Was sagen uns die Psalmen?

Psalm 112-117

Psalm 112

Vers 1‑3

Wie im vorhergehenden wird auch in diesem Psalm der Segen, der auf der Gottesfurcht ruht, hervorgehoben. „Glückselig der Mann, der Jehova fürchtet!“ Hier handelt es sich um Israel, aber die Glückseligkeit, die mit der Gottesfurcht verbunden ist, erstreckt sich auch auf die Zeit der Gnade, in welcher wir leben.

Wir wollen auch die zweite Hälfte dieses Verses beachten: „der grosse Lust hat an seinen Geboten“. Wenn wir auch nicht unter Gesetz sind, so gibt es für uns doch Gebote, die wir halten sollen; siehe Joh. 14, 15. 21; 15, 10  und 1. Joh. 2, 3. 5. Wir machen zwar die interessante Wahrnehmung, dass diese Gebote nicht besonders umschrieben sind. Trotzdem weiss der gottesfürchtige Gläubige genau, um was es sich handelt. Er hat es nicht nötig, dass man ihm vorschreibt: „Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht“; die Liebe zu seinem Herrn unterweist ihn, wie er sich in dieser Welt verhalten soll. Daher meidet er alles, was die Gemeinschaft mit dem Herrn trüben könnte, und streckt sich aus nach den Dingen, die Sein Herz erfreuen, er hat grosse Lust an Seinen Geboten.

Vers 4‑10

Den Aufrichtigen geht Licht auf in der Finsternis.“ Die Lektion, die wir aus diesem Vers entnehmen können, ist wertvoll. Dunkelheit scheint den Aufrichtigen zu umhüllen, doch selbst da leuchtet ihm das Licht. Gott ist Licht, und Er schenkt es dem, der in Geradheit des Herzens wandelt. Ein solcher Mann ist nicht von der Selbstsucht beherrscht; er denkt an das Wohl seiner Mitmenschen und hilft ihnen. „Nicht wird er sich fürchten vor böser Kunde; fest ist sein Herz, vertrauend auf Jehova.“ Hier wird der Wert des Vertrauens hervorgehoben. Der Aufrichtige rechnet mit Gott. Umstände, welche die Menschen aus der Fassung bringen können, erschüttern sein Vertrauen nicht, denn er weiss, dass sein himmlischer Vater nichts geschehen lässt, das ihm schaden würde. Das Vertrauen auf Gott ‑ wer könnte den Nutzen und Gewinn davon ermessen? Und Gottes Geist ist wirksam in uns, damit wir Ihm ein solches Vertrauen schenken. Wir lesen in Jes. 26, 3: „Den festen Sinn bewahrst du in Frieden, in Frieden; denn er vertraut auf dich“, und in Kap. 30, 15: „In Stillsein und in Vertrauen würde eure Stärke sein.“

 

Psalm 113

Wir finden in der Heiligen Schrift manche Aufforderungen, den Herrn zu loben und zu preisen. Hier sind es die Knechte Jehovas, welche dazu eingeladen werden; mit anderen Worten: alle die ihm angehören. Es ist kostbar, uns unter diesen zu wissen, die wir früher Satans Knechte waren. Auf dem Boden des Heils stehend, sehen wir lauter Ursachen des Dankes und des Lobes. Wir lagen im „Staube“, ja, im „Kote“, aber Er neigte sich herab, um „auf die Erde zu schauen“, und Er sah uns in unserm elenden Zustand. Er erbarmte sich unser, hob uns empor, um uns sitzen zu lassen „bei den Edlen“.

Wir finden einen ähnlichen Gedanken im Lobgesang der Maria (Luk. 1, 47‑55); siehe auch Ps. 107, 41  u.a. Und wer sind diese „Edlen“ wenn nicht die, welche der Herr aus dem Staube dieser Erde und dem Kote des Verderbens herausgenommen und so hoch erhoben hat? Zu diesen Menschen gehören wir. Lasst uns aber nicht vergessen, dass unser Retter in den Staub des Todes hinabsteigen musste, um uns einen solchen Platz geben zu können. Dank und Anbetung sei Ihm ewig dargebracht!

 

Psalm 114

Im Psalm 111 lesen wir: „Er hat ein Gedächtnis gestiftet seinen Wundertaten.“ Auch der heutige Abschnitt gibt uns eine Illustration davon. Das „Rote Meer“ und der „Jordan“ gehören zu einer längst vergangenen Geschichte; wie leicht könnte Israel im Genuss der Segnungen des Tausendjährigen Reiches Gefahr laufen, jene Wunder und Grosstaten Jehovas zu vergessen! Gott weiss um diese Gefahr und um den angeborenen Egoismus Seines Volkes; daher gab Er ihm ein Gedächtnis Seiner Güte und Liebe.

