Die Versammlung des lebendigen Gottes

3. Der örtliche Charakter der Versammlung

Die Versammlung des lebendigen Gottes

Im dritten Kapitel wird der örtliche Charakter der Versammlung vorgestellt. Dabei werden die folgenden Themen betrachtet:

3.1 Biblische Grundlage des Zusammenkommens
3.2 Der göttliche Mittelpunkt des Zusammenkommens
3.3 Der göttliche Leiter
3.4 Die göttliche Art des Dienstes
3.5 Älteste, Aufseher und Diakone
3.6 Göttliche Autorität
3.7 Das Zusammenkommen der Versammlung
3.8 Die Rolle der Frau nach der Schrift
3.9 Die Zucht (Teil I und Teil II)

3.1 Biblische Grundlage des Zusammenkommens

Bisher haben wir uns in unserem Studium mit der Versammlung Gottes in der Gesamtheit in ihrem universellen Aspekt beschäftigt. Anhand der Schrift haben wir gesehen, dass sie ein Leib auf der Erde ist, dessen Glieder voneinander abhängig sind und der in der Einheit des einen Geistes zusammengefügt und mit Christus, dem Haupt in der Herrlichkeit, untrennbar verbunden ist. In ihrer Gesamtheit ist sie zudem auch die Braut Christi und das Haus Gottes, seine Wohnung auf der Erde durch den Heiligen Geist. Dann haben wir gesehen, dass die Geistesgaben, die der verherrlichte Christus gegeben hat, der Versammlung „für die Auferbauung des Leibes des Christus“ (Eph 4,12) gegeben sind.

Nachdem wir die allgemeinen gemeinschaftlichen Merkmale des Leibes Christi oder der Versammlung Gottes als Ganzes vor uns hatten, kommen wir nun zu ihrem lokalen Aspekt bzw. zu der Versammlung an einem bestimmten Ort. Denn die Einheit der Versammlung sollte nicht unsichtbar, sondern ein sichtbarer Organismus sein, „damit die Welt glaube“ (Joh 17,21). Um an einem bestimmten Ort offenbar zu werden, ist es klar, dass die Versammlung eine bestimmte, sichtbare Form annehmen muss, mit der wir uns im Folgenden beschäftigen möchten.

In der Heiligen Schrift wird das Wort „Versammlung“ unter drei verschiedenen Gesichtspunkten verwendet. Wenn wir erstens „die Versammlung“ ohne Zusatzmerkmal lesen, spricht dies von dem einen Leib, was wir bereits gesehen haben. Zweitens finden wir „die Versammlung“ auf einen bestimmten Ort beschränkt wie beispielsweise „die Versammlung, die in Jerusalem war“ (Apg 8,1; 11,22), oder in Antiochien (Apg 13,1), in Ephesus (Apg 20,17) usw. Als drittes gibt es die Pluralform „Versammlungen“, die uns die Versammlungen in einer bestimmten Gegend zeigt, z.B. „Judäa“ (1. Thes 2,14) „von Galatien“ (1. Kor 16,1; Gal 1,2), „von Asien“ (1. Kor 16,19), usw. oder allgemeiner alle Versammlungen Gottes, wie z.B. in den Ausdrücken „die Sorge um alle Versammlungen“ (2. Kor 11,28), „in den Versammlungen Gottes“ (2. Thes 1,4).

In den beiden letzten Verwendungen des Wortes sehen wir den Gedanken von örtlichen Versammlungen oder Zusammenkommen von Gläubigen – unterschieden von dem einen Leib Christi in seiner Gesamtheit. Wir wollen uns nun überlegen, was eine örtliche Versammlung kennzeichnet und welche Beziehung zwischen einzelnen örtlichen Versammlungen und der gesamten Versammlung besteht.

Die Versammlung Gottes an einem Ort

Einige Belehrungen zu diesem Punkt finden wir bereits, wenn wir bedenken, wie der 1. Korintherbrief beginnt. „Der Versammlung Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen, samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, ihres und unseres Herrn“ (Kap 1,2). Hier verwendet der Apostel die Bezeichnung „Versammlung Gottes“, was der Titel des ganzen Leibes Christi ist, und wendet diesen örtlich an – „die Versammlung Gottes, die in Korinth ist“. Dann beschreibt er jene, die dieser Titel einschließt – die „Geheiligten in Christus Jesus“, die „berufenen Heiligen“. Das bedeutet also, dass alle Gläubigen im Herrn Jesus Christus an diesem Ort die Versammlung Gottes in Korinth bildeten.

Wir sollten uns über diesen Punkt klar sein und anhand dieser Bibelstelle sehen, dass die Versammlung Gottes an einem Ort jeden wiedergeborenen Gläubigen einschließt, jedes Glied am Leib Christi. Zur Zeit der Apostel bildeten alle Gläubigen an einem Ort ein sichtbares Zeugnis der Versammlung und repräsentierten den ganzen Leib Christi an diesem Ort. Deshalb konnte Paulus den Korinthern schreiben, „ihr aber seid Christi Leib, und Glieder im Einzelnen“ (1. Kor 12,27).

Aber in unseren Tagen des Verfalls des sichtbaren Zeugnisses und zahlreicher Trennungen ist es nicht mehr möglich zu sagen, dass alle echten Christen an einem Ort als sichtbares Zeugnis oder vereinte Versammlung gesehen werden können, wie es am Anfang der Fall war. Sie sind zersplittert in viele verschiedene Gruppen. Also kann kein Zusammenkommen von Gläubigen für sich in Anspruch nehmen „die Versammlung Gottes“ an einem Ort zu sein, denn dieser Titel schließt alle echten Gläubigen eines Ortes ein.

Grundlage des Zusammenkommens

Obwohl es wegen des zertrennten Zustands der Versammlung unmöglich ist, alle wahren Gläubigen an einem Ort zu versammeln, bleibt die einzige biblische Grundlage des Zusammenkommens für uns jederzeit erhalten (auf der sich am Anfang alle Gläubigen versammelt haben und die die einzige Grundlage ist, auf der sie sich überhaupt nur versammeln können). Diese Grundlage ist die Wahrheit über den einen Leib Christi.

Wie groß auch immer unser Verfall ist und egal wie viele Benennungen es um und unter uns geben mag – es bleibt wahr, dass da ein Leib ist (Eph 4,4). Gott sieht sein zertrenntes Volk immer noch als einen Leib. Im Glauben bleibt daher die Wahrheit des einen Leibes des Christus immer noch die einzige biblische Grundlage für das Zusammenkommen. Obwohl keine Gruppe von Gläubigen für sich in Anspruch nehmen kann „die Versammlung Gottes“ an einem Ort zu sein, können solche, die die Wahrheit des einen Leibes anerkennen und ihr entsprechend handeln, sagen, dass sie an ihrem Ort auf der Grundlage der Versammlung Gottes zusammenkommen. Die Grundlage, auf der sie sich versammeln, ist einfach nur die, dass sie Glieder am Leib Christi in seiner Gesamtheit sind. Sie halten nicht an bestimmten Lehren, Formen der Führung innerhalb der Versammlung, oder Benennungen, Parteiungen und Sekten fest. Die Anerkennung aller wahren Glieder des Leibes Christi und ihre Aufnahme als solche ist die einzige biblische Grundlage, auf der ein Zusammenkommen als Versammlung des lebendigen Gottes möglich ist. Das ist das erste entscheidende Prinzip der Versammlung in ihrem örtlichen und sichtbaren Aspekt.

Darstellung der gesamten Versammlung

Jede örtliche Versammlung oder jedes Zusammenkommen der Gläubigen ist nur ein Teil des ganzen Leibes Christi, sollte aber eine exakte Darstellung der größeren Versammlung sein. Sie sollte die Versammlung als Ganzes darstellen, so wie ein kleiner Tautropfen im Miniaturformat denselben Himmel wie der mächtige Ozean widerspiegelt. Die Eigenschaften der ganzen Versammlung sollen in jeder örtlichen Versammlung gesehen werden. Es darf nichts in der örtlichen Versammlung sein, das in Widerspruch zu den Wahrheiten steht, die wir für die gesamte Versammlung als bindend bedacht haben. Jede Versammlung ist Teil der Versammlung als Ganzes, repräsentiert diese und handelt in ihrem Namen an jedem Ort. Daher kann nur das Bewusstsein, dass jeder Gläubige ein Glied am Leib Christi ist und dass jede örtliche Versammlung eine örtliche Darstellung der ganzen Versammlung ist, als Fundament für ein schriftgemäßes Zusammenkommen dienen.

Auf diese Weise haben sich die Christen am Anfang versammelt und genauso müssen sie sich heute versammeln, wenn sie repräsentativ für die Versammlung des lebendigen Gottes handeln, ihrem Herrn und Haupt gehorsam sein und Ihn erfreuen wollen. Jede andere Grundlage des Zusammenkommens, wie z.B. Presbyter, Lutheraner, Baptisten, Methodisten, Katholiken, Pfingstler, Fundamentalisten, usw., ist letztlich eine Leugnung der Wahrheit des einen Leibes Christi und anstelle dessen die Anerkennung anderer Leiber.

Einheit des Geistes

Warum lehnen wir nicht alle „Leiber“ menschlichen Ursprungs ab, wenn es einen Leib der Gläubigen in Christus gibt, den Gott anerkennt? Warum versammeln wir uns nicht einfach als Glieder seines Leibes? Wenn wir die Einheit, die der Geist Gottes unter allen wahren Gläubigen, die in einem Geist zu einem Leib getauft wurden, anerkennen, würde kein anderer Leib und keine andere Einheit entstehen. So ermahnt uns Epheser 4,3, uns zu befleißigen, „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“.

Das Versagen der Christenheit besteht darin, dass sie selbst eine Einheit gebildet oder eigene Vereinigungen geschaffen hat, die größer oder kleiner sind als die Einheit des Geistes, indem ungläubige Personen, die kein Glied am Leib Christi und nicht in einem Geist zu dem einem Leib getauft sind, aufgenommen werden, oder auf Grund von sektiererischen Prinzipien und Grundsätzen echte, fromme Glieder des Leibes Christi ausgeschlossen werden. Beides entspricht nicht dem Grundsatz oder der biblischen Praxis der Versammlung Gottes.

3.2 Der göttliche Mittelpunkt des Zusammenkommens

Nachdem wir den göttlichen Grundsatz des Zusammenkommens betrachtet haben, wollen wir nun auf den göttlichen Mittelpunkt eingehen, um den sich die Versammlung Gottes versammelt. Was ist für Gläubige der richtige Mittelpunkt, um den sie sich versammeln können? Welcher Mittelpunkt ist passend für die Versammlung des lebendigen Gottes, deren Haupt der verherrlichte Christus ist? In unseren Tagen, in denen so viele verschiedene Namen und Mittelpunkte von Zusammenkünften aufkommen, in denen fast jede neue Auffassung zu einem Mittelpunkt neuer religiöser Gruppen gemacht wird, ist es für uns besonders wichtig die Schriften zu erforschen, um göttlich geformte Überzeugungen bezüglich des von Gott erwählten Mittelpunktes des Zusammenkommens seines Volkes zu bekommen.

In meinem Namen

Lasst uns zu Matthäus 18 zurückgehen, wo die Versammlung zu diesem Zeitpunkt zum zweiten Mal vom Herrn Jesus erwähnt wird. Ihre Bildung war damals noch zukünftig, aber Er hat schon einige wunderbare Grundsätze für seine Versammlung dargelegt, was Zucht und das Zusammenkommen angeht. In seinem Namen verhieß Er die himmlische Anerkennung der Entscheidungen der Versammlung und außerdem die Erhörung von gemeinschaftlichem Gebet. Dann gab Er die großartige Begründung dafür in dem wunderbaren Versprechen von Vers 20: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“

Hier finden wir das, was auch die große „Magna Carta“ der Versammlung genannt wird, die ihre Rechte und Privilegien garantiert. Zudem wird hier auch der einzige göttliche Mittelpunkt für die Versammlung Gottes vorgestellt. „In meinem Namen versammelt“, das ist der Versammlungsmittelpunkt, den Gott für seine Kinder vorgesehen hat. Er will, dass sie sich zu dem würdigen Namen seines geliebten Sohnes versammeln, dem Namen ihres Herrn und Erretters, dem Namen über alle Namen. Kein anderer Name kann diesen Platz einnehmen, es kann keinen anderen Mittelpunkt als nur Christus für solche geben, die Ihn wirklich lieben und Ihm treu sein möchten.

Allen, die sich eben auf diese Art und Weise allein in seinem Namen versammeln, versichert Er seine gesegnete Nähe – egal ob es nun zwei oder drei oder zwei- oder dreihundert sind. „Da bin ich in ihrer Mitte.“ Er ist persönlich anwesend und nimmt seinen Platz in der Mitte der Versammlung ein. Und das ist auch der Platz, den wir Ihm geben sollten, den hervorragenden Platz, den Platz des Vorsitzes und der Autorität – den Platz in der Mitte.

1. Mose 49,10 vermittelt uns auch eine lehrreiche Prophezeiung in Bezug auf die Tatsache, dass Christus der Mittelpunkt der Versammlung seines Volkes sein würde. „Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis Schilo kommt; und ihm werden die Völker gehorchen.“ Ebenso sagt auch Psalm 50,5: „Versammelt mir meine Frommen, die meinen Bund geschlossen haben beim Opfer!“

Und in Johannes 20,19–26, als seine Jünger am ersten Tag der Woche versammelt waren, sehen wir den auferstandenen Heiland, der kommt und den Platz in ihrer Mitte einnimmt und ihnen sagt: „Friede euch!“ Hier finden wir die erste Erfüllung seiner Verheißung, die unzählige Gläubige die Jahrhunderte hindurch erlebt haben, nämlich dass er in der Mitte der Seinen ist, die in seinem Namen versammelt sind.

Eine lebende Person

Später schrieb Petrus den Gläubigen vom Herrn Jesus und sagte: „Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Stein, von den Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar“ (1. Pet 2,4). Und den Hebräern wurde geschrieben: „Deshalb lasst uns zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers seine Schmach tragend“ (Heb 13,13).

Das Volk Gottes versammelte sich im ersten Jahrhundert um die Person eines auferstandenen Christus, um den wir uns auch heute noch versammeln sollten. Es geht nicht darum, dass man sich um eine Lehre versammelt – wie wahr sie auch sein mag. Auch nicht um eine biblische Verordnung, wie wichtig sie auch sein mag. Auch nicht um einen hervorragenden Prediger, so fromm er auch sein mag, sondern die Versammlung lagert sich um eine lebendige, göttliche Person. Es wird eben nicht gesagt, dass wir zu einer Sache oder zu einer Organisation oder irgendeinem menschlichen Führer kommen, sondern zu einer göttlichen Person, unserem Herrn und Heiland.

Der Heilige Geist führt allein zum Herrn Jesus und zu seinem kostbaren Namen und nicht zu menschlichen Namen oder toten Organisationen. Und die Bibel sagt, dass „wer nicht mit mir sammelt, zerstreut“ (Lk 11,23). Jeder, der Seelen zu einem anderen Namen als Christus führt, sammelt nicht, sondern zerstreut, denn sobald andere Namen neben seinem eingeführt werden, werden Christi Schafe zerstreut. Sich allein in dem Namen des Herrn Jesus, zu seiner gesegneten Person, zu versammeln, ist ein weiterer Grundsatz der Versammlung Gottes in ihrem örtlichen Charakter. Wo dieser nicht gefunden wird, kann keine Versammlung Gottes sein.

Seinen Namen nicht verleugnen

Daraus folgt nun, dass, wenn wir wirklich in Christi Namen und zu seiner Person versammelt sind, wir keine anderen Namen hochhalten werden, um die wir uns versammeln, unter denen wir registriert sind oder nach denen wir genannt werden, wie es bei den Benennungen um uns herum der Fall ist. Solche, die sich aufrichtig in dem würdigen Namen Christi versammeln, werden alle anderen Namen, die jenen würdigen Namen ersetzen und entehren, ablehnen und sich vielmehr allein nach seinem kostbaren Namen nennen – nämlich Christen. Oder sie werden andere Namen verwenden, die in der Schrift angegeben werden und solche bezeichnen, die zu Christus gehören.

Indem wir uns durch menschliche Namen und Benennungen bezeichnen, verleugnen wir seinen anbetungswürdigen Namen und betrüben unseren Herrn und Erlöser. Der Herr konnte der Versammlung in Philadelphia sagen: „Du hast meinen Namen nicht verleugnet“ (Off 3,8). Das zeigt uns wie wertvoll es für Ihn ist, dass wir seinem Namen treu sind. Wir können nicht für uns in Anspruch nehmen, in seinem Namen zusammenzukommen, wenn wir neben seinem wunderbaren Namen oder den Namen, die Er uns in seinem Wort gegeben hat, andere unterscheidende Namen aufrecht halten. Jakobus 2,7 redet von „dem guten Namen, der über euch ausgerufen worden ist“. Sollten wir diesen guten Namen für einen anderen Namen aufgeben? Das sei ferne!

Das Volk Gottes wird in seinem Wort mit fünf Namen beschrieben, die auf jeden Gläubigen zutreffen und allesamt vereinigende Namen sind. Sie lauten Christen, Gläubige, Brüder, Heilige, Jünger. Diese Namen sind für alle Gläubigen gleich und nicht sektiererisch – im Gegensatz zu den vielen Namen, die von bekennenden Christen unserer Tage angenommen worden sind. Gläubige werden in dem Moment, in dem sie einen Namen annehmen, der nicht alle wahren Gläubigen in Christus einschließt, zu einer Sekte und leugnen die Einheit des eines Leibes.

Der Name des Herrn Jesus ist wahrlich völlig ausreichend für die Versammlung Gottes. In diesem Namen ist alles enthalten – nicht nur für unser Heil und unsere persönlichen Bedürfnisse auf dem christlichen Weg, sondern auch für alle dringenden Bedürfnisse und verschiedenen Nöte der Versammlung, in Bezug auf Anbetung, Brotbrechen, Dienst am Wort, Zucht, einfach alles. Lieber Leser, ist dir dieser kostbare Name als Mittelpunkt des Zusammenkommens genug? Versammelst du dich in diesem wunderbaren Namen und zu seiner anbetungswürdigen Person? Wenn nicht, warum noch nicht?

3.3 Der göttliche Leiter

Wir wollen uns nun auf die wichtige Wahrheit konzentrieren, dass der Herr persönlich in der Mitte derer ist, die sich in seinem Namen versammeln. Wir wollen betrachten, welchen Platz wir Ihm als Leiter und Haupt der Versammlung geben sollten, und auf die Anwesenheit des Heiligen Geistes in der Versammlung eingehen.

„Da bin ich in ihrer Mitte“

Diese gesegneten Worte des Herrn garantieren zweifellos seine persönliche Nähe zu solchen, die im Heiligen Geist in seinem Namen versammelt sind. Dies ist nicht nur ein Versprechen, sondern lebendige Realität, wie es Tausende bereits erlebt haben, die einfach im Glauben auf seine Verheißung vertraut haben und sich dementsprechend allein in seinem anbetungswürdigen Namen versammelten. Diese wertvolle Verheißung ist notwendig für den Glauben. Die Anwesenheit des Herrn Jesus in der Mitte der zusammenkommenden Versammlung ist wirklich genug. Er ist allgenügend.

Wenn Er, der herrliche Heiland, das Haupt der Versammlung, in der Mitte ist, dann folgt daraus natürlich, dass Er die Versammlung auch führt und leitet. Wir sollten Ihm diesen seinen rechtmäßigen Platz als Leiter der Zusammenkünfte geben und von Ihm abhängig sein. Alle Augen sollten auf Ihn gerichtet sein, der dort ist, um der Mittelpunkt zu sein, und jedes Herz sollte auf Ihn warten, dass Er uns im Heiligen Geist leitet.

Lasst uns auch nicht vergessen, dass der Eine, der in der Mitte ist, aller Herr ist und dass er der Einzige ist, der in der Versammlung Autorität ausüben darf. Gott der Ihn „sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt“ und „hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben“ (Apg 2,36; Eph 1,22). Christus ist der Herr in der Versammlung und sollte als solcher angesehen werden und den Platz des einzig rechtmäßigen Führers und der Autorität in der Versammlung bekommen. Wo Er als Herr und Leiter anerkannt wird, wird es Abhängigkeit von Ihm geben und das Verhalten wird in Übereinstimmung mit seiner Eigenschaft als Herr sein. Dort wird Recht und Ordnung gemäß den Gedanken und dem Willen Gottes herrschen.

Wir wollen in diesem Zusammenhang die wahren und bewegenden Worte von C. H. Mackintosh zitieren: „Wenn der Herr in unserer Mitte ist, warum sollten wir uns einen menschlichen Vorsitzenden wählen? Warum nicht einmütig und mit ganzem Herzen Ihm den Vorrang geben und uns Ihm in allen Dingen beugen? Warum menschliche Autorität in jeglicher Form im Haus Gottes aufrichten? Doch dies ist geschehen und es ist gut, offen darüber zu reden. In einer Körperschaft, die bekennt, eine Versammlung Gottes zu sein, wird der Mensch erhöht. Wir sehen, dass menschliche Autorität innerhalb jener Sphäre ausgeübt wird, in der göttliche Autorität allein anerkannt werden sollte. Wenn es um das fundamentale Prinzip geht, ist es nicht entscheidend, ob es sich um einen Papst, einen Pfarrer, einen Priester oder einen Vorsitzenden handelt. Es ist der Mensch, der anstelle von Christus eingeführt wird. Wenn Christus in unserer Mitte ist, können wir Ihm in allem vertrauen.

Indem wir das sagen, nehmen wir einen sehr wahrscheinlichen Einwand vorweg. Die Verfechter menschlicher Autorität mögen sagen: ‚Wie kann eine örtliche Versammlung ohne menschlichen Vorsitz vorankommen? Würde dies nicht zu aller Art von Missverständnissen führen? Würde das nicht jedem Tür und Tor öffnen, sich in die Versammlung einzumischen, selbst wenn ein solcher keinerlei Gabe oder Befähigung hätte?'

Unsere Antwort ist sehr einfach: Der Herr Jesus ist allgenügend. Wir können Ihm vertrauen, dass Er die Ordnung in seinem Haus aufrechterhält. Wir fühlen uns in seiner gnadenreichen und mächtigen Hand weitaus sicherer als in der Hand des am meisten anziehenden menschlichen Vorsitzenden. Alle geistlichen Gaben sind in Christus. Er ist die Quelle aller dienstlichen Autorität. Er hat die sieben Sterne (Off 1,16). Lasst uns Ihm vertrauen, dann wird er ebenso vollkommen für die Ordnung in der Versammlung Sorge tragen, wie Er für die Errettung unserer Seelen Sorge getragen hat. Wir glauben, dass der Name des Herrn Jesus tatsächlich allgenügend ist. Er ist nicht nur genügend für die persönliche Errettung, sondern auch für alle Erfordernisse der Versammlung – in Bezug auf Anbetung, Gemeinschaft, Dienst am Wort, Zucht, Regierung, einfach alles. Wenn wir Ihn haben, dann haben wir alles und besitzen Überfluss.

Dies ist der wahre Kern und das Wesentliche unseres Themas. Unser einziges Ziel ist die Verherrlichung des Namens des Herrn, und wir glauben, dass Er in dem, was sich selbst sein Haus nennt, bislang entehrt worden ist. Er wurde entthront und menschliche Autoritäten wurden an seiner Stelle eingesetzt.

Selbst in der Versammlung Gottes in Korinth, wo schlimme Verwirrung und Unordnung herrschte, gibt der inspirierte Apostel nie einen Hinweis auf einen menschlichen Vorsitzenden unter irgendeinem Namen. „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens, wie in allen Versammlungen der Heiligen“ (1. Kor 14,33). Gott war dort, um für Ordnung zu sorgen. Sie sollten auf Ihn sehen, nicht auf Menschen unter irgendeinem Namen. Menschen anzustellen, um die Ordnung in der Versammlung Gottes aufrechtzuerhalten, ist schierer Unglaube und ein offener Affront gegenüber der göttlichen Gegenwart.

Wir sind oft gebeten worden, Schriftstellen als Beweis für den göttlichen Vorsitz in einer Versammlung anzuführen. Wir antworten, ‚da bin ich' (Mt 18,20). Auf diese Säule können wir, selbst wenn wir keine weitere hätten, im Triumph die mächtige Wahrheit des göttlichen Vorsitzes aufbauen – eine Wahrheit, die jeden, der sie von Gott empfangen hat und sie festhält, vor jedem menschlichen System, wie auch immer es heißen mag, bewahren muss. Unserem Urteil nach ist es unmöglich, Christus als Mittelpunkt und souveränes Haupt in der Versammlung anzuerkennen und gleichzeitig die Einsetzung von menschlichen Führern zu billigen“ (Die Versammlung Gottes von C. H. M.).

Gegenwart des Heiligen Geistes

Nicht nur der Herr Jesus ist in der Mitte derer anwesend, die sich in seinem Namen versammeln, sondern auch Gott, der Heilige Geist, ist dort. Wir haben zuvor über die Gegenwart und das Wirken des Heiligen Geistes in der Versammlung nachgedacht und wollen dieser Wahrheit nun mehr Aufmerksamkeit schenken.

Die neue und besondere, persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf der Erde, der gemäß 1. Korinther 6,19 und Epheser 2,22 in den Gläubigen und der Versammlung wohnt, ist eine Folge des großen Erlösungswerkes und der Verherrlichung Christi im Himmel. Das ist eine der fundamentalen Wahrheiten unserer Haushaltung und ein bemerkenswerter Charakter des Christentums. Dennoch wird die Gegenwart dieser Person der Gottheit innerhalb der Versammlung wenig bedacht, anerkannt oder sich darauf gestützt. Die Gegenwart des Heiligen Geistes auf der Erde wird von der Christenheit ignoriert und Ihm wird nicht sein rechtmäßiger Platz als Führer und Leiter in der Versammlung gegeben. Seine Gegenwart wird geleugnet, indem Führung und Autorität Menschen übergeben wird, so dass der Heilige Geist beiseite gesetzt wird.

Als der Herr den Jüngern die Verheißung des Kommens des Heiligen Geistes auf die Erde gab, sagte Er, dass dieser sie alles lehren und sie in die ganze Wahrheit leiten würde. Er sprach von Ihm auch als dem Sachwalter oder „Parakletos“ (griechisch: παραìκλητος) – jemand, der hilft und sich um unsere Angelegenheiten kümmert (Joh 14,26; 16,13). In 1. Korinther 12 und 14 finden wir den Geist Gottes als Urheber verschiedener Tätigkeiten, Offenbarungen und Aufgaben in der Versammlung: „Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, einem jeden insbesondere austeilend, wie er will“ (1. Kor 12,11). Diese Schriftstellen zeigen uns, dass der Heilige Geist der Versammlung zur Leitung, Führung und Unterweisung gegeben ist und die Souveränität hat, wen immer Er als Sprachrohr für Gebete, Lobpreis oder den Dienst am Wort gebrauchen will.

Freiheit des Heiligen Geistes

Wenn wir 1. Korinther 14 näher betrachten, das spezielle Kapitel in Bezug auf die Ordnung in der Versammlung, sehen wir darin die uneingeschränkte Freiheit des Heiligen Geistes, in den Versammlungsstunden zu benutzen, wen Er möchte. Verschiedene Brüder beten mit dem Geist, singen mit dem Geist, preisen mit dem Geist (der Geist eines Mannes wird vom Heiligen Geist geleitet), sagen Dank, reden in Sprachen, üben prophetischen Dienst aus, unterweisen und äußern einen Psalm oder eine Lehre.

Ausdrücke wie „wenn jemand“ oder „ihr könnt alle weissagen“ oder ähnliche (V. 5,13,27,31) zeigen, dass jeder Bruder, sofern er nicht unter Zucht stand, die Freiheit hatte, sich in den Zusammenkünften zu beteiligen, so wie der Geist ihn leitete. Dies ist die Art und Weise, wie sich die ersten Christen versammelten, in der Freiheit und unter der souveränen Leitung des göttlichen Geistes.

Es ist wahr, dass es zum Missbrauch der Freiheit des Geistes kommen kann, so wie es in der Versammlung in Korinth der Fall war, was aus Kapitel 14 deutlich wird. Es gab zu viel Aktivität und in einigen war das Fleisch wirksam. Was muss die Versammlung dann tun? Anhand der Belehrung, die der Geist Gottes in diesem 14. Kapitel gibt, muss eine Korrektur vorgenommen werden. Dies ist das einfache göttliche Mittel zur Abhilfe.

Aber beachten wir, dass trotz der Unordnung, die in der Versammlung in Korinth herrschte, keine Anordnung folgte, diese Ordnung der Freiheit des Heiligen Geistes zu ändern und einen Mann als Diener und Führer der Versammlung zu berufen. Der inspirierte Apostel lehrte sie einfach, wie sie sich nutzbringend beteiligen konnten, und ermahnte sie: „Alles geschehe zur Erbauung“, „ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen“, „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung“ (1. Kor 14,26.31.40).

Diese Belehrungen waren nicht ausschließlich für Korinth bestimmt, sondern für jede Versammlung an jedem Ort, da dieser Brief gerichtet war an die „Versammlung Gottes, die in Korinth ist, (...) samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, ihres und unseres Herrn“ (1. Kor 1,2). Also sind diese Anordnungen in Bezug auf die Freiheit des Heiligen Geistes etc. für alle Gläubigen an jedem Ort genauso bindend wie damals. Dennoch fahren die Versammlungen der Christenheit fort mit ihren von Menschen gemachten Absprachen und Anbetungsprogrammen etc. – im klaren Widerspruch zu dem, was in der Schrift für uns niedergelegt ist.

Bist du, lieber Leser, in einem solchen menschlichen System, in dem der Heilige Geist an die Seite gesetzt wird und Ihm nicht sein rechtmäßiger Platz als Leiter und Führer gegeben wird? Wenn ja, dann beherzige das Wort „geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab“ (2. Kor 6,17). „Deshalb lasst uns zu ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, seine Schmach tragend“ (Heb 13,13) und uns allein in dem kostbaren Namen des Herrn versammeln, wo er in der Mitte und der Heilige Geist als göttliche Leitung anerkannt ist.

