Botschafter des Heils in Christo 1884

Die Berufung der Braut - Teil 1/3

Die Offenbarungen der Liebe Gottes gegen uns haben den Zweck und sind geeignet, unsere Herzen näher und näher zu Ihm zu Ziehen. Und wo könnten wir eine Szene, voll der köstlichsten Belehrungen und Ermunterungen finden, wie in 1. Mose 24 und den damit in Verbindung stehenden Kapiteln? Hier werden uns die Ratschlüsse der Liebe des Vaters im Blick auf seinen Sohn, den Erben aller Dinge, die Beiseitesetzung Israels, die Berufung der Braut und die himmlische Heimat derselben in treffenden Vorbildern vor Augen gestellt. Doch bevor wir das genannte Kapitel unserer näheren Betrachtung unterziehen, werden wir wohltun, einen kurzen Blick auf die beiden vorhergehenden Kapitel zu werfen. Dieselben sind, in dem Licht betrachtet, welches das Neue Testament über ihren Inhalt verbreitet, voll der bemerkenswertesten Unterweisungen über Christus, das Volk Israel und die Kirche. Wenden wir uns zunächst zu dem 22. Kapitel, das uns die Opferung, sowie die vorbildliche Auferweckung Isaaks mitteilt.

Nachdem das Haus Abrahams von Hagar und Ismael, von der „Magd und ihrem Sohn“, gereinigt und der moralische Zustand Abrahams vor Gott völlig gerichtet war, wurde er berufen, durch eine große Glaubensprobe zu gehen, indem Gott seinen Sohn Isaak von ihm forderte. Doch es ist sehr bemerkenswert und belehrend, die Wege zu betrachten, welche Gott im Stillen mit Abraham ging, bevor Er ihn zu jener herrlichen Bewährung seines Glaubens und zu dem Beweis seiner Einsicht in die göttlichen Gedanken und Ratschlüsse berief. Obgleich Abraham ein Mann des Glaubens und ein Mann Gottes war, so hatte er doch lange Zeit hindurch einen Rest von Unglauben in seinem Herzen bewahrt, der sich darin kundgab, dass er sein Weib beredete, sich für seine Schwester auszugeben. „Und es geschah“, so sagt er selbst zu Abimelech, dem König von Gerar, „als Gott mich umherwandern hieß aus meines Vaters Haus, da sprach ich zu ihr: Dies sei deine Güte, die du an mir tun mögest: an allen Orten, wohin wir kommen werden, sage von mir: Er ist mein Bruder“ (Kap 20,13). Dies war sehr verkehrt und von Satan; es war ein Weg, den der einfältige Glaube nimmer eingeschlagen haben würde, und er erwies sich immer von neuem als die Ursache der Schwäche und des Fehlens Abrahams. Doch jetzt ist die Wahrheit gesagt, der Götze aus dem Herzen entfernt, die Sünde bekannt und die Seele Abrahams gestärkt, so dass er nicht wieder in denselben Fehler zurückfällt.

Wie gefährlich ist es, einem Götzen einen Platz im Herzen einzuräumen, einen geheimen Rückhalt dort zu haben, der den Herrn verunehrt und für das Leben des Glaubens verderblich ist! Wie gefährlich, unter irgendeiner verkehrten Übereinkunft mit einem anderen zu handeln, obgleich dieselbe einen Schein von Wahrheit an sich tragen mag, während aber das Gewissen weiß, dass sie vor Gott nicht vollkommen richtig ist. Es kann unmöglich eher wahre Segnungen und Triumphe des Glaubens geben, bis das Böse, in welche Form es sich auch kleiden mag, in seinen Wurzeln gerichtet, öffentlich bekannt und aufgegeben ist. Dies mag demütigend sein, aber es muss unbedingt geschehen. Halbe Maßregeln werden nie vor Gott genügen, nie Ihn befriedigen; Er muss Wirklichkeit haben, „Wahrheit im Innern.“ Es war in der Tat demütigend und erniedrigend für Abraham, vor den Augen und Ohren der Welt jenes Bekenntnis abzulegen. Aber er wurde gezwungen, seinen Betrug vor Abimelech zu bekennen und dessen gerechten Tadel zu vernehmen. O, möchte doch Christus allein stets unsere Herzen befriedigen und ausfüllen! Möchten keine Götzen, keine Rückhalte je eine Stätte darin finden!