In jener zukünftigen Glanzperiode eines noch nie erlebten Segens wird Israel diesen Psalm lesen und darüber nachsinnen. Es wird an Hand der Heiligen Schrift seine eigene Geschichte betrachten und stehen bleiben vor dem Wunder des Roten Meeres, das trockenen Fusses durchschritten wurde. Es wird sich der Grosstaten Jehovas am Jordan erinnern, jenes Stromes, der „voll ist über alle seine Ufer die ganze Zeit der Ernte hindurch“ (Jos. 3, 15), der aber infolge der Macht Gottes kein Hindernis für den Einzug in das gelobte Land bildete. Das Rote Meer, der Jordan, der Fels, welcher Wasser gab in der Wüste, und wie vieles andere ‑ sie werden lauter Gegenstände des Ruhmes und Lobes Jehovas sein.

 

Psalm 115

Vers 1‑8

Ein Charakterzug des wahren Gläubigen ist sein Begehren, dass der Name Gottes verherrlicht werde. Der Psalmist gibt diesem Begehren Ausdruck mit den Worten: (,Nicht uns, Jehova, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre, um deiner Güte, um deiner Wahrheit willen!“ Er will, dass die Nationen die Grosstaten Jehovas in seinem Volke wahrnehmen und nicht mehr fragen, wie es früher häufig der Fall war: 4,Wo ist denn ihr Gott?“ Diese Verherrlichung Gottes wird vollends im Tausendjährigen Reiche gesehen werden.

In den Versen 3‑8 werden die Götter der Nationen dem wahrhaftigen Gott gegenübergestellt. Ein grösserer Gegensatz ist nicht denkbar: einerseits der ewige, allmächtige Gott, der Schöpfer Himmels und der Erde und Erhalter aller Dinge ‑ und anderseits totes Material, das die Menschen zu Götzen verarbeitet haben. Wie kommt es nur, dass solch nichtige Dinge als Anbetungsgegenstände dienen? Der Apostel Paulus gibt uns die Antwort in Röm. 1, 18‑23. Der Mensch, der sich von Gott abgekehrt hat, ist blind; er findet seine Freude und Befriedigung in der Finsternis. Nur die Gnade Gottes kann ihn ins Licht führen.

Vers 9‑11

In diesen Versen finden wir drei Aufforderungen, auf Jehova zu vertrauen. Wenn die zwei ersten sich auf Israel und das Haus Aaron beziehen, so dürfen wir die dritte als an uns gerichtet betrachten, denn es ist doch unser Bestreben, in der Furcht des Herrn zu wandeln.

Im Alten Testament, besonders aber im Buch der Psalmen, gibt der Heilige Geist dem Vertrauen auf Gott einen hervorragenden Platz. Der Herr will, dass wir Ihn ehren durch ein völliges Vertrauen. Ist es nicht das, was die Eltern vor allem von ihren Kindern erwarten? Während die ersteren aber fehlen können und nicht immer in der Lage sind, die Dinge so zu leiten wie sie es gerne möchten, finden wir in unserm himmlischen Vater Vollkommenheit an Liebe, Macht und Führung, dazu auch Allwissenheit in Bezug auf die Zukunft. Er hat alles in Seiner Hand: Menschen, Umstände, Zeit, usw. und Er lässt alles zum Guten derer mitwirken, die Ihn lieben (Röm. 8, 28). Die Schlussfolgerung eines jeden dieser drei Verse lautet: „Ihre Hilfe und ihr Schild ist er.“

Welch eine Ermunterung, in jeder Lage auf den Herrn zu vertrauen!

Vers 12‑18

„Er wird segnen, die Jehova fürchten, die Kleinen mit den Grossen.“ Das ist wieder eine Ermunterung für die Gottesfürchtigen; sie dürfen mit dem Segen des Herrn rechnen. In der Austeilung des Segens macht Gott keinen Unterschied zwischen Gross und Klein, denn bei Ihm ist „kein Ansehen der Person“ (Kol. 3, 25). Massgebend für Ihn ist die Gottesfurcht. Wir sehen an diesem Umstand, welch einen Wert sie hat in Seinen Augen: „... wenn jemand gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den hört er“ (Joh. 9, 31).

Den Segen des Herrn in Bezug auf die Gottesfurcht können wir in den nachfolgend genannten Versen wahrnehmen: „ sie mehrt die Tage“; sie ist „ein Born des Lebens“; (sie ist Unterweisung zur Weisheit“ (Spr. 10, 2 7; 14, 27; 15, 33  u. a. m.).

Ferner lesen wir im 12.Vers unseres Abschnittes: „Jehova hat unser gedacht, er wird segnen.“ Wir wissen, dass Er unser gedenkt; ist dieses Wissen aber nur eine Kopferkenntnis, so wird das Herz von dieser Tatsache nicht berührt. Wie ganz anders, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass der Allmächtige, der über alles verfügt und der uns liebt, unser gedenkt!

 

Psalm 116

Vers 1‑2

Wie manche andere, hat auch dieser Psalm Bezug auf den Überrest im Tausendjährigen Reiche. In Dankbarkeit opfert er Opfer des Lobes und ruft den Namen Jehovas an. Er denkt aber auch an die Übungen zurück, durch welche er gegangen ist. Obschon die Gedanken, die hier ausgedrückt werden, auf jene zukünftige Zeit passen, so dürfen wir doch manches aus denselben entnehmen, das uns zur Belehrung und Ermunterung dient.

