Botschafter des Heils in Christo 1869

Mit Christus gestorben

In Römer 6,1–14 finden wir eine Wahrheit, die in ganz besonderer Weise unserer Aufmerksamkeit würdig ist. Die Rechtfertigung durch den Glauben an das Blut Jesu (Röm 3,19–26) ist ohne Zweifel von äußerster Wichtigkeit; aber jene Verse zeigen uns in dem Kreuz eine Tatsache von ausgedehnterer Tragweite, indem wir dort sehen, dass nicht nur die Sünden des Gläubigen durch das Blut Christi abgewaschen sind, sondern, dass der ganze „Leib der Sünde“, der „alte Mensch“, (V 6) das „Fleisch, in welchem wir waren“, (Kap 7,5) der „Leib des Fleisches“, (Kol 2,11) das „Ich“, (Gal 2,20) kurz, die ganze Natur, in welcher wir als Kinder Adams waren, in dem Tod des Herrn Jesus Christus „gekreuzigt, gestorben und begraben“ ist und wir durch Gott mit Ihm begraben worden sind, eine Tatsache, die durch die Taufe als das von Gott gegebene Bild, dargestellt wird. Es ist dieses augenscheinlich weit mehr, als die Wirklichkeit, dass „Christus an seinem eigenen Leib unsere Sünden an dem Holz getragen hat;“ (1. Pet 2,24) denn Er hat, indem Er selbst zur Sünde gemacht (2. Kor 5,21) und als solche behandelt wurde, die Sünde im Fleisch verurteilt (Röm 8,3) und den „Leib der Sünde“ hinweg getan, so dass das Ganze in dem Kreuz seinen Fluch, sein Gericht und sein Ende gefunden hat und „wir dem gestorben sind, in welchem wir (als Angehörige des ersten Adams) festgehalten waren“, (Röm 7,6) und nun in dem auferstandenen Christus lebendig, eine „neue Schöpfung“, (2. Kor 5,17–18) „mit Christus auferweckt“, (Eph 2,1–6; Kol 2,13; 3,1–3) „Glieder seines Leibes“, (1. Kor 6,15; Eph 5,25–32) und teilhaftig seines Lebens sind. Kann in dem Leib Christi von der Sünde, vom Fleisch, vom ersten Adam irgendeine Spur vorhanden sein? Da unser „alter Mensch“ mit Ihm gekreuzigt worden ist, sind wir der Sünde gestorben. Natürlich ist hier nicht von dem die Rede, was wir praktisch im Wandel verwirklichen, sondern von dem, was der Glaube dem Wort Gottes gemäß uns vorhält, sowie von der wahren Bedeutung und dem ganzen Wert des Kreuzes für uns. Das ewige Leben durch den Glauben an Christus besitzen, heißt nichts weniger, als dass Christus unser Leben und dass das von Adam geerbte Leben gerichtet ist, ja dass wir nicht als darin lebend von Gott angesehen werden, wiewohl wir uns noch in dem Leib unserer Niedrigkeit befinden und dem Leib seiner Herrlichkeit entgegen harren (Phil 3,20).

Es ist bewundernswürdig, über wie viele Schwierigkeiten uns diese Wahrheit hinweghilft. Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass der Gläubige sich außer dem Bereich Satans, der Sünde, der Welt und des eigenen Ichs befindet. Gott sagt es in seinem Wort; und darum ist es wahr. Die Wirkungen dieser Tatsache werden aber nur durch den Glauben verwirklicht. Die Früchte stehen im Verhältnis zu meinem Glauben. Nun habe ich aber den bestimmten Befehl, „mich der Sünde für tot zu halten“, „denn der gestorben ist, ist von der Sünde freigesprochen“ (Röm 6,8). Christus nahm unsere Sünden am Kreuz auf sich; und nachdem Er gestorben ist, ist Er freigesprochen (losgelassen) von der Sünde, die Er am Kreuz trug. Unser „alter Mensch“ ist mit Ihm gekreuzigt, und wir sind durch die Taufe (als Gegenbild) auf seinen Tod getauft und „mitgepflanzt worden zu der Gleichheit seines Todes“. Christus ist durch den Tod und das Gericht gegangen und steht auf dem neuen Boden der Auferstehung; und dieser auferstandene Christus ist unser Leben, so dass es „keine Verdammnis, kein Gericht gibt für die, welche in Christus sind; denn das Gesetz des Geistes, des Lebens – (von dem Blut ist hier nicht die Rede, wiewohl dasselbe die erste Bedingung dieser Erlösung ist) – in Christus Jesus hat mich freigemacht ... indem Gott seinen eigenen Sohn sendend, die Sünde nicht (die Sünden) im Fleisch verurteilte“ (Röm 8,1–3). Die Sünde im Fleisch ist also gerichtet, verurteilt worden. „Ihr seid nicht mehr im Fleisch, sondern im Geist, wenn anders der Geist Gottes in euch wohnt. Wenn aber jemand den Geist Christi nicht hat, dieser ist nicht sein“ (V 9). Wir sehen also, hier ist keine Wahl; entweder wir sind nicht „Sein“, oder wir sind „nicht im Fleisch“. „Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm“ (1. Kor 6,17). dieses ist das einzige, wahre Christentum, die einzige Grundlage der an die Sünder gerichteten frohen Botschaft, die gänzliche Abschaffung des Alten und eine völlig neue Schöpfung in dem auferstandenen Christus. Wir befinden uns nicht in dem Alten, sondern in dem Neuen. „Das alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden!“ (2. Kor 5,17)