Doch der Herr, der voll von zärtlichem Mitgefühl und Erbarmen ist, ehrte nach allem diesem seinen Knecht sehr in den Augen Abimelechs und seines ganzen Volkes und zeigt vorbildlich in ihm die Erhöhung der Juden über die Nationen in den letzten Tagen, zur Verherrlichung Jehovas, des ewigen Gottes (Kap 21,22.33).

Im 22. Kapitel tritt eine neue Szene vor unser Auge, und es folgt eine Reihe von Ereignissen, die von noch tieferer Belehrung sind. Das Kapitel beginnt mit den Worten: „Und es geschah nach diesen Dingen.“ Dies ist bezeichnend für den Zustand der Seele Abrahams. Es war ein herrlicher und bedeutungsvoller Abschnitt in seiner Geschichte. Der Heide kommt und sucht Schutz bei dem Juden, bittet um den Segen Abrahams für seine Familie und seine Nachkommen und schließt einen Bund mit ihm. Der Gott der Herrlichkeit steht jetzt vor dem Geist Abrahams. Er ist stark im Glauben und gibt Gott, dem Herrn des Himmels und der Erde, Ehre. „Und Abraham pflanzte eine Tamariske zu Beerscheba und rief daselbst an den Namen Jehovas, des ewigen Gottes.“ Hier sehen wir drei Dinge: den Altar, die Tamariske und den Brunnen, alles ausdrucksvolle Vorbilder der tausendjährigen Tage, wenn Jude und Heide in Frieden und Segnung vereinigt sein werden. Alles redet von Freude und glückseliger Gemeinschaft mit Gott. Ismael ist entlassen, das Götzenbild verbannt und das Haus Abrahams in dem Sohn der Verheißung aufgerichtet. Er befand sich jetzt in einem passenden Seelenzustand, um die schwerste Prüfung durchzumachen, welche je ein Gläubiger erfahren hat. Beachten wir wohl diese unmittelbare Verbindung zwischen Gebet und Dienst, zwischen geheimer Gemeinschaft mit Gott und Kraft im öffentlichen Zeugnis, mit einem Wort: zwischen dem Abraham, der zu Beerscheba den Namen Jehovas anrief, und demjenigen, welcher bereit war, dem Ruf Gottes zu folgen, wenn dieser ihn zur Opferung seines Sohnes Isaak aufforderte. Mangel an Brot lenkte ihn ab von dem Pfad des Glaubens, als er auf die Umstände blickte und der Stimme der Natur Gehör schenkte, aber nichts vermag ihn jetzt mehr abzuziehen oder auch nur zu einem vorübergehenden Zögern zu bewegen. Sein Auge ist auf Jehova, den ewigen Gott, den Gott der Auferstehung, gerichtet,

„Und es geschah nach diesen Dingen, dass Gott den Abraham versuchte; und Er sprach zu ihm: Abraham! Und er sprach: Hier bin ich. Und Er sprach: Nimm doch deinen Sohn, deinen einigen, den du liebhast, den Isaak, und ziehe hin in das Land Moria und opfere ihn daselbst zum Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde. Und Abraham stand des Morgens frühe auf und sattelte seinen Esel und nahm mit sich zwei von seinen Knaben und Isaak, seinen Sohn; und er spaltete Holz zum Brandopfer und machte sich auf und zog hin an den Ort, den ihm Gott gesagt hatte“ (V 1–3). Nie ist der Glaube eines Menschen so auf die Probe gestellt worden wie hier; aber Abraham war durch seine Gemeinschaft mit Gott der Prüfung gewachsen. Er kannte Gott, rechnete und vertraute auf Ihn und war bereit, um seinetwillen alles aufzugeben, selbst seinen eingeborenen Sohn, den Isaak, den Erben der Verheißung, durch welchen alle Segnungen sowohl den Juden als auch den Heiden zuströmen sollten. Er stand des Morgens frühe auf – er beeilte sich, dem Gebot des Herrn Folge zu leisten, indem er darauf rechnete, dass Gott fähig war, Isaak selbst aus den Toten wieder aufzuerwecken, „von woher er ihn auch im Gleichnis empfing“ (Heb 11,19). Er hatte Isaak schon einmal gleichsam aus den Toten empfangen, und jetzt legte er ihn, auf das Wort Gottes hin, gebunden auf den Altar, in der gewissen Hoffnung, dass Gott ihn wieder auferwecken werde. Die Verheißung, welche Abraham empfangen hatte, war von Gott, und das war dem Glauben genug, wenn es auch leider dem Gläubigen oft nicht genügt. Wo nicht ein einfältiger Glaube an Gott und ein unbedingter Gehorsam seinem Wort gegenüber vorhanden ist, da sind allerlei Fehler und Verirrungen unausbleiblich.