Neutestamentliche Versammlungen

In der Apostelgeschichte, die die Geschichte der Versammlung zur Zeit der Apostel, die durch Christus gebildet wurde, zeigt, finden wir immer, dass der Heilige Geist als Leiter in den Versammlungen der Christen an jedem Ort fungierte und dass Er, wen immer Er wollte, als sein Sprachrohr gebrauchte. Niemals gibt es in diesem Bibelbuch oder in irgendeinem der Briefe auch nur die geringste Erwähnung oder einen Hinweis darauf, dass eine einzelne Person als der verantwortliche Hirte, Prediger oder Priester einer Versammlung von Christen ernannt wurde. Es gab apostolische Autorität und solche, die mit dem Apostel Paulus bei der Entstehung von Versammlungen mitgearbeitet haben, wie Timotheus und Titus, und es gab die Gnadengaben eines Hirten, Lehrers, Evangelisten, etc., aber nirgendwo lesen wir in der Bibel davon, dass ein Mann zum Diener und Leiter einer Versammlung ernannt wurde, denn das wäre eine unrechtmäßige Aneignung des Platzes und der Autorität des Heiligen Geistes gewesen.

Der Begriff des Geistlichen

In den Herzen vieler ist heute die Idee eines von Menschen eingesetzten Amtes, einer Klasse von Menschen, die das exklusive Privileg zur Predigt haben, stark verwurzelt. Ein geschätzter Lehrer und frommer Mann hat einmal sehr treffend über diese Praxis gesagt: „Ich glaube, dass der ‚Begriff des Geistlichen‘ die Sünde gegen den Heiligen Geist1 in unserer Haushaltung ist. Ich rede nicht davon, dass Einzelne absichtlich diese Sünde begehen, sondern davon, dass die Sache an sich eine derartige Sünde ist, was diese Haushaltung betrifft, und zwangsläufig in der Zerstörung enden wird. Das Ersetzen der Kraft und der Gegenwart des heiligen, gesegneten und segnenden Geistes durch irgendetwas anderes ist die Sünde, die unsere Haushaltung charakterisiert. Dadurch nimmt die Nichterneuerung des Menschen und die Autorität des Menschen den Platz des Geistes Gottes ein, der allein die Kraft und das Anrecht hat ihn auszufüllen – als jener andere Sachwalter, der für immer bleiben sollte“ (J. N. Darby). Ernste, aber wahre Worte.

Zusammenfassung

Lasst uns Freude haben an der gesegneten Wahrheit, dass Gott, der Heilige Geist, wirklich in der Versammlung anwesend ist, wenn wir uns allein in dem kostbaren Namen Christi versammeln, selbst wenn es nur zwei oder drei sind, und dass Er der aktiv Handelnde und die tätige Kraft ist, um im Menschen zu wirken und die Versammlung zu führen und zu leiten, und dass der Herr selbst in der Mitte der Seinen ist.

Was brauchen wir noch mehr? Mögen wir einen einfältigen Glauben daran haben, entsprechend handeln und dem Herrn Jesus Christus und dem Heiligen Geist von Herzen unterwürfig sein.

Ist es nicht wahr, im Hinblick auf alles das, was wir aus den Schriften vor uns hatten, dass alles, was nicht die göttliche Leitung des Heiligen Geistes in der Praxis anerkennt und nicht die Freiheit des Geistes, jedes Glied der Versammlung zu gebrauchen, aufrechterhält, auch nicht als eine wahre Versammlung Gottes, die sich schriftgemäß versammelt, angesehen werden kann?

3.4 Die göttliche Art des Dienstes

Indem wir erkennen, dass die gerade vorgestellten Aussagen der göttlichen Wahrheit, die so wenig gekannt und geglaubt werden, gerade das Gegenteil des zentralen Prinzips der Organisationen der Kirche unserer Tage sind und sich völlig von dem unterscheiden, was in der Christenheit gelehrt, praktiziert und allgemein als richtig anerkannt wird, möchten wir dieses Thema ausdehnen, um dem ratlosen oder innerlich geübten Leser eine Hilfe zu geben. Unser Wunsch ist es, anhand der Schrift Gottes Weg in Bezug auf den Dienst in der Versammlung deutlich zu machen, so dass der göttliche Weg – ein Zeugnis für Christus weiterzutragen – im Gegensatz zu dem menschlichen Weg klar gesehen wird. Vielleicht sagen manche Leser: „Wie können diese Dinge geschehen? Wie können überhaupt Zusammenkommen und Dienste ausgeführt werden, ohne dass einige Männer dafür angestellt sind?“

Ein sorgfältiges Studium des Neuen Testamentes wird diese Fragen beantworten, ebenso wie alle anderen, die noch aufkommen werden. Aber wenn uns in dieser Sache geholfen werden soll und wir auf den rechten Weg geführt werden sollen, müssen wir unsere Augen und Gedanken von allem, was der Mensch tut und sagt, wegwenden und nur bedenken, was Gott in seinem Wort zu unserer Belehrung geschrieben hat. Wir möchten unsere Leser anhalten, in den Schriften zu suchen und nachzusehen, ob diese Dinge sich so verhalten, wie es die Beröer in Apostelgeschichte 17,11 taten.

Lukas 22, 7–13

Lasst uns diesen Textabschnitt näher betrachten und hier einige Dinge sinnbildlich auf unser Problem anwenden. Wir wollen vor allem einen Punkt besonders herausstellen, der zu unserem jetzigen Gegenstand führt – aber wir sollten auch ein wenig bei dem gesamten Textabschnitt verweilen, während wir diese Verse vor uns haben, da sie hilfreich für unsere gegenwärtige Betrachtung des örtlichen Aspekts der Versammlung sind.

Als der Herr Petrus und Johannes befahl das Passah zu bereiten, fragten sie: „Wo willst du, dass wir es bereiten?“ So können wir heute auch fragen: „Wo sollen wir hingehen, um anzubeten?“ Der Herr befahl ihnen dann in die Stadt zu gehen und einem Mann mit einem Krug Wasser zu folgen, den sie treffen würden. Dieser Mann mag für uns den Heiligen Geist und der Krug Wasser das Wort Gottes versinnbildlichen. Wir sollen dahin gehen, wohin der Geist und das Wort Gottes uns führen mögen. Petrus und Johannes sollten dann in das Haus gehen, in das der Mann ging, und sollten zu dem Herrn des Hauses sagen: „Der Lehrer sagt dir: Wo ist das Gastzimmer, wo ich mit meinem Jüngern das Passah essen kann?“ Der Herr sagte ihnen ferner, dass ihnen ein großes, mit Polstern belegtes Obergemach gezeigt würde und dort sollten sie es bereiten (V. 12). So gingen sie und fanden es, wie er gesagt hatte, und aßen das Passahmahl mit dem Herrn in diesem Raum. Auf das Passahmahl folgend wurde hier auch die neue Einrichtung, das Mahl des Herrn, für die Versammlung eingesetzt.

Alles das ist von großer Bedeutung für uns. Der Herr traf sich mit seinen Jüngern und feierte das Passah in einem abgesonderten Obergemach in dem Haus. So ist es jetzt wahrhaft geistlich, dass der Platz, wo der Herr sich mit den Seinen trifft, ein abgesonderter Platz ist – abgesondert von allem, das Ihn in der Christenheit bekümmert und verunehrt, wie 2. Timotheus 2,21 es sagt. Es ist zusätzlich ein großer Obersaal. So sollte auch die Versammlung des lebendigen Gottes, wo der Herr in der Mitte ist, in einer himmlischen Atmosphäre zusammenkommen als Glieder des Leibes Christi mit einem weiten Herzen, das Platz für alle Glieder jenes Leibes macht, die als solche in aller Aufrichtigkeit, Reinheit und Wahrheit zu kommen wünschen. Wenn sich Christen folglich in einfacher Abhängigkeit um den Herrn als ihren Mittelpunkt und Führer versammeln, wird Er sie mit allem, was sie brauchen, um das Zeugnis für seinen Namen weiterzutragen, ausstatten. Er, der in der Mitte ist, ist das Haupt der Versammlung und hat unter den Menschen Gaben gegeben für das Werk des Dienstes, wie wir in unseren vorhergehenden Ausführungen über Gaben und Dienst recht vollständig betrachtet haben. Er wird der Versammlung in Philadelphia als der Eine vorgestellt, der den Schlüssel des David hat, um zu öffnen und zu schließen (Off 3,7). Er hat auch die Schlüssel des Schatzes und Lagerhauses Gottes und kann sein Volk, das in einfachem Glauben von Ihm abhängig ist, reichlich versorgen.

Christus versorgt

Der Herr stattet sein Volk mit Gaben zum Dienst aus (Eph 4,11–16). Wo man sich vom Heiligen Geist abhängig hält und Ihn frei wirken lässt, wird Er wachrufen, kräftigen und die Gaben gebrauchen, die in jeder örtlichen Versammlung für die Erbauung und Fürsorge der Heiligen und für das Predigen des Evangeliums zu den Verlorenen vorhanden sind. Es besteht kein Bedarf auszugehen und einen Prediger anzustellen, etc.. Wo irgend Gläubige um den Herrn zusammenkommen, da hat Er Gaben gegeben und einige mit der Befähigung zum Dienst versehen. Obwohl sich dieser in aller Einfachheit und Schwachheit äußern kann, ist er von dem Herrn, denn fünf Worte im Geist sind besser als zehntausend Worte in einer unbekannten Sprache oder aus der Beredsamkeit eines Menschen anstatt aus dem Geist (1. Kor 2,1–4; 14,19).

Die Gaben des Herrn sind verschieden, und jeder Gläubige besitzt eine Gabe irgendeiner Art und hat als ein besonderes Glied des Leibes des Christus eine Funktion zu erfüllen. „Jedem Einzelnen von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Maß der Gabe des Christus“ (Eph 4,7). Es mag nötig sein, diese Gaben zu entdecken, anzufachen und im Gebrauch zu entwickeln, aber sie sind da und sind als Hilfe und zum Segen für alle gegeben. Wenn sich die Gläubigen allein zum Namen des Herrn hin versammeln, indem sie die Freiheit des Heiligen Geistes, denjenigen zu gebrauchen, den er will, anerkennen, ist jeder Gläubige gehalten, seine Verantwortung zu fühlen, dass er seinen Teil zur Aufrechterhaltung eines Zeugnisses für den Herrn beiträgt. Dadurch werden Gaben und Befähigungen gefunden, in Tätigkeit gesetzt und entfaltet. Wenn hingegen ein Mann ernannt wird, um die gesamte Verantwortung des Dienstes zu übernehmen, so findet man nicht diese Aktivität und Entfaltung aller dieser Gaben, die in der Versammlung vorhanden sein können.

Der schriftgemäße Weg für das Volk des Herrn besteht daher darin, sich einfach als Christen um den Herrn zu versammeln und in Abhängigkeit vom Heiligen Geist die Gaben in ihrer Mitte zu gebrauchen und andere zu wecken. Der Geist kann ebenso einige begabte Diener Gottes als Besuch zu ihnen senden, wen irgend und wann irgend Er möchte, zu ihrer Auferbauung, für das Predigen des Evangeliums, oder für irgendeine besondere geistliche Hilfeleistung, die benötigt wird.

Der Herr nährt und pflegt seine Versammlung und wird als ihr Haupt und Bräutigam jedes örtliche Zusammenkommen mit allem ausstatten, was nötig ist wenn es von Ihm abhängig bleibt. Dies haben wir immer wieder gesehen und viele haben es als wahr befunden. So war es bei den neutestamentlichen Versammlungen. Sie fanden sich als Gläubige zusammen und haben so einander erbaut. Zudem empfingen sie die Diener des Herrn, die Er zu ihnen sandte – wer auch immer es sein mochte. Studiere die Apostelgeschichte und die Briefe und sieh, ob dies nicht so ist!

Das gegenseitige Belehren und Ermahnen

Paulus schrieb der Versammlung in Rom: „Ich bin aber auch selbst, meine Brüder, im Blick auf euch überzeugt, meine Brüder, dass auch ihr selbst voll Gütigkeit seid, erfüllt mit aller Erkenntnis und fähig, auch einander zu ermahnen“ (Röm 15,14). Ebenso wünschte er sich, sie besuchen zu können, um ihnen etwas geistliche Gnadengabe mitzuteilen (Röm 1,11). Er schrieb an die Versammlung in Kolossä: „Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen, indem ihr in aller Weisheit euch gegenseitig lehrt und ermahnt“ (Kol 3,16). Dazu waren sie als Brüder in Christus fähig und ebenso sind es die Brüder im Herrn heute. Selbst wenn in einer kleinen Versammlung keine ausgeprägten Gaben vorhanden sein mögen – dieser einfache Dienst des gegenseitigen Belehrens und Ermahnens, wie der Geist Gottes es führt und zulässt, ist für Christen immer möglich, die sich in aller Einfachheit um den Herrn versammeln, um sein Wort zu studieren.

Das große Versagen der Versammlung bestand in der Gefahr, vor welchen der Apostel auch die Kolosser warnte: „nicht festhaltend das Haupt, aus dem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder unterstützt und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst“ (Kol 2,19). Gelenke und Bänder sind keine großen Glieder des Leibes, aber sie stehen den Gliedern zu Diensten und verbinden sie und aufgrund dieser Tatsache wächst der Leib. Wenn Christen allein das Haupt festhalten, ihre Augen auf Christus gerichtet halten und auf Ihn vertrauen, werden sie in den gemeinsamen Zusammenkünften erbaut und gesegnet werden. Falls dies nicht getan wird, werden sie nicht auf diese Weise gesegnet. Vielmehr wird auf menschliche Meinungen zurückgegriffen, wie man es heute um uns herum beobachten kann.

Gaben – nicht alle in einer Person

Dies wird uns in Römer 12,5–8 näher vorgestellt. „So sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander. Da wir aber verschiedene Gnadengaben haben, nach der uns verliehenen Gnade: es sei Weissagung, so lasst uns weissagen nach dem Maß des Glaubens; es sei Dienst, so lasst uns bleiben im Dienst; es sei der lehrt, in der Lehre; es sei, der ermahnt, in der Ermahnung; der gibt, in Einfalt; der vorsteht, mit Fleiß; der Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit.“ Verschiedene Gnadengaben sind unterschiedlichen Personen gegeben und werden für die Erbauung der Heiligen und für das Weitertragen des Zeugnisses einer Versammlung benötigt. Jeder von uns möge das Werk tun, zu dem er begabt ist – dies ist Gottes Weg für den Dienst in der Versammlung. So schreibt auch Petrus: „Je nachdem jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes“ (1. Pet 4,10).

Als die Korinther Parteien um die Diener des Herrn herum bildeten, indem sie einen begabten Mann als ihre Leitfigur wählten, schrieb ihnen Paulus: „Alles ist euer. Es sei Paulus oder Apollos oder Kephas (...) alles ist euer“ (1. Kor 3,21.22). Sie wollten sich selbst auf eine Gabe völlig beschränken, wohingegen der Herr ihnen alle diese begabten Brüder mit ihren verschiedenen Gaben zu ihrem Segen gegeben hatte. So sollten wir uns den Dienst von allen verschiedenartigen Gaben, die der Herr uns gegeben hat, wünschen und nicht eine Gabe als unseren „Diener“ unter Ausschluss der anderen erwählen. Die Schrift spricht von „einem Diener“ in der Versammlung in der Gesamtheit, aber niemals von „dem Diener“ in einer örtlichen Versammlung – der Unterschied ist offensichtlich. Die Versammlung soll die Diener Christi annehmen, die zu ihnen gesandt werden, und sie mit Dankbarkeit anerkennen, das heißt, wenn alles in göttlicher Ordnung ist.

Führer

Dass es Führer und Vorsteher in der Versammlung und im örtlichen Zusammenkommen gibt, die Gott für den Segen und die Führung seines Volkes gebraucht, bezeugt uns die Schrift. Apostelgeschichte 15,22 spricht von Silas und Judas als „Führer(n) unter den Brüdern“ und Hebräer 13,7 ermahnt: „Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben.“ Aber bemerke, dass sie in der Mehrzahl genannt werden und dass sie nicht offiziell als Führer berufen wurden – jedoch konnte der Heilige Geist sie als solche gebrauchen. Der Heilige Geist muss immer der Führer sein und Ihm muss die Freiheit eingeräumt werden, den zu gebrauchen, wen irgend Er will.

Unterscheidung zwischen den Zusammenkommen

Wir verweisen auf den Unterschied zwischen den Zusammenkommen der Versammlung als solche (zur Anbetung und zum Mahl des Herrn, zum Gebet, oder für andere Zwecke, für die wir Versammlungsstunden ansetzen mögen) und den Zusammenkommen, in denen Diener Christi ihren Dienst auf ihre eigene Verantwortung hin ausüben (Evangelisationen, Sonntagschule und besondere Zusammenkommen, in denen Ansprachen zur Belehrung und zum Dienst an dem Volk des Herrn gehalten werden). Diese zuletzt genannten Zusammenkommen, die von Einzelnen, denen dieses Werk am Herzen liegt und die vom Herrn zu solchen Diensten befähigt werden, einberufen und durchgeführt werden, sind von einem anderen Charakter als die Zusammenkommen als Versammlung und stehen unter der Verantwortung derer, die sie in die Hand nehmen. Solche Zusammenkommen können durch eine Person oder durch das gemeinsame Wirken einiger durchgeführt werden, während die Zusammenkommen als Versammlung zur Anbetung, zum Gebet und zum Lesen der Bibel oder offene Zusammenkünfte zum Dienst für die Beteiligung aller derer offen sind, die der Heilige Geist gebrauchen will.

Alle, die zum Volk Gottes gehören, sind Priester und können das Allerheiligste betreten, um zur Anbetung und zum Gebet zu nahen. Deshalb kann jeder Bruder (die Frauen werden ermahnt in der Versammlung still zu sein – 1. Kor 14,34; 1. Tim 2,11.12 – das heißt, sie sollen nicht sprechen) den Herrn hörbar loben und folglich die Heiligen in Anbetung und Gebet anführen. Petrus berichtet uns, dass die Gläubigen „eine heilige Priesterschaft (sind), um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus“ und ebenso dass sie „eine königliche Priesterschaft“ sind (1. Pet 2,5.9).

Wir vertrauen darauf, dass diese Zeilen unseren Lesern helfen mögen den göttlichen Weg des Dienstes in der Versammlung klarer zu sehen. Falls jemand fragen sollte: „Ist dies durchführbar? Wird es funktionieren?“ So antworten wir: „Sicherlich. Es funktionierte in den neutestamentlichen Versammlungen und es funktioniert heute, indem es in tausenden Versammlungen weltweit, wo entsprechend dieser schriftgemäßen Prinzipien gehandelt wird, Segen bringt.“

3.5 Älteste, Aufseher und Diakone

„Ältester“ ist ein Wort, das aus der Zeit der Patriarchen Israels stammt (2. Mo 3,16). Die Familie war das Muster der Regierung und in der Familie hatte der Vater als der Älteste die Autorität. Dies wurde übertragen auf die Nation, wo die Häupter der Häuser die Häupter der Nation wurden, und in diesem Sinne haben wir eine häufige Erwähnung des Wortes in den Evangelien und in der Apostelgeschichte (Mt 26,3.47; Apg 4,5.8). In der Apostelgeschichte 11,30 haben wir die erste Anwendung des Wortes auf die Führer in der Versammlung Gottes und danach wird es recht häufig so benutzt.

Ein Ältester war, wie wir gesehen haben, der gewöhnliche Titel der führenden Männer unter den Juden – der Obersten. Es meint einfach eine ältere Person und wird getrennt von der Vorstellung eines Amtes in diesen Abschnitten benutzt: 1. Timotheus 5,1.19; 1. Petrus 5,1; 2. Johannes 1; 3. Johannes 1. Ältere Männer waren normalerweise für das Werk der Aufsicht geeignet und aus ihnen ernannten die Apostel Aufseher. „Ältester“ bezeichnet folglich die Person und „Aufseher“ das Werk oder Amt, zu dem er berufen ist. 1. Timotheus 3,1 spricht von dem „Aufseherdienst“ und Titus 1,5–7 zeigt, dass Älteste und Aufseher die gleichen Personen waren.

Aufseher und Diener waren örtliche offizielle Ämter in der Versammlung und müssen unterschieden werden von Gaben. Älteste und Diener konnten die Gabe zum Predigen oder Lehren haben oder eben nicht. Eine solche Gabe war völlig unabhängig von ihrem besonderen Amt. Es konnte viele Älteste und Diener in einer beliebigen Versammlung geben, was auch tatsächlich vorkam, und trotzdem wäre dort die vollste und ungehemmteste Freiheit für jeden einzelnen seine Gabe im Dienst auszuüben, wenn die ganze Versammlung an einem Ort zusammenkäme. Älteste besaßen nicht die Aufgabe, Vorsitzende eines öffentlichen Zusammenkommens zu sein, vielmehr sollten sie die Herde Gottes beaufsichtigen, nähren und sich um sie kümmern (Apg 20,28).

Apostolische Einsetzung von Ältesten

In Apostelgeschichte 14,21–23 haben wir das erste der zwei Beispiele in der Schrift, wo Älteste erwählt wurden. Dies geschah in den Versammlungen in den Nationen, die durch die Missionsarbeit von Paulus und Barnabas gegründet wurden. Nach dem Predigen des Evangeliums an verschiedenen Orten kamen sie wieder zu dem Schauplatz ihrer früheren Bemühungen in Lystra, Ikonium und Antiochien zurück und befestigten die Seelen der Jünger und ermahnten sie im Glauben zu verharren und „erwählten ihnen in jeder Versammlung Älteste“. Älteste wurden nicht in einer jungen Versammlung gewählt. Es musste Zeit gegeben werden für die Entwicklung von geistlichen und moralischen Qualifikationen und für die Offenbarwerdung solcher, die mit Weisheit ausgestattet waren und für ein solches Werk des Hütens und Führens der Versammlung Gottes befähigt waren. Die erforderlichen Qualifikationen für Älteste werden in 1. Timotheus 3 und Titus 1,6–9 vorgestellt.

Aber bemerke, wer die Ältesten in diesen Versammlungen bestimmte und einsetzte. Es waren nicht die Versammlungen, die ihre eigenen Ältesten auswählten und einsetzten, wie es heute praktiziert wird, sondern es waren Paulus und Barnabas, die sie bestimmten. Sie waren eingesetzt durch apostolische Autorität.

Bemerke außerdem, dass es in Titus 1,5 – die einzige weitere Stelle in der Schrift, wo wir etwas über das Wählen von Ältesten lesen – Titus war, der in den Versammlungen auf Kreta die Erwählung durchführen sollte, wozu Paulus ihn bestimmt hatte. Es ist wahrscheinlich, dass Timotheus als ein apostolischer Gesandter Älteste wählte, da ihm Anweisungen in Bezug auf die benötigten Qualifikationen für jene gegeben werden – aber es wird nicht erwähnt, dass er es tat.

Und heute?

Wir finden durchweg in der Bibel, dass nur ein Apostel oder ein apostolischer Gesandter befugt war, Älteste zu bestimmen. Mehr noch, wir lesen darin nicht ein Wort über das Fortbestehen dieser apostolischen Gewalt der Ernennung, nachdem die Apostel die Erde verließen. Nicht ein Wort ist an Titus oder Timotheus gerichtet worden, diese Aufgabe nach dem Tod des Apostels fortzuführen. Weiterhin durfte Titus nicht jeden bestimmen, den er wollte, sondern der Apostel wies ihm den Bereich seines Auftrags zu – nur auf Kreta. Er war apostolisch beauftragt Älteste in Kreta anzustellen und konnte einen an ihn gerichteten inspirierten Brief mit Anweisungen vorlegen. Wer kann das heute noch tun?

Weiterhin finden wir in keinem Teil der Schrift einen solchen Gedanken geäußert, dass eine Kirchengemeinde ihre Ältesten wählt und einsetzt. Deshalb bekräftigen wir angesichts der vorigen unumstrittenen Fakten, dass es jetzt keinen Mann und keine Körperschaft gibt, die die Gewalt besitzen Älteste einzusetzen, noch war die Kraft oder Autorität jemals der Versammlung übergeben worden.

Was sollen wir nun tun? Soll es heutzutage keine Älteste oder Aufseher in der Versammlung Gottes geben? Gott sei Dank, es gibt sie, aber sie sind nicht und können nicht offiziell als solche bestimmt werden, weil es keine apostolische Gewalt oder Autorität mehr gibt, um sie zu bestimmen.

Der Heilige Geist setzt ein

Apostelgeschichte 20,28 wird uns helfen in Bezug auf den Weg Gottes für uns heute. Paulus sagte, indem er sich hier an die Ältesten in Ephesus wandte: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten.“ Es ist nur Gott, der Heilige Geist, der Aufseher über seine Herde zubereiten und bestimmen kann, und Er tut es heute noch immer. Wir glauben, dass, wenn Paulus oder Titus Älteste einsetzten, sie es taten, indem sie in der Kraft und der direkten Autorität des Heiligen Geistes handelten, und dass ihre Einsetzung von der Versammlung als göttlich zu betrachten war.

In der Abwesenheit solch einer apostolischen Gewalt oder abgeordneten Autorität können wir dennoch auf den Heiligen Geist vertrauen, dass Er geeignete und fähige Männer erweckt und können diese ermuntern, die Aufsicht über seine Herde zu übernehmen und seine Lämmer und Schafe zu nähren. Damals war der Heilige Geist am Werk und das muss heute noch genauso sein. Falls Gott einen Ältesten oder Älteste in einer Versammlung erweckt, die den Umherschweifenden nachgehen, die Widerspenstigen warnen, die Bedrückten trösten, ermahnen, beraten und Seelen anleiten, geziemt es uns sicherlich, solche dankbar anzunehmen und sie ihrer Arbeit wegen sehr wertzuschätzen. Wir sollen sie lieben und sie als solche anerkennen, die über uns sind im Herrn (1. Tim 5,17). Sie tun das notwendige Werk der Aufseher und als solche soll zu ihnen aufgeblickt werden, obwohl sie nicht offiziell eingesetzt werden können, da es keine ordnungsgemäße autorisierte Gewalt gibt dies zu tun.

Ist es für uns nun nicht angemessen zu sagen, dass wir keine Apostel sind, keine Ältesten anstellen, aber doch freudig solche anerkennen, die mit den nötigen Befähigungen für einen örtlichen Dienst ausgestattet sind und das Werk eines Aufseher tun? Dies mag für einige unserer Leser, die sich in Kirchen mit gewählten Ältesten oder Aposteln befinden, merkwürdig erscheinen, aber wir fordern sie auf in der Schrift zu suchen und zu sehen, ob diese Dinge so sind oder nicht.

Anweisungen für unsere Zeit

Wenn wir die Bibel studieren, werden wir in den Briefen entdecken, dass ein ähnlicher Zustand der Dinge im Vergleich zu unserem heutigen fehlerhaften Zustand zu unserer Hilfe und unserem Gewinn beschrieben wird. Der Herr ließ in seiner Weisheit solche Bedürfnisse in der frühen Versammlung spürbar werden. Folglich wurde der Apostel inspiriert, Briefe an Versammlungen zu schreiben, in denen keine Ältesten als solche eingesetzt waren, zum Beispiel die Briefe an die Thessalonicher und an die Korinther. In Korinth herrschte in der Versammlung ausdrücklich Unordnung und man könnte gedacht haben, dass Älteste dort nützlich gewesen wären. Aber in den Korintherbriefen gibt es durchweg nicht ein einziges Wort oder einen einzigen Hinweis über Älteste.

Während die Versammlung in Korinth vor Gnadengaben strotzte, werden keine Ältesten unter ihnen gesehen. Dennoch widmete sich das Haus des Stephanas regelmäßig dem Dienst an den Heiligen und der Apostel fleht die Brüder an, sich selbst solchen zu unterwerfen und ebenso jedem, der half und arbeitete (1. Kor 16,15.16).

Auch in 1. Thessalonicher 5,12.13 finden wir eine sehr wichtige Anweisung an die Heiligen. Sie waren eine junge Versammlung, aber dennoch wird ihnen gesagt, dass sie jene, die unter ihnen arbeiteten, anerkennen sollten. „Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die erkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen, und dass ihr sie über die Maßen in Liebe achtet, um ihres Werkes willen.“ Die Gegenwart von eingesetzten Ältesten ist nicht notwendig, um solche zu haben und anzuerkennen, die über uns sind im Herrn. Diese Stelle ist jetzt von hoher Wichtigkeit für uns, weil wir wie auch sie keine offiziellen Ältesten haben.

So gab Gott in seiner Vorsorge Anweisungen für Versammlungen, in denen es keine gewählten Älstesten geben würde. Darin wird seine weitreichende Weisheit sichtbar, indem Er selbst den heutigen Schwierigkeiten begegnete. Denn auch heute gibt es keine zulässige Autorität auf der Erde Älteste einzusetzen, wie die Apostel es taten. Wir sehen ebenfalls zu unserer Ermunterung, dass es in Korinth und Thessalonich, wo keine offiziellen Älteste waren, solche gab, die von Gott inmitten der Heiligen erhoben wurden. Diese zeigten die geistliche Fähigkeit in der Führung und Leitung anderer und offenbarten die Kraft, um Schwierigkeiten in der Versammlung zu begegnen und um die Bemühungen des Feindes zu durchkreuzen. In dem einen Brief ermahnte der Apostel, sich solchen zu unterwerfen und in dem anderen Brief sagte er von diesen, dass sie „euch vorstehen im Herrn“. Diese Vorsorge durch den Herrn können wir auch heute noch erwarten und die Unterwerfung unter solche und ihre Wertschätzung fängt bei jedem einzelnen in jeder Versammlung an.

Wie vorher beschrieben finden sich die Qualifikationen für einen Aufseher in 1. Timotheus 3 und Titus 1,6–9. Sie sind klar genug und erfordern hier keine weitere Erläuterung. Starke moralische Eigenschaften sind ebenso gefordert wie die geistliche Fähigkeit für die Arbeit.

Aber lasst uns bemerken, indem wir diesen Gegenstand beschließen, dass der Apostel sagt: „Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk“ (1. Tim 3,1). Die Arbeit des Aufsehers in der Versammlung Gottes ist eine gute und höchst notwendige Arbeit, die von Gott Befähigten erstrebt werden sollte. Manchmal bleibt diese gute Arbeit in Versammlungen unverrichtet, was einen Mangel an geistlicher Übung und geistlichem Streben seitens einiger, die der Heilige Geist unzweifelhaft benutzen würde, erkennen ließe. Daher müssen vielleicht einige ermahnt werden, dass sie diese gute und nötige Arbeit zu tun erstreben. Diese Handlungsweise finden wir in 1. Petrus 5. Dort drängt er die Ältesten die Aufsicht über die Herde freiwillig zu übernehmen und so ein Zeichen für die anderen zu setzen. Eine Krone der Herrlichkeit von dem Erzhirten wird die Belohnung sein.