Doch es entsteht die Frage: „Warum suhlen wir denn beständig die Macht des Fleisches, den Einfluss der Welt und die List Satans?“ Die Antwort ist ganz einfach: „Weil wir das neue Leben nicht im Glauben ergreifen und in der Kraft dieses neuen Lebens wandeln“ (Röm 6,14). Wie hast du überhaupt das ewige Leben erlangt? Gewiss nicht durch die Gefühle, sondern durch den Glauben. Ebenso erlangen wir die Früchte dieses Lebens nicht durch die Gefühle, sondern durch den Glauben. Liebt denn ein Toter die Sünde? liebt er die Welt? – „Haltet euch der Sünde für tot!“ (Röm 6,11) Wer lebt Gott? Derjenige, welcher durch Gottes Gnade von ewiger Verdammnis durch die Gabe und den Tod des Sohnes Gottes errettet, jetzt in dem neuen, auferstandenen Leben wandelt und mit völliger Gewissheit Christus aus den Himmeln erwartet, um in die Herrlichkeit eingeführt zu werden (Kol 3,1–4). „Allein die da leben, loben dich;“ – „der Tod rühmt dich nicht.“ Die Vermischung dessen, was Gott geschieden hat, ist das Hindernis des Friedens und des Wachstums des Christen. Das Fleisch ist leider da, sonst wäre Christus nicht gestorben. Doch Er starb; und das Fleisch erreichte vor Gott dort am Kreuz ein für alle Mal sein Ende. Das Fleisch ist in mir und bereit, wirksam zu sein, wenn ich es zugebe; jedoch ich bin, was meine Stellung betrifft, nicht „in dem Fleisch.“ Es ist mir erlaubt, den Tod Christi als den meinigen zu betrachten; ich besitze das Leben des Auferstandenen als mein Leben; und weil es sich nach dem Wort Gottes also verhält und der Geist Gottes mir gegeben ist, so soll ich nun in der Kraft dieses Lebens wandeln (Röm 8,9–13). Was wäre auch sonst zu tun? Ich habe daher nicht auf meine Gefühle oder auf meine Erfahrungen zu schauen, sondern auf das, was Gott denen, die da glauben, sagt, um die ganze Tragweite des Todes Christi für mich zu erfassen. Die Gefühle kommen aus dem Glauben, nicht der Glaube aus den Gefühlen. „Der Glaube kommt durch das Wort Gottes.“ Die Gefühle des Unglaubens stammen alle vom „alten Menschen“; und das Kreuz sollte uns zeigen, dass sie allesamt schlecht sind. Ich habe zuweilen die Äußerung gehört: „Die Adamsnatur muss Gott geopfert werden.“ – Welch ein verkehrter Gedanke! Sollte Gott die Adamsnatur, dieses so sehr besudelte Ding annehmen? Keineswegs. Gott hat sie am Kreuz gerichtet. Sie verdiente nur den Tod. Das Grab war ihre Bestimmung. „Haltet euch für tot“ – „Tötet eure Glieder!“

Christus ist unserer Rechtfertigung wegen auferweckt als unsere Gerechtigkeit. In Ihm sind wir Gott „nahegebracht“. In Ihm, dem Geliebten, sind wir begnadigt morden. In Ihm ist keine Sünde, kein Fleisch.

Nur wenn wir dieses erkannt haben, können mir wahre Anbeter sein; denn wenn die Sünde mir noch irgendwo anklebt, kann ich nicht zu Gott nahen und als Anbeter ins Heiligtum treten (Heb 10,19). Die Sünde kann in seiner Gegenwart nicht bestehen. Da wir in Christus sind, können wir ohne Sünde hinzunahen; denn in Ihm ist und kann keine Sünde sein. Je Heller das „Licht“ ist, in welches ich komme, desto mehr wird meine Gerechtigkeit offenbar; denn Christus ist meine Gerechtigkeit. Das Licht der Gegenwart Gottes kann in Ihm keinen Flecken entdecken.

Und da Christus, was meine Annahme betrifft, meine Gerechtigkeit ist, so muss Er auch hienieden mein Leben sein. Meine Verantwortlichkeit besteht darin, dass ich Christus nicht (nur für Christus) lebe (Phil 1,21) in einer Welt, die durch das Kreuz gerichtet ist (Joh 12,31; 1. Joh 5,19). Die von Beröa untersuchten täglich die Schriften, ob „dieses sich also verhielte“; und sie waren die „Edelsten“. – Möchten wir ihnen gleichen und denselben Fleiß im Erforschen der Schrift über diese herrliche Wahrheit erweisen!

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