Botschafter des Heils in Christo 1860

Leben durch den Tod Teil 1/5

1. Es ist von großer Wichtigkeit, die Stellung, welche der Tod oder die „Blutvergießung“ im Wort Gottes einnimmt, zu beherzigen. Es bildet den alleinigen Grund des Hinzunahens des Menschen, seiner Stellung vor Gott und seiner Gemeinschaft mit Ihm. Es ist das alleinige Mittel, wodurch die Sünde hinweggenommen und der alleinige Grund, worauf das göttliche Leben und die göttliche Gerechtigkeit erlangt werden kann. „Ohne Blutvergießung ist keine Vergebung“ (Heb 9,22). Dies ist eine Wahrheit, welche in den Schriften des alten und neuen Testaments sehr klar entwickelt und dargestellt wird.

Sobald die Sünde da war, sobald ihre finsteren Schatten sich auf diese niedrige Erde gelagert hatten, fing diese große Wahrheit an, die Dämmerung zu durchbrechen. Und wenn wir in diesem heiligen Buch von Seite zu Seite vorangehen, wenn die Haushaltungen Gottes sich vor unseren Blicken entfalten, dann tritt sie immer mit größerer Klarheit und Vollkommenheit hervor, bis sie endlich, in Verbindung mit dem, „nach dem bestimmten Rat und Vorkenntnis Gottes“, geschlachteten Lammes, in wolkenlosem Glanz hervorstrahlt, um für alle, welche durch die Gnade an seinen Namen glauben würden, ein Kanal des Friedens, der Vergebung, des Lebens und der Gerechtigkeit zu sein.

Zunächst erscheint im dritten Kapitel des 1. Buches Mose „der Herr Gott“ inmitten des großen Verderbens, welches der „eine Ungehorsam“ in seine schöne Schöpfung gebracht hatte, und verkündigt den „Samen des Weibes,“ als den, welcher der Schlange den Kopf zertreten sollte. Aber wie konnte dies in Erfüllung gehen? „Du wirst ihn in die Ferse stechen.“ Dies schon birgt die köstliche Lehre von dem Blut in sich. Der Schlange, welche das Verderben eingeführt hatte, sollte durch den Samen des Weibes der Kopf zertreten werden; aber ehe dies erfüllt werden konnte, musste „der Samen selbst gestochen“ oder getötet werden.

Einige mögen sagen: „Das ist doch eine sehr dunkle Darstellung von der Lehre des Blutes.“ Dies gebe ich zu; aber wenn auch dunkel, so ist sie doch wirklich. Es ist eine Darstellung, welche der Zeit, in der sie gegeben wurde, gerade angemessen ist. Der mächtige Zertreter musste selbst zertreten werden. Diese Wahrheit kommt hier in den ersten Lauten aus dem Mund Gottes hervor, und wird auf dem Schauplatz des Ruins von den verdorbenen und schuldbeladenen Sündern zum ersten Male vernommen. Adam hörte dies alles. Er sah, dass zwischen dem „Herrn Gott“ und „der Schlange“ Streit war. Und er lernte verstehen; dass dieser Streit „durch den Samen des Weibes“ zum Ende – zu einem glorreichen Ende gebracht werden würde. Er wurde belehrt, dass er seine Befreiung einem anderen zu verdanken haben sollte; denn ach! wie konnte er – selbst ein Sklave der Schlange – irgendwie der Zertreter ihres Kopfes sein! Nein, dies konnte allein das Werk eines anderen sein; und dieser andere konnte nur durch das Stechen in seine Ferse, d. i. durch den Tod, Sieger sein.

Aber wird diese Tatsache nicht mit dem Wert des Lebens „von dem Samen des Weibes“ in Widerspruch sein? Nicht im Geringsten. Wer könnte auch nur im Entferntesten daran denken, alle diese reichen und wunderbaren Resultate dieses Lebens aufzählen zu wollen? Durch die Darstellung dieses Lebens hienieden wurde Gott verherrlicht, der Mensch geprüft und Satan überwunden. Außerdem empfingen die Erlösten Gottes ein Muster für ihren Wandel. Dies alles wird uns, wenn es der Herr erlaubt, bei weiterem Eingehen in diesen Gegenstand deutlich werden. Ich erwähne es hier nur, damit der Leser nicht das Gefühl der unendlichen Kostbarkeit dieses Lebens des „Menschen Jesus Christus“ verliere. „Der Samen des Weibes“ sollte leben, um zu sterben. Es musste zuerst seine Ferse durchstochen werden, ehe er den Kopf der Schlange zertreten konnte. Seine Menschwerdung bildet die Grundlage „dieses großen göttlichen Geheimnisses.“ Dies ist eine wohlbekannte Wahrheit, deren Wert keinem Zweifel unterworfen ist.