Diener

Es verbleibt uns jetzt, diesen Bereich des Dienstes in der Versammlung kurz zu betrachten. In anderen Übersetzungen wird das Wort entsprechend seinem griechischen Ursprung auch mit „Diakon“ wiedergegeben. Die Arbeit eines Dieners ist es, sich um zeitliche, materielle Dinge in der Versammlung zu kümmern, während der Älteste mit der geistlichen Sorge für die Versammlung zu tun hat. Das Wort „Diener“ in diesem Sinn steht nur in Philipper 1,1 und 1. Timotheus 3,8–13, wobei die letzte Stelle die erforderlichen Eigenschaften für solche enthält.

Wir bekommen ein Beispiel des Dienstes eines Dieners in Apostelgeschichte 6,1–6, wo sieben Männer von gutem Zeugnis, voll Heiligen Geistes und Weisheit, von der Versammlung in Jerusalem ausgewählt wurden und durch die Apostel über die materielle Aufgabe der Sorge für die Witwen bei der täglichen Bedienung bestellt wurden. Obwohl sie hier nicht Diener genannt werden, ist es das, was sie waren – Diener der Versammlung in der Verwaltung materieller Dinge.

Hier bemerken wir, dass die Versammlung auswählt und die Apostel sie offiziell einsetzen. Denn, falls die Versammlung Geld und materielle Dinge gibt, so ist es Gottes Wille, dass sie eine Stimme haben sollte in der Auswahl von solchen, bei denen sie den Eindruck hat, dass sie mit Weisheit und gutem Gewissen diese Gaben weise verteilen werden. So kann heute die Versammlung solche erwählen, denen sie die Verwaltung ihrer materiellen Dinge anvertrauen möchte. Aber was die formale Einsetzung und das Händeauflegen angeht, so kann dies ebenfalls nur durch Apostel geschehen, wenn wir dem göttlichen Muster genau folgen. Da es heute keine Apostel mehr gibt, kann es auch heute ein solches offizielles Einsetzen von Diakonen nicht mehr geben.

3.6 Göttliche Autorität

Auf den vorhergehenden Seiten haben wir diesen Gegenstand etwas berührt, aber es ist vielleicht nötig, etwas mehr im Detail über diesen Gegenstand der Autorität in der Versammlung zu sprechen. Wir haben herausgestellt, dass der Herr selbst, der im Himmel erhoben ist als Haupt über alle Dinge, in der Mitte derer gegenwärtig ist, die zu seinem Namen zusammenkommen, selbst wenn es nur zwei oder drei sind. Demnach ist nur Er der rechtmäßige Führer und besitzt die Autorität in der Versammlung.

Aber wir haben nicht nur die Gegenwart des Herrn und des Heiligen Geistes als Autorität in der Versammlung. Wir haben auch sein geschriebenes Wort, die Heilige Schrift, als unseren Führer und als Autorität. Darin werden die Gedanken und der Wille Gottes in Bezug auf alle Dinge klar offenbart. Die Autorität Gottes wird für uns in seinem Wort ausgedrückt und es liegt an uns, dem inspirierten und zuverlässigen Wort zu folgen und gemäß seinen Grundsätzen und Geboten zu handeln. „Das sagt der Herr“ ist die göttliche Autorität für die Versammlung des lebendigen Gottes, die unter der Leitung des Heiligen Geistes für jede erforderliche Handlung völlig ausreicht.

In diesen Tagen der Glaubensbekenntnisse, Kirchenstatuten und -regeln ist es notwendig, die Tatsache zu betonen, dass die Heilige Schrift der in jeder Hinsicht ausreichende Führer und einzige Maßstab der Autorität für die Versammlung ist. Da wir das inspirierte Wort Gottes mit den vollständigen Unterweisungen in Bezug auf seine Gedanken und seinen Weg für sein Volk haben, warum brauchen wir dann Glaubensbekenntnisse und Statuten? Können die Worte des Menschen die Wahrheit klarer darlegen als die Worte Gottes? Sicherlich nicht. Nichts Geringeres als die ganze Bibel ist für uns genügend, darüber hinaus wird nichts benötigt. Wir haben auch den Heiligen Geist, den Autor dieses Wortes, gegenwärtig bei uns, um es uns auszulegen und uns darin anzuleiten, es auf die heutigen Schwierigkeiten und Umstände anzuwenden.

Aus Matthäus 18,17–20 lernen wir, dass der Herr auch der Versammlung, die zu seinem Namen zusammengekommen ist, Autorität gegeben hat, um Zucht auszuüben und zu binden und zu lösen, was dann auch im Himmel Bestätigung findet. „Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“

Wo auch immer sie sein mögen, der Herr ist in ihrer Mitte und gibt den zweien oder dreien, die zu seinem Namen zusammengekommen sind, sein eigenes Gewicht von Autorität. Ihre Handlungen sind im Himmel gebunden oder im Himmel gelöst, je nachdem wie der Fall sein mag. Sie sind dort als bindend und maßgeblich anerkannt. Dies ist die Autorität, die der Herr auf seine Versammlung übertrug, eben die Autorität, für Ihn in seinem Namen auf der Erde zu handeln. Um die Worte eines anderen zu zitieren: „Was ist die wirkliche Kraft, die wirkliche Quelle der Autorität bei der Zucht? Die Gegenwart des Herrn Jesus: Es ist nicht so, dass die Zucht eine Handlung einer freiwilligen Gesellschaft ist, die eines ihrer Mitglieder aus ihrer engen Gemeinschaft ausschließt, sondern es ist die Handlung eines Gott gemäßen Zusammenkommens, das im Namen des Herrn Jesus versammelt ist und in seinem Namen und durch seine Autorität handelt, um der Heiligkeit, die seinem Namen gebührt, zu entsprechen. Das Gewicht der Handlung einer Versammlung leitet sich nicht von einer einzelnen Stimme oder einem Urteil seiner Mitglieder ab, sondern von der Anwesenheit des Herrn in der Mitte von ihnen, wenn sie zusammengekommen sind“ (J. N. Darby).

Keine absolute Autorität

Die Versammlung ist nicht unfehlbar und deshalb für Fehler in ihren Urteilen und Handlungen verantwortlich. Falls sie ihr Auge vom Herrn abwendet, so kann sie im Fleisch handeln anstatt im Geist und verfehlt so den Gedanken, dass der Herr in ihrer Mitte ist. Sie muss sich also ständig unter der Kontrolle der Autorität Gottes, wie sie in der Schrift ausgedrückt wird, unterwerfen. Der Herr hat der Versammlung keine bedingungslose und absolute Autorität gegeben, um unabhängig von Ihm selbst zu handeln oder um seinen Willen, der deutlich in seinem Wort geäußert wird, beiseite zu setzen oder zu übertreten. Deshalb ist die Verheißung an eine Bedingung geknüpft. Wenn auf Ihn gewartet wird und Unterwerfung im Geist unter das geschriebene Wort vorhanden ist, das sein Licht auf Tatsachen und Personen wirft, wird Er, der dort in der Mitte ist, seine gnädige Kraft völlig zeigen, die Sanftmütigen im Recht leiten und sie seinen Weg lehren (Ps 25,9).

Die Worte William Kellys zu dem vorhergehenden Gegenstand sind sehr passend. Wir zitieren sie hier für unsere Leser: „Es war der Anti-Kirche vorbehalten, unwiderrufliche Autorität zusammen mit Unfehlbarkeit zu beanspruchen. Wo unter den Gläubigen Streit herrscht, ist es Torheit, einen Charakter geltend zu machen, der nur an die Einigkeit in der Kraft des Geistes gebunden ist. Und der Apostel lehnt ab, was der römische Papst beansprucht, nämlich, dass selbst im Falle einer fehlerhaften Entscheidung diese bindend ist. Die unvermeidliche Folge wird früher oder später Zerstörung und nicht Auferbauung sein. Dies ist nicht Christus gemäß, sondern eine menschliche Annahme, um nicht zu sagen Anmaßung.

Ob es die Annahme einer Einzelperson oder einer Versammlung oder ob es – wie in einer angesehenen Theorie – das Oberhaupt zusammen mit dem, was die Kirche als Ganzes repräsentiert, ist: Ein solcher Anspruch ist frei erfunden und zerstörerisch in Bezug auf die Herrlichkeit des Herrn. Die Verheißung ist zweifellos an eine Bedingung geknüpft und nicht absolut. Nie gab es ein offensichtliches Versagen, außer als die Bedingung gebrochen wurde, und dann gab der Herr in seiner großen Treue ausdrücklich nicht seine Zustimmung. Um bedingungslos wahr zu sein, sollte auch Unfehlbarkeit vorhanden gewesen sein, die noch nicht einmal einem Apostel zukommt, sondern nur Gott allein. Die Sanftmütigen wird Er im Recht leiten und seinen Weg lehren. Dies geschieht nun in der Versammlung durch seine eigene garantierte Gegenwart und Führung, obwohl sich kein härteres Wirken vorstellen lässt, wo mehrere Willensäußerungen von so vielen natürlicherweise zu verschiedenen Handlungen führen würden. Aber Er ist dort in der Mitte, um seine gnädige Kraft völlig wirken zu lassen, wenn aufrichtig auf Ihn gewartet wird – in Unterwerfung im Geist unter das geschriebene Wort, das sein göttliches Licht auf Tatsachen und Personen wirft. Dies sollte zur Folge haben, dass alle, die ohne Kraft sind, einmütig in der Furcht Gottes handeln können und jene, die anderer Meinung sind, in ihrem Eigenwillen offenbar werden, egal ob sie wenige oder viele sind.

Aber es als gegeben hinnehmen, dass ein bestimmtes Urteil unwiderruflich ist, weil es der Meinung einer Mehrheit oder gar einer ganzen Versammlung entspricht, ist angesichts von Fakten, die seine Wahrheit und Rechtmäßigkeit umstoßen, nicht nur fanatisch (ich sage nicht nur unlogisch), sondern bedeutet ein böses Kämpfen gegen Gott. Ein solcher Fall ist sehr demütigend – vor allem für eine Versammlung, die sich selbst dafür richten muss, dass sie voreilig und im Irrtum gehandelt hat, während sie vorgab, gemäß den Gedanken des Herrn zu verfahren. Es war aber nur der trügerische Einfluss von voreingenommenen Führern oder die Schwachheit der Masse, die es im Allgemeinen vorzieht, ruhig zu bleiben und um jeden Preis mit dem Strom zu schwimmen. Möglicherweise spielten beide Gründe oder auch andere eine Rolle. Der einzige Weg, der dem Herrn überhaupt wohlgefällig ist, besteht darin, dass der Fehler, wenn er bekannt ist, so öffentlich, wie er begangen wurde, eingestanden und gerichtet wird. Dies gebührt dem Herrn und der Versammlung, ebenso wie den Einzelnen oder der Gruppe – wenn es eine solche gibt – die höchst unmittelbar betroffen sind. Es ist Christus und seiner Diener nicht würdig, wenn in unangebrachter und irreführender Weise mit Rücksicht auf Menschen – so angesehen sie sein mögen – der äußere Schein gewahrt wird, wenn hochklingende Begriffe zum Ausdruck gebracht werden oder wenn die Frage der Wahrheit und des Rechts nur vage angesprochen wird, um ein offensichtliches Fehlurteil zu verdecken. Dies war dem Apostel fern, der zu Beginn dieses Briefes (2. Korinther) bestritt, dass er über den Glauben der Heiligen herrschte. Stattdessen bekundet er am Ende seinen ehrlichen Wunsch, auch wenn er zutiefst geringschätzig behandelt worden war, wenn möglich ein scharfes Handeln mit solchen zu vermeiden, die dazu in schwerwiegendem Maße Anlass geboten hatten. Er wollte hingegen die Autorität benutzen, die der Herr ihm gab, um aufzubauen und nicht um niederzuschlagen (2. Kor 13,10).“ (Notes on 2. Corinthians, S. 245–247)

Wir sollten hier nicht mehr über Zucht und das Binden und Lösen in der Versammlung sprechen, da das vor uns kommen wird, wenn wir den Gegenstand der Zucht in der Versammlung betrachten.

Sieben göttliche Dinge

Wir sind zuvor in kostbarer Weise näher auf diesen wunderbaren Vers in Matthäus 18,20 eingegangen. Aber da er in den obigen Abschnitten wieder vor uns stand, möchten wir gerne ein wenig mehr auf die Fülle dieses goldenen Verses der Verheißung hinweisen. Es wurde oft gesagt, dass in diesem Vers sieben göttliche Dinge enthalten sind. Es sind die folgenden:

  1. „Denn wo“ – der göttliche Platz,
  2. „zwei oder drei“ – die göttliche Zahl,
  3. „versammelt sind“ – die göttliche Kraft (versammelt durch den Heiligen Geist),
  4. „in meinem Namen,“ – der göttliche Name und Mittelpunkt des Zusammenkommens,
  5. „da“ – die göttliche Anwesenheit,
  6. „bin ich“ – die göttliche Person,
  7. „in ihrer Mitte.“ – der göttliche Mittelpunkt

Mögen unsere Herzen erfüllt sein mit der gesegneten Fülle dieser einfachen, aber dennoch großartigen Verheißung des Erretters, die für uns völlig ausreicht.

3.7 Das Zusammenkommen der Versammlung

In unseren bisherigen Betrachtungen bezüglich des örtlichen Ausdrucks der Versammlung hatten wir einige der Hauptgrundsätze vor uns, die eine Versammlung, die schriftgemäß zusammenkommt, bestimmen und ausmachen sollten:

  1. Wir haben gesehen, dass sie auf der Grundlage des einen Leibes aller Gläubigen zusammenkommt, indem man einander als Glieder jenes geistlichen Leibes des Christus anerkennt und aufnimmt und keinen anderen Leib anerkennt.
  2. Zweitens muss sie allein zum Namen des Herrn Jesus als ihrem Mittelpunkt versammelt sein und jenen kostbaren Namen unter Ausschluss aller anderen aufrechthalten.
  3. Drittens muss dem Herrn sein rechtmäßiger Platz als göttlicher Führer in der Mitte gegeben werden. Die Gegenwart des Heiligen Geistes muss anerkannt werden, und man muss sich allein auf Ihn verlassen, dass Er die Leitung übernimmt und jedem austeilt, wie Er will.
  4. Viertens sollen der Dienst und die Austeilungen des Geistes nicht durch eine Person – einen ernannten, offiziellen Diener – geschehen, sondern durch irgendeine der Gaben Christi an die Versammlung und durch die Glieder des Leibes, indem man sich gegenseitig auferbaut – alles unter der Leitung des Heiligen Geistes und in seiner Kraft und Energie.
  5. Fünftens sollte das Werk der Aufsicht in der Versammlung durch solche geschehen, die moralisch und geistlich gesehen die Eigenschaften von Ältesten tragen und in diesem notwendigen Werk von dem Heiligen Geist berufen und angeleitet werden. Und die Arbeit der Diakone sollte von solchen getan werden, die von der Versammlung für diesen Dienst ausgewählt worden sind.
  6. Sechstens ist die Autorität für ihre Handlungen der Herr in ihrer Mitte und das Wort Gottes, das sie sich zur Grundlage nehmen.

Nachdem wir diese grundlegenden Prinzipien vor uns hatten, die uns sozusagen die Struktur und den von Gott vorgesehenen Wirkmechanismus des örtlichen Ausdrucks der Versammlung des lebendigen Gottes vermitteln, wollen wir jetzt die verschiedenen Zusammenkommen der Versammlung betrachten. Aber bevor wir im Detail auf diese verschiedenen Zusammenkommen eingehen, lasst uns in allgemeiner Weise die erste örtliche Versammlung ansehen, die von dem Herrn und dem Heiligen Geist gebildet worden war.

Die Versammlung in Jerusalem

In Apostelgeschichte 1 finden wir eine Gruppe von etwa 120 Gläubigen in dem Obersaal nach der Himmelfahrt des Herrn in den Himmel (Kap. 1,15). Dort verharrten sie einmütig im Gebet und warteten auf die verheißene Ankunft des Heiligen Geistes. Am Tag der Pfingsten kam der Heilige Geist entsprechend der Prophezeiungen herab und sie wurden alle in einem Geist zu einem Leib getauft (1. Kor 12,13) und mit dem Geist erfüllt.

Hier begann die Existenz der Versammlung Gottes und die erste christliche Versammlung an einem Ort wurde durch den Heiligen Geist gebildet. Während die Versammlung hier zu Beginn nur aus Juden bestand und die kennzeichnenden Wahrheiten in Bezug auf die Hoffnungen und die Berufung der Versammlung noch nicht bekannt waren, können wir diese Versammlung in Jerusalem in vieler Hinsicht als Muster einer Versammlung für uns betrachten. Es war der Beginn der Versammlung und es ist immer lehrreich zum Anfang einer Sache zurückzugehen. Hier wirkte der Geist in seiner Absicht Dinge, die sich allgemein fortsetzen sollten. Deshalb müssen wir zu jenem Punkt zurückkehren, um die Wahrheit zu erfahren.

Aus dem inspirierten Bericht in Apostelgeschichte 2 ersehen wir sofort, dass der Heilige Geist die Leitung in der Versammlung besaß. Sie fingen an, die großen Taten Gottes zu reden, wie es der Geist ihnen gab auszusprechen. Dann predigte Petrus, gekräftigt und angeleitet durch den Geist, der Volksmenge die Kreuzigung, die Auferstehung und die Verherrlichung in der Höhe dieses Jesus, den sie verworfen und getötet hatten. Der Geist Gottes gebrauchte seine Worte, um in den Herzen der Zuhörer Überführung und in ihren Seelen Buße zur Errettung zu bewirken. Dann wurden jene, die sein Wort aufnahmen, mit Wasser im Namen Jesus getauft und etwa 3000 wurden der ursprünglichen Versammlung von bekehrten Gläubigen hinzugefügt.

Diese ganze Gemeinschaft verharrte nun „in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten.“ Sie hatten alle Dinge gemeinsam, verharrten täglich einmütig im Tempel, brachen zu Hause das Brot und aßen Speise mit Frohlocken und Schlichtheit des Herzens (Apg 2,42–47).

Führende Merkmale

So erfahren wir von den Tätigkeiten und Zusammenkommen dieser von Gott angeordneten Versammlung in Jerusalem und es ist gut für uns, einige der Dinge anzumerken, die ihr Zeugnis als Zeugen für Christus charakterisieren. Diese zugehörigen Merkmale wurden von dem Herrn in Apostelgeschichte 1,8 aufgezählt.

  1. Sie waren am Anfang einmütig zusammen und verharrten im Gebet.
  2. Sie wurden in dem Geist zu einem Leib getauft, von Ihm erfüllt, geleitet und befähigt, und sie gaben Zeugnis von Christus Jesus.
  3. In ihrem Zeugnis stellten sie Jesus Christus vor, riefen die Menschen zur Buße auf und verkündeten in seinem Namen Vergebung der Sünden. Auf diese Weise waren sie tätig in der Predigt des Evangeliums von der Errettung in Christus.
  4. Sie tauften2 jene, die dieses Wort der Errettung aufnahmen und begannen so, den Auftrag des auferstandenen Herrn auszuführen, alle Nationen zu Jüngern zu machen und sie im Namen des dreieinen Gottes zu taufen.
  5. Dann verharrten sie alle zusammen in der Lehre der Apostel – die Lehre, die der Herr den Aposteln gab, das Wort Gottes – und in glücklicher Gemeinschaft miteinander.
  6. Sie brachen täglich zu Hause das Brot und gedachten auf diese Weise oft des Herrn in seinem Tod für sie, wie Er es angeordnet hatte (Lk 22,19.20).
  7. Sie waren auch eins in ihren gewöhnlichen Tätigkeiten des Lebens, indem sie ihre Besitztümer miteinander teilten und ihre Mahlzeiten mit Frohlocken und Schlichtheit des Herzens einnahmen.
  8. Sie verharrten im gemeinsamen Gebet und hatten Gunst bei dem ganzen Volk.

Weitere Einzelheiten dieser Versammlung in Jerusalem werden in den folgenden Kapiteln der Apostelgeschichte angegeben, aber es fehlt der Platz für die Vertiefung des Themas.

Möge der Herr uns helfen, zu dem zurückzukehren, „was von Anfang an war“ und uns so in Grundsatz und Praxis zu versammeln. Wir können sagen, dass die Lebenspraxis der Versammlung in Jerusalem der natürliche Ausfluss der göttlichen Natur - die sich in diesen neugeborenen Seelen befand – und des Heiligen Geistes war, der in ihnen wohnte. Diese neue Natur hungert und dürstet nach dem Wort Gottes und ersehnt die Gemeinschaft miteinander in der Freude an den kostbaren Dingen Gottes. Sie sehnt sich danach, sich im Gebet und im Lob zu Gott auszudrücken, strebt nach Anbetung und Erneuerung der Kraft und wünscht dem Wort Gottes zu gehorchen. Sie begehrt mit anderen zu teilen, was sie besitzt. Und es gefällt dem innewohnenden Geist, Seelen in diese Tätigkeiten einzuführen.

So führen diese neugeborenen Triebe, die der Heilige Geist entwickelt und stärkt, Seelen dazu, dass sie sich miteinander zur Belehrung, zur Gemeinschaft, zur Anbetung und zum Gebet sowie zur Verkündigung des Evangeliums um den Herrn versammeln möchten. Dementsprechend geschehen Zusammenkommen der Versammlung natürlicherweise zu diesen Zwecken. Dies ist, wie es sein sollte, und Hebräer 10,24.25 ermahnt uns: „Lasst uns aufeinander Acht haben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei einigen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das umso mehr, je mehr ihr den Tag näher kommen seht.“ Am Anfang kam die Versammlung jeden Tag zusammen, aber dies setzte sich nicht fort. Wenn wir heute den bösen Tag des Abfalls und der Bosheit herannahen sehen, haben wir es umso mehr nötig, oft mit Mitgläubigen zusammenzukommen.

Mit diesem einführenden Überblick über die Aktivitäten der Versammlung der Anfangszeit vor unseren Blicken wollen wir mit einer detaillierten Betrachtung der verschiedenen Zusammenkommen fortfahren.

Brotbrechen und Anbetung

Wir haben gesehen, dass die ursprüngliche Versammlung von Jerusalem „in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ verharrte (Apg 2,42). Wir haben hier also neben der Gemeinschaft, die sich auf alle Zusammenkommen und auf das ganze Leben der Gläubigen bezieht, drei besondere Merkmale, die das Versammlungsleben dieser Heiligen kennzeichnete: Lehre, Brotbrechen und Gebet. Anfangs waren wahrscheinlich alle ihre Zusammenkommen so gekennzeichnet, aber als sich die Versammlung vom Judentum löste, finden wir regelmäßige Zusammenkommen zu besonderen Zwecken.

Aus Apostelgeschichte 20,6.7 erfahren wir, dass am ersten Tag der Woche ein regelmäßiges Zusammenkommen zum Zweck des Brotbrechens abgehalten wurde. Dort hören wir von einer Gruppe – Paulus und seine Begleiter –, die in Troas ankam und dort sieben Tage blieb. „Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen, unterredete sich Paulus mit ihnen.“ Hier kamen die Gläubigen zu einer bestimmten Zeit – am ersten Tag der Woche, dem Tag des Herrn – an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zweck zusammen – nämlich um Brot zu brechen. Aus der Form des hier verwendeten Ausdrucks ist ersichtlich, dass dies ihre regelmäßige wöchentliche Gewohnheit war.

Sie kamen nicht zusammen, um den Apostel zu treffen oder um ihn predigen zu hören, sondern um am ersten Tag der Woche das Brot zu brechen – an dem Auferstehungstag, dem Tag, der von der Auferstehungsmacht des Herrn sprach. Dies war ihre Gewohnheit und Paulus und seine Reisegesellschaft warteten sieben Tage in Troas, damit sie das große Vorrecht genießen konnten, mit den dortigen Gläubigen Brot zu brechen. Als sie so zu diesem Zweck versammelt waren nutzte Paulus die Gelegenheit und schloss eine Ansprache an die Heiligen an, da er am Morgen abreisen wollte. Aber der erste Gegenstand ihres Zusammenkommens war das Gedenken an den Herrn in seinem Tod. Es war der Mittelpunkt ihrer Anbetung und eine regelmäßige Einrichtung bei ihnen an jedem Tag des Herrn, dem ersten Tag der Woche.

So lernen wir aus Apostelgeschichte 2 und 20, dass eine der Hauptzusammenkünfte der apostolischen Versammlungen das Zusammenkommen zum Brotbrechen und zur Anbetung war, eine als Antwort auf die Aufforderung des Herrn in der Nacht seiner Überlieferung. Des Weiteren lernen wir, dass sie in Jerusalem anfangs an jedem Tag zusammenkamen, um im Brotbrechen des Herrn zu gedenken, und dass es später in den Versammlungen, die anderswo gebildet wurden, die Gewohnheit war, an jedem ersten Tag der Woche das Mahl des Herrn zu begehen. Der Geist Gottes hatte durch Paulus gesagt: „Denn sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1. Kor 11,26), also taten sie es oft. Diese frühen Christen, die sich in der Blüte und Frische ihrer ersten Liebe befanden, hatten die beständige Gewohnheit, das Brot in liebevollem Gedenken an ihren Herrn zu brechen. Sie waren so mit dem Heiligen Geist erfüllt, dass Christus immer vor ihren Herzen stand, und sie erfreuten sich daran, jenes kostbare Fest zu begehen, das gemäß dem ausdrücklichen Wort des Herrn die Ausführung des Gedenkens an ihn in seinem Tod war.

Beachtet, dass es nicht an dem ersten Tag des Herrn des Monats oder des Vierteljahres, sondern an dem ersten Tag der Woche geschah, dass sie zu diesem heiligen Zweck im Gehorsam gegenüber der Aufforderung ihres Herrn und Heilandes zusammenkamen. Sie brachen nicht gelegentlich das Brot, wie es die Gewohnheit der meisten Christen in unseren Tagen ist, sondern regelmäßig an jedem Tag des Herrn. So sollten wir es auch tun, wenn wir dem göttlichen Muster folgen würden, das uns in der Schrift gegeben wird. Diese frühen Christen liebten ihren Herrn zu sehr, um das kostbare Gedenken an seine Liebe zu vernachlässigen, das er in der Nacht seiner Überlieferung eingesetzt hatte. Aus ihrem Verhalten lässt sich ableiten, dass sie gerade in dem Maß, wie die Heiligen Christus und sein Wort lieben und mit dem Heiligen Geist erfüllt sind, Freude daran haben, zu seinem Tisch zu gehen und seiner zu gedenken, indem sie seinen Tod verkünden, bis Er kommt. Er selbst hat gesagt: „Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote“ (Joh 14,15).

Zweck des Mahles des Herrn

Nachdem wir gesehen haben, dass die frühe Versammlung regelmäßig am ersten Tag der Woche zusammenkam, um Brot zu brechen, und dass dieses Zusammenkommen die wichtigste Zusammenkunft der Versammlung war, da es die einzige ist, die so eindeutig spezifiziert wird, fahren wir fort, die Bedeutung und den Zweck des Mahles des Herrn näher zu betrachten. In den Evangelien haben wir die Einsetzung des Mahles, in der Apostelgeschichte finden wir, dass es begangen wird, wie wir gerade gesehen haben, und im ersten Korintherbrief finden wir seine Auslegung.

Im Lukasevangelium lesen wir: „Und als die Stunde gekommen war, legte er sich zu Tisch, und die Apostel mit ihm. Und er sprach zu ihnen: Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passah mit euch zu essen, ehe ich leide. (…) Und er nahm Brot, dankte, brach und gab es ihnen und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dies tut zu meinem Gedächtnis! Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“ (Kap. 22,14–20).

Der Herr war zum letzten Mal bei seinen Jüngern bevor Er zum Kreuz ging, wo Er sich selbst als ein Opfer für die Sünde geben würde. Dort würde sein Körper an das Kreuz genagelt werden und Er würde „selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz“ tragen, wie Petrus es später ausdrückte (1. Pet 2,24). Dort würde Er den Kelch des Zornes Gottes über die Sünde trinken und sein Blut als eine Sühnung für Sünder vergießen. Auf der Grundlage der vollbrachten Erlösung würde Er einen neuen Bund in seinem Blut errichten, das für alle Gläubigen vergossen wurde. Er würde dann zum Vater gehen und sie würden Ihn nicht mehr körperlich bei sich haben.

Demgemäß setzte Er nach dem Passahmahl das neue Gedächtnisfest des Mahles des Herrn ein, das sowohl sie, als auch Gläubige in den folgenden Jahrhunderten hindurch daran erinnern würde, was Er für sie am Kreuz von Golgatha getan hatte. Das Brot stand symbolisch für den Leib, in dem Er litt und das Werk der Sühnung vollbrachte. Der Kelch würde uns an sein Blut erinnern, das für unsere Sünden am Kreuz vergossen wurde.

Es war nicht so, wie einige irrtümlich denken und lehren, dass das Brot bei dem Mahl buchstäblich zu seinem Leib wird und dass der Inhalt des Kelches buchstäblich zu seinem Blut wird, so dass wir in Wirklichkeit seinen Leib essen und sein Blut trinken als etwas, das uns für den Himmel passender machen würde und uns Vergebung der Sünden geben könnte. Der Herr war immer noch körperlich bei ihnen anwesend, als Er das Mahl einsetzte, und sicherlich meinte Er nicht, dass, obwohl Er körperlich anwesend war, das Brot und der Kelch, die Er ihnen dann gab, auch buchstäblich sein Leib und sein Blut waren. Nein, Er dachte an die Zeit, wenn Er nicht mehr körperlich bei ihnen anwesend sein würde. Folglich gab Er ihnen und den Gläubigen des gesamten Zeitalters der Versammlung die Zeichen des Brotes und des Kelches, die uns Ihn und seinen Tod am Kreuz lebendig ins Gedächtnis rufen würden.