Doch der Gipfelpunkt der Prüfung Abrahams war noch nicht erreicht. Zwei Tage lang zieht er mit seinem Eingeborenen dem Ort zu, wo er nach dem Gebot des Herrn den teuersten Schatz seines Herzens mit eigener Hand hinschlachten sollte. Was muss während dieser Zeit in ihm vorgegangen sein! Ja wahrlich, es wird uns in dem ganzen Worte Gottes keine Glaubensprobe mitgeteilt, die mit dieser verglichen werden könnte. Erst am dritten Tage erblickt Abraham den Ort, von welchem ihm der Herr gesagt hatte, und während er seine Knechte zurücklässt, setzt er mit Isaak allein seinen Weg fort; und auf diesem Weg sollte sein Glaube die härteste Probe bestehen, aber auch den größten Sieg erringen. „Und Isaak sprach zu Abraham, seinem Vater, und sagte: Mein Vater! Und er sprach: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, das Feuer und das Holz, wo aber ist das Schaf zum Brandopfer?“ Stehe hier einen Augenblick stille, mein Leser, und erwäge diese Szene in deinem Herzen. Welch einen Sturm von Gefühlen müssen diese Worte des Knaben in dem armen, gequälten Vaterherzen wachgerufen haben! Wie leicht verständlich wäre es gewesen, wenn Abraham noch im letzten Augenblicke das Messer von sich geworfen und ausgerufen hätte: „O Gott, fordere alles von mir; nur dieses nicht!“ – allein wie lautet die ruhige Antwort des Glaubens? „Und Abraham sprach: Gott wird sich ersehen das Schaf zum Brandopfer, mein Sohn.“ Sein Auge ruhte auf Gott und nicht auf seinem geliebten Sohn. Er vertraute auf Gott, alle seine Quellen waren in Ihm – das war das Geheimnis seiner Kraft und seines Sieges.

„Und sie kamen an den Ort, den ihm Gott gesagt hatte; und Abraham baute daselbst einen Altar und schichtete das Holz, und er band Isaak, seinen Sohn, und legte ihn auf den Altar oben auf das Holz. Und Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sühn zu schlachten. Und der Engel Jehovas rief ihm vom Himmel und sprach: Abraham, Abraham! Und er sprach: Hier bin ich. Und er sprach: Strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben und tue ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deinen Sohn, deinen einigen, mir nicht vorenthalten. Und Abraham hob seine Augen auf und sah, und siehe, ein Widder war dahinten im Dickicht verwickelt mit seinen Hörnern; und Abraham ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes statt“ (V 9–13).