Einiges ist uns sogar wie aus dem Herzen gesprochen: „Er hat zu mir geneigt sein Ohr: ich will ihn anrufen in allen meinen Tagen.“ Die Tatsache, dass unser Vater im Himmel Sein Ohr neigt, um auf unsere Bitten zu hören, ist überaus kostbar. Ja, „er hörte meine Stimme, mein Flehen“. Das will nicht sagen, dass Er jedes unserer Gebete sofort erhören werde; Er kennt den rechten Augenblick dafür. Überlassen wir Ihm ruhig Zeit und Art der Erhörung; es soll uns genügen, dass Er unser Flehen hört. Das Vertrauen zu Ihm und zu Seiner Liebe wird uns helfen, stille auf Seine Antwort zu warten.

Vers 3‑11

Der dritte Vers bezieht sich auf die grosse Drangsal, durch welche der gottesfürchtige Überrest gehen wird. Wie oft werden diese frommen Juden in ihrer Angst rufen: „Bitte, Jehova, errette meine Seele!“ Gott erhört ihr Flehen, und die bedrängte Seele darf wiederkehren zu ihrer Ruhe.

Diese Ruhe ist kostbar für das Herz; sie ist vorhanden, wenn man die Prüfung als von Gott kommend betrachtet und die Erhörung aus Seiner Hand nimmt; der 8. Vers illustriert diesen Gedanken. Der Herr hat alles getan: Er errettete die Seele vom Tode, die Augen von Tränen, den Fuss vom Sturz. Glücklich der Gläubige, der ein solches Vertrauen zu Ihm hat! Wir sind beständig in Gefahr; hat es doch der Feind darauf abgesehen, uns zu schaden und durch unser Straucheln Schande auf den Namen des Herrn zu bringen. Wenn wir nun nicht fallen, so haben wir es dem Herrn zu verdanken; Er hat unsern Fuss vom Sturz bewahrt. Und wenn wir das Ziel erreichen ohne zu Fall gekommen zu sein, so werden wir dankbar bekennen: Es war Seine Gnade.

Vers 12‑19

Der 12. Vers enthält einen Gedanken, der wohl schon in manchem gläubigen Herzen aufgekommen ist: Nachdem der Herr so Grosses an mir getan hat und mich immer wieder mit Seiner Güte überschüttet, wie könnte ich Ihm Seine Wohltaten vergelten? Im Verkehr mit Menschen ist ein solches Vorhaben begreiflich, aber wie sollen wir uns Gott gegenüber verhalten?

Die Antwort im 13. Vers ist von erhabener Schönheit. Der Psalmist, geleitet durch den Heiligen Geist, spricht: „Den Becher der Rettungen will ich nehmen und anrufen den Namen Jehovas.“ Mittel und Weg, um dem Herrn alle Seine Wohltaten zu vergelten, gibt Er uns selber an; Er sagt gleichsam: Nimm ohne Unterlass; bücke dich und schöpfe noch mehr aus dem Strom meiner Gnade!

Der 15. Vers lässt uns die Gefühle Gottes erkennen betreffs der Seinigen, welche den Märtyrertod erleiden müssen. Die Tatsache, dass die Welt nach ihrem Gutdünken über sie verfügen kann, mag den Eindruck erwecken, dass Gott sich nicht um sie kümmere; aber ihre Treue wird mit der Krone des Lebens belohnt werden (Offbg. 2, 10 b).

 

Psalm 117

Dieser Psalm ist trotz seiner Kürze von kostbarem Inhalt. Auch hier wird nicht allein Israel aufgefordert, Jehova zu preisen, sondern alle Nationen. Es ist bemerkenswert, dass Gott hier Seine Güte auf alle Menschen ausdehnt. Jahrhundertelang war Israel das einzige Volk, in dessen Mitte Er wohnen wollte, und die Nationen standen gleichsam ausserhalb Seiner Gunst. jetzt aber, und zwar als eines der grossen Ergebnisse des Werkes des Christus auf Golgatha, besteht die scharfe Grenze zwischen Israel und den Nationen nicht mehr wie früher. Es gehört zu den Wundern der Gnade und Güte Gottes, dass Völker und Nationen, die Ihm früher völlig fremd gegenüberstanden, ausrufen können: „Denn. mächtig über uns ist seine Güte.“ Wahrlich, nur Christus konnte einen solchen Wechsel ermöglichen. Die Worte: „Die Wahrheit Jehovas währt ewiglich“ im Munde von Völkern, die seit ihrem Bestehen nur von Lüge und Betrug gewusst haben, klingen gewaltig und wunderbar in unseren Ohren. Wenn Christus Sein Reich antritt, müssen Finsternis, Ungerechtigkeit und Gewalttat weichen, und Unterwürfigkeit unter Sein Szepter wird die Folge davon sein.

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