Als der Herr sagte „Dies ist mein Leib“ und „dies ist mein Blut“, gebrauchte er eine bildliche Sprache, wie Er es oft tat und wie wir es tun, wenn wir ein Bild von einer geliebten Person zeigen und sagen: „Dies ist meine Mutter“ etc.. Wir meinen dies nicht buchstäblich, sondern dass das Bild ein Abbild der von uns geliebten Person ist, eine Darstellung. Dennoch haben viele den ähnlichen Ausdruck unseres Herrn – „Dies ist mein Leib“ – überstrapaziert und bestehen darauf, dass die Zeichen des Mahles des Herrn auf die Worte des Priesters oder des Dieners hin für den Teilnehmenden buchstäblich zu seinem Leib und seinem Blut werden.

Was ist dann der Zweck und das Ziel des Mahles des Herrn? „Dies tut zu meinem Gedächtnis“ sind die wunderbaren Worte des Herrn. Er wusste genau um die Neigung unserer Herzen, von Ihm und voneinander abzugleiten. Also gab Er uns dieses Gedächtnismahl an Ihn in seinem Tod für uns, damit wir oft an seine große Liebe zu uns und an die wunderbare Erlösung erinnert würden, die Er für uns vollbrachte. Er wollte, dass wir ein Gedächtnis an seinen Tod hier in dieser Welt, die Ihn nicht wollte, errichten, ein Gedächtnis, das nicht aus Marmor und kostspieliger Baukunst besteht, sondern aus einer einfachen Handlung des Gedenkens. „Dies tut“ (1. Kor 11,25) sagt er. Diesen Akt des Gehorsams fordert Er von unserer Seite. Lieber christlicher Leser: handelst du danach?

Jenen, die auf seine liebevolle Aufforderung eingehen, auf die von Ihm festgesetzte Weise seiner zu gedenken, wird die Zusicherung gegeben: „Denn sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt (griechisch: gründlich berichten) ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1. Kor 11,26). Das genau ist die Bedeutung unserer einfachen Handlung des Gedenkens an Ihn, wenn wir das Brot essen und den Kelch trinken. Es ist die Verkündigung seines kostbaren Todes als der einzigen Grundlage der Errettung. Wann immer Gläubige also zusammenkommen, um im Brechen des Brotes des Herrn zu gedenken, verkündigen sie dadurch die herrliche Tatsache des Todes Christi für Sünder und Errettung durch sein vergossenes Blut. Wie wunderbar!

Die Anordnung des Mahles des Herrn ist so wichtig, dass dem Apostel Paulus eine besondere Offenbarung von dem Herrn in der Herrlichkeit gegeben wurde. Diese Offenbarung ist in 1. Korintherbrief 11,23–29 festgehalten. Hier wird der Zweck des Mahles und die Art und Weise, in der es begangen werden sollte, klar vorgestellt.

Art und Weise des Begehens

Aus diesem Brief an die Korinther lernen wir, dass in der Versammlung von Korinth ein schlechter Zustand herrschte und dass unter ihnen viel Unordnung entstanden war im Hinblick auf viele Dinge, darunter das Mahl des Herrn. In diesem elften Kapitel sehen wir, dass sie auf eine nachlässige Weise zusammengekommen waren und das Mahl des Herrn nicht im wahren Sinne gegessen hatten. Der Apostel musste ihnen schreiben: „Wenn ihr nun an einem Ort zusammenkommt, so ist das nicht des Herrn Mahl essen. Denn jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg, und der eine ist hungrig, der andere ist trunken“ (V. 20.21).

Es schien, als ob sie das Liebesmahl (eine gemeinsame Mahlzeit, an dem die frühen Christen zusammen teilnahmen) mit dem Mahl des Herrn vermischten und so das letztere auf eine unwürdige und unehrerbietige Art und Weise aßen, so dass sie den wahren Charakter des Mahles des Herrn aus den Augen verloren. Sie hatten sogar den Charakter des Liebesmahles herabgesetzt, indem sie auf der Unterscheidung der sozialen Klassen beharrten: Die Reichen taten sich gütlich an ihrem Überfluss, während die Armen hungrig gingen, weil sie zu dem Mahl wenig mitzubringen hatten.

So wurde der Apostel Paulus durch den Geist Gottes angeleitet, ihnen diesen Brief zu schreiben, um diese verschiedenen Aspekte der Unordnung zu korrigieren. In diesem elften Kapitel haben wir besondere Anweisungen, was den Zweck des Mahles des Herrn und die heilige und ehrerbietige Art und Weise angeht, in der es begangen werden sollte. Da dieser Brief an die Korinther von Gott als Teil der Heiligen Schrift vorgesehen war, erkennen wir, dass Gott es in seiner Weisheit zugelassen hat, dass diese unordentlichen Zustände in der frühen Versammlung aufkamen, damit wir durch diesen Brief beständige göttliche Unterweisungen für die Behandlung solcher Zustände hätten und seine Gedanken und seine Ordnung völliger kennten. Wir sehen dadurch, dass Gott wollte, dass Paulus die göttlichen Gedanken über diese Dinge nicht nur zum Nutzen der Korinther ausdrückte, sondern zur Leitung und Unterweisung der ganzen Versammlung während der gesamten Haushaltung. Wie dankbar sollten wir dafür sein.

Aus Vers 23 erfahren wir, dass dem Apostel Paulus eine besondere Offenbarung über das Mahl des Herrn gegeben wurde. „Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich auch euch überliefert habe.“ Paulus gehörte nicht zu den elf Aposteln, die in der Nacht bei dem Herrn waren, als Er dieses Gedächtnismahl einsetzte, folglich wurden ihm diese Anweisungen über das Mahl des Herrn vom Herrn selbst mitgeteilt. Es war nun nicht mehr der demütige Jesus beim Passahmahl, der sprach, sondern der Herr auf dem Thron der Herrlichkeit im Himmel, der Paulus diese Einzelheiten bezüglich der Gedanken Gottes über das Brotbrechen vermittelte.

Sicherlich sollte uns diese Tatsache die große Bedeutung des Mahles des Herrn als eine christliche Einrichtung zeigen. Der gesamte Gegenstand des Mahles, seine Einsetzung durch den Herrn in der Nacht seiner Überlieferung, sein göttlicher Zweck als ein Akt des Gedenkens und die Art und Weise, in der wir teilnehmen, sind daher von großer Wichtigkeit, da der Herr dies zum Gegenstand einer besonderen Offenbarung machte.

Wir sollten das häufige Auftreten des Titels „Herr“ in diesem Kapitel über das Mahl beachten. Paulus spricht von dem Mahl des Herrn, dem Herrn Jesus, dem Tod des Herrn, dem Kelch des Herrn, dem Leib und dem Blut des Herrn und der Züchtigung des Herrn. Der Grund dafür ist einfach zu erkennen. Die Korinther müssen vergessen haben, dass Christus der Herr war, sonst wären sie nicht zu diesem schrecklichen Zustand der Unordnung im Hinblick auf das Mahl des Herrn gelangt.

Der Eine, von dem das Mahl des Herrn spricht, ist zum Herrn über alles gemacht worden und Er hat das Recht auf die völlige Kontrolle und Gewalt über alles, was wir haben und sind. Wir sind Ihm gegenüber verantwortlich für das, was wir tun, was wir sagen und was wir denken – besonders dann, wenn wir seiner in seinem Tod gedenken. Sie hatten Ihn in dieser Hinsicht vergessen und hatten das Mahl des Herrn zu ihrem eigenen Mahl gemacht. Sie waren mit ihren eigenen Dingen beschäftigt und verloren die Dinge des Herrn aus den Augen. Sie hatten die Gegenwart des Herrn vergessen und auf diese Weise den wahren Wert des Mahles des Herrn eingebüßt. Dies muss zwangsläufig die Folge sein, wenn man sich seine Gegenwart nicht vor Augen führt. Sie waren so weit gefallen, dass sie das Mahl des Herrn auf die Stufe einer gewöhnlichen Mahlzeit herabgesetzt hatten. Es war notwendig, dass ihnen die Autorität Christi als Herr und der heilige Charakter des Mahles des Herrn wieder vor Augen geführt wurde. Daher wurde Paulus dazu geführt, ihnen nachdrücklich und ernstlich zu schreiben, damit er ihre Herzen zu einem echten Gedenken an Christus im Brotbrechen zurückgewinnen könnte.

Das waren der Zustand und der Irrtum, in die die Korinther gefallen waren. Wir müssen erkennen, dass wir selbst ständig in der Gefahr stehen, in einen ähnlichen Zustand der Nachlässigkeit und Unordnung zu fallen, was die Art und Weise angeht, in der wir an dem heiligen Mahl des Herrn teilnehmen. Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass wir uns die Gegenwart des Herrn Jesus vor Augen führen und unsere Gedanken und unsere Zuneigung auf Ihn konzentrieren, wenn wir versammelt sind, um seiner in seinem Tod zu gedenken. Es gibt immer eine fortwährende Bemühung Satans, unsere Gedanken von der Person und dem Werk des Herrn Jesus Christus abzuziehen und unsere Gedanken mit Dingen zu füllen, die für das Mahl und den Tisch des Herrn nicht passend sind.

Daher ist stetiges Bemühen, Wachsamkeit und Gebet zum Herrn notwendig, dass sich unsere Herzen und Gedanken im Gedenken und in der Anbetung auf unseren Herrn und Heiland konzentrieren können. Seine anbetungswürdige und wunderbare Person und sein großartiges Werk der Erlösung sind die Gegenstände, die im Mahl des Herrn vor uns stehen. Und wenn wir unseren Blick fest auf Ihn richten, werden umherschweifende Gedanken gesammelt und ruhelose Geister gebändigt werden. Seine Gegenwart wird dann erfasst werden, und das Mahl des Herrn wird in einer Weise begangen werden, die Ihm gefällt.

In 1. Korinther 11,23–25 stellt der Apostel ihnen aufs Neue die Worte des Herrn vor, die bei der Einsetzung des Mahls gesprochen wurden. In Vers 26 fügt er hinzu, dass sie, sooft sie daran teilnahmen, den Tod des Herrn verkündigten, bis er kommt. Lasst uns besonders jene gesegneten Worte beachten: „Bis er kommt.“ Wir sollen fortfahren an jedem Tag des Herrn oder ersten Tag der Woche in dem Mahl seiner zu gedenken, bis Er in den Wolken für seine Versammlung wiederkommt. So führt uns das Brotbrechen zurück zu dem Tod unseres Heilands, aufwärts zur Herrlichkeit, wo Er jetzt ist, und vorwärts zu dem gesegneten Moment seines Kommens für uns.

Wir mögen hier hinzufügen, dass auch die Tatsache seiner Geburt in diese Welt als Mensch in Verbindung mit den Zeichen des Mahles des Herrn vor uns kommen mag – denn zu dem Zeitpunkt, als er geboren wurde, nahm er einen Leib aus Fleisch und Blut an. So werden uns seine Geburt, sein Tod, seine Auferstehung, seine Verherrlichung und sein Wiederkommen notwendigerweise allesamt ins Gedächtnis gerufen, sooft wir wahrhaft das Brot essen und den Kelch des Mahles trinken. Daher benötigen wir nicht jedes Jahr einen bestimmten Gedenktag für seine Geburt, einen anderen für seinen Tod und einen anderen für seine Auferstehung. In der Schrift wird nichts über solche Tage gesagt, aber an jedem ersten Tag der Woche möchte der Herr von uns, dass wir seiner in seiner Geburt, seinem Tod, seiner Auferstehung, seiner Verherrlichung und seinem Wiederkommen gedenken.

Wir kommen nun zu den ernsten Worten des Apostels in Bezug auf das unwürdige Essen und Trinken. „Wer also irgend das Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt in unwürdiger Weise, wird des Leibes und des Blutes des Herrn schuldig sein. Jeder aber prüfe sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. Denn wer unwürdig isst und trinkt, isst und trinkt sich selbst Gericht, indem er den Leib nicht unterscheidet“ (1. Kor 11,27–29).

Wenn wir uns vor Augen halten, was bezüglich der Unordnung unter den Korinthern im Blick auf das Mahl des Herrn vor uns stand, wird es uns helfen zu erkennen, dass das unwürdige Essen und Trinken, wovon der Apostel hier spricht, sich nicht auf die Würdigkeit von Personen bezieht, sondern auf die unwürdige Art und Weise, in der sie das Mahl des Herrn gegessen hatten. Wenn das Essen des Mahles von persönlicher Würdigkeit abhinge, könnte niemand auf der Erde teilnehmen, denn niemand ist in sich selbst würdig, am Mahl des Herrn teilzunehmen. Wir sind nur in dem Sinne würdig, dass Christus uns in unserem verlorenen Zustand genommen hat, uns durch sein Blut gereinigt hat und uns dadurch für seine Gegenwart passend gemacht hat und uns das Recht gegeben hat, an dem Mahl teilzunehmen. Dieses Recht ist das Ergebnis dessen, was Er für uns getan hat, und nicht von irgendeiner persönlichen Würdigkeit.

Der Apostel spricht überhaupt nicht von individueller Würdigkeit, sondern von der Art und Weise, in der diese Heiligen sich benahmen, wenn sie zusammen waren. Sie waren sehr nachlässig und missachteten die Bedeutung von Brot und Kelch. Sie vergaßen die ernsten Wirklichkeiten, die durch die Zeichen ausgedrückt wurden, und nahmen daran teil, als wären es gewöhnliche, bedeutungslose Dinge. Sie erkannten in dem Brot nicht den Leib des Herrn und aßen und tranken daher in unwürdiger Weise und brachten augenblickliches Gericht über sich.

Dieselbe Gefahr bleibt für uns heute bestehen. Wir können auf nachlässige Weise am Mahl des Herrn teilnehmen und nicht an seinen Leib und sein Blut denken, wenn wir das Brot essen und den Kelch trinken. Unsere Gedanken mögen mit anderen Dingen und nicht mit dem Herrn beschäftigt sein, dessen wir zu gedenken bekennen. Wenn wir nicht im Glauben seinen Leib unterscheiden, essen wir in unwürdiger Weise und sind des Leibes und des Blutes des Herrn schuldig, da wir ihre Zeichen des Gedächtnisses mit Gleichgültigkeit behandeln. Dies ist ein ernster Gedanke.

Es ist nicht so, wie schon gesagt, dass das Brot zu seinem Leib wird und der Inhalt des Kelches zu seinem Blut wird, sondern beide Zeichen sprechen zum Glauben eindeutig von dem gebrochenen Leib Christi und seinem vergossenen Blut. Die Frage ist: Unterscheiden wir wirklich im Glauben den Leib des Herrn, wenn wir Brot brechen? Essen und trinken wir manchmal von dem Mahl als einer gewöhnlichen Mahlzeit oder einer alltäglichen Sache ohne Überlegung und Selbstgericht? Versagen wir darin, dass wir uns seine Gegenwart vor Augen führen oder wahrnehmen, dass der Geist uns in dem Brot und dem Kelch seinen Leib, der für uns gegeben wurde, und sein Blut, das für uns vergossen wurde, vergegenwärtigen will? Wenn dies so ist, essen und trinken wir in unwürdiger Weise. Wir essen und trinken uns selbst Gericht und werden die züchtigende Hand des Herrn über uns bringen. „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen. Wenn wir uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verurteilt werden“ (V. 30–32). Das sind die ernsten Folgen des unwürdigen Essens und Trinkens des Mahles des Herrn.

Da das Teilnehmen an dem Mahl des Herrn eine ernste Angelegenheit ist und da es die Möglichkeit gibt, in unwürdiger Weise zu essen und zu trinken mit solch ernsten Folgen, könnte man erzittern und davor zurückschrecken, der letzten Aufforderung des Herrn zu gehorchen: „Dies tut zu meinem Gedächtnis.“ Dies zu tun würde bedeuten einem anderen Irrtum zu verfallen und der liebevollen Anweisung des Herrn gegenüber ungehorsam zu sein. In dieser Hinsicht sind die Verse 28 und 31 eine Ermunterung für uns, die wir nicht übersehen dürfen. „Jeder aber prüfe sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. (…)Wenn wir uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet.“

Während auf der einen Seite Heiligkeit und Ehrerbietung betont werden, ermutigt und stärkt uns auf der anderen Seite die Gnade, zu kommen und mit Selbstgericht, Sorgfalt und Ernsthaftigkeit von dem Mahl zu essen. Obwohl der Herr darauf drängt, dass wir uns selbst prüfen, unsere Wege untersuchen und beurteilen und ein gewohnheitsmäßiges Selbstgericht über uns ausüben, lädt Er alle die Seinen ein, zu kommen und von dem Brot zu essen und von dem Kelch zu trinken, aber nicht mit einem nachlässigen und leichtfertigen Geist. Beachtet, dass es nicht heißt: „Jeder prüfe sich und bleibe fern“, sondern „jeder prüfe sich, und so esse er.“ Als solche, die sich geprüft und dem Selbstgericht unterzogen haben, sind wir eingeladen, zu kommen und von dem Mahl zu essen und zu trinken. So stärkt die Gnade denjenigen, der sich selbst mit Aufrichtigkeit des Herzens prüft und sich selbst richtet. Und dies ermutigt ihn mit einem guten Gewissen zu dem Mahl zu kommen. Wo auf der anderen Seite Leichtfertigkeit und fehlendes Selbstgericht zu finden sind, wird der Herr sich offenbaren, um zu richten und zu züchtigen, so dass Krankheit und in extremen Fällen sogar der Tod das Ergebnis sein können (V. 30).

So sehen wir, dass das, was uns davor bewahren wird, in unwürdiger Weise an dem Mahl des Herrn teilzunehmen und uns selbst Gericht zu essen und zu trinken, die heilige Ausübung von Selbstgericht als einer tiefen, ernsten und gewohnheitsmäßigen Sache ist. Dies ist höchst notwendig und sehr wichtig für ein glückliches Christenleben. Selbstgericht ist eine unschätzbare und unerlässliche Übung. Würde es in treuerer und gewohnheitsmäßigerer Weise praktiziert, würde unser täglicher Wandel ganz anders aussehen. Wenn das Ich beständig in der Gegenwart Gottes gerichtet würde, müssten wir unsere Wege, Worte und Handlungen nicht richten, da das Fleisch unterdrückt und die Wurzel gerichtet würde, so dass keine böse Frucht auftreten würde. Folglich würde auch von Seiten des Herrn keine Notwendigkeit bestehen uns zu richten.

Nachdem darauf hingewiesen wurde, dass sich das unwürdige Essen und Trinken in erster Linie auf unser Verhalten und die Art und Weise bezieht, in der wir am Tisch des Herrn teilnehmen, müssen wir ein Wort über unser Verhalten und unseren Wandel während der Woche hinzufügen. Wenn wir jetzt so viel über unsere Herzenshaltung am Tisch des Herrn gesprochen haben, indem wir seiner gedenken, soll doch niemand meinen, dass es dann egal ist, wie wir durch die Woche gehen und dass dies nichts mit der Angelegenheit des unwürdigen Teilnehmens an dem Mahl des Herrn zu tun hat.

Was wir während der Woche sind, werden wir sein, wenn wir uns am Tisch des Herrn befinden. Womit unser Herz die vergangenen sechs Tage hindurch beschäftigt war, wird es auch am ersten Tag der Woche am Tisch des Herrn beschäftigt sein. Wenn wir während der Woche dem Herrn gegenüber nachlässig und gleichgültig gewesen sind, müssen wir zwangsläufig am Tisch des Herrn Ihm gegenüber nachlässig und gleichgültig sein und darin versagen, seinen Leib und sein Blut im wahren Sinne in den Zeichen des Mahles zu erkennen. Folglich werden wir uns selbst Gericht essen und trinken. Es ist unmöglich, unsere Herzen die ganze Woche über in einer weltlichen Atmosphäre zu halten und uns dann gänzlich davon zu lösen, wenn wir am Tag des Herrn danach streben, seiner zu gedenken.

Wenn jemand während der Woche in Torheit, Eitelkeit, Vergnügen und Weltlichkeit lebt, Kinos, Konzerte, Festzüge, Musikfeste, athletische Wettkämpfe usw. besucht, kann dann die Unterscheidung des Leibes des Herrn im Brechen des Brotes am ersten Tag der Woche vorhanden sein? Sicherlich nicht. Wie kann es in Verbindung mit einer solch krassen Weltlichkeit und fehlenden Unterwerfung unter den Herrn irgendeine geistliche Gemeinschaft mit dem Leib und dem Blut des Heilands geben? Solche mögen an der äußeren Handlung des „Brotbrechens“ teilnehmen, aber es besteht die starke Befürchtung, dass sie praktisch gesehen nichts von der inneren Kraft und Wirklichkeit des Essens des Leibes und des Blutes Christi im Glauben kennen (Joh 6,55.56). Daher müssen sie darin schuldig sein, dass sie den Leib des Herrn nicht unterscheiden, und essen und trinken sich dadurch selbst Gericht, wenn sie an seinem Mahl teilnehmen.

Möge der Geist Gottes uns ein tiefes Erforschen des Herzens geben und in uns den Geist des wahren und gewohnheitsmäßigen Selbstgerichts fördern, damit wir in aller Aufrichtigkeit und in wahrhaft würdiger Art und Weise unseres gesegneten Herrn gedenken können.

Ausdruck der Gemeinschaft

Wir haben das Mahl des Herrn unter seinem Hauptgesichtspunkt eines Gedächtnismahls betrachtet, indem wir symbolisch den Leib und das Blut Christi vor uns gestellt haben, wie es uns in 1. Korinther 11 geschildert wird. Es gibt jedoch noch einen anderen Aspekt der Wahrheit, der dieses zentrale Merkmal des Gedenkens ergänzt und auch im Mahl des Herrn dargelegt wird, aber oft von vielen übersehen wird. Dieser wird uns in 1. Korinther 11,16.17 vorgestellt: „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot.“

Hier finden wir, dass von der kollektiven Handlung des Brotbrechens gesprochen wird: „Der Kelch der Segnung, den wir segnen“ und „das Brot, das wir brechen“. Im elften Kapitel steht vor uns, dass jeder Einzelne das Brot isst und den Kelch trinkt als dem Herrn und verantwortlich ist, es in würdiger Weise zu tun. Daher heißt es dort: „wer … isst oder … trinkt“ und „jeder aber prüfe sich selbst“. Aber in den Versen von 1. Korinther 10 ist der korporative Aspekt, das Mahl des Herrn gemeinsam zu begehen, die wichtige Wahrheit, die betont wird. Wenn wir gemeinsam des Herrn gedenken, an demselben Brot und Kelch teilnehmen, dann drücken wir dadurch Gemeinschaft miteinander und mit dem Tisch aus, an dem wir teilnehmen. Es muss also auch der Gedanke der Gemeinschaft im Brechen des Brotes bedacht werden. Dies ist der Leitgedanke in dem Abschnitt, den wir vor uns haben.

Deshalb wird zuerst von dem Kelch gesprochen, denn die Sühnung durch das vergossene Blut Christi ist die Grundlage unserer Gemeinschaft mit Gott und mit anderen Gläubigen. „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus?“ Wenn wir für diesen Kelch danksagen und gemeinsam daran teilnehmen, drücken wir dadurch unsere Gemeinschaft mit dem Blut Christi aus. Und insofern als wir wirklich an dieser Wahrheit festhalten, dringen wir in seine Gedanken darüber ein, haben teil daran und genießen das, was er für uns durch sein Blut erworben hat.

Aber der Apostel fährt mit der Aussage fort: „Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot.“ So hat das Brot hier eine weitere Bedeutung neben der des für uns dahingegebenen Leibes Christi. Wir lernen, dass das eine Brot, an dem wir alle bei dem Mahl teilnehmen, auch ein Bild von seinem geistlichen Leib ist, der sich jetzt auf der Erde befindet, die „Versammlung (...), die sein Leib ist“ (Eph 1,22.23).

Es spricht von der unsichtbaren Einheit des geheimnisvollen Leibes Christi – „ein Brot, ein Leib“. Und als Glieder jenes einen geistlichen Leibes von Gläubigen nehmen wir zusammen teil an dem Mahl des Herrn in der Versammlung, wodurch wir unsere Gemeinschaft miteinander ausdrücken. Dies ist die „Gemeinschaft des Leibes des Christus“ und die praktische Bekundung der Wahrheit, dass wir, „die Vielen“ „ein Brot, ein Leib sind“, „denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot“. In der Handlung des Brotbrechens geben wir eine eindeutige Darstellung unserer Einheit als „Glieder voneinander“ in Christus.

Es wird in diesen festgesetzten Zeichen des Mahles also kein Gedanke der Trennung ausgedrückt, noch gibt es irgendeinen Platz für solch einen Gedanken. Sie legen jene unvergängliche und unzerbrechliche Einheit des Leibes Christi dar, die trotz der zahlreichen Trennungen, die in der bekennenden Kirche existieren, wahr bleibt. Die Praxis einiger, das Brot in Stücke zu schneiden oder Oblaten und einzelne Kelche für jede Person zu verwenden, passt nicht zu dem Zeichen des einen Leibes und des Kelches von 1. Korinther 10,16.17 und zu der Wahrheit von dem einen Leib der Gläubigen. Diese Praxis ist daher absolut nicht schriftgemäß. Da die schriftgemäße Grundlage des Zusammenkommens darin besteht, dass der eine Leib aller Gläubigen anerkannt wird, wird nur das Zeichen des einen Leibes damit übereinstimmen. Und es ist „der Kelch (…), den wir segnen“, nicht Kelche, obwohl in größeren Versammlungen mehr als ein Kelch für die Verteilung gebraucht werden mag.

Wer kann teilnehmen?

Da das Brot des Mahles des Herrn auch von dem einen Leib aller Gläubigen spricht und da unser gemeinsames Teilnehmen daran ein Ausdruck unserer Einheit und Gemeinschaft miteinander ist, sollte die Frage, wer mit Recht an dem Mahl teilnehmen kann, einfach beantwortet werden. Es sind ausschließlich jene, die bekannter- und erwiesenermaßen Glieder jenes Leibes sind. Nur jene, die den Herrn als ihren Heiland kennen und wahrhaft an seinen Sühnungstod zu ihrer Errettung glauben, haben ein Recht auf sein Mahl und seinen Tisch. Das Mahl des Herrn ist nur für die Familie der Erlösten bestimmt. Wenn jemand behauptet ein Kind Gottes zu sein, muss jener durch seinen Wandel beweisen, dass er wahrhaft ein solches ist, sonst erweist sich sein Bekenntnis nur als leer. Alle, die als wahre Gläubige bekannt sind und als solche in Absonderung vom Bösen leben und nicht durch schriftgemäße Zucht ausgeschlossen sind, besitzen das Vorrecht, in Gottes Versammlung an dem Mahl teilzunehmen. „Deshalb nehmt einander auf, wie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit“ (Röm 15,7).

Wenn ungläubigen Personen oder solchen, mit einem zweifelhaften Bekenntnis, erlaubt wird, das Mahl des Herrn mit wahren Gläubigen einzunehmen, kommt dann in dem Brotbrechen wahre Einheit und Gemeinschaft zum Ausdruck? Sicherlich nicht. Wenn wir zusammen mit solchen am Mahl des Herrn teilnehmen, die unbekehrt sind, können wir nicht wie Paulus sagen: „Ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen“, denn einige in dem Kreis würden dann nicht zu diesem Leib gehören.

Wenn man mit Christen über diesen Punkt spricht, erhält man oft die Antwort: „Ich begehe das Mahl des Herrn für mich selbst, die anderen gehen mich nichts an. Wenn einige teilnehmen, die nicht das Recht dazu haben, essen sie zu ihrer eigenen Verurteilung. Das ist nicht meine Verantwortung.“ Eine solche Haltung weist mit Sicherheit darauf hin, dass die Wahrheit von 1. Korinther 10,16.17 nicht gekannt oder verstanden wird. Der Herr lädt uns nicht zu dem Mahl ein, damit jeder für sich selbst isst und trinkt. Nein, jedes Kind Gottes ist eingeladen zu kommen und in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen teilzunehmen, und es gibt sowohl gemeinsamen Genuss als auch eine gemeinsame Verantwortung.

Keine offene Gemeinschaft

Wir können das Mahl des Herrn nicht für jeden offen halten, der daran teilnehmen möchte, das heißt, die Frage, ob jemand teilnehmen darf oder nicht, soll niemals nur von dem Einzelnen entschieden werden. In 1. Korinther 5 erinnert der Apostel Paulus die Versammlung in Korinth eindringlich an ihre Verantwortung, den Sauerteig auszufegen, der in ihre Mitte gekommen war, und daran, dass sie verantwortlich dafür waren, solche zu richten, die drinnen waren, also solche, die sich in dem Kreis der ausgedrückten Gemeinschaft am Tisch des Herrn befanden. Er legt ihnen auf, „den Bösen von euch selbst“ hinauszutun. Hier sehen wir, dass die Versammlung dafür verantwortlich ist, die Heiligkeit des Tisches des Herrn und seines Mahles aufrechtzuerhalten. Wenn die Korinther den Bösen aus ihrer Mitte hinaustun mussten, so waren sie dafür verantwortlich, darauf Acht zu haben, dass nicht zugelassen wurde, dass Böses in die Versammlung oder an den Tisch des Herrn kam.

Aus 1. Korinther 5,12.13 ersehen wir, dass es solche gibt, die „drinnen“ sind und solche, die „draußen“ sind, was den Kreis der Gemeinschaft an dem Mahl des Herrn angeht. Alles das kann nur bedeuten, dass Sorgfalt und Aufsicht in Bezug auf solche ausgeübt werden muss, die an dem Mahl teilnehmen, und dass es Erkenntnis darüber geben muss, wer drinnen und wer draußen ist. Personen müssen hinsichtlich ihres Bekenntnisses und ihres Wandels untersucht und geprüft werden, wenn der Heiligkeit des Tisches des Herrn entsprochen und im Brotbrechen ein echter Ausdruck von Einheit und Gemeinschaft gegeben werden soll.

In Israel gab es Torhüter, die die Tore bewachten und die Schwelle des Hauses Gottes hüteten (1. Chr 9,17–27; Neh 7,1–3). Ihre Pflicht war es, solche einzulassen, die hereinkommen sollten, und jenen den Zutritt zu verwehren, die nicht hereingelassen werden sollten. So ist heute in der Versammlung Gottes das Werk der Torhüter höchst notwendig, um die Versammlung vor Verunreinigung durch den Eintritt von Unbekehrten und Unreinen zu bewahren. Nicht, dass es das offizielle Amt der Torhüter in der Versammlung geben soll, aber dass diese Gott gemäße Sorgfalt in Bezug auf jene ausgeübt wird, denen der Zutritt in den Schoß der Versammlung und zum heiligen Vorrecht der Teilnahme am Mahl des Herrn gewährt wird.

