Botschafter des Heils in Christo 1886

"Gott sagt, dass ich errettet bin"

Vor nicht langer Zeit wurde ich gebeten, ein junges Mädchen von ungefähr 17 Jahren zu besuchen, das sich durch einen Fall eine schwere Verletzung an Kopf und Rücken zugezogen hatte. Ich kannte das Mädchen schon mehrere Jahre und wusste, dass sie ohnehin von zarter Gesundheit war. Nach einigen Fragen über ihre körperlichen Leiden, welche zu Zelten sehr heftig waren – sie war durch den Fall fast ganz gelähmt – begann ich mit ihr über den Zustand ihrer Seele zu reden.

„Sind Sie ganz glücklich?“ fragte ich.

„Nein, Herr N.“

„Warum nicht? Sind sie noch nicht errettet?“

„Ich bin dessen nicht gewiss.“

„Aber warum sind Sie nicht gewiss? Glauben Sie an den Herrn Jesus Christus?“

„O ja; aber ich fühle nicht, dass ich errettet bin.“

„Fühlen Sie denn, dass Sie verloren sind?“

„Ja, ja“, erwiderte sie und begann zu weinen.

„Woher wissen Sie denn, dass Sie verloren sind?“

„Weil ich eine Sünderin bin, und weil Gottes Wort mir sagt, dass ich verloren sei.“

„Dann glauben Sie an Gottes Wort, nicht wahr?“

„Gewiss; ich weiß, dass Gott nicht lügen kann.“

„Nun denn, sein Wort sagt: ‚Wendet euch zu mir und werdet errettet!‘ Glauben Sie das?“

„Ja.“

„Aber haben Sie sich schon zu Jesu gewandt?“

„O ja; aber ich fühle nicht, was ich fühlen sollte.“

„Gut! Aber sagt der Herr: Wendet euch zu mir und fühlt, dass ihr errettet seid.“

„Nein.“

„Was denn?“

„Werdet errettet!“

„Wann soll das geschehen, heute oder morgen?“

„Ich denke, sobald ich mich zu Ihm wende.“

„Aber Sie sagten vorhin, Sie hätten sich schon zu Ihm gewandt. Haben Sie wirklich schon ihren Blick auf Jesus, den Gekreuzigten, gerichtet?“

„O ja; ich glaube, dass Er für mich gestorben ist.“

„Sind Sie dann nicht errettet?“

Sie zögerte einen Augenblick, sah mich groß an und sagte dann in bestimmtem Ton: „Ich fühle es nicht, aber Gott sagt, dass ich errettet sei. Und Gott kann nicht lügen. O, jetzt verstehe ich es, jetzt verstehe ich es!“ – Im nächsten Augenblick leuchtete ihr Auge auf; sie lächelte unter Tränen, und ihr bleiches Antlitz spiegelte die himmlische Freude wieder, deren Quelle ihr soeben geöffnet worden war. Ich weidete mich einen Augenblick an ihrem Glück und sagte dann:

„Aber wenn nun sogleich jemand ins Zimmer treten und Sie fragen würde, ob Sie errettet seien, was würden Sie ihm antworten?“

„Ich würde sagen: Ja!“ entgegnete sie.

„Und wenn man Sie fragen würde, wie Sie das mit solcher Gewissheit sagen könnten, was würden Sie erwidern?“

„Ich würde sagen, dass ich an Jesus glaube, und dass Gott in seinem Wort sagt: ‚Wer an Ihn glaubt, wird nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben.‘ Ich glaube seinem Wort, und deshalb bin ich völlig gewiss.“

„Dann ruht ihre Seele jetzt in Christus, in seinem vollbrachten Werke, und auf dem, was Gott gesagt hat, nicht wahr?“

„Ja, Herr N., so ist es; und ich kann jetzt glücklich sterben. Ich möchte gern heute noch zu Jesu gehen.“ „Haben Sie denn gar keine Furcht mehr?“

„Nein, gar keine.“

„Auch keine Zweifel?“

„Nein! Wie sollte ich auch? Ich verstehe es jetzt ganz klar und bin völlig ruhig und gewiss. Ich bin nur eine arme Sünderin; aber Jesus starb für mich; ich glaube an Ihn, und Gott sagt, dass ich errettet sei. Das gibt mir volle Gewissheit; ich weiß jetzt, dass ich errettet bin.“

Ich sprach noch einiges mit ihr und verließ dann das Zimmer, im Stillen dem Gott aller Gnade dankend. Zwei Tage später besuchte ich sie wieder und fand sie voll von Freude und Frieden. Ihr Antlitz strahlte jenes Glück wieder, welches allein die Bekanntschaft mit Gott verleihen kann. Bald nachher musste ich eine längere Reise antreten. Bei meiner Rückkehr fand ich sie nicht mehr unter den Lebenden. Sie hatte noch ungefähr einen Monat nach meiner Abreise gelebt und ihrer Umgebung gegenüber ein herrliches Zeugnis von Christus abgelegt; ihr Herz war bis zum Ende hin getrost und voll von Freude geblieben, und so war sie in völligem Frieden entschlafen, um für immer bei Jesu zu sein.

Und nun, mein lieber Leser, erlaube mir eine Frage über den Zustand deiner Seele. Bist du errettet – oder verloren? Welches von beiden? Weise diese Frage nicht ärgerlich oder gleichgültig von dir ab. Lass sie in die Tiefe deiner Seele dringen. Bald muss sie beantwortet werden. Das längste Leben hat ein Ende, und wer gibt dir die Gewissheit, dass ein langes Leben dein Los sein wird? Aber eine lange, ja, eine endlose Ewigkeit liegt vor dir! Wo wirst du sie zubringen? Der nächste Tag mag dich schon in der Ewigkeit finden. Du magst morgen schon von dieser Erde scheiden müssen, auf welcher Christus starb, „der Gerechte für die Ungerechten, auf dass Er uns zu Gott führe.“ Wohin würdest du gehen? Um bei Christus zu sein? Oder um, fern von Ihm, da zu sein, wo ein ewiges Feuer dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist? Du wagst nicht, zu antworten? O höre mich einen Augenblick an. Deine Zukunft ist schrecklich. Vergessen von Menschen – verlassen von Gott – für ewig in der Hölle! Stehe doch, ich bitte dich, einmal stille auf deinem Weg, der dich ins Verderben führen muss. Lausche auf die Stimme der göttlichen Liebe, welche spricht: „Kommt her zu mir“ – „wendet euch zu mir“ – „ich bin der gute Hirte“ – „ich bin die Tür der Schafe; wer durch mich eingeht, wird errettet werden.“

Du hast nichts zu tun, als den dir gebührenden Platz vor Gott einzunehmen, den Platz eines verlorenen Sünders. Bekenne deine Sünden! Eile unverzüglich in aufrichtiger Buße und in ernstem Selbstgericht zu Jesu, dem Heiland der Sünder! Rechtfertige Gott, so wird Er dich rechtfertigen, und du wirst heute noch fähig sein, mit jenem sterbenden Mädchen zu sagen: „Ich bin nur ein armer Sünder; aber Jesus starb für mich; ich glaube an Ihn, und Gott sagt, dass ich errettet sei. Das gibt mir volle Gewissheit; ich weiß, dass ich errettet bin.“ – Gott gebe in seiner unendlichen Gnade, dass das heute noch das Teil aller unbekehrten Leser dieser Zeilen werden möchte!

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