen und die Rettungen des Herrn an unserm Auge vorübergehen lassen, können wir mit dem Psalmisten sagen: (Deine Tröstungen erfüllten meine Seele mit Wonne“. Wir wollen es aber nicht bei der Tatsache bewenden las­sen, dass der Herr uns beigestanden und uns mit Seiner Güte umgeben hat; lasst uns darüber nach­sinnen und Ihm entsprechend dafür danken.

 

Psalm 95

In diesem Psalm wird Israel aufgefordert, seinem Messias beim Eintritt in Sein Reich mit Jubel und jauchzen entgegenzugehen. Gleichzeitig ergeht die Ermahnung an das Volk, sein Herz nicht mehr zu verhärten, wie es früher der Fall war.

Die Schlussverse erlauben uns einen Blick in die Gedanken Gottes, als Israel in der Wüste war. Wir sehen aber auch Gottes Güte und Seine Treue in Bezug auf die Verheissungen, die Er den Patriarchen gegeben hatte. Bewunderungswürdige „Treue“ die einen Weg findet, um den Oberrest dieses störrischen Volkes ans Ziel zu bringen und es unter der Füh­rung des Messias der Segnungen des Tausendjähri­gen Reiches teilhaftig zu machen. Dieser Oberrest wird dann jubelnd sagen: „Lasset uns ihm entgegen­gehen mit Lob, lasset uns mit Psalmen ihm zujauch­zen.“

Die erste Hälfte dieses Psalmes enthält erhebende Worte des Lobes und der Anbetung. Wenn sich auch diese Verse auf Israel beziehen, so finden wir doch darin kostbare Anhaltspunkte in Bezug auf die Stunde des Gottesdienstes. Auch wir können sagen, dass Gott „der Fels unseres Heils“ ist, und wir dür­fen Ihm nahen mit Lob.

 

Psalm 96

Hier wendet sich der Schreiber nicht mehr an Israel, sondern an die Nationen; sie werden aufgefordert, Jehova ein neues Lied zu singen. Der gläubige Über­rest hat etwas von der Herrlichkeit des Herrn ge­sehen, und die Boten des wiederhergestellten Volkes werden ausgesandt, um das Evangelium des Reiches zu verkündigen, siehe Matth. 24, 14. Die Botschaft, die jenen Boten aufgetragen wird, lautet: „Gebet Jehova die Herrlichkeit seines Namens; bringet eine Opfergabe und kommet in seine Vorhöfe!“

Viele werden dieser Einladung folgen; wir lesen in Sach. 8, 23: „In jenen Tagen, da werden zehn Män­ner aus allerlei Sprachen der Nationen ergreifen, ja ergreifen werden sie den Rockzipfel eines jüdischen Mannes und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“ Heute wird das Evangelium der Gnade unter vielen Opfern und mit unsäglicher Mühe unter den Heiden und Mohammedanern verkündigt und wenige fol­gen der Einladung. Doch die Zeit kommt ‑ und sie ist wohl sehr nahe ‑ wo unzählige Scharen ihre Götzen verlassen und zu Gott umkehren werden.

 

Psalm 97

Dieser Psalm führt uns einen Schritt weiter als der vorhergehende. Im letzteren werden die Boten des Herrn hinausgesandt, um Seine Herrlichkeit unter den Nationen kundzutun. Hier aber lesen wir: „Je­hova regiert. Es frohlocke die Erde, mögen sich freuen die vielen Inseln!“ Christus, der König, tritt Seine Regierung an. Wir haben hier allerdings noch nicht den Zustand, der in Jes. 11, 6‑9  beschrieben wird, sondern erst die Übernahme der Verwaltung des Reiches, siehe Verse 4‑5 des erwähnten Kapitels im Propheten Jesajas, ebenso Off 19,11‑21, welche mit den Versen 2‑6 unseres Psalmes über­einstimmen.

Die Aufforderung: „Fallet vor ihm nieder, ihr Göt­ter alle!“ bezieht sich auf die Engel, siehe Fussnote Elb. Bibel. Eine wunderbare Übereinstimmung zwi­schen Himmel und Erde wird sich entfalten, wenn der König Sein Reich in Besitz nehmen wird.

Zum Schluss wollen wir noch den 11. Vers beachten, wo wir eine wichtige Ermunterung finden. Licht und Freude sind das Teil derer, welche in Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit zu wandeln begehren. Möchte dies stets unser Bestreben sein!