Wäre es nicht angemessen und schriftgemäß zu sagen, dass die Gemeinschaft von Gläubigen am Tisch des Herrn weder eine offene noch eine geschlossene Gemeinschaft ist, sondern eine bewachte Gemeinschaft? Sie ist nicht einfach offen für jeden, noch für jeden geschlossen, der sozusagen nicht zu „uns“ gehört, was einer sektiererischen Gemeinschaft entsprechen würde, sondern sie ist für all jene, die als Gläubige bekannt sind und in Wahrheit und Heiligkeit leben. Da der einzige schriftgemäße Boden des Zusammenkommens das praktische Anerkennen der Wahrheit von dem einen Leib aller Gläubigen ist (was auch durch das eine Brot des Mahles symbolisiert wird), müssen wir jedes geprüfte Glied jenes Leibes, das nicht durch schriftgemäße Zucht ausgeschlossen ist, zum Tisch des Herrn zulassen. Sonst handeln wir nicht in Übereinstimmung mit dem Boden, den wir einzunehmen bekennen, und wir werden zu einer Sekte. In unseren Tagen des zunehmenden Verfalls, der weitverbreiteten Trennungen und des vielfältigen Bösen in der bekennenden Kirche, wird es natürlich immer schwieriger, diesen Grundsatz vollkommen zu verwirklichen und dennoch getrennt von nicht schriftgemäßen Verbindungen den Weg zu gehen, aber es bleibt bestehen, dass wir entsprechend der Wahrheit des einen Leibes handeln sollen.

Wir glauben, dass die folgenden Zeilen von C. H. Mackintosh wert sind, im Hinblick auf dieses Thema berücksichtigt zu werden: „Das Begehen des Mahles des Herrn sollte der deutliche Ausdruck der Einheit aller Gläubigen sein, und nicht nur der Einheit einer bestimmten Anzahl, die gemäß bestimmten Grundsätzen zusammenkommt, was sie von anderen unterscheidet. Wenn irgendein Begriff von Gemeinschaft geprägt wird, der über die höchst wichtige Grundlage des Glaubens an die Sühnung Christi und eines Wandels in Übereinstimmung mit jenem Glauben hinausgeht, wird der Tisch zum Tisch einer Sekte und besitzt keine Ansprüche auf die Herzen der Treuen.“ 3

Wenn wir also am Tisch des Herrn aufnehmen, müssen wir auf der einen Seite Lockerheit und Nachlässigkeit und auf der anderen Seite Sektiererei vermeiden. Es gibt natürlich andere Blickwinkel in Bezug auf diese Sache und andere Wahrheiten, die darin einbezogen werden, die wir kurz in Verbindung mit dem Tisch des Herrn betrachten wollen.

Apostelgeschichte 9,26–29 gibt uns ein Beispiel von Sorgfalt bei der Aufnahme in die Versammlung und zeigt uns, dass Personen nicht bloß auf der Grundlage ihres eigenen Zeugnisses aufgenommen werden sollen. Hier finden wir den neu bekehrten Saulus, der sich den Jüngern in Jerusalem anzuschließen versuchte, aber sie fürchteten sich und glaubten nicht, dass er ein Jünger war. Dann nahm Barnabas sich seiner an, brachte ihn zu den Aposteln und bezeugte seine Bekehrung, und wie er freimütig im Namen Jesu gepredigt hatte. Auf das Zeugnis von Barnabas hin, was die Echtheit von Saulus‘ Bekehrung anging, wurde er in der Versammlung aufgenommen und ging bei ihnen ein und aus. „Aus dem Mund von zwei oder drei Zeugen wird jede Sache bestätigt werden“ (2. Kor 13,1). Dies ist stets ein wichtiger Grundsatz, nach dem wir verfahren sollen.

In Römer 16,1.2 und 2. Korinther 3,1 lesen wir von Empfehlungsbriefen für Gläubige, die von einer Versammlung zu einer anderen gehen und an dem Ort, den sie besuchen, nicht bekannt sind. Dies ist die göttliche Ordnung und zeigt auch Sorgfalt bei der Aufnahme zum Brotbrechen am Tisch des Herrn.

Der Tisch des Herrn

Wir haben gelernt, dass 1. Korinther 10,16.17 von jenem Bereich des Brotbrechens spricht, welcher der Ausdruck der Gemeinschaft der Glieder des Leibes Christi ist, und dass von dem Brot auch als von einem Bild des geistlichen Leibes gesprochen wird. Im diesem selben Kapitel finden wir das einzige Vorkommen des Ausdrucks „der Tisch des Herrn“ im Neuen Testament, den wir mehrfach verwendet haben. Wir haben nun vor, diesen Ausdruck zu untersuchen und zu erforschen, was dieser Begriff bedeutet und womit er in Verbindung steht.

Das Brot auf dem Tisch ist ein Symbol des Leibes des Herrn, aber da der buchstäbliche Leib ebenfalls das Bild des geistlichen Leibes ist, wird das eine Brot in diesem Abschnitt auch als das Bild des einen Leibes Christi, der sich aus allen Gläubigen zusammensetzt, herangezogen: „Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen“ (V. 17). So sehen wir in diesem Abschnitt, dass der Heilige Geist diesen Ausdruck „der Tisch des Herrn“ mit dem einen Leib und unserer Gemeinschaft miteinander als Glieder jenes Leibes verbindet. Wir können sagen, dass das Mahl des Herrn und der Tisch des Herrn in gewisser Hinsicht synonym sind. Sie enthalten aber verschiedene Aspekte, da sie zwei Bereiche oder Gesichtspunkte derselben Wahrheit darstellen, die mit dem Brotbrechen verbunden sind. Das Mahl des Herrn ist mit dem persönlichen Gedenken an den Tod des Herrn verbunden, während der Ausdruck „der Tisch des Herrn“ eher mit jenem Bereich des Mahles des Herrn verbunden ist, in dem die Einheit des Leibes Christi und unsere Gemeinschaft miteinander als solche öffentlich ausgedrückt wird. Der Tisch spricht von dem sichtbaren Ausdruck der Gemeinschaft des einen Leibes. Der Boden der Gemeinschaft, den Gott für uns vorgesehen hat, ist jener des einen Leibes aller Gläubigen und dies gründet sich auf die Erlösung durch das Blut Christi. Stellungsmäßig sind alle Gläubigen am Tisch des Herrn – in dem Sinne, dass sie sich in der Gemeinschaft des Leibes Christi befinden. Im gemeinsamen Brotbrechen offenbaren wir einen praktischen Ausdruck dieser Gemeinschaft.

Der Ausdruck „der Tisch des Herrn“ ist bildlich gemeint und nicht in einem buchstäblichen Sinn zu verstehen. Er meint nicht ein Möbelstück, auf dem das Brot und der Kelch stehen, sondern die Grundlage oder den Boden, auf dem das Mahl begangen wird. Er bestimmt den Charakter des Tisches, der auf ihm aufgerichtet wird. Der Tisch des Herrn drückt Gemeinschaft mit Christus und mit den Gliedern seines Leibes aus, und dort müssen seine Autorität und seine Rechte anerkannt und die Heiligkeit seines Namens aufrechterhalten werden.

Wenn ein anderer Boden eingenommen wird als der des praktischen Anerkennens der Einheit des Leibes Christi, den Gott für uns abgesteckt hat, trägt der Tisch, der auf einem solchen Boden aufgerichtet wird, nicht das wahre Merkmal des Tisches des Herrn. Tische, die auf konfessionellen oder unabhängigen Grundsätzen aufrechterhalten werden, können sich notwendigerweise nicht auf dem Boden der Einheit des Leibes Christi befinden und entsprechen demnach nicht dem Wesen des Tisches des Herrn in 1. Korinther 10. Wo immer die Grundsätze der Einheit des Leibes Christi in der Praxis nicht verwirklicht werden und stattdessen ein von Menschen eingerichteter Boden der Gemeinschaft angenommen wird, wird die Wahrheit des Tisches des Herrn nicht an den Tag gelegt. Daher können solche Tische von der Schrift nicht als Tisch des Herrn anerkannt werden. Sie sind in Wirklichkeit Tische von Parteien auf von Menschen eingerichteten Böden der Gemeinschaft. Das Mahl des Herrn mag dort mit Ehrfurcht und dankbarer Liebe von aufrichtigen Christen begangen werden, die die mit dem Tisch des Herrn verbundene Wahrheit nicht kennen, aber die Einheit des Leibes Christi wird dort nicht ausgedrückt. Folglich wird die Wahrheit des Tisches des Herrn nicht erkannt oder genossen, weil man an Grundsätzen festhält, die für die Gemeinschaft an seinem Tisch zerstörerisch sind.

Ein weiteres wichtiges Merkmal, das sich nach außen hin zeigen muss, wenn ein Tisch als Tisch des Herrn anerkannt werden soll, ist Heiligkeit und Wahrheit, denn dies ist der wahre Charakter des Herrn, um dessen Tisch es sich dem Bekenntnis nach handelt. („Der Heilige, der Wahrhaftige“ (Off 3,7), „seid heilig, denn ich bin heilig“ (1. Pet 1,16).) Wenn zum Beispiel irgendwelche ungesunden und nicht schriftgemäßen Lehren, die die Person Christi betreffen, in einer Versammlung geduldet oder festgehalten werden, oder wenn Personen, die sie festhalten und lehren, von der Versammlung aufgenommen werden, dann wird die Person des Herrn des Tisches angegriffen und Heiligkeit und Wahrheit werden verletzt. Wie kann ein solcher Tisch dann als Tisch des Herrn anerkannt werden? Ebenso kann er nicht als der Tisch des Heiligen und Wahrhaftigen anerkannt werden, wenn moralisch Böses in der Gemeinschaft an diesem Tisch geduldet wird.

So sehen wir, dass die Heiligkeit des Tisches des Herrn ebenso wie die Einheit des Leibes Christi bewahrt werden muss. Die Reinheit der Wahrheit Gottes darf nie geopfert werden, um Einheit an seinem Tisch aufrechtzuerhalten, noch wird wahre Einheit durch die konsequente Aufrechterhaltung von Wahrheit und Heiligkeit behindert werden. Aber alles muss in einem Geist der Gnade, Sanftmut und Demut geschehen, da sonst der gnädige Charakter des Herrn verdreht würde.

Wir wollen uns jetzt 1. Korinther 10,18–21 zuwenden, wo wir den Grundsatz der Gemeinschaft auf das Essen am Altar angewandt finden. Wir haben bereits gesehen, dass der Gedanke der Gemeinschaft die hervorstechende Wahrheit ist, die mit dem Tisch des Herrn verbunden ist. Nachdem der Apostel in den Versen 16 und 17 von dem Teilnehmen am Mahl des Herrn gesprochen hat, sagt er: „Seht auf Israel nach dem Fleisch. Sind nicht die, welche die Schlachtopfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar?“ Hier finden wir einen wichtigen Grundsatz für uns. Das Essen an einem Altar oder Tisch drückt Gemeinschaft mit dem Altar oder Tisch aus, und auch mit denen, die sich an diesem Altar befinden. An einem Tisch zu sitzen und zu essen bedeutet, dass man sich mit diesem Tisch und damit, wofür er steht, identifiziert.

Der Apostel spricht im Weiteren von den Altären der Heiden und sagt: „Das, was die Nationen opfern, (opfern) sie den Dämonen (…) und nicht Gott.“ Hinter dem heidnischen Götzenbild stand ein Dämon, und die Heiden brachten, ohne sich darüber im Klaren zu sein, ihre Opfer diesen Dämonen. Deshalb war es der Tisch der Dämonen. Wenn ein Christ sich gar in ein Götzenhaus setzte und an einem heidnischen Mahl teilnahm, das mit ihren Opfern verbunden war, was einige von den Korinthern meinten in Freiheit tun zu können, bedeutete dies, dass er sich mit dem Tisch der Dämonen verband und sich in Gemeinschaft mit ihnen befand. So sagt Vers 21: „Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des Herrn Tisches teilhaftig sein und des Dämonen-Tisches.“ Es ist unmöglich den Kelch des Herrn zu trinken, indem man in alles einwilligt, wofür er steht, und dann auch von dem Kelch der Dämonen zu trinken. Durch ein solches Handeln würde man den Tisch des Herrn mit dem Tisch der Dämonen in Verbindung bringen und die Gemeinschaft des Herrn verleugnen. So zeigte der Apostel den Korinthern, was für eine ernste Angelegenheit jegliche Verbindung mit dem heidnischen Altar sein würde.

Dies war eine Gefahr, die die Korinther zu der Zeit konfrontierte, als Paulus ihnen schrieb. Diese Gefahr der Verbindung mit dem Tisch der Dämonen existiert für uns heute im Großen und Ganzen nicht, aber der Grundsatz, den Paulus in dieser Sache anwendet, bleibt für uns bestehen und ist auf gegenwärtige Umstände anwendbar. Jener Grundsatz besteht darin, dass das Essen an einem Tisch Identifikation und Gemeinschaft mit diesem Tisch ausdrückt sowie damit, wofür er steht, und mit allen, die gleicherweise teilnehmen. Wir sind nicht von Dämonentischen umgeben, wie die Korinther es waren, aber es gibt viele Tische von religiösen Parteien und Sekten um uns herum. Es besteht die Gefahr, dass wir dafür verantwortlich sind, den Tisch des Herrn mit Grundsätzen in Verbindung zu bringen, die der Gemeinschaft seines Tisches widersprechen und die alleinige Autorität des Herrn über seinen Tisch übersehen oder sogar verleugnen.

Mit einem Wort – der Punkt, den es für uns zu erkennen gilt, ist der, dass wir, wo immer wir das Mahl des Herrn begehen, dadurch Gemeinschaft mit dem Tisch an jenem Ort ausdrücken und uns mit dem Boden und den Grundsätzen identifizieren, auf denen dieser Tisch aufgerichtet wird. Wenn jemand, der das Brot mit solchen bricht, die auf dem Boden der Einheit des Leibes Christi zusammenkommen und bestrebt sind, die Wahrheit des Tisches des Herrn praktisch auszudrücken, ein anderes Zusammenkommen auf konfessionellem oder unabhängigem Boden besuchen und dort Brot brechen sollte und dann zu der Gemeinschaft des Tisches des Herrn zurückkehrt, oder umgekehrt, würde er dabei unstimmig handeln, indem er den Tisch des Herrn mit widersprechenden Grundsätzen verbindet. Ein solches Handeln ist eindeutig falsch – obwohl es in Unwissenheit geschehen mag – und erfordert Unterweisung in der Wahrheit.

Gemeinschaft mit dem Tisch wird folglich auch im Brotbrechen ausgedrückt und diese wichtigen Überlegungen bezüglich der Gemeinschaft, die wir besprochen haben, sind damit verbunden. Dem Brotbrechen kommt also mehr Bedeutung zu, als manche Christen erkennen. Um dies alles zusammenzufassen, wäre es daher für jeden gut sich zu fragen:

  1. Wessen gedenke ich in dem Mahl des Herrn?
  2. Gedenke ich des Herrn in einer würdigen Art und Weise?
  3. Mit wem gedenke ich Seiner?
  4. und auf welchem Boden und auf welchen Grundsätzen gedenke ich Seiner?

Zum Ende unserer Betrachtung über den Tisch des Herrn wollen wir noch sagen, dass es inmitten des Zustandes des Verfalls, des allgemeinen Versagens und der Spaltung der Versammlung, in denen wir uns befinden, sicherlich keiner Gruppe von Christen zusteht, hohe Ansprüche zu stellen, was den ausschließlichen Besitz des Tisches des Herrn angeht. Unser Bestreben und unser Anliegen sollte es vielmehr sein, stets danach zu trachten, die Wahrheiten, für die der Tisch des Herrn symbolisch steht, praktisch zum Ausdruck zu bringen und der Gemeinschaft seines Tisches gegenüber treu zu sein. Der Herr hat seinen Tisch, und Er wird dafür Sorge tragen. Er hat ihn nicht einer bestimmten Gruppe von Christen gegeben, sondern Er gibt allen Gläubigen das Vorrecht, an seinem Tisch zu sein – mit der damit verbundenen Verantwortung, sich entsprechend zu verhalten.

Wenn die Frage gestellt wird: „Wo ist dieser Tisch des Herrn?“, antworten wir mit den gewichtigen Worten eines anderen: „Dort, wo sie, mögen sie nur zwei oder drei sein, versammelt sind, ohne einen anderen Mittelpunkt des Zusammenkommens zu haben als den Herrn Jesus allein. Dort, wo sie den heiligen Namen, der ihr Band der Einheit darstellt, nicht mit irgendeiner Ungerechtigkeit verbinden und wo die Zucht, die dem Haus Gottes geziemt, aufrechterhalten wird. Dort, wo sie sich vor jedem Grundsatz der Unabhängigkeit hüten (der den Herrn seiner Autorität berauben würde) und einander ohne Parteigeist oder Streit in der Furcht Gottes untergeordnet sind, während gleichzeitig alle Erlösten als solche eingeschlossen werden, die im Geist den einen Leib bilden, und wo alle bestrebt sind, die Einheit des Geistes im Band des Friedens zu bewahren, und freudig alle jene am Tisch des Herrn willkommen heißen, die von Gott gezeugt sind, unter nur der einen Bedingung, dass sie in Wandel und Lehre gesund sind. Dort, wo es solche Christen gibt, haben sie trotz des allgemeinen Verfalls und aller Unvollkommenheiten, die ihrem Zeugnis anhängen mögen, den Tisch des Herrn in ihrer Mitte. Sie verwirklichen also als solche, die um den Herrn Jesus versammelt sind, wenn sie gemeinsam das Mahl des Herrn begehen, dass sie ein Brot sind, und ein Leib mit allen den Geliebten des Herrn überall in der ganzen Welt.“

Anbetung

Wenn wir von den Zusammenkommen als Versammlung sprechen, haben wir das Brotbrechen und die Anbetung als ein spezielles Zusammenkommen miteinander verbunden, denn gerade das Gedenken an den Herrn in seinem Tod für uns führt unsere Seelen definitiv zu Danksagung und Anbetung. Das Mahl des Herrn ist eindeutig ein Fest der Danksagung. Der Herr selbst gab ihm bei seiner Einsetzung diesen bestimmten Charakter, indem er danksagte. „Er nahm Brot, dankte“ (Lk 22,19). Preis, Danksagung und Anbetung sind passende Äußerungen am Tisch des Herrn, und nicht Gebete, in denen Bitten vorgetragen werden.

So spricht Paulus von dem Kelch des Mahls auch als von einem „Kelch der Segnung, den wir segnen (o. für den wir preisen (o. danken)“ (1. Kor 10,16). Es ist ein Kelch der Danksagung und ein Fest der Freude und Fröhlichkeit und es führt unser Herz dazu, „Gott stets ein Opfer des Lobes dar(zu)bringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13,15). Das Mahl des Herrn und Anbetung sind also gewiss miteinander verbunden. Das Mahl erinnert uns an seine Liebe bis in den Tod und sein vollbrachtes Werk für uns, auf Grund dessen solche Sünder, wie wir es waren, nahen können, um anzubeten.

Wenn wir dem Beispiel der frühen Versammlung folgen, indem wir an jedem ersten Tag der Woche zum Brotbrechen zusammenkommen, werden wir das Gedächtnismahl sicherlich zum Mittelpunkt des Zusammenkommens machen. Ein solches Zusammenkommen ist die große Gelegenheit zur Anbetung als Versammlung. Aus unseren Herzen sollte immer Lobpreis zum Herrn ausströmen, aber die besondere Gelegenheit zu Preis und Anbetung besteht dann, wenn wir versammelt sind und die Zeichen des Gedenkens der Liebe unseres sterbenden Heilands vor uns haben. Dann führt uns der Geist wahrhaft zu inbrünstigem Lobpreis und Anbetung.

Aber wir könnten durchaus fragen: „Was ist Anbetung?“ Es ist notwendig, dass wir uns klar darüber sind, denn in der allgemeinen Auffassung des Wortes umfasst „öffentliche Anbetung“ Gebet, Lobpreis und das Predigen zur Auferbauung der Heiligen oder zur Bekehrung von Sündern. Ein Moment der Überlegung wird sicherlich ausreichen, um zu zeigen, dass dies völlig falsch ist. Sogar Gebet, so gesegnet es ist, ist nicht Anbetung, denn es ist ein Bitten zu Gott für unsere Bedürfnisse. Aber ein Werk Gottes an Menschen ist keine Anbetung. Die Verkündigung des Evangeliums an Unbekehrten ist keine Anbetung, auch wenn sie das Mittel sein kann, um in einem Herzen Anbetung hervorzubringen. Auch eine Predigt ist keine Anbetung, obwohl sie ebenso das Mittel sein kann, das Herz zur Anbetung zu führen.

Ein anderer hat mit Recht gesagt: „Die wahre Anbetung ist nichts anderes als die frohe Antwort und der Dank des Herzens an Gott, wenn es von den erhaltenen Segnungen aus der Höhe erfüllt ist … Es ist die Ehrerbietung und Anbetung gegenüber Gott auf Grund dessen, was Er in sich selbst ist und was Er für diejenigen ist, die Ihn anbeten. Anbetung ist das, was uns im Himmel beschäftigen wird. Und schon hier auf Erden ist sie für uns ein gesegnetes und kostbares Vorrecht … Die Anbetung ist gemeinsame4 Huldigung an Gott, ob durch Engel oder Menschen … Gott loben und danken und sich in geistlicher Beugung der Eigenschaften Gottes, seiner Gnade und Macht erinnern, das ist wirkliche Anbetung. In der Anbetung nähern wir uns Gott und richten uns an Ihn.“ (J.N. Darby5)

Dies macht wirklich wahre Anbetung aus. Die Bedeutung des griechischen Wortes für „anbeten“ (proskuneo), das im Neuen Testament am häufigsten verwendet wird, ist „verehren oder huldigen durch Niederwerfen – sich niederbeugen in Anbetung“.

Wir könnten nun fragen: „Was ist die Grundlage der christlichen Anbetung?“ Diese werden wir in Johannes 4 finden, wo wir die Unterhaltung des Herrn mit der samaritischen Frau vor uns haben. In diesem Kapitel haben wir die vielleicht wichtigste Aussage über christliche Anbetung im Zeitalter der Gnade. Dort sprach der Herr von wahren Anbetern, die den Vater in Geist und Wahrheit anbeten. Aber zuerst sagte er zu ihr: „Wenn du die Gabe Gottes kenntest und wüsstest, wer es ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken, so hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben“ (Joh 4,10).

In diesem wunderbaren Vers finden wir, dass der Herr die notwendige Grundlage für christliche Anbetung vorstellt. Jede Person der Gottheit ist auf die eine oder andere Weise daran beteiligt. Der erste Gedanke ist: „Gott offenbart in Gnade als der große Geber“. Das ist die Quelle von allem. Dann haben wir die Person des Sohnes, der in Erniedrigung unter den Menschen auf der Erde gegenwärtig ist. Schließlich gibt der Sohn den bedürftigen, durstigen Seelen das lebendige Wasser – den Heiligen Geist.

Alles das ist für den wahren Charakter und den wahren Gegenstand der christlichen Anbetung notwendig. Gott muss als im Kreuz in Heiligkeit und Gnade offenbart bekannt sein. Der Sohn muss als der Eine bekannt sein, der in Gnade und Liebe zum Menschen herabkam, um für Sünder zu sterben. Das schließt auch ein, dass dem Herzen seine wirklichen Bedürfnisse bewusst gemacht worden sind und dass es vom Herrn das lebendige Wasser, den Heiligen Geist, als eine Quelle der Erfrischung im Inneren empfangen hat. Das heißt, dass man aus Gott geboren sein muss, Christus als Heiland angenommen haben muss und dass der Heilige Geist in einem wohnen muss, um als ein Christ anzubeten. Der natürliche, unverbesserliche Mensch ist unfähig, Gott anzubeten. In ihm ist keine Kapazität, um Gott anzubeten, da dieser in Geist und Wahrheit angebetet werden muss (Joh 4,24). Nur jene, die in dem Blut Christi gewaschen sind und den Geist empfangen haben, können nahen und in die Gegenwart Gottes eintreten, um ihn zu verehren und anzubeten. Niemand kann es wagen, sich vor Gott einzufinden, wenn er nicht die Gewissheit besitzt, dass seine Sünden vergeben sind.

Es ist der Heilige Geist, der dem Gläubigen die volle Gewissheit der Wirksamkeit des Werkes Christi zu unseren Gunsten und unserer Annahme vor Gott in ihm gibt. Durch den Geist wird die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen und durch denselben Geist sind wir fähig, Gott unseren Vater zu nennen, uns im Allerheiligsten seiner Gegenwart zu nahen als seine erlösten Kinder und den Vater ohne Furcht und Zittern anzubeten (Eph 1,3–7; Röm 5,5; Gal 4,6; Heb 10,19–22). Der Heilige Geist ist in uns der Urheber aller Gedanken, Zuneigungen und Gefühle der Liebe und des Lobes, die als Antwort auf die Liebe des Vaters und des Sohnes in unseren Herzen aufkommen.

Nachdem wir die Grundlage christlicher Anbetung betrachtet haben, können wir nun über den Charakter der christlichen Anbetung sprechen. Wenn wir zu Johannes 4 zurückkehren, lesen wir von dem Herrn, dass Er zu der samaritischen Frau sagt: „Ihr betet an und wisst nicht, was; wir beten an und wissen, was; denn das Heil ist aus den Juden“ (V. 22). Wie wahr ist dies heute von vielen, die behaupten Gott anzubeten – „Ihr betet an und wisst nicht, was.“ Für wahre Anbetung muss Verständnis in Bezug auf Gott und seine in Christus offenbarte Errettung vorhanden sein. „Wir beten an und wissen, was.“ Dies ist einer der ersten Charakterzüge christlicher Anbetung. Es ist Verständnis und eindeutige Erkenntnis des Einen vorhanden, der angebetet wird.

Der Herr sagte im Weiteren zu der samaritischen Frau: „Es kommt aber die Stunde und ist jetzt, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten“ (Joh 4,23.24).

Hier finden wir den vollen und unverkennbaren Charakter christlicher Anbetung. Gott wird bekannt gemacht als ein Vater, der Kinder sucht und sie passend macht, Ihn anzubeten. Es ist ein völlig neuer Charakter von Anbetung in direktem Gegensatz zur alten Anbetung des Judentums, die den Anbeter weit von Gott entfernt in Furcht und Zittern zurückließ. Der Vater geht in seiner eigenen Liebe aus, um Anbeter zu suchen, was unter dem liebevollen Namen „Vater“ geschieht. Er setzt sie in eine Stellung der Nähe und der Freiheit vor Ihm als Kinder seiner Liebe. Er vollbringt dies durch seinen Sohn und in der Kraft des Heiligen Geistes.

Gott wird von seinen Kindern in diesem Zeitalter der Gnade unter dem liebevollen Charakter des Vaters gekannt und als solcher angebetet. Das ist das Teil des schwächsten Christen und jedes Kind Gottes ist vollkommen befähigt, den Vater in Geist und Wahrheit anzubeten. Es ist der eingeborene Sohn, der in dem Schoß des Vaters ist, der uns den Vater offenbart, wie Er selbst Ihn erkannt hat. Der Heilige Geist gießt die Liebe Gottes in unsere Herzen aus und wir beten unseren Vater so an, wie der Sohn Ihn uns offenbart hat und gemäß der Kraft und der Zuneigungen, die der Heilige Geist in uns weckt.

Ein weiteres Merkmal christlicher Anbetung folgt. Gott muss „in Geist und Wahrheit“ angebetet werden, denn Er ist ein Geist. „Anzubeten im Geist bedeutet, gemäß des wahren Wesens Gottes anzubeten, und in der Kraft der Gemeinschaft, die der Heilige Geist gibt. Das steht folglich im Gegensatz zu Anbetung, die aus Formen und Zeremonien besteht, und fleischlicher Religiosität. Anzubeten ‚in Wahrheit‘ bedeutet, Gott gemäß dessen anzubeten, was Er von sich selbst offenbart hat“ (J. N. Darby).

Da Gott ein Geist ist, ist geistliche Anbetung alles, was Er annimmt. Seine Anbeter „müssen in Geist und Wahrheit anbeten“. Es ist eine moralische Notwendigkeit, die von seiner Natur herrührt. Diese Befähigung hat Er für uns auf die vollkommenste Weise bereitgestellt, da wir das neue Leben, das wir genießen, durch den Geist besitzen und weil es Geist ist, nicht Fleisch. Wir leben durch den Geist; wir wandeln durch den Geist und wir „(dienen) durch den Geist Gottes (…) und (rühmen) uns Christi Jesu (…) und (vertrauen) nicht auf Fleisch“ (Phil 3,3). So ist christliche Anbetung der Ausdruck des neuen inneren Lebens in der Energie und Kraft des Heiligen Geistes. Das setzt alle menschlichen Formeln, alle beeindruckenden Zeremonien und Rituale beiseite, denn Anbetung in Geist und Wahrheit schließt solche Dinge aus. Die Energie des Fleisches kann in der Anbetung Gottes keinen Platz haben.

Lasst uns nun den Ort der Anbetung des Christen betrachten. Der Hebräerbrief grenzt ihn eindeutig für uns ab. In Kapitel 10,19–22 lesen wir: „Da wir nun, Brüder, Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu, auf dem neuen und lebendigen Weg, den er uns eingeweiht hat durch den Vorhang hin, das ist sein Fleisch, und einen großen Priester haben über das Haus Gottes, so lasst uns hinzutreten“ etc. Hier sehen wir, dass das Blut Jesu, der zerrissene Vorhang und der Hohepriester über das Haus Gottes uns Freimütigkeit geben, in das Heiligtum – das Allerheiligste – einzutreten, um Anbetung darzubringen. Unser Ort der Anbetung befindet sich daher in der unmittelbaren Gegenwart Gottes, wo Er auf dem Thron sitzt. In seiner bewunderungswürdigen Gnade hat Er uns ein Anrecht darauf gegeben, in diese Gegenwart einzutreten, um durch das kostbare Blut Jesu zu allen Zeiten anzubeten. Dies ist unser Heiligtum, wo wir miteinander nahen, wenn wir uns um den Herrn versammeln, um anzubeten und Lob zu bringen.

Wir sollten auch sagen, dass der Sohn, unser Herr Jesus Christus, ebenso wie der Vater der Gegenstand der Anbetung ist, „damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat“ (Joh 5,23).