Aber ungeachtet des unendlichen Wertes dieser Menschwerdung, würde sie dennoch keinen Nutzen haben – weder für die ewige Niederlage Satans, noch für die Errettung des Menschen – ausgenommen auf dem Grund des vollbrachten Todes. Es war „der Samen des Weibes,“ welcher der Schlange den Kopf zertreten sollte; aber wie sollte dies geschehen? Dadurch, dass Er selbst in seine Ferse gestochen wurde. „Weil nun die Kinder des Fleisches und Blutes teilhaftig sind, hat auch er gleicherweise an denselben teilgenommen, auf dass er durch den Tod den zunichtemachte, der die Kraft des Todes hat, das ist, den Teufel, und alle Diese befreite, welche durch die Furcht des Todes während des ganzen Lebens der Knechtschaft verfallen waren“ (Heb 2,14–15).

Ehe wir weitergehen, müssen wir hier noch einige andere Zeugnisse der Wahrheit aufsuchen, um zu beweisen, dass alle unsere Segnungen, unsere Vorrechte und unsere Würdigkeit – alles, was Gott uns, als den gefallenen und verdorbenen Sündern, darreichen kann, von dem Tod abhängig ist. „Und der Herr Gott machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fell und bekleidete sie“ (1. Mo 3,21). Im Glauben an diese Aussprüche Gottes, welche gerade jetzt das Ohr des Adam erreichten, nannte er den Namen seines Weibes „die Mutter aller Lebendigen.“ Er glaubte, dass er auf die eine oder andere Weise Leben aus dem Tod empfing. Aber in den „Röcken von Fell“ haben wir etwas mehr als Leben. Wenn der Samen des Weibes zertreten werden sollte, um Leben zu geben, so musste das Blut der Tiere vergossen werden, um Kleider zu verschaffen. Mit anderen Worten – beides, Leben und Gerechtigkeit, ist auf den Tod gegründet. Die ersten Worte, welche der Herr Gott zu dem Ohr des Sünders kommen ließ, die erste Tat, welche Er vor den Augen der Sünder vollbrachte, stellen diese Fundamental – Wahrheit des Evangeliums dar, dass beides, Leben und Gerechtigkeit, auf den Tod gegründet ist – dass „ohne Blutvergießung keine Vergebung ist.“

Diese Wahrheit wurde im Garten Eden vorgestellt. Sie durchbrach die dicken Wolken, welche sich über den Häuptern unserer ersten Eltern zusammenzogen. Sie wurden unterrichtet, dass ihren Bedürfnissen nur durch den Tod begegnet werden konnte. Sie hatten sich der Macht der Schlange übergeben, und diese Macht konnte allein durch den Tod gebrochen werden. In Folge dieser Übergabe waren sie nackt, diese Blöße konnte allein durch den Tod göttlich bedeckt werden. Sie hatten versucht, sich eine Bekleidung zu verschaffen, die nicht auf den Tod gegründet war; aber diese hatte sich als wertlos und eitel erwiesen. Eine Bekleidung, die nicht aus der Blutvergießung hervorkommt, lässt den Sünder nackt. Die Herden von tausend Hügeln, ja alle lebenden Tiere in der Schöpfung waren nicht im Stand, dem nackten Sünder ein Kleid zu verschaffen. Ein dahingegebenes Leben war durchaus notwendig. Ohne dieses kann der Mensch weder Leben noch Gerechtigkeit haben, aber durch dasselbe hat er beides.

Dies ist das deutliche Zeugnis von der Lehre des Blutes im Garten Eden. Die durchstochene Ferse und die Röcke von Fell bringen zu dem Ohr des Sünders die herrliche Wahrheit, dass die völlige Befreiung von der Macht des Feindes und von allen Folgen der Schuld in dem Blut – ja in dem Blut allein – gefunden wird. Durch dieses hat er alles, ohne dieses nichts. Die durchstochene Ferse und die Röcke von Fell machten Adam und Eva fähig, von den Grenzen Edens zurückzutreten, und zwar mit einem Grad und einem Charakter von Glück und Sicherheit, wie sie dies nie inmitten all der köstlichen Früchte und Blumen hätten finden können. Eine nichtgefallene Schöpfung würde nie das tiefe Geheimnis von „einer durchstochenen Ferse“ zum Ohr eines Sünders haben bringen können. Sie hätte auch nimmer vor seinen Blicken etwas entfalten können, was von tieferem und rührenderem Interesse gewesen wäre, als dass der Herr Gott sich herniederließ, um durch Blutvergießung einen nackten Sünder mit Bekleidung zu versehen. Gewiss nicht; diese wunderbaren Dinge wurden inmitten einer ruinierten Schöpfung und bei gefallenen Sündern gesehen und gehört. Die Schlange hatte den Tod hineingebracht, und durch den Tod musste er zerstört werden. Sein eigenes Schwert musste ihn fällen. Durch den Tod haben wir ein unsterbliches Leben – eine ewige Gerechtigkeit – eine bleibende Hoffnung – ein unvergängliches Erbe (Fortsetzung folgt).

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