 

Psalm 98

„Singet Jehova ein neues Lied! denn er hat Wunder getan; Rettung hat ihm verschafft seine Rechte und sein heiliger Arm.“ Hier redet der Psalmist in der Vergangenheit; somit sieht er die kommenden Er­eignisse schon als eine vollendete Tatsache. „Jehova hat kundgetan seine Rettung“, die Nationen dürfen es sehen, ebenso die Offenbarung Seiner Gerechtig­keit. Die Völker haben das Evangelium des Reiches gehört, haben es auch angenommen, und nun ertönt ein gewaltiger Jubel von überallher zur Ehre des Königs. Wenn indessen die ganze Erde zum Jubel und jauchzen aufgefordert wird, so steht doch Is­rael im Mittelpunkt der Gedanken Gottes. „Er hat seiner Güte und seiner Treue gedacht dem Hause Israel.“ Er hatte dem Abraham Verheissungen gege­ben, und Jakob, der im Glauben an dieselben vor­angegangen war und die Erfüllung dieser Verheis­sungen prophetisch geschaut hatte, sprach: „Nicht weichen wird das Szepter von Juda, noch der Herr­scherstab zwischen seinen Füssen hinweg, bis dass Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehor­chen“ (1. Mose 49, 10). Jahrtausende sind seither verflossen, aber in Seiner Treue gegen Israel wird Gott alles vollenden, was Er sich vorgenommen hat, vergl. Matth. 24, 35.

 

Psalm 99

Auch dieser Psalm hat den endgültigen Zustand im Tausendjährigen Reiche zum Gegenstand. „Jehova regiert ... er thront zwischen den Cherubim.“ Wohl haben wir schon in Psalm 93,1 gelesen: „Jehova regiert“, aber im Anschluss daran steht auch: „Ströme erhoben ihre Brandung,“ d. h. die Nationen hatten sich Seiner Regierung noch nicht völlig er­geben. Hier aber ist Ruhe eingetreten und Gott thront zwischen den Cherubim. Er hatte früher schon diesen Platz inmitten Seines Volkes einge­nommen, sowohl in der Wüste als auch im Tempel, siehe Jes. 37, 16. Doch die Untreue Israels war die Ursache, dass Er sich von dort zurückzog, vergl. Hes. 10, 4. 18; 11, 23 . Nun aber wird kein Götzendienst, kein Ungehorsam Ihn mehr nötigen, sich von Zion zu entfernen. Dann wird die Prophezeiung Zepha­nias in Erfüllung gehen: „Jehova, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein rettender Held; er freut sich über dich mit Wonne, er schweigt in seiner Liebe, froh­lockt über dich mit Jubel“ (Zeph. 3, 17). Auch die Nationen werden dann Jehova erheben und nieder­fallen an Seinem heiligen Berge.

 

Psalm 100

„Jauchzet Jehova, ganze Erde! „ Hier haben wir es nicht mehr nur mit Israel zu tun, sondern alle Men­schen werden aufgefordert, Jehova zu dienen mit Freuden. Noch nie hat der Himmel ein solches Schauspiel erlebt, denn seitdem es Menschen gibt auf der Erde lesen wir von Ungehorsam, Widerspen­stigkeit und Empörung gegen Gott. In jener Zeit wird nicht nur Israel sagen: Wir sind „sein Volk und die Herde seiner Weide“, sondern alle Bewohner der Erde werden „in seine Vorhöfe kommen mit Lobgesang“.

Wir möchten dabei nicht unerwähnt lassen, dass ein solcher Zustand zu den Ratschlüssen Gottes gehört, sowohl mit Israel als auch mit der ganzen Erde. Und die Ausführung dieser Ratschlüsse ruht auf dem Werke des Christus am Kreuze. Wieviel herrlicher und weitgehender sind doch die Ergebnisse Seines Todes und Seiner Auferstehung als wir gemeinhin annehmen! ‑ Wenn auch der Heilige Geist in die­sem Psalm ein Zukunftsbild entwirft, so stimmen wir doch von Herzen in den Schlussatz ein. ja, unser Gott ist gütig, und das Bewusstsein Seiner Treue ist überaus wertvoll.

 

Psalm 101

Wir haben bei den letzten Betrachtungen dem Er­scheinen des Königs und der Aufrichtung Seines Reiches beigewohnt. Nun finden wir in diesem Psalm die Grundsätze, nach welchen der König Sein Volk regieren wird: vollkommene Weisheit, Auf­richtigkeit und Gerechtigkeit. Diese Regierung wird 1000 Jahre dauern; während dieser Zeit wird Satan gebunden und somit unfähig sein, die Menschen zum Bösen zu verführen, siehe Offbg. 20, 1‑3.

Wie kommt es nun, dass unter solch günstigen Be­dingungen noch gesündigt werden kann? Wir sehen an den Beispielen, denen wir in den Versen 3‑5 und 7‑8 begegnen, dass der Mensch nicht nur dann sün­digt, wenn er von Satan verführt wird. Von Adam hat er eine böse Natur übernommen und wenn er nicht wacht über sich selbst, gerät er in Sünde, auch wenn Satan ihn nicht dazu verführt. Diese Tatsache ist sehr demütigend für uns. Weil es nun für den Menschen, der unter den günstigsten Voraussetzun­gen noch sündigt, keine Entschuldigung mehr gibt, so wird er als ein Gesetzloser sofort vertilgt werden. Der Herr aber wird gnädig auf jeden blicken, der in Lauterkeit wandelt.

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