Der Glaube Abrahams war jetzt völlig erprobt. Er setzte sein Vertrauen auf Gott trotz eines geopferten Isaak, indem er wusste, dass er alles, was er im Tod aufgegeben, in der Auferstehung wieder empfangen würde. Auf diese Weise wurde Gott verherrlicht und Abraham gerechtfertigt. Doch worauf ich in dieser wunderbaren Begebenheit hauptsächlich aufmerksam machen wollte, ist nicht so sehr der Glaube des Vaters, als der Tod und die Auferstehung des Sohnes. Denn obwohl dem Isaak der tatsächliche Tod, zu welchem ihn Abraham freiwillig dahingab, erspart blieb, so ist dennoch das Vorbild des Opfertodes völlig in dem Widder, der an seiner Statt von Abraham geschlachtet wurde, ausgeführt. So sehen wir die tiefen Geheimnisse des Kreuzes in diesem treffenden Vorbild in bemerkenswerter Weise entfaltet. Zunächst sehen wir die Liebe Gottes in der Dahingabe seines Sohnes, für welchen kein Widder im Dickicht als Stellvertreter gefunden wurde. Gott verschonte seines eignen Sohnes nicht, sondern gab Ihn für uns alle dahin. Und dann sehen wir Christus, der in wunderbarem, geheimnisvollem Glauben den Tod durch die Hand derer erduldete, welche Er selbst mit einem Wort seines Mundes erschaffen hatte. Er starb im Glauben und übergab sich selbst und alles, was Ihm teuer war, in die Hände des Vaters, um es in der Auferstehung wieder zu erlangen. Und jetzt besitzen wir in Ihm, dem auferstandenen Menschen, das Auferstehungsleben mit allen seinen unzähligen, ewigen Segnungen. Gott hat die Welt also geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn dahingab, und Christus hat die Versammlung so geliebt, dass Er sich selbst freiwillig für sie opferte, so dass der Glaube sich jetzt einerseits in der Fülle der göttlichen Liebe erfreuen und andererseits, im Blick auf den auferstandenen Menschen in der Herrlichkeit, persönlich ausrufen kann: Er hat mich geliebt und sich selbst für mich dahingegeben. Das Kreuz auf Golgatha und der Altar auf Moria können jetzt betrachtet und genossen werden in dem Licht eines auferstandenen und verherrlichten Christus.

2.: Die Verheißungen, welche zuerst dem Abraham in Kapitel 12 gemacht worden waren, werden jetzt dem Isaak, dem gestorbenen und wieder auferstandenen Erben, bestätigt, und neue Verheißungen werden hinzugefügt. Die Seele empfängt in jedem neuen Opfer, das sie Gott bringt, stets erhöhte Segnungen. Abraham lernt Gott jetzt kennen als Jehova – Jireh, d. i. Jehova wird ersehen – und wird so auf einen neuen Boden des Verhältnisses zu Gott in Gnade gestellt; und Isaak empfängt die Verheißung eines Samens, der zahllos ist wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist. Dann verlässt Abraham den heiligen Berg und kehrt nach Beerscheba zurück, und damit sind wir an dem zweiten Vorbild, „dem Verschwinden Israels“ von dem Schauplatz, angelangt.

Im Beginn des 23. Kapitels begegnen wir wieder Prüfungen des Glaubens Abrahams, aber diese tragen einen ganz neuen Charakter. Sara, die Repräsentantin des neuen Bundes der Gnade, während (Hagar den alten Bund des Gesetzes vorstellt) stirbt, und Abraham erscheint vor uns als ein Leidtragender. „Und Sara starb zu Kirjat–Arba, das ist Hebron im Land Kanaan. Und Abraham kam herbei, zu klagen um Sara und sie zu beweinen“ (V 2). Doch das Begräbnis Sarahs, sowie der Kauf der Höhle Machpela mit allen den schmerzlichen Umständen, die sie begleiteten, offenbaren uns nur neue Siege des Glaubens, der in dem treuen Knechte Gottes wirksam war. Abraham nimmt in Gegenwart der Söhne Hets den Platz eines „Pilgers und Fremdlings“ ein, obgleich er zu gleicher Zeit sehr wohl wusste, dass das ganze Land infolge der göttlichen Verheißung sein Eigentum war. Doch er war ein freiwilliger Fremdling in dem Land, da er sich nach einem anderen Vaterland, d. i. dem himmlischen, sehnte. Er wusste, dass sein Same das Land dereinst als ein ewiges Erbteil von Jehova empfangen würde, und so kaufte er mit der größten Sorgfalt die Höhle von Machpela, um sie als einen Begräbnisplatz eigentümlich zu besitzen. Hier begrub er sein geliebtes Weib, so wie er seinen eingeborenen Sohn auf den Altar gelegt hatte, in dem unerschütterlichen Glauben, dass Gott imstande sei, den teuren Staub zu seiner Zeit wieder aufzuerwecken. Er glaubte an eine Auferstehung und an Gott, als den Gott der Auferstehung. Das war die geheime Quelle der Kraft seines Glaubens als eines himmlischen Fremdlings, sowie seiner erhabenen Würde vor den Kindern dieser Welt.

Kennen wir, geliebter Leser, in unserer eignen Erfahrung und in der Macht der göttlichen Gnade, etwas von diesem Glauben, der mit solch ruhiger Würde den stets wechselnden Umständen des Lebens in dieser Wüste begegnet? Diese Frage verdient sicher unsere höchste Beachtung. „Dieses ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.“ Der Glaube kann nie besiegt werden – er ist stets der Sieger, und zwar einfach deshalb, weil er auf Gott rechnet und seinen! Worte, das nimmer trügen kann, vertraut. Der Glaube wird stets durch das Wort Gottes geleitet und regiert; aber leider lassen wir uns oft nicht durch dieses Wort leiten, und deshalb werden wir auch so manches Mal durch die Umstände überwunden, statt dass wir sie überwinden sollten. Als Abraham auf Sara und Abimelech blickte und seinen Befürchtungen Raum gab, oder besser gesagt, den Einflüsterungen Satans Gehör lieh, fehlte er in trauriger und schmerzlicher Weise. Aber sobald sich sein Auge auf Gott richtete und sein Herz vertrauensvoll auf seinem unfehlbaren Worte ruhte, überwand er ruhig eine Schwierigkeit nach der Anderen, so hoch dieselben sich auch vor ihm auftürmen mochten. So ist es stets. Das kleine Ai war zu mächtig für Josua und die Heere Israels ohne Gott; aber was war Jericho mit seinen hohen Mauern und verriegelten Toren für den Glauben? Petrus konnte ohne Glauben nicht besser auf ruhigem Wasser wandeln, als auf der erregten See. Hatte der Herr auch in einem Augenblick die Wellen geglättet, so würde Petrus dennoch gesunken sein. Hätte aber Petrus sein Auge fest auf den Herrn gerichtet gehalten und sein Wort: „Komm!“ in seinem Herzen treu bewahrt, so würde er ebenso gut auf den ungestümen Wellen haben wandeln können, als auf trockenem Land.

Wir sind, als himmlische Fremdlinge hienieden, nie auf dem rechten Platze, noch auch in Sicherheit, wenn wir uns nicht auf dem Boden des Glaubens befinden. Wir pilgern durch ein trockenes, dürres Land, wo es kein Wasser gibt, und müssen deshalb stets im Gedächtnis behalten, dass alle unsere Quellen in dem lebendigen Gott sind. Der Sohn des Menschen, der Herr vom Himmel, machte diese Erfahrung hienieden und wandelte in jener vollkommenen Abhängigkeit von seinem himmlischen Vater, und wir sind berufen, so zu wandeln, wie Er gewandelt hat. Gott wird durch unser einfältiges Vertrauen geehrt, wenn jede Hilfsquelle abgeschnitten und jeder Ausweg verschlossen zu sein scheint. Er kann neue Hilfsquellen und Segenskanäle öffnen, voller und tiefer, als wir sie je gekannt haben. Möchte deshalb Gott selbst unser Vertrauen sein, so wie Er sich uns in Christus Jesus offenbart hat, und möchte sein Wort alle unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen regieren! „Die mich ehren, werde ich ehren“, sagt der Herr, und: „Glückselig alle, die auf Ihn trauen!“ (1. Sam 2,30; Ps 2,12)

Aber, möchte man fragen, sind nicht alle Christen wohlbekannt mit der Natur und der Kraft des Glaubens? War es nicht der Glaube, der uns unsere Zuflucht zu Jesu nehmen ließ, als wir unseren völlig verlorenen Zustand als verdorbene und verdammungswürdige Sünder in dem Licht seines Wortes erkannten? Mit einem Wort, war es nicht der Glaube, womit wir unseren Lauf als Christen begonnen haben? Ganz gewiss, und wir können auf unserem ganzen Wege durch diese Welt keinen größeren Sieg erringen, als wir ihn damals errungen haben. Wir sind gleichsam eingetreten in den vollkommenen Sieg Christi und haben mit Ihm die Beute der Erlösung geteilt. Und würden wir stets dieser größten aller Befreiungen eingedenk bleiben, so würden wir nie durch die Schwierigkeiten des Weges überwältigt werden. Aber gibt es nicht viele, welche wohl an Christus glauben im Blick auf die Vergebung ihrer Sünden und die Errettung ihrer Seelen, die aber wenig oder gar nichts von dem Pfad des Glaubens kennen? Leider ist es so; aber solche Seelen haben noch niemals die Vollkommenheit und Fülle der Segnungen der Gnade erkannt. Sie sind bekehrt und errettet, aber sie verstehen nichts von ihrer Stellung in Christus, dem auferstandenen Menschen in der Herrlichkeit, noch von dem Pfad des Glaubens, welchen sie zu wandeln berufen sind. Wir werden in dem Wort Gottes belehrt, dass wir durch das Werk Christi von der Sünde und allen ihren schrecklichen Folgen befreit und in dem auferstandenen Jesus in eine völlig neue Stellung eingeführt sind und infolge dessen außer dem Bereich des Todes und des Gerichts stehen; wir wissen, dass wir Frieden mit Gott haben und annehmlich gemacht sind in dem Geliebten. Das sind sicher die gewaltigsten Errungenschaften, welche uns durch die Gnade Gottes mittels des Glaubens zu teil geworden sind; und mit diesen sollte ein jeder Christ vertraut sein und im Genuss derselben wandeln. „Der Glaube“, sagt ein anderer Schreiber, „vollbringt mit seinem ersten Werk auch sein größtes Werk.“ „Denn wenn wir, da wir Feinde waren, Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, vielmehr werben wir, da wir versöhnt sind, durch sein Leben errettet werden“ (Röm 5,10). Es ist die Kraft des Lebens, das über den Tod triumphier hat, welche der Glaube benutzt. Diese Kraft besaß Abraham durch den Glauben. Das Erstorbensein seines eignen Leibes, der Altar seines geliebten Isaak, das Grab seines Weibes wurden von ihm nicht anders betrachtet, als in dem Licht des Glaubens an den, „der die Toten lebendig macht und das nicht Seiende ruft als seiend“ (Röm 4,17).

Kehren wir jetzt zu unserem Kapitel zurück. Der Tod Sarahs stellt also vorbildlich das Verschwinden Israels, als Volk, von dem Schauplatz dar, welches nach der Predigt des Petrus am Tag der Pfingsten stattfand. Er trat auf vor den Männern von Israel, den Kindern des Bundes, welchen Gott mit ihren Vätern gemacht hatte, und legte kühn Zeugnis ab von dem Tod und der Auferstehung Christi, des wahrhaftigen Isaak; aber sie wollten nicht auf seine Worte hören, sie verwarfen sein Zeugnis sowie dasjenige des Stephanus, eines Mannes „voll des Heiligen Geistes“, und damit war ihr Unglaube vollständig, und Israel verschwindet infolge dieses hartnäckigen Unglaubens für eine Zeit von dem Schauplatz. In den letzten Tagen jedoch, wenn die Kirche, die himmlische Braut Christi, in das Haus des Vaters aufgenommen sein wird und Gott wieder von neuem in den Herzen seines irdischen Volkes zu wirken beginnt, wird der neue Bund in die Erscheinung treten, der auf das Blut Christi und auf die Gnade Gottes, anstatt auf die Verantwortlichkeit des Menschen, gegründet ist. Er wird für ewig errichtet werden, und alle die Verheißungen, welche Gott dem Volk Israel gemacht hat, werden für den treuen Überrest in Erfüllung gehen. So macht der Tod Sarahs, der Mutter, das Verschwinden Israels, Raum für Rebekka, die Braut des Sohnes, die Kirche oder die Versammlung Gottes (Fortsetzung folgt).

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