Die folgenden Worte eines anderen vermitteln uns ein gutes Bild von christlicher Anbetung: „Kurz gesagt hat christliche Anbetung ihre Quelle in einer vollbrachten Erlösung; ihr Gegenstand ist Gott, der Vater und der Sohn. Ihr Ort ist die Gegenwart Gottes, ihre Kraft der Heilige Geist, ihr Inhalt die im Wort Gottes völlig offenbarten Wahrheiten und ihre Dauer die Ewigkeit“ (S. Ridout).

Es mag notwendig sein, hier noch einmal zu bekräftigen, was zuvor erwähnt worden ist, nämlich dass alle Gläubigen Priester sind und gleiche Vorrechte und den gleichen Zugang zu Gott besitzen, „um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus“ (1. Pet 2,5.9). Für wahre Anbetung müssen wir folglich einfach als Gläubige zusammenkommen und verwirklichen, dass wir alle Priester sind, die fähig sind, Anbetung darzubringen. Dem Heiligen Geist muss freier Raum gegeben werden, damit Er zum Ausspruch des Lobpreises der zusammenkommenden Versammlung gebrauchen kann, wen immer Er will. Er mag einen, sechs- oder zwölfmal gebrauchen, um den Lobpreis auszudrücken, der seinen Gedanken entspricht.

In 1. Korinther 14,15–19.24 finden wir den vollen Ausdruck des von Gott beabsichtigten Willens für die Anbetung und die Zusammenkommen der Versammlung, auch wenn es dort nicht um das Brotbrechen geht. Wir lesen von dem Beten mit dem Geist und dem Verstand, dem Singen mit dem Geist und dem Verstand, dem Preisen mit dem Geist sowie von der Danksagung, der Weissagung und dem Sprechen in der Versammlung. Das waren die Tätigkeiten, in denen der Heilige Geist die frühen Christen anleitete, wenn sie miteinander versammelt waren. Und genauso wird er uns heute leiten und uns veranlassen, den Namen Gottes im Lied zu rühmen und Ihn mit Lob zu erheben (Ps 69,31).

Es sollte beachtet werden, dass wir weder hier in dieser inspirierten Beschreibung des Zusammenkommens (1. Kor 14) noch an einer anderen Stelle in der Apostelgeschichte oder in den Briefen von dem Spielen eines Instruments als Teil des Dienstes der Anbetung lesen. Instrumentalmusik ist bei einer solchen Zusammenkunft fehl am Platz und steht im Gegensatz zu dem Geist und dem Charakter der zusammenkommenden Versammlung. Das Ziel, das wir zu einem solchen Zeitpunkt vor uns haben, besteht nicht darin, unsere Sinne, unsere gefallene Natur, zu befriedigen oder den Außenstehenden mit angenehmen Tönen zu erfreuen, sondern Gott das darzubringen, was Ihm angemessen ist – das, womit er durch den Heiligen Geist unsere Herzen gefüllt hat. Das, was für Gott angenehm und befriedigend ist, sind Psalmen und Loblieder und geistliche Lieder, „singend und spielend dem Herrn in eurem Herzen“ (Eph 5,19), „Gott singend in euren Herzen in Gnade“ (Kol 3,16). Letztlich reicht kein Instrument an die Wirkung der menschlichen Stimme heran, wie Joseph Haydn, ein berühmter Komponist, sagte. Bei Israel, einem irdischen Volk, finden wir Instrumentalmusik am rechten Ort, aber die Versammlung ist ein himmlischer Leib, und alles soll durch den Heiligen Geist geschehen.

Es sollte kaum notwendig sein hinzuzufügen, dass ein echter Geist der Anbetung sicherlich von Ehrfurcht begleitet werden sollte. Da wir in das Allerheiligste eintreten, sollten unsere Seelen mit einer Ehrerbietung und Gottesfurcht erfüllt sein, die der Gegenwart Gottes geziemt. Es gibt in der Schrift zahlreiche Beispiele, die uns Anbeter jeden Alters vorstellen, die darauf bedacht waren, Ehrfurcht vor Gott auszudrücken – gerade in der Körperhaltung, die sie bei der Anbetung und im Gebet annahmen. Abraham fiel vor dem Herrn auf die Knie (1. Mo 17,3); Mose beugte seinen Kopf zur Erde und betete an (2. Mo 34,8); die Leviten riefen das Volk dazu auf: „Steht auf, preist den HERRN, euren Gott!“ (Neh 9,5). Die Magier fielen nieder und beteten das Kind Jesus an und der Aussätzige, der geheilt wurde, fiel zu den Füßen Jesu nieder (Mt 2,11; Lk 17,16). Während des Lobpreises oder des Gebets Positionen der körperlichen Bequemlichkeit und der Gleichgültigkeit einzunehmen (wenn körperliche Schwachheiten kein Hinderungsgrund sind), drückt sicherlich keine Ehrfurcht vor Gott aus.

Wir wollen auch auf die Tatsache aufmerksam machen, dass das Opfer des Gebens in Hebräer 13,15.16 mit dem Darbringen des Opfers des Lobes verbunden wird. „An solchen Opfern (geistlich und materiell) hat Gott Wohlgefallen.“ So finden wir auch in 5. Mose 26, dass die Gabe des Zehnten in Verbindung damit erwähnt wird, dass dem Herrn in Anbetung der Korb der Erstlinge gebracht wird. Und da uns der Apostel in 1. Korinther 16,1.2 bezüglich der Sammlung für die Heiligen mitteilt, dass „an jedem ersten Wochentag (…) ein jeder von euch bei sich zurück(lege) und (…) auf(sammle), je nachdem er Gedeihen hat“, erscheint es angemessen, dass wir dem Herrn in der Anbetungsstunde auch unsere materiellen Opfer für sein Werk bringen. Diese Gelegenheit ist die angemessenste Zeit für die Sammlung für das Werk des Herrn, die Bedürfnisse der Armen, etc. So haben wir an seinem Tisch das Vorrecht, ihm Opfer des Lobes und Opfer unserer materiellen Güter zu bringen – alles im Geist der Anbetung.

Mögen unsere Herzen dazu angestimmt werden, sein Lob zu singen und wahre christliche Anbetung in Geist und Wahrheit darzubringen. Mögen wir in der Woche so mit dem Herrn leben, dass unsere Körbe der Erstlinge sozusagen mit Lob gefüllt sein mögen, wenn wir an jedem ersten Tag der Woche zur Anbetung zusammenkommen, damit unsere Herzen von Anbetung in seiner Gegenwart überfließen können. Mögen wir wie die Braut im Hohelied sagen können: „Über unseren Türen sind allerlei edle Früchte, neue und alte, die ich, mein Geliebter, dir aufbewahrt habe“ (Hld 7,13).

Gebetsstunden

Die Apostelgeschichte zeigt uns, dass das Gebet und Gebetsstunden einen großen Raum in den Handlungen der neutestamentlichen Gläubigen sowie Versammlungen einnahm. Gleich am Anfang des Buches finden wir, dass die Jünger (ca. 120) in Jerusalem einmütig im Gebet verharrten, während sie auf die verheißene Ankunft des Heiligen Geistes warteten. Das Gebet war eins der vier Dinge, in denen die neu gebildete Versammlung nach der Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag standhaft verharrte. Im ganzen Buch der Apostelgeschichte lesen wir, dass Gläubige zum gemeinsamen Gebet zusammenkamen. Außerdem können wir erkennen, dass Gebetsversammlungen immer dann einberufen wurden, wenn Schwierigkeiten auftauchten und umfassenden Segnungen von Seiten Gottes vorausgingen.

Ein bemerkenswertes Beispiel der Kraft des gemeinsamen Gebets wird uns in der Apostelgeschichte berichtet: „Und als sie gebetet hatten, erbebte die Stätte, wo sie versammelt waren; und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit. (…) Und mit großer Kraft legten die Apostel das Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus ab; und große Gnade war auf ihnen allen“ (Apg 4,31.33).

Hier sehen wir das gesegnete Ergebnis des gemeinschaftlichen Gebets in der Versammlung und wir erfahren, dass der Weg zu geistlicher Kraft und Freimütigkeit für Christus darin besteht, unsere Stimmen geschlossen im Gebet zu Gott zu erheben. Aus diesem Abschnitt und vielen weiteren in der Apostelgeschichte, die über das gemeinsame Gebet berichten, können wir daher schließen, dass regelmäßige Gebetsstunden eine unbedingte Notwendigkeit für eine Versammlung darstellen und dass kein Christ bzw. keine Zusammenkunft von Christen geistlich wachsen kann, ohne dass man gemeinsam zum Gebet zusammenkommt. Festgelegte Zusammenkünfte zum Gebet sind eine lebensnotwendige Einrichtung einer jeden Versammlung von Gläubigen. Ein wöchentliches Treffen zum Gebet sollte ein Kennzeichen jeder Versammlung sein, und es sollten außerordentliche Zusammenkünften zum Gebet einberufen werden, je nachdem, ob besondere Bedürfnisse aufkommen. Diese Dinge finden wir im Buch der Apostelgeschichte vorgestellt.

Vereintes Gebet

Jeder aufmerksame Leser der Schrift wird feststellen, was für einen großen Raum das persönliche Gebet im Leben von Männern Gottes sowohl im Alten als auch im Neuen Testament einnimmt und es könnte der Eindruck entstehen, dass das persönliche Gebet alles ist, was wir nötig haben. Wir erkennen allerdings, dass es besondere Segensverheißungen für das gemeinsame Gebet gibt und dass der Herr ein bestimmtes Versprechen in Bezug auf die Beantwortung des gemeinsamen Gebets gibt: „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, welche sie auch erbitten mögen, so wird sie ihnen zuteilwerden von meinem Vater, der in den Himmeln ist“ (Mt 18,19). Es handelt sich hier um eine besondere Verheißung, die nur dann verwirklicht werden kann, wenn es ein vereintes und gemeinsames Gebet gibt.

Das persönliche Gebet zu Hause mag Segen und Beantwortung finden, aber es gibt nichts Vergleichbares zu den Gebeten in den Gebetsstunden, denn diese Gebete in der Versammlung bestürmen den Thron der Gnade und ziehen besondere Segnungen herab, weil es Gebete der Versammlung im Namen des Herrn Jesus Christus sind. Wenn das inbrünstige Gebet eines Gerechten viel vermag (Jak 5,16), wie viel mehr können wir dann von dem inbrünstigen und wirksamen Gebet einer Versammlung gerechter Personen erwarten, die in ihren Bitten vereint und durch den Heiligen Geist getrieben sind?

Das Gebet in der Versammlung besteht nicht nur darin, dass so und so viele Einzelpersonen eine bestimmte Anzahl an Gebeten für eine Sache zum Ausdruck bringen, sondern es ist das Vorbringen eines einzigen Gebets, das 25 oder 50 Mal durch die Harmonie verstärkt wird, die der Heilige Geist unter den 25 bzw. 50 Anwesenden bewirkt. Sie beten alle als einer, indem sie eine Bitte vorbringen und diese Bitte mit einem „Amen“ bekräftigen. In dieser Weise steigt sie zu Gott im Namen des Herrn Jesus auf. Es gibt folglich diese besondere Kraft, die die gemeinsamen Gebete begleitet. Von derartigem Charakter ist diese große Kraft, die der Versammlung anvertraut worden ist und die, wenn sie im Gebet ausgeübt wird, für unsagbaren Segen sowohl für sie selbst als auch für andere sorgen kann.

Beachten wir jedoch, dass es eine unbedingt notwendige moralische Voraussetzung für das Gebet in der Versammlung geben muss und zwar die Einmütigkeit, die herzliche Übereinstimmung und die Einstimmigkeit. „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, welche sie auch erbitten mögen, so wird sie ihnen zuteilwerden“. Die tatsächliche Wirkung dieser Worte ist: „wenn zwei von euch harmonisieren“ – d. h. einen gemeinsamen Ton von sich geben. Wenn die Gebete in der Versammlung wirksam sein sollen, darf es keinen misstönenden Laut oder Mangel an Harmonie oder Übereinstimmung unter den Betenden geben. Wir müssen mit einer heiligen Harmonie im Herzen, in den Gedanken und im Geist vor den Thron der Gnade kommen, wenn wir nicht den Anspruch auf eine Antwort aufgrund der Verheißung des Herrn in Matthäus 18,19 verlieren wollen.

Diese heilige Übereinstimmung und Einmütigkeit kennzeichnete die Gläubigen sowie die Gebetsstunden in der Apostelgeschichte und erklärt die geistliche Kraft und den unmittelbaren Segen, den Gott ihnen schenkte. „Diese alle verharrten einmütig im Gebet“; „... waren sie alle an einem Ort beisammen“; „während sie täglich einmütig im Tempel verharrten“; „erhoben einmütig ihre Stimme zu Gott“ (Apg 1,14; 2,1.46; 4,24).

Hier kommen wir an einen Punkt von einer unermesslichen moralischen Tragweite in Bezug auf den Ton und Charakter unserer Gebetsstunden. Warum sind unsere Gebetsstunden oft so schwach, kalt, tot und kraftlos? Ist es nicht oft deswegen, weil Gläubige darin versagen, einmütig und mit einer konkreten Übereinkunft in den Gebeten über eine bestimmte Angelegenheit zusammenzukommen? Es besteht heute unter Gläubigen ein Mangel an dem einen Herzen und der einen Gesinnung und wir müssen uns fragen, inwieweit wir in Bezug auf die Dinge, die wir in unseren Gebetsstunden vor den Thron der Gnade bringen, miteinander übereinstimmen.

Bestimmtheit

Oft kennzeichnet die Gebetsstunden Ziellosigkeit und die Gebete scheinen in einem unzusammenhängenden Durcheinander zu sein. Wenn wir die Schrift sorgfältig betrachten, lernen wir dann nicht, dass wir mit einigen konkreten Anliegen oder Bitten auf unseren Herzen zusammenkommen sollten, um sie zusammen Gott zu übergeben? Jedenfalls sehen wir, dass die Schrift uns diese Kennzeichen in den Gebetsstunden vorstellt. Im Allgemeinen sehen wir, dass die Jünger ein konkretes Anliegen auf ihren Herzen hatten, über das sie völlig übereinstimmten und für das sie einmütig beten konnten.

In Apostelgeschichte 1 und 2 warteten sie alle auf den verheißenen Geist, und sie taten das in Eintracht, bis er kam. In Kapitel 4 sehen wir, wie sie einstimmig um Freimütigkeit beten, Gottes Wort zu verkünden und dass Zeichen und Wunder im Namen des Herrn Jesus geschähen. Im zwölften Kapitel finden wir ein anhaltendes Gebet der Versammlung um die Freilassung von Petrus aus dem Gefängnis. Da gab es diese Bestimmtheit in ihren Gebetsstunden und eine glückliche Harmonie, welche Kraft aus der Höhe und Antworten Gottes bewirkte.

Als die Jünger mit der Bitte zum Herrn kamen: „Herr lehre uns beten“, gab er ihnen ein kurzes, einfaches und direktes Gebet. Danach berichtete Er von jemandem, der um Mitternacht zu einem Freund ging, um ihn um drei Brote zu bitten. Obwohl dieser zuerst ablehnte, gab er ihm schließlich wegen seiner Unverschämtheit oder Beharrlichkeit, um was er ihn bat (Lk 11,1–10). Einmal mehr lernen wir aus diesem Abschnitt, dass es darauf ankommt, konkrete Bitten vor den Herrn zu bringen, darin ausdauernd zu sein und die Dringlichkeit vorzustellen. Diese Worte unseres Herrn sprechen von einer Not, die sich auf ein reales und stark empfundenes Bedürfnis bezog, was ausschließlich vor dem Herzen und Gewissen des Bittenden stand. Das Anliegen war einfach, direkt, gezielt und ernsthaft: „Freund, leihe mir drei Brote“. Es war keine langwierige, weitschweifende und trockene Darstellung von allen möglichen Dingen, die mit langatmigen Erklärungen einherging, wie sie in Gebetsstunden oft zu hören sind.

Lange Gebetspredigten

Echtes Gebet besteht nicht darin, dem Herrn eine Menge von Dingen zu berichten, indem bekannte Formulierungen wiederholt werden oder indem lehrmäßige Aussagen vorgebracht werden, als ob wir versuchten, Gott Grundsätze zu erklären und Ihm über alles Mögliche Auskunft zu erteilen. Langatmige Gebete, die den Charakter von Predigten und Vorlesungen haben, sind nichts anderes als Vorträge und Erklärungen von Männern, die sich auf ihren Knien befinden, und stimmen nicht mit dem schriftgemäßen Muster öffentlicher Gebete überein. Es sind solche Äußerungen, die einen verblassenden Einfluss in unseren Gebetsstunden ausüben und sie ihrer Frische, ihres Interesses und ihrer Kraft berauben. Die Gebetsstunde ist ein Ort, wo wir unsere tief empfundenen Nöte und Schwachheiten zum Ausdruck bringen, und ein Platz, wo Segnungen und Kraft von Gott erwartet werden können. Wir sollten dorthin gehen, um unsere Herzen vor Gott auszugießen, indem wir ernsthafte Bitten um Segen und inbrünstige Fürsprachen zur Versorgung unserer Bedürfnisse, der Bedürfnisse der Versammlung Gottes sowie unserer Seelen vorbringen. Das zeichnet echte Gebete aus.

Ein sorgfältiges Studium der Schrift wird zeigen, dass langatmige Gebete in der Öffentlichkeit in der Bibel nicht die Regel sind. Der Herr verweist auf solche Gebete mit Missbilligung: „Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen; denn sie meinen, um ihres vielen Redens willen erhört zu werden“ (Mt 6,7). In Bezug auf die Schriftgelehrten sagt er: „die die Häuser der Witwen verschlingen und zum Schein lange Gebete halten“ (Mt 12,40). Salomo äußerte weise Worte als er sprach: „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Haus Gottes gehst; und herbeikommen, um zu hören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben: Denn sie haben keine Erkenntnis, so dass sie Böses tun. Sei nicht vorschnell mit deinem Mund, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde: Darum seien deiner Worte wenige. (...) Der Tor wird laut durch viele Worte“ (Pred 4,17; 5,1.2). Wir kommen durch die eben zitierten Verse deshalb unweigerlich zu dem Schluss, dass derjenige, der langatmige Gebete in der Öffentlichkeit spricht, sich in eine Reihe mit Heiden, Schriftgelehrten und Toren stellt, was sicherlich keine besondere Auszeichnung darstellt.

Das längste öffentliche Gebet in der Bibel ist das von Salomo anlässlich der Einweihung des Tempels und kann innerhalb von fünf Minuten gelesen werden, während das gesegnete und erfrischende Gebet unseres Herrn in Johannes 17 (das längste im Neuen Testament) in nur drei Minuten verlesen werden kann. Kurze, inbrünstige und gezielte Gebete führen zu Frische, Interesse und Kraft in den Gebetsstunden, wogegen langatmige und weitschweifige Gebetspredigten einen bedrückenden, entkräftenden Einfluss auf die Zusammenkünfte ausüben. Es ist viel besser, wenn jemand in einer Gebetsversammlung mehrere Male kurz betet, als wenn er ein langes Gebet spricht.

Glaube und Vergebung

Wirksame Gebete kann es nur dann geben, wenn wir im Glauben beten. „Alles, um was ihr betet und bittet – glaubt, dass ihre es empfangt, und es wird euch werden“ (Mk 11,24). Wir müssen in einfachem Glauben und mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewissheit beten, damit wir erhalten, um was wir bitten. Sollen unsere Gebete den Thron der Gnade erreichen, müssen sie auf den Flügeln des Glaubens getragen werden und aus ernsthaften, gläubigen Herzen kommen.

Im Anschluss an das, was wir gerade über das Gebet im Glauben gehört haben, gibt der Herr eine weitere Voraussetzung für wirkungsvolle Gebete. „Und wenn ihr dasteht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Vergehungen vergebe“ (Mk 11,25). Eine vergebende Gesinnung ist nötig, wenn unsere Gebete gehört und beantwortet werden sollen. Wenn es dagegen Bitterkeit und Groll gegenüber einem Mitbruder in einem Herzen gibt, kann es keine wahre Einheit im Gebet geben. Der Geist Gottes wird gehindert, ein dämpfender Einfluss macht sich breit und wird in den Gebetsstunden empfunden.

Es ist sehr wichtig sich daran zu erinnern, dass jedes echte Gebet im Heiligen Geist sein muss. „Zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen in dem Geist“; „betend im Heiligen Geist“ (Eph 6,18; Jud 20). Um das zu bewirken, muss der Geist frei sein, d. h. Er darf in unseren Herzen oder den Zusammenkünften nicht etwa betrübt oder ausgelöscht werden.

Schon oft ist gesagt worden, dass die Gebetsstunde der geistliche Gradmesser einer Versammlung ist. Der Charakter und Ton dieser Zusammenkunft ist ein Hinweis und eine Offenbarung des geistlichen Zustands einer ganzen Versammlung. Wenn die Gebetsstunde schlecht besucht ist und in einem matten Geist stattfindet, dann kann es mit dem geistlichen Zustand dieses Zusammenkommens gewiss nicht gut stehen. Jeder, der der Gebetsstunde absichtlich fernbleibt, befindet sich mit Sicherheit in einer schlechten seelischen Verfassung. Ein gesunder, glücklicher, ernsthafter und gewissenhafter Gläubiger wird, wenn es ihm eben möglich ist, zusehen, dass er in der Gebetsstunde anwesend ist.

Möchten wir mehr von diesem wahren Gebet im Heiligen Geist kennen und immer mehr das in die Praxis umsetzen, was wir in der Schrift als Beispiele echten Gebets bzw. echter Gebetsstunden finden und lasst uns daran standhaft festhalten.

Zusammenkünfte zur Wortbetrachtung

Obwohl wir im Neuen Testament an keiner Stelle von einer besonderen Zusammenkunft der ersten Christen zum Zweck des gemeinsamen Bibelstudiums lesen, gibt es doch zahlreiche Schriftstellen, die uns dazu ermuntern, solche regelmäßigen Versammlungsstunden als Gläubige zu haben. Das Volk Gottes braucht die Befestigung in der Wahrheit, die Lämmer und Schafe Christi haben es nötig im Glauben genährt und erbaut zu werden. Treffen außerhalb der regulären Stunden, um Gottes Wort zu studieren, sowie die gemeinsame Wortbetrachtung gewähren reichhaltige Gelegenheiten, um diesen Bedürfnissen in einer freudigen und einfachen Art und Weise zu begegnen.

Wir dürfen in der Haushaltung, in der wir momentan leben, nicht erwarten, endgültige Vorschriften im Neuen Testament über die Einzelheiten der Zusammenkünfte etc. zu finden, weil der Heilige Geist anwesend ist, um uns zu leiten. Er darf weder in seinen Handlungen noch in den Kanälen, die Er benutzt, behindert werden. Wenn eine Gewohnheit in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen der Schrift ist und zur Auferbauung dient, so bedarf sie keiner weiteren Bevollmächtigung.

Beispiele in der Schrift

Wie wir bereits bemerkt haben, gibt es in der Bibel Stellen, die uns die wesentlichen Punkte einer Wortbetrachtung deutlich machen. In Hebräer 10,25 werden wir ermahnt, unsere Zusammenkünfte nicht zu versäumen, und angespornt, einander zu ermuntern und zwar umso mehr, je mehr wir den Tag näher kommen sehen. Obwohl diese Ermahnung einen allgemeinen Charakter trägt und sich auf die Zusammenkünfte der Gläubigen zu den unterschiedlichsten Anlässen bezieht, liefert sie uns doch einen schriftgemäßen Grund für das Zusammenkommen zum Zweck der Wortbetrachtung sowie der gegenseitigen Ermunterung.

In Nehemia 8 und 9 begegnen wir einem erwähnenswerten Beispiel eines Zusammenkommens, um die Schrift zu lesen. Dort kam das Volk vor dem Wassertor zusammen, und Esra las zusammen mit seinen Mitarbeitern täglich „in dem Buch, in dem Gesetz Gottes, deutlich und (sie) gaben den Sinn an, so dass man das Gelesene verstand“ (Neh 8,8). Ein Viertel des Tages lasen sie in dem Buch, also in der Bibel, „und ein anderes Viertel des Tages bekannten sie ihre Sünden und warfen sich nieder vor dem HERRN, ihrem Gott“ (Neh 9,3).

Alle wesentlichen Bestandteile einer Wortbetrachtung finden wir ebenfalls bei der Versammlung im Tempel in Lukas 2,46.47, als Christus in der Mitte der Lehrer saß, ihnen zuhörte, Fragen stellte und Antworten gab. Diese Bestandteile finden wir auch in den beiden Zusammenkünften in Laodizea und Kolossä, als die zwei Briefe des Apostels den dortigen Zuhörern zum ersten Mal vorgelesen wurden, was zunächst einmal die eigentliche Absicht war (Kol 4,16).

Wenn wir lesen, dass die Gläubigen standhaft in der Lehre und Gemeinschaft der Apostel verharrten (vgl. Apg 2,42), weist uns das darauf hin, dass sie es gewohnt waren, die tatsächliche Gegenwart der Apostel fleißig zu suchen, um von den heiligen Unterhaltungen derer zu profitieren, die mit Jesus gewesen waren. Ihr Verständnis war geöffnet worden und sie waren nun mit der Kraft des Heiligen Geistes angetan worden, damit sie alles das weitergeben würden, was sie von Ihm selbst gelernt hatten. Wir können sicher sein, dass wir hier die wesentlichen Dinge einer Wortbetrachtung finden, die wir brauchen, um die Bibel zu studieren. Sie müssen Abschnitte aus dem Alten Testament betrachtet und der Lehre der Apostel im Neuen Testament zugehört haben und hatten heilige Unterhaltungen miteinander, indem sie Fragen stellten und beantworteten. Alles geschah in freudiger Gemeinschaft untereinander, um die geistlichen Schätze miteinander zu teilen. Das ist die Wortbetrachtung, wie sie uns in aller Einfachheit vorgestellt wird.

Ihr Charakter

Solche Zusammenkommen, bei denen die Kinder Gottes einfach zusammensitzen, jeder mit einer Bibel in der Hand, jeder fähig sie zu lesen, Stellen nachzuschlagen, auf die verwiesen wird, ja wenn alle Brüder die Freiheit haben, mit einem Kommentar oder einer Frage teilzunehmen, dann sind es solche Treffen, die für viele Herzen schon zum großen Segen gewesen sind – gerade wenn wir an das vorletzte Jahrhundert denken. Ihr Anliegen war es, einen Abschnitt aus der Schrift zu lesen und einander zu helfen, das Gelesene zu verstehen und richtig anzuwenden. Diese Zusammenkünfte trugen einen einfachen, informellen Charakter, fanden in privaten Häusern, öffentlichen Räumen oder Sälen statt und halfen, die der Versammlung lange verloren gegangenen kostbaren Wahrheiten wiederzuentdecken. Zuerst wurden diese Wahrheiten mit großer Mühe ausgearbeitet und anschließend wie leuchtende Edelsteine in die lehrmäßigen Schriften eingebettet, die uns seit Jahren zur Verfügung stehen und die in so großartiger Weise Hunderte und Tausende Leser des Wortes Gottes erleuchtet haben.

Die Wortbetrachtungen sollten einen familiären Charakter haben, wo Väter, junge Männer und Kinder in Christus zusammentreffen und in gleicher Weise Interesse, Belehrung und Belebung erfahren, wenn sie um das geschriebene Wort zusammensitzen, um durch den gegenwärtigen Heiligen Geistes in die ganze Wahrheit geleitet zu werden. Man kann es mit einer gemeinsamen Familienmahlzeit vergleichen, wo jedes Familienmitglied, egal welchen Alters, aufbauende Nahrung empfängt. Hier gibt ein Vater in Christus das weiter, was ihm anvertraut worden ist, dort belehrt ein begabter Lehrer etwas, was er aus dem Wort lernen durfte. Und dort ist auch der Platz, wo Kinder in Christus Fragen zu biblischen Themen stellen können. Solche Fragen verleihen der Zusammenkunft oft eine große Frische und geben Anregungen, was dazu führt, dass viele Wahrheiten klarer ans Licht gebracht werden. Das Licht scheint heller, es kommt zu einer größeren Einsicht und „Nahrung zur rechten Zeit“ zum Nutzen aller Beteiligten.

Segen ohne (besondere) Gnadengaben

Wenn in einer derartigen Zusammenkunft die Gabe des Lehrers auch sehr hilfreich ist und geschätzt wird, gibt es durch viele verschiedene Personen Hilfe zu dem Abschnitt, der gerade betrachtet wird, indem sie das zum Ausdruck bringen, was ihnen der Herr an Verständnis gegeben hat. Niemand braucht deswegen zu verzweifeln, wenn unter ihnen nur begrenzte Gaben vorhanden sind, was die Auslegung der Schriften betrifft, weil der Herr das gemeinsame Lesen seines Wortes segnen wird, wo immer es ein ernsthaftes Interesse gibt, etwas von Ihm zu empfangen.

In Sprüche 13,23 lesen wir, dass der neu angelegte Acker der Armen viel Speise gibt, und es mag so sein, dass der Arme den Boden mit nichts anderem als einem defekten Werkzeug bearbeiten kann, wogegen der Reiche in der Lage ist, den Grund mit den modernsten und effizientesten Geräten anzugehen. Dennoch ist es Gott, der bei beiden das Wachstum gibt, und deshalb ist der Heilige Geist die tatsächliche Kraft des Wachstums, wenn die Schrift untersucht wird. Er wohnt in jedem Christen, ob er begabt ist oder nicht und wird Nahrung hervorbringen, wenn wir nur den Grund des Wortes Gottes bearbeiten. Bearbeiten und durchforschen wir jedoch unsere Felder nicht, wird es auch keine Frucht geben.

Fortlaufende Studien

Es hat sich als sehr hilfreich erwiesen, regelmäßig durch verschiedene Bücher der Bibel – besonders des Neuen Testamentes – zu gehen und sich dort speziell den Briefen zuzuwenden, wo das volle Licht der Wahrheit über die gegenwärtige Haushaltung der Versammlung entfaltet wird. Solche Vers-für-Vers-Betrachtungen der Bibel in Verbindung mit der Gelegenheit, Dinge zu besprechen und Fragen zu stellen, sind sehr wertvoll und führen dazu, dass Herzen in Ihm gewurzelt, auferbaut und im Glauben befestigt werden (Kol 2,7). Werden Themen aufgegriffen, die zu einer Betrachtung von verschiedenen Abschnitten des Wortes führen, wird auch das zum Segen sein. Ein derartiges Thema könnte z. B. „Die Person und das Werk des Heiligen Geistes“ lauten.

Der Lernprozess während einer Wortbetrachtung findet still und schrittweise statt und kann mit Tau verglichen werden, so dass kaum bemerkt wird, wie erfrischend, belebend und erbauend die Wahrheit ist. Doch hinterher werden sich die positiven Ergebnisse bemerkbar machen. Allerdings wird eine Wortbetrachtung denjenigen, die Spannung und Unterhaltung suchen, eintönig und trocken vorkommen.

Notwendige Voraussetzungen für Segen

Wie bei allen anderen Zusammenkommen gibt es bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, wenn die Stunden gesegnet sein sollen. Auch hier gibt es Dinge, die den Segen verhindern und die Zusammenkunft ihrer Frische und Fruchtbarkeit berauben können. Wenn es auch jedem Bruder freigestellt wird, aktiv teilzunehmen, sollte die Freiheit jedoch nicht als Freibrief missverstanden werden. Die Wortbetrachtung ist nicht der Ort, wo jemand einfach etwas sagen könnte, um gehört zu werden oder um eigenartige Ideen öffentlich vorzustellen und über dies und jenes zu plaudern. Diejenigen, die sich bei der Wortbetrachtung beteiligen, sollten es in Abhängigkeit vom Heiligen Geist tun, zur Erbauung der Versammlung (1. Kor 14,12). In diesen Stunden sollten individuelle, extravagante Ansichten und Spitzfindigkeiten über Schriftstellen in einer demütigen und ruhigen Weise besprochen werden, die mit dem Willen, voneinander zu lernen, einhergeht.

Es ist auch wichtig, die Ermahnung von Jakobus 3,1 zu beachten: „Brüder, seid nicht viele Lehrer“, denn es kann bei einigen Brüdern die Tendenz geben, sich als kompetente Lehrer darzustellen. Das kann dazu führen, dass der Unwissenheit eine dominierende Stimme verliehen wird. Der Herr stellt selbst ein wunderbares Beispiel davon vor, was es heißt, den Platz der Demut einzunehmen, denn als er noch jung war und sich mitten unter Gelehrten befand, hörte er ihnen zu und stellte Fragen. Als die Umstände es dann erforderlich machten, zeigte sich seine göttliche Kenntnis unzweideutig, denn sie gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten (Lk 2,47).

Manchmal ist es so, dass diejenigen schweigen, die sprechen und verteilen sollten, weil sie wirklich etwas Nützliches empfangen haben. Für solche gilt das Wort: „Und wer mein Wort hat, rede mein Wort in Wahrheit!“ (Jer 23,28). Ein glücklicher, betender und demütiger Geist der Unterwerfung gegenüber dem anderen, zusammen mit der Bereitschaft, das Wort Gottes mit Sanftmut aufzunehmen, sollte in den Zusammenkünften vorherrschen. Darüber hinaus sollte jeden ein echter Geist der Abhängigkeit vom Herrn kennzeichnen, der sich nach Segen ausstreckt. Im Gegensatz dazu steht das Ausschauen nach menschlichen Instrumenten, die Er möglicherweise zur Erbauung benutzen möchte.

Wenn auch Abschweifungen von dem gerade betrachteten Abschnitt durchaus hilfreich und nützlich sein können, wenn sie auf andere Stellen Bezug nehmen und zu einem erweiterten Verständnis des Themas führen, sollte doch darauf geachtet werden, dass die Unterredungen während der Wortbetrachtung bei dem Thema bzw. Abschnitt bleiben. Es besteht immer die Neigung, vom Thema abzudriften, wenn sich mehrere beteiligen. Das Ergebnis davon kann Unordnung und entgangener Segen sein. Lange Diskussionen über kontroverse Punkte sollten ebenfalls vermieden werden. Stellen, die zu schwer sind oder über die keine Einigkeit besteht, sollten solange beiseitegelassen werden, bis weiteres Licht empfangen wird.

Diejenigen, die sich beteiligen, sollten sich immer vor Augen halten, dass sie zum Nutzen aller Anwesenden sprechen sollten. Wenn sie Bemerkungen abgeben, dann richten sie diese an alle und nicht nur an die Brüder, die vor ihnen gesprochen haben. Um das zu erreichen, sollte man laut genug und zu allen sprechen, so dass es von allen gut verstanden werden kann, denn es sollen verständliche Worte geäußert werden (1. Kor 14,9). Wir haben jetzt einige Punkte vor uns gehabt, die notwendige Voraussetzungen für nützliche Wortbetrachtungen bilden. Mögen wir alle mehr von den geistlichen Segnungen erleben, die ihre Basis in einer vom Geist geleiteten Wortbetrachtung haben.

Oft werden die Gebetsstunden und Wortbetrachtungen auch segensreich zu einer Zusammenkunft vereinigt, wo getrennte Zusammenkommen nicht für jeden möglich oder praktisch wären.

Öffentliche Wortverkündigungen

Aus 1. Korinther 14 wird deutlich, dass die Versammlung zur Zeit der Apostel etwas hatte, was wir „öffentliche Zusammenkünfte“ zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung nennen könnten. Das heißt, sie hatten Zusammenkünfte, die im Rahmen der schriftgemäßen Begrenzungen für jeden offen waren und der Erbauung dienten, wie der Geist Gottes es führte. Das wird in den folgenden Versen deutlich gemacht: „Wenn nun jemand (...) redet, so sei es zu zwei oder höchstens drei. (...) Propheten aber lasst zwei oder drei reden, und die anderen lasst urteilen. Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung zuteilwird, so schweige der erste“ (1. Kor 14,27–31).

Solch eine Zusammenkunft ist auf zwei oder drei Sprecher beschränkt, um keine Verwirrung aufkommen zu lassen und diejenigen, die sich beteiligen, werden mit den Worten ermahnt: „Alles geschehe zur Erbauung“ und: „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung“ (1. Kor 14,26.40). Diese öffentliche Zusammenkunft ist ein Zusammenkommen als Versammlung der Heiligen, um auf den Herrn im Hinblick auf den Dienst zu warten, ohne irgendwelche Vorkehrungen in Bezug auf den oder die Sprecher. Dort wird auf den Herrn gewartet, damit er, wen immer er möchte, zur Erbauung benutzen kann. Wenn sich niemand in der Lage fühlt, einen Vortrag über die volle Dauer der Stunde zu geben, können mehrere zur Auferbauung und zum Nutzen sprechen, wie die obigen Stellen andeuten. Es ist sehr wichtig, Zusammenkünfte mit derartigem Charakter regelmäßig zu haben, damit die Versammlung erbaut und ermuntert wird.

Die, die sich an diesem Dienst beteiligen, sollten danach streben, treue und weise Verwalter zu sein, die das Haus des Herrn mit Nahrung versorgen, damit jeder seine Speise zur rechten Zeit erhält. Der Herr sucht solche und sagt: „Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, damit beschäftigt finden wird!“ (Lk 12,43). Es ist nicht ausreichend, lediglich in einer korrekten, schriftgemäßen Art und Weise zu sprechen oder den Gegenstand eloquent darzulegen. Der Herr möchte, dass der Dienst so ausgeübt wird, dass es „Nahrung zur rechten Zeit“ gibt, d. h. passende und zeitgemäße Worte, die die Bedürfnisse der Zuhörer betreffen. Diese Bedeutung hat das Wort „weissagen“, das in 1. Korinther 14 so oft herausgestellt wird und wonach wir eifern sollen (V. 39). Es meint einfach, die Gedanken des Herrn vorzustellen, so wie Petrus in seinem ersten Brief schreibt: „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes“ (1. Pet 4,11). Es bedeutet, in der Kraft des Heiligen Geistes einen lebendigen Dienst auszuüben und vorliegenden Bedürfnissen zu begegnen.

Zusammenkünfte als Versammlung: Eine Definition

Bisher haben wir die unterschiedlichen Zusammenkünfte vor uns gehabt, die vor allem Treffen der Versammlung darstellen, wie z. B. das Brotbrechen, die Gebetsstunde, die Wortbetrachtung und die Wortverkündigung. Diese Zusammenkommen kann man auch als Zusammenkommen als Versammlung bezeichnen – einen Ausdruck, den wir in 1. Korinther 11 und 14 wiederfinden: „wenn ihr als (in) Versammlung zusammenkommt“ und: „wenn nun die ganze Versammlung an einem Ort zusammenkommt“. Den Ausdruck „in Versammlung“ finden wir auch noch in 1. Korinther 14,28.35.

Es gibt jedoch einige, die die Wortbetrachtung nicht als Zusammenkommen als Versammlung einordnen, und vielleicht ist es tatsächlich so, dass es einen eher informellen Charakter hat, verglichen mit den anderen Zusammenkommen. Im Allgemeinen können wir aber sagen, dass Zusammenkünfte Zusammenkommen als Versammlung sind, wenn sie so verstanden werden, dass man sich als Versammlung zusammenfindet, und wenn das Zusammenkommen von der Versammlung als ein solches akzeptiert wird.

Weitere Zusammenkünfte

Außerhalb der Zusammenkünfte als Versammlung gibt es noch weitere Zusammenkünfte, die von Christen, die zusammenkommen, wahrgenommen werden sollten. Wie wir bereits im Abschnitt über die göttliche Art des Dienstes gesehen haben, sollte es Zusammenkünfte geben, die durch die Gnadengaben Christi an die Versammlung in eigener Verantwortung vor dem Herrn abgehalten werden. Diese Zusammenkommen sollten sich vollständig in den Händen derer befinden, die die notwendige Kompetenz dazu haben und Verantwortung für sie übernehmen. Diese Zusammenkommen dürfen nicht mit den Zusammenkünften als Versammlung verwechselt werden, wo alle frei sind, sich so zu beteiligen, wie der Heilige Geist es leitet.

Die Treffen von Paulus in der Synagoge in Ephesus sowie in der Schule von Tyrannus sind Beispiele solcher Zusammenkünfte, bei denen eine Einzelperson federführend war (Apg 19,8–10). Unter dieser Überschrift können wir auch Zusammenkünfte wie Evangelisationen, Sonntagschul- oder Kinderstunden, Jugendstunden, Bibelstunden sowie besondere Treffen zum Dienst an Geschwistern nennen.

Nachdem wir jetzt den Unterschied zwischen Zusammenkommen als Versammlung und solchen unter der persönlichen Federführung Einzelner gesehen haben, können wir uns die Kennzeichen dieser besonderen Treffen anschauen.

Veranstaltungen und Bemühungen im evangelistischen Bereich

In diesem Abschnitt möchten wir uns mit Evangelisationen, Sonntagschulstunden und Kinderstunden beschäftigen. Diese evangelistische Arbeit ist sehr wichtig und sollte einen unverzichtbaren Bestandteil der Aktivitäten einer Versammlung ausmachen. Obwohl solche Veranstaltungen nicht von der Versammlung als solcher durchgeführt werden, sondern von Einzelnen, die vom Herrn zu diesem Werk berufen werden, sollte die Versammlung sie fördern und sowohl durch Gebete als auch materielle Hilfe unterstützen. Diese Bemühungen haben zum Ziel, die Ungläubigen zu erreichen und sie hereinzubringen, damit sie den Weg der Errettung kennen lernen und schließlich errettet werden.

Dass wir die evangelistischen Veranstaltungen als letztes behandeln, heißt nicht etwa, dass wir sie im Vergleich zu den anderen Zusammenkünften als weniger wichtig ansehen würden. Wir haben lediglich zuerst über die Zusammenkommen gesprochen, die von der Versammlung selbst durchgeführt werden und möchten jetzt zu den evangelistischen Veranstaltungen kommen, die von Einzelnen durchgeführt werden, denn die Verkündigung des Evangeliums ist ein persönlicher Dienst, der sich in erster Linie an die Ungläubigen richtet und zweitens an solche, die errettet sind, damit sie weitergehende Belehrungen über die Wahrheit empfangen. Dieses Werk wird vor allem von Evangelisten ausgeübt, die der Herr als Gaben gegeben hat, wobei ihr Arbeitsfeld die Welt ist, d. h. dass ihr Dienst eher außer- als innerhalb der Versammlung stattfindet.

Trotzdem sollte eine Versammlung sowohl eine festgelegte Veranstaltung zur Verkündigung des Evangeliums haben wie auch eine Sonntagschule, wo diese evangelistischen Bemühungen durchgeführt werden können. Wir glauben fest daran, dass die Schrift uns lehrt, dass jede Versammlung eine durch und durch evangelistische Versammlung sein sollte, die ein warmes Herz für das Evangelium besitzt und tatkräftig danach sucht, die Ungläubigen durch das Wort des Lebens zu erreichen. Der Versammlung in Thessalonich konnte Paulus schreiben: „Von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Mazedonien und in Achaja, sondern an jedem Ort ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden“ (1. Thes 1,8). Die Versammlung sollte ein echtes Basislager sein, von dem aus das Evangelium in die dunkle Welt ausgeht und von der Evangelisten und Hilfskräfte auf die Wege und Straßen ausgehen, um die gute Botschaft der Errettung zu verkünden. Sie werden dabei durch eine erfrischende Gemeinschaft und die Gebete der Versammlung ermutigt.

So wie die vier Evangelien die feste Grundlage des Neuen Testamentes bilden und so wie die Annahme des Evangeliums die Basis des christlichen Lebens ist, gehört die Verkündigung des Evangeliums zur Grundlage des Zeugnisses der Versammlung. Jede Versammlung, die kein Herz für das Evangelium besitzt, ist sicherlich keine Versammlung in Übereinstimmung mit dem göttlichen Muster der Bibel. Der Brief an die Philipper zeigt uns, wie eifrig die Versammlung in Philippi in Bezug auf das Evangelium war. Paulus dankte Gott für ihre Teilnahme an dem Evangelium vom ersten Tag an (Phil 1,3–5) und konnte sagen, dass sie sowohl in der Verteidigung als auch in der Bestätigung des Evangeliums Mitteilnehmer seiner Gnade waren (Phil 1,7).

Niemand kann in einer gesunden geistlichen Verfassung sein, wenn er nicht in der einen oder anderen Weise danach strebt, Seelen zu Christus zu bringen. Und keine Versammlung von Christen kann sich in einem gesunden geistlichen Zustand befinden, wenn ihre Glieder nicht an der Errettung von Seelen interessiert sind und keine Bemühungen unternehmen, sie mit dem Evangelium der Gnade Gottes bekannt zu machen. Nicht jedem Gläubigen ist es möglich, das Evangelium zu predigen, doch können alle für die Errettung von Seelen beten sowie für diejenigen, die die gute Botschaft verkünden. Jeder kann sich bemühen, Menschen zu den Evangelisationen mitzubringen. Jeder sollte in der Lage sein, gegenüber anderen von Christus als dem Retter zu zeugen und ihnen Traktate mitzugeben. Es spielt keine Rolle, welche Gabe jemand erhalten hat oder ob ihm überhaupt eine herausragende Gabe anvertraut worden ist. Er kann und sollte ein sehnsüchtiges Verlangen nach der Errettung von Seelen entwickeln.

Wenn Versammlungen oder auch Einzelne damit zufrieden sind, einfach Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr weiterzumachen, ohne eine einzige evangelistische Anstrengung zu unternehmen und ohne eine einzige Bekehrung zu erfahren, muss sich ihr Zustand auf einem sehr niedrigen Niveau befinden. Wenn eine Versammlung demgegenüber darin verharrt, in ernsthaftem Gebet für das Evangelium einzustehen und für die Errettung von Seelen zu beten, wird eine geistliche Frische und ein Eifer um Seelen vorherrschen, worauf Segensströme folgen werden. Jeder Neubekehrte, der wirklich von neuem geboren wurde, ist eine Quelle der Freude und bringt neues Leben in die Versammlung. Wo es jedoch keine Anstrengung gibt das Evangelium zu verbreiten und wo keine Bekehrungen stattfinden, wird Leblosigkeit und Trockenheit unter den Gläubigen die Folge sein, die mit der Gefahr des Aussterbens einhergeht, weil es zuvor kein Ausgehen mit dem Evangelium gab.

Wege, das Evangelium zu verkündigen

Wir müssen die Schrift sorgfältig untersuchen sowie die Verkündigungen der Apostel beachten und ihnen folgen, anstatt den heutigen, Aufsehen erregenden und aggressiven evangelistischen Methoden einiger, bei denen es den Anschein hat, dass das Werk des Herrn in der Weise der Welt ausgeführt wird. Wir brauchen mehr von Gottes Werk und weniger von dem des Menschen. Lassen wir die Verkündigung in großer Ernsthaftigkeit und mit der Liebe Christi geschehen, indem Seelen bewegt werden, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Vertrauen wir auf die Kraft des Heiligen Geistes in Bezug auf die Verkündigung der Botschaft und im Hinblick darauf, einen Ungläubigen dazu zu bewegen, Buße zu tun und dem Evangelium zu glauben. Vergessen wir nicht, die Buße und den verlorenen Zustand des Menschen zu predigen sowie Gottes vollständig ausreichendes Mittel in dem Evangelium seiner Gnade in Christus Jesus vorzustellen.

Wenn wir nach bleibenden Ergebnissen ausschauen, dürfen wir uns daran erinnern, dass es „nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist (ist), spricht der Herr der Heerscharen“ (Sach 4,6). Denken wir auch an Jakobus 5,7–8: „Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn. Siehe, der Ackerbauer wartet auf die köstliche Frucht der Erde und hat Geduld ihretwegen, bis sie den Früh- und Spätregen empfängt. Habt auch ihr Geduld, befestigt eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahe gekommen“. Seine Ankunft wird den großen Erntetag einläuten und die Frucht aller Arbeit offenbaren, die für Ihn und für die Errettung kostbarer Seelen geschehen ist. Lasst uns bis dahin ernsthaft den guten Samen des Evangeliums in die Herzen der Jungen und Alten sähen, egal wo sie auch sein mögen, und anschließend geduldig darauf warten, dass der Same aufgeht, indem wir uns daran erinnern, dass eine echte Bekehrung besser ist als hundert Lippenbekenntnisse einer Umkehr, die auf menschliche Anstrengungen ohne die Wirklichkeit und Kraft des Heiligen Geistes zurückgehen.

Es mag gut sein, die Bemerkung hinzuzufügen, dass der Evangelist und Arbeiter am Evangelium hinsichtlich der Art und Weise, in der er seine Arbeit ausführt, frei ist, da er in der Energie des persönlichen und individuellen Glaubens vorangeht und auf dem Grund seiner persönlichen Verantwortung vor Christus allein steht: „Er steht oder fällt seinem eigenen Herrn“ (Röm 14,4). Deshalb ist es nicht unsere Aufgabe, den Diener eines anderen zu beurteilen. Er darf nicht durch bestimmte Regeln und Anordnungen gefesselt sein bzw. durch engherzige Menschen behindert werden, die allem entgegenstehen, was sich nicht exakt mit ihrer Sicht der Dinge vereinbaren lässt. Arbeiter am Evangelium sollten nicht auf eine Linie oder Art und Weise festgenagelt werden, die z. B. für die Anbetungsstunde passend erscheinen mag.

Ein Evangelist mit weitem Herzen darf sich vor seinem Herrn und Meister völlig frei fühlen, viele Dinge zu tun, die sich dem geistlichen Urteil und den geistlichen Gefühlen einiger in der Versammlung nicht empfehlen würden. Er mag sich frei fühlen, eine Rede- und Arbeitsweise anzunehmen, die in den Versammlungsstunden völlig unpassend wäre. Solange er keine grundsätzlichen und entscheidenden Prinzipien der Schrift verletzt, haben wir kein Recht, uns in seine Arbeit einzumischen oder ihn zu verurteilen. Es muss für ihn die Freiheit bestehen, für seinen Herrn in seiner eigenen Art und Weise und auf dem Grund seiner eigenen persönlichen Verantwortlichkeit zu arbeiten. Die Versammlung ist nicht für die besondere Weise verantwortlich, in der er seine Arbeit für den Herrn verrichtet: „Jeder von uns wird für sich selbst Gott Rechenschaft geben“ (Röm 14,12).

Der Herr gab zwar den Auftrag, in die ganze Welt zu gehen und der ganzen Schöpfung das Evangelium zu verkündigen (Mk 16,15), fügte aber keine Einschränkungen in Bezug auf die Art und Weise hinzu, in der dies geschehen sollte. Er überließ es dem Einzelnen, sich durch den Heiligen Geist in sich verändernden Zeiten und Umständen, inmitten von variierenden nationalen Gebräuchen, leiten zu lassen. Der Apostel Paulus sagt an einer Stelle: „Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige errette“ (1. Kor 9,22). „Der Weise gewinnt Seelen“ (Spr 11,30).

Die Sonntagschule

Der6 Herr Jesus hat einmal gesagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen, wehrt ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes“ (Mk 10,14). Einmal rief Er ein Kind zu sich und stellte es „in ihre Mitte und sprach: Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen. (…) Und wer irgend ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, nimmt mich auf. (…) Gebt Acht, dass ihr nicht eins dieser Kleinen verachtet“ (Mt 18,2.3.5.10). Wir sollten also die Kinder in unserem Umfeld bei unseren evangelistischen Anstrengungen nicht vergessen.

Ja, Kinder bilden das ertragreichste Feld evangelistischer Tätigkeit, weil ihre Herzen noch zart und empfänglich für den himmlischen Ruf Christi durch sein Wort sind. Sie sind noch nicht durch die Sünde abgehärtet, sondern in einer Phase, in der sich der Charakter bildet und die grundlegenden Weichen des Lebens gestellt werden. Ein Psychologe hat einmal gesagt: „Eine Person wird seine Gewohnheiten kaum noch ändern, nachdem sie ihre Volljährigkeit erreicht hat.“ Schätzungen gehen dahin, dass sich nur noch eine Person von tausend bekehrt, nachdem das Alter von 20 überschritten ist. Ein Fragebogen, der an 1.500 Prediger mit der Frage geschickt wurde, wann sie sich bekehrt hätten, zeigte, dass das Durchschnittsalter ihrer Bekehrung zwölf Jahre betrug. Ein Richter in Brooklyn, New York, konnte bezeugen, dass von insgesamt 2.700 Jugendlichen, die vor seiner Anklagebank erschienen waren, nicht einer ein ehemaliger Sonntagschüler war.

Alle diese Fakten unterstreichen die Wichtigkeit und den Segen evangelistischer Bemühungen unter Kindern und Jugendlichen. Das Ziel der Sonntagschule ist es, den Kindern die kostbaren Wahrheiten der Bibel nahe zu bringen: die Tatsache, dass sich der Mensch in einem sündigen Zustand befindet, die volle Errettung in Christus Jesus und den Weg sowie die Aufgabe eines Christen in dieser Welt. Sie sollten diese Dinge nicht nur gelehrt bekommen, sondern wir sollten danach streben ihre Herzen für Christus zu gewinnen und für ihre Bekehrung beten.

Wenn wir so über die Sonntagschularbeit sprechen, kommen wir nicht umhin, dem Leser einen ausgezeichneten Brief über dieses Thema von C. H. Mackintosh vorzulegen. Er wurde vor vielen Jahren verfasst:

„Lieber Freund,

Wir sind sehr dankbar dafür, dass du in die Sonntagschularbeit eingetreten bist, und es ist unser Vorrecht, dir auf deine Frage zu antworten und eine Hilfestellung in Bezug auf die Art und Weise ihrer Durchführung zu geben.

Je älter wir werden, desto höher stufen wir den Wert der Sonntagschularbeit ein. Wir betrachten es als eine höchst interessante und schöne Sache, die jede christliche Versammlung, die in dem Namen des Herrn Jesus zusammenkommt, durch herzliche Anteilnahme und Gebet unterstützen sollte.

Es gibt leider solche, die diesbezüglich eine Gleichgültigkeit an den Tag legen, die uns Sorge bereitet und wieder andere, die eine derartige Arbeit ganz ablehnen. Sie sehen es als eine Einmischung in die Aufgabe christlicher Eltern an, ihre Kinder in der Zucht und Ermahnung des Herrn aufzuziehen (vgl. Eph 6,4). Wenn sich dieser Einwand auf einer soliden Grundlage bewegen würde, dann müssten wir ihn ernsthaft in Erwägung ziehen. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die Sonntagschule ist nicht dazu bestimmt, die Aufgabe der Eltern zu beeinträchtigen, sondern zu unterstützen bzw. zu versuchen, das wettzumachen, was durch das vollständige Fehlen an Belehrung und Ausbildung von Seiten der Eltern verursacht wird. Es gibt Tausende von Kindern, die die Gänge, Gassen und Gerichtshöfe unserer großen Städte füllen, die entweder keine Eltern haben oder solche, die völlig unfähig oder unwillig sind, sie zu unterweisen. Gerade auf diese Kinder sollten die wohlwollenden Augen der Sonntagschullehrer besonders gerichtet sein. Natürlich freut er sich über alle möglichen Kinder, die sich vor ihm auf den Bänken tummeln, und doch sind gerade die armen, zerlumpten, vernachlässigten und verstoßenen Kinder der Gegenstand seiner besonderen Aufmerksamkeit.

Wo und wann die Frucht der Sonntagschularbeit einmal auftauchen wird, kann man unmöglich sagen. Ob an den glühend heißen Stränden Afrikas oder inmitten der eiskalten Gegenden des Nordens, in den Tiefen der Wälder, auf den Wellen des Ozeans, ob in der gegenwärtigen Zeit oder Jahre nach dem Ableben des Arbeiters, um in seine ewige Ruhe einzugehen. Es steht jedoch fest, dass, wo und wann es auch sei, die Frucht ganz bestimmt gefunden werden wird, wenn der Same im Glauben gesät und durch Gebet bewässert worden ist.

Möglicherweise ist die Jugendzeit des Sonntagschülers böse und er wird ein schlechter Mensch. Er hat scheinbar alles vergessen, was gut, heilig und wahr ist, alles hinter sich gelassen und ausgewischt, was an heiligen Eindrücken noch vorhanden war – und doch liegt ein kostbarer Satz der heiligen Schrift, eine liebliche Strophe tief in seinem Gedächtnis begraben, unterhalb des ganzen Gerümpels an Unsinn und Weltlichkeit. Und diese Schriftstelle oder Strophe taucht in seinen Gedanken plötzlich auf, in einem stillen Moment, vielleicht sogar erst auf seinem Sterbebett, und kann von dem Heiligen Geist benutzt werden, um der Seele Leben und Rettung zu schenken. Wer könnte den Wert davon ermessen den Verstand frühzeitig mit himmlischen Dingen zu beschäftigen, solange er noch jung, frisch und formbar ist?

Vielleicht tritt die Frage auf, an welcher Stelle des Neuen Testaments wir die Berechtigung für das besondere Werk des Lehrers oder Leiters in der Sonntagschule erhalten. Die Antwort darauf lautet, dass es sich nur um eine andere Art der Predigt an Unbekehrte bzw. der Entfaltung der heiligen Schriften an die Kinder Gottes handelt. Streng genommen bildet die Sonntagschule einen überaus interessanten Zweig der evangelistischen Arbeit und wir brauchen kaum hinzuzufügen, dass wir auf den Seiten des Neuen Testaments umfassende Bestätigungen für die Berechtigung dieser Arbeit finden.

Es ist bedauerlich, dass es unter uns so viele gibt, die kein Herz für irgendeinen dieser evangelistischen Zweige haben, egal ob es sich um die Arbeit unter jungen oder älteren Menschen handelt. Sie lehnen diese Arbeit nicht nur für sich selbst ab, sondern schütten auch kaltes Wasser über solche, die diese gesegnete Aufgabe wahrnehmen. Darüber hinaus kommt es oft vor, dass diejenigen, die Einwände gegen die Sonntagschule oder Evangelisationen vorbringen, einsichtsvolle Personen zu sein scheinen, was dazu führt, dass ihren Worten umso mehr Gewicht unter jungen Christen beigemessen wird.

Dir, junger Freund, sagen wir aber: Lass dich durch nichts von dem Werk abbringen, was du angefangen hast. Es ist ein gutes Werk – führe es trotz aller Einwände, die kommen mögen, fort. Wir werden aufgefordert zu jedem guten Werk bereit zu sein und nicht müde zu werden, Gutes zu tun, weil wir zu seiner Zeit ernten werden, wenn wir nicht ermatten (vgl. Gal 6,9).

Und nun noch ein paar Worte in Bezug auf die Art und Weise, in der die Arbeit in der Sonntagschule vor sich gehen sollte. Erinnern wir uns zunächst daran, dass es ein individueller Dienst ist, der auf der Grundlage der persönlichen Verantwortung vor dem Herrn ausgeführt wird. Zweifellos ist es von höchster Bedeutung das Werk in voller Gemeinschaft mit deinen Mitarbeitern und Mitbrüdern zu tun. Trotzdem wird die Arbeit als Leiter oder Lehrer in direkter persönlicher Verantwortung dem Herrn gegenüber und nach der ihm zugemessenen Gnade ausgeführt. Die Versammlung ist an dieser Arbeit in keiner Weise mehr verantwortlich als an jedem anderen persönlichen Dienst, sei es der Vortrag an einem Sonntagabend, oder seien es Hauskreise, Bibelstunden etc. Befindet sich die Versammlung allerdings in einem gesunden geistlichen Zustand, wird sie sich sowohl mit der Sonntagschularbeit als auch mit jeder anderen persönlichen Arbeit für den Herrn völlig eins machen.

Es wird dir nicht entgehen, dass du, um die Sonntagschularbeit gewinnbringend durchzuführen, einen guten Leiter brauchst, d. h. jemanden, der durch Energie, Ordnung und Richtlinien gekennzeichnet ist. Das alte Sprichwort, dass das, was alle betrifft, niemanden betrifft, gilt in diesem Fall ganz besonders. Wir haben verschiedene Sonntagschulen gesehen, die zum Stillstand kamen, weil sie nicht richtig durchgeführt wurden. Manchmal greifen Personen diese Arbeit auf, um sie für eine Zeit zu tun und sie dann wieder fallen zu lassen. Das wird nie ausreichen. Die Leiter, Lehrer und Besucher müssen diese Arbeit nicht sporadisch angehen, sondern mit einer besonnenen Bestimmtheit und geistlichen Energie. Wenn sie sie dann einmal begonnen haben, müssen sie darin mit Herzensentschluss verharren. Es wird nichts daraus werden, wenn der Leiter oder Lehrer seine Klasse dem Zufall überlässt mit dem Vorwand, sie dem Herrn zu überlassen. Wir denken viel mehr, dass der Herr von ihm erwartet, dass er an seinem Platz ist bzw. einen geeigneten Ersatz findet, wenn er krankheitsbedingt fehlt oder sonst ein unumgänglicher Abwesenheitsgrund besteht.

Es ist von entscheidender Wichtigkeit, dass jede Art von Sonntagschularbeit mit Frische, Herzblut und Energie sowie völliger persönlicher Hingabe getan und fortgesetzt wird. Und weil diese Eigenschaften nur in der göttlichen Schatzkammer erworben werden können, sollten sich alle beteiligten Mitarbeiter regelmäßig zum gemeinsamen Gebet und Austausch treffen. Nichts ist schlimmer als sehen zu müssen, wie die Sonntagschularbeit immer mehr verfällt, weil es auf Seiten derjenigen, die die Arbeit einmal angefangen haben, einen Mangel an Fleiß und Durchhaltevermögen gibt. Zweifellos gibt es viele Hindernisse, und die Arbeit selbst ist manchmal schwierig und entmutigend, aber wenn unsere Worte irgendein Gewicht haben, dann möchten wir denen, die sich in diesem Gebiet engagieren, mit aller Innigkeit sagen: Lass nichts und niemand deine Begeisterung dämpfen und so die Arbeit behindern. Mach weiter, mach weiter! Möge der Herr der Ernte deine Arbeit mit den größten und reichsten Segnungen bedenken.

Ich denke, dass wir uns kaum darüber unterhalten müssen, dass unbekehrte Personen keinen Platz bei der Arbeit in der Sonntagschule haben. Wie traurig wäre es zu sehen, wenn jemand als Lehrer das weitergibt, woran er selbst keinen Anteil hat. Natürlich ist Gott souverän und es ist Ihm möglich sein eigenes Wort auch dann zu gebrauchen, wenn es aus dem Mund Ungläubiger stammt und Er tut dies auch, doch das ändert in keiner Weise die traurige Tatsache in Bezug auf die Person, die diese Arbeit ausführt. Keinen Augenblick dürfen wir daran denken, jemanden einzuladen an der Sonntagschularbeit teilzunehmen, wenn wir nicht hinreichend genau wissen, dass er sich zu Gott bekehrt hat. Wenn wir das täten, würden wir ihn nur noch weiter in seinem fatalen Irrglauben bestätigen.“ (C.H.M.7)

Abschließend möchten wir noch darauf hinweisen, dass die Sonntagschulstunden nicht nur in Versammlungslokalen stattfinden können, sondern auch an vielen anderen Orten. Kinderstunden können genauso gut regelmäßig an Wochenenden durchgeführt werden, was zu Hause oder wo auch immer geschehen kann. Tägliche Kindertreffen in den Ferien haben sich in den Sommermonaten als hervorragende Möglichkeit erwiesen, den Kindern das Evangelium nahe zu bringen und sie im Wort zu unterrichten. Bibellager für Kinder sind ebenfalls schon zum großen Segen für die Jugendlichen gewesen. Möge der Herr viele fähige und fleißige Arbeiter erwecken, um die Kinder und Jugendlichen zu belehren und sie für Christus zu gewinnen.

3.8 Die Rolle der Frau nach der Schrift

Jeder aufmerksame Leser wird zustimmen, dass Gott den Frauen in der Familie, in der Gesellschaft und in der Versammlung eine besondere und wundervolle Rolle gegeben hat und dass sie von dem Herrn besonders für diese einzigartige Rolle ausgestattet wird, die kein Mann in richtiger Art und Weise ausfüllen kann. Die Schrift zeigt uns von Anfang bis Ende die besondere Stellung der Frau in der Schöpfung, im Fall der Menschheit, unter dem Gesetz des Alten Testamentes und unter Gnade in der Versammlung des Neuen Testamentes. Wir werden anhand des Wortes Gottes sehen, dass die Frau ihren eigenen Dienstbereich hat und dass dieser sehr gesegnet und notwendig ist.

Es wird für ein sachgemäßes Verständnis unseres Themas sehr hilfreich sein, wenn wir zunächst die Stellung in der Schöpfung, im Sündenfall, unter dem Gesetz und im Haus betrachten. Das Erkennen der gottgegebenen Rolle der Frau in diesen Bereichen wird uns den geeigneten Hintergrund geben, um ihren schriftgemäßen Platz in der Versammlung zu betrachten und zu begreifen.

In der Schöpfung

Aus 1. Mose 2 lernen wir, dass der Mann zuerst erschaffen wurde. Dann baute Gott eine Frau aus Adams Rippe und brachte sie zu dem Menschen, damit sie ihm eine Hilfe sei. In 1. Korinther 11,8–12 hat der Geist Gottes dazu die folgende Äußerung vermerkt: „Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann; denn der Mann wurde auch nicht um der Frau willen geschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen. Darum soll die Frau eine Macht auf dem Haupt haben um der Engel willen. Dennoch ist weder die Frau ohne den Mann noch der Mann ohne die Frau im Herrn. Denn so wie die Frau vom Mann ist, so ist auch der Mann durch die Frau; alles aber ist von Gott“. Hier finden wir eine besonders zurückhaltende und ausgewogene Darstellung der Wahrheit der Beziehung von Mann und Frau.

Schon die Tatsache, dass die Frau aus dem Mann genommen wurde, beweist ihre Gleichförmigkeit mit ihm. Sie ist nicht seine Untergebene, sondern seine Gleichgestellte, seine Hilfe. Da ist Gleichheit, doch gleichzeitig Unterschiedlichkeit. Die Frau wurde für den Mann gemacht, um mit ihm an seiner Seite zu sein. Gott beabsichtigte nie, dass die Frau ein unabhängiges und vom Mann getrenntes Geschöpf, sondern, dass sie mit ihm verbunden sein sollte. Gemeinsam sollten sie ein Fleisch sein und Christus und seine Braut, die Versammlung, darstellen. Die Frau erstrahlt niemals heller als dann, wenn sie den Zweck erfüllt, zu dem sie geschaffen wurde und der in erster Linie darin bestand, eine Hilfe für den Mann zu sein.

Dennoch müssen wir feststellen, dass schon die Tatsache, dass die Frau aus dem Mann gemacht wurde, andeutet, dass der Mann ihr Haupt ist. Dies ist die Schlussfolgerung, die der Geist Gottes in den oben zitierten Versen aus 1. Korinther 11 vor uns stellt – „Darum (in Anbetracht ihrer Stellung in der Schöpfung) soll die Frau eine Macht auf dem Haupt haben (d.h. ein Zeichen der Macht oder Gewalt des Mannes, unter der sie steht) um der Engel willen“. Der Apostel sagt: „Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, das Haupt der Frau aber der Mann“ (V. 3). Aufgrund dieser göttlichen Ordnung in der Schöpfung soll die Frau die führende Stellung des Mannes anerkennen und das Zeichen seiner Autorität über ihr, nämlich eine Kopfbedeckung, auf ihrem Kopf tragen, besonders wenn sie betet oder weissagt und wenn sie sich in der Versammlung befindet (V. 5–10). Die Engel sollen die Ordnung Gottes in der Schöpfung und in der Versammlung betrachten.

Wir werden später mehr bezüglich des Kopfbedeckens der Frau sagen müssen. Wir sprechen dies jetzt lediglich an in Verbindung mit ihrer Stellung in der Schöpfung und der sich daraus ergebenden Anerkennung des Mannes als ihr Haupt, was der Bedeutung des Kopfbedeckens gemäß der Schrift entspricht.

In 1. Korinther 11,14.15 bezieht sich der Apostel als weiteren Beweis für die Unterscheidung zwischen Mann und Frau und der für sie angemessenen untergeordneten Stellung auf die Natur. „Lehrt euch nicht auch die Natur selbst, dass, wenn ein Mann langes Haar hat, es eine Unehre für ihn ist, wenn aber eine Frau langes Haar hat, es eine Ehre für sie ist, weil das Haar ihr anstatt eines Schleiers gegeben ist?“ (V. 14.15). Gott hat der Frau langes und dem Mann kurzes Haar als ein unterscheidendes Merkmal gegeben. Für eine Frau ist es etwas Natürliches, langes Haar und für einen Mann, kurzes Haar zu haben.

Langes Haar ist in der Schrift generell ein Symbol von Abhängigkeit, Unterwerfung und von der Sittsamkeit, die die Frau als „schwächeres Gefäß“ kennzeichnet, dem die Männer Ehre geben sollen (1. Pet 3,7). Die vor uns liegende Stelle in 1. Korinther 11 spricht von dem Haar der Frau als ihrer Ehre.

Eine Frau stellt die Ehre und die Schönheit, die auf ihr ist, nur dar, wenn sie in ihrer gottgegebenen Rolle der Abhängigkeit und Unterordnung bleibt und ihren femininen Charakter beibehält. Je weiblicher die Frau ist, desto schöner und wohlgefälliger ist sie für Gott. Je mehr die Frau versucht, einem Mann zu gleichen und seinen Platz einzunehmen, desto mehr verliert sie ihre wahre Schönheit und Tugend.

Der Ausdruck „Lehrt euch nicht auch die Natur selbst?“ lässt eine weitgehende Anwendung des vor uns liegenden Themas zu. Die natürliche Beschaffenheit und das Temperament von Mann und Frau sind ziemlich unterschiedlich. Gott in seiner Weisheit hat große Unterschiede in der körperlichen, geistigen und emotionalen Beschaffenheit von Mann und Frau gesetzt. Er hat dem Mann generell eine höhere Körpergröße und größere Kraft gegeben – und im schönen Gegensatz dazu der Frau natürliche Anmut, Sanftmut und geistige Fähigkeiten, die sie besonders für den häuslichen Bereich passend machen. Der Schöpfer hat Mann und Frau offenbar von Natur aus so gebildet, um verschiedenartige und getrennte Rollen ausfüllen zu können und einander dennoch zu ergänzen.

Demnach lernen wir von der Schöpfung und der Natur, dass die Frau eine von der Rolle des Mannes in der Gesellschaft getrennte Aufgabe hat und wir werden sehen, dass ihre gottgegebene Aufgabe in der Versammlung in Übereinstimmung mit ihrer Stellung in der Schöpfung und in der Natur ist. Wir werden feststellen, dass ihre Stellung in der Schöpfung ihre Rolle in der Versammlung ebenfalls festmacht und dass ihre Stellung in der Natur ihre Aufgabe in der Zeit der Gnade oder ihre Beziehung als gläubige Frau zu Gott veranschaulicht. Beide Bereiche sind unzertrennlich. Gott gibt keiner Frau und keinem Mann eine Rolle in der Versammlung, die entgegen der Stellung in der Schöpfung und der Natur ist.

Im Sündenfall

Nachdem wir anhand der Schöpfung gesehen haben, dass die Rolle der Frau eine Rolle der Unterordnung ihrem Haupt gegenüber und der Gemeinschaft mit ihm ist, werden wir nun betrachten, welchen Anteil sie am Fall der Menschheit im Garten Eden hatte und welche Rolle ihr als Konsequenz daraus zugeteilt wurde. Aus dem göttlichen Bericht lernen wir, dass die Schlange Eva dazu verführte, von der verbotenen Frucht zu nehmen, und dass sie diejenige war, die davon aß und auch ihrem Mann davon gab, der in gleicher Weise davon aß (1. Mo 3,1.6). Deswegen sprach Gott zu Eva: „Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären; und nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen“ (1. Mo 3,16).

Hier sehen wir, wie die erste Frau, Eva, die Führung übernahm und ihren ursprünglichen Platz der Abhängigkeit verließ. Und anstatt den Vorstoß der Schlange zurückzuweisen und Hilfe und Schutz bei ihrem gottgegebenen Haupt zu suchen, handelte sie unabhängig und wurde von der Schlange zu Ungehorsam gegen Gottes Gebot verlockt. Daher verkündete Gott ihr endgültig, dass sie eine Rolle der Unterordnung gegenüber ihrem Mann einnehmen würde.

Wir dürfen keine eigenen Schlussfolgerungen anhand dieser Tatsachen machen, denn der Geist Gottes bezieht sich in 1. Timotheus 2,11–14 auf diese Irreführung Evas durch Satan und nimmt sie als Begründung dafür, warum sich Frauen im heutigen Zeitalter der Versammlung nicht die Autorität über den Mann aneignen dürfen. Wir lesen dort: „Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein, denn Adam wurde zuerst gebildet danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung.“

Hier haben wir zwei Gründe, warum Frauen nicht dazu bestimmt sind, in der Versammlung zu lehren. Erstens hat Adam den ersten Platz in der Schöpfung, und darin inbegriffen die leitende Stellung. Zweitens wurde die Frau durch die Schlange betrogen. Adam wurde nicht wie die Frau betrogen. Er sündigte mit offenen Augen und war schuldiger als seine Frau, jedoch war es Eva, die betrogen wurde. Dies war ihr Anteil am Fall der Menschheit und seitdem hat sie sich als schlechte Führerin in dieser Hinsicht gezeigt. In Gottes weiser Regierung ist sie vom Platz der Autorität oder des Lehrens in der Versammlung ausgeschlossen. Folglich erhalten wir hier die erste und eindringlichste Warnung davor, dass Frauen die Führung übernehmen. Sicherlich ist dies gleich zu Beginn der Reise des Menschen über das Meer der Zeit ein lebendiges Warnsignal.

Wie ein anderer beobachtet hat: „Wenn Frauen aus ihrer Stellung heraustreten, scheinen sie eine besondere Beute für den Teufel zu sein. In dem Gleichnis ist es eine Frau, die den Sauerteig unter die drei Maß Mehl mengte (Mt 13,33) – eine Art Einführung verderbender Prinzipien, die das christliche Bekenntnis durchdrungen haben. Es war eine Frau – Eva –, die sich in der Übertretung befand.

Es sind ‚Weiblein, die, mit Sünde beladen, von mancherlei Begierden getrieben werden‘, die von den schlechten Männern in der gefahrvollen Zeit der letzten Tage gefangen weggeführt werden (2. Tim 3,6). Es ist eine Frau – Isebel –, die historisch gesehen auf den Seiten des Alten Testamentes als ein Beispiel für alles steht, was widerlich und böse ist und die bildlich in der Offenbarung als Beispiel für kirchliches Verderben und religiöse Sittenlosigkeit schlimmsten Grades steht (1. Kön 21; Off 2,20).

Heutzutage sind die große Mehrheit spiritistischer Medien Frauen. Der moderne Spiritismus begann mit Frauen – den Fox-Schwestern in Amerika. Es war eine hysterische Frau, Fr. White, die durch ihre blasphemischen Anmaßungen die Führerin und zum großen Teil die Erfinderin jenes bösen Systems wurde – des Siebenten-Tags-Adventismus.

Die Christliche Wissenschaft, die weder christlich noch wissenschaftlich ist, verdankt ihre Herkunft Fr. Eddy – einer Frau (A. J. Pollock).

Zu dieser Liste könnte man die heutige Bewegung der Zungenrede mit ihrem dazugehörenden Fanatismus hinzufügen, in der Frauen die bedeutendsten und enthusiastischsten Führer sind.

Hierdurch sollen durchaus keine Frauen gekränkt werden, denn moralisch weisen diese generell feinere Qualitäten als Männer auf und normalerweise übertreffen sie ihn in Zuneigung und Hingabe zu Christus. Ebenso wenig werden hier weibliche Fähigkeiten in Frage gestellt, denn im Vergleich mit Männern weisen Frauen keine Minderwertigkeit in Bezug auf Begabung, Kultur, Anstand, Sprache etc. auf. Nur stellungsmäßig befindet sich der Mann über der Frau. Den Punkt, den wir hier betonen möchten, ist dieser, dass wenn sich Frauen von ihrer gottgegebenen Rolle und ihrem gottgegebenen Dienstbereich entfernen und einen Platz der Lehre und Führung übernehmen, sie häufig ein besonderes Opfer der Irreführung Satans und Verbreiter seiner Falschheit und Ketzereien werden. Das ist die Lektion, die wir von Eva im Garten Eden und der nachfolgenden Geschichte der Frauen lernen sollten.

Wenn auf der anderen Seite die Frau in ihrer gottgegebenen Stellung bleibt, so ist sie eine höchst effektive Macht zum Guten. Ihre Gegenwart und Kraft im Dienst des Christus ist in Gott gemäßer Weise äußerst notwendig für das Gedeihen und den Fortbestand der Versammlung. Die Bibel ist voll von gottesfürchtigen, treuen und hingebungsvollen Frauen, die hervorragende Dienste für Gott in den Bereichen verrichteten, die Gott für sie bestimmt hatte.

Indem wir auf die einzelnen Punkte zurückblicken, die vor uns gewesen sind, könnten wir sie folgendermaßen zusammenfassen: Da Eva von Satan betrogen wurde und da sie die Führung im Begehen der ersten Sünde übernahm, wurde sie als Folge davon gemäß den Regierungswegen Gottes in eine dem Mann untergeordnete Stellung gebracht. Sie soll in Stille und mit aller Unterwürfigkeit lernen und niemals die Autorität über den Mann übernehmen. Das ist es, was wir über die schriftgemäße weibliche Rolle, die ihr aufgrund ihres Anteils am Fall der Menschheit im Garten Eden zuteilwurde, lernen. Und dieser von Gott eingesetzte Status bleibt unverändert in der gegenwärtigen Gnadenzeit, in der sich die Versammlung befindet. Darüber hinaus hat die Geschichte der Frau nur die Weisheit und Gerechtigkeit in Bezug auf die Begrenzung ihres Bereiches bewiesen, die von Gott auferlegt wurde.

Heilige Frauen zur Zeit des Alten Testamentes und unter dem Gesetz

Der Apostel Petrus spricht, indem er Frauen in Bezug auf ihr Verhalten ermahnt, von dem Verhalten der heiligen Frauen zur Zeit des Alten Testamentes und nimmt den Lebenswandel Saras als ein Beispiel. Da diese Worte, die der Heilige Geist uns durch Petrus gegeben hat, hilfreich für unser aktuelles Thema sind, sollten wir sie hier zitieren. „Ebenso ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter, damit, wenn auch einige dem Wort nicht gehorchen, sie durch den Wandel der Frauen ohne Wort gewonnen werden mögen, indem sie euren in Furcht reinen Wandel angeschaut haben; deren Schmuck nicht der äußere sei durch Flechten der Haare und Umhängen von Goldschmuck oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist. Denn so schmückten sich einst auch die heiligen Frauen, die ihre Hoffnung auf Gott setzten und sich ihren eigenen Männern unterordneten: wie Sara dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte, deren Kinder ihr geworden seid“ (1. Pet 3,1–6).

Diese Worte sprechen deutlich für sich und bedürfen keiner weiteren Erklärung. Sara, die wir anhand des Alten Testamentes als eine energische und durchsetzungsfähige Persönlichkeit einschätzen würden, steht hier als ein Beispiel für heilige Frauen des Alten Testamentes, die in Unterordnung ihren Männern gegenüber blieben und ein tugendhaftes Verhalten an den Tag legten. Dies zeigt uns deutlich die Stellung der Frau in Bezug auf den Mann und die von gottesfürchtigen Frauen des Alten Testamentes ausgelebte Praxis.

In Verbindung mit dem Vorangegangenen möchten wir einen kurzen Bezug auf die Stellung von Frauen unter dem Gesetz nehmen. Als der Apostel Paulus der Versammlung in Korinth schrieb und sie in Bezug auf die Rolle der Frau in der Versammlung unterrichtete, sagte er: „Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt“ (1. Kor 14,34). Er bezieht sich nicht auf eine besondere Passage oder Vorschrift, sondern auf den gesamten Tenor des Alten Testamentes. Das ganze Zeitalter des Gesetzes hindurch finden wir, dass die Frau eine Stellung der Unterordnung und des Gehorsams und nicht der Führung oder Autorität einnahm.

Somit sehen wir deutlich, dass die Schöpfung, der Sündenfall und das Gesetz allesamt auf die Rolle der Unterordnung als göttlich angeordnete Position für die Frau hinweisen.

In der Gnadenzeit

Vor dem vorangehenden biblischen Hintergrund der Stellung der Frau in der Schöpfung, beim Fall der Menschheit und unter dem Gesetz und mit den dabei erwähnten Anweisungen, die sich auf ihre Rolle zur Zeit der Versammlung beziehen, können wir nun ihre Stellung in der gegenwärtigen Gnadenzeit betrachten, wie sie uns im Neuen Testament vorgestellt wird, und zwar in Bezug auf den häuslichen Bereich, die Öffentlichkeit und die Versammlung.

Zu Hause

Da das Zuhause natürlicherweise in moralischer und zeitlicher Ordnung vor der Versammlung kommt, weil es die Grundlage jeder Gesellschaft ist, ist es angemessen, dass wir zunächst einmal die besondere Rolle betrachten, die die Schrift den Frauen in dieser am meisten gesegneten Umgebung zuweist. Dies wird uns auch helfen, die von Seiten Gottes angeordnete Position zu erkennen, die der Frau in der Versammlung gegeben ist. Ihre Rolle im Haus steht notwendigerweise in Übereinstimmung mit ihrer Rolle in der Versammlung. Und wenn eine Frau lernt, die ihr zukommende Rolle im Haus einzunehmen, so wird sie höchstwahrscheinlich auch ihre Rolle in der Versammlung erkennen.

Zu der häuslichen Beziehung gehört die Beziehung zwischen Mann und Frau und danach – wenn ihnen Kinder geschenkt werden – eine glückliche Verbundenheit von Vater, Mutter und Kindern. In dieser glücklichen Beziehung einer Ehefrau, oder einer Ehefrau und Mutter, besetzt eine Frau einen sehr wichtigen und einflussreichen Platz im Haus. Ein Zuhause ist ohne eine gottesfürchtige Ehefrau oder Mutter kein wirkliches Zuhause.

Vorausgehend haben wir Bezug auf die Rolle genommen, die Gott Eva als Hilfe für Adam gab. Nachdem sie durch Gott zu ihm gebracht wurde, nahm sie ihren durch Vorsorge Gottes bestimmten Platz als Ehefrau und Gehilfin an seiner Seite an. Sie wurde geschaffen, um Adams Partnerin und Genossin zu sein – ein Fleisch mit ihm. Der Mann, der zuerst geschaffen wurde, war ihr Haupt und als der Sündenfall kam, erklärte Gott endgültig, dass sie ihrem Mann untergeordnet sein sollte. Sie sollte dennoch nicht unter ihm zertreten werden, sondern in Gleichheit an seiner Seite mit ihm sein, unter seinem Arm, um von ihm beschützt zu werden, nahe an seinem Herzen, um von ihm geliebt zu werden. Dies ist der besondere Platz der Frau in der Beziehung der Ehe, so wie es von Gott angeordnet ist.

Aber vom Sündenfall an bis zum Kreuz hören wir nichts von der richtigen Stellung der Frau in der Schöpfung. „Die Ungläubigen hatten sie dazu herabgestuft, die Sklavin ihres Mannes zu sein. Durch das Gesetz wurde sie davor beschützt, in gewissen Umständen geringschätzig behandelt zu werden (2. Mo 21; 3. Mo 18,18). Dennoch hatte sie unter der Haushaltung des Gesetzes nie die ihr angemessene Stellung bei dem Mann. Aber nach der Offenbarung des zweiten Menschen (Christus) und der Erfüllung seines Versöhnungswerks wird wieder auf die ursprüngliche Ordnung hingewiesen und die Frau erhält ihre wahre Stellung bei dem Mann zurück“ (C.E.Stuart).

Diese angemessene Rolle wird in Epheser 5,22.23 dargelegt. Hier werden Ehemänner aufgefordert, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber, so wie auch Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat. Und die Ehefrauen werden ermahnt, sich ihren Männern unterzuordnen, wie sie sich dem Herrn unterordnen sollen, denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie der Christus das Haupt der Versammlung ist. Daher, da die Versammlung dem Christus untergeordnet ist, sollen auch die Frauen ihren Männern in allem untergeordnet sein. Während der Mann erkennen soll, dass er seine Frau wie sich selbst lieben soll, wird die Frau ermahnt, zu erkennen, dass sie ihren Mann ehren soll.

Dies ist Gottes Ordnung für Mann und Frau in diesem Zeitalter der Gnade. Obwohl die Frau von ihrem Mann liebevoll umsorgt und in höchster Liebe geschätzt werden soll, soll sie ihn als Haupt des Hauses respektieren, sich ihm unterordnen und ihn als ihren Ehemann ehren. Sie soll dies „als dem Herrn“ (Eph 5,22) tun, indem sie den Herrn hinter ihrem Mann erkennt als den Einen, von dem die Autorität ihres Mannes abgeleitet wird. Sie soll sich ebenso daran erinnern, dass sie in ihrer Unterordnung unter den Mann ein Vorbild und eine Widerspiegelung der Unterordnung der Versammlung unter Christus als das Haupt ist. Was für ein wunderbares Vorrecht!

In 1. Timotheus 5,14 werden die jungen Frauen angewiesen, „zu heiraten, Kinder zu gebären, den Haushalt zu führen.“ Den Haushalt zu führen und zu ordnen ist die besondere Arbeit der Frau, doch der Ehemann ist das Haupt des Hauses. Eine Frau, die die führende Rolle im Haus übernimmt – zur Schande ihres Mannes – wird sicherlich unglücklich und elend sein und wird gewiss die bitteren Früchte ihrer eigenen Rebellion ernten, die darin bestehen, dass ihre Kinder in Gesetzlosigkeit leben, da sie in Unordnung großgezogen wurden. Obwohl Frauen heutzutage Freiheit und Gleichberechtigung mit Männern fordern und weibliche Unterordnung unpopulär und in großem Ausmaß beiseite geworfen wird, so ist es doch immer noch Gottes Gebot und Wunsch, dass Frauen in Unterordnung ihren Männern gegenüber sein sollen, die das Haupt des Hauses sind. Ohne dies kann es kein wahres Ehe- und Familienleben geben, können keine wahre Freude und Segnung vorhanden sein.

Nachdem wir nun die Stellung der Frau in der ehelichen Beziehung und im Haus gesehen haben, können wir nun ihren Dienst in diesem gesegneten Bereich betrachten. Ein Großteil der Zeit einer Frau wird zu Hause verbracht, wo sie die gewöhnlichen Pflichten des Lebens erfüllt. Dabei wird ein großer Dienst für den Herrn erbracht. In Kolosser 3,23.24 heißt es: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen als dem Herrn. (...) Ihr dient dem Herrn Christus.“ Indem sie um die Bedürfnisse ihres Mannes und ihrer Kinder besorgt ist und indem sie das Haus als einen Ort der Erquickung, der guten Stimmung und der Zuflucht in einer Welt voller Probleme erhält, füllt die Frau wirklich einen wichtigen Platz aus.

Die Mutter ist wahrhaftig das Zentrum und das Herz des Hauses. Der Reiz eines Hauses hängt stark von der Gesinnung und der Geisteshaltung der Frau ab. Eine besonnene Frau, die ihren Haushalt in weiser und sparsamer Wirtschaftlichkeit leitet und das Haus mit Liebe und Heiterkeit ziert, ist ein großer Segen für ihren Mann und ihre Kinder und für alle die, die in ihr Haus kommen. Der Erfolg oder Ruin im Leben eines Mannes hängt häufig von dem Verhalten der Frau im Haus ab. Viele Männer verdanken die Position, die sie heute in ihrem Leben haben, der Weisheit und dem gesunden Urteilsvermögen ihrer Frauen.

Die Praxis jener wahren christlichen Tugend, der Gastfreundlichkeit, wird im Haus größtenteils durch die Frau möglich gemacht. Dies ist ein höchst wertvoller und notwendiger Dienst in der Versammlung, der sicherlich eine reiche Belohnung gegenwärtiger und zukünftiger Segnungen mit sich bringt. In dieser Hinsicht haben Frauen einen echten Anteil am Werk des Herrn, wenn sie ihre Häuser für die Diener des Herrn, die Gläubigen und für solche öffnen, die noch nicht errettet sind, so dass sie vom Evangelium hören und errettet werden können. Aquila und Priscilla sind ein Beispiel eines solchen Dienstes, da sie Apollos in ihr Haus einluden und ihm den Weg Gottes genauer auslegten (Apg 18,26).

Einer der nützlichsten Dienste einer Mutter im Haus ist die Ausbildung ihrer Kinder. Dies ist ihre besondere Arbeit, da sie mehr Zeit mit den Kindern verbringt als der Vater und sie daher einen machtvollen Einfluss über deren Leben zum Guten oder Bösen ausübt. Wir stellen fest, dass in den Büchern der Könige und der Chronika oft der Name der Mutter in Verbindung mit verschiedenen Königen Israels genannt wird. Der Geist Gottes macht uns dadurch klar, was wohl der wichtigste Faktor für die Charakterbildung der Männer war, die das Volk Gottes regierten – die Mutter.

Die Grundlagen des Charakters werden in der häuslichen Erziehung der Kinder gelegt. Die Hand der Mutter ist dabei das Werkzeug, das Gott gerne benutzen möchte. Die wichtigste und von Gott festgelegte Arbeit einer Mutter befindet sich zu Hause bei ihren Kindern und sie sollte sich vollständig ihrer Fürsorge, Schulung und Erziehung widmen. Wenn eine Mutter diese gewaltige Aufgabe im Haus versäumt, oder wenn sie die Kinder anderen überlässt und darauf bedacht ist, Dienste für den Herrn in anderen Bereichen zu tun, so hinterlässt sie ihre Arbeit unverrichtet. Dies wird sicherlich zur Folge haben, dass sie daran scheitern wird, die Arbeit eines anderen angemessen zu vollenden, zu der sie nicht berufen wurde. Die Erziehung und Unterweisung, die Kinder in ihren jungen Jahren der besonderen Empfänglichkeit von ihren Müttern erhalten, ist in Bezug auf ihr ganzes Leben am einflussreichsten. Sie wird einen Eindruck auf ihren jungen, formbaren und aufnahmefähigen Geist und ihr Herz haben, der nicht ausgelöscht werden kann. Wie wichtig ist daher die Arbeit von Müttern im Haus. Möge sie nicht vernachlässigt werden!

Wir müssen daher beobachten und feststellen, dass die Frau ihren besonderen Bereich im Haus vorfindet, wo sie Gott dienen und verherrlichen kann. In diesem, ihrem eigenen privatesten Bereich, erstrahlt sie am hellsten, hier übt sie den größten Einfluss zum Guten aus. Das häusliche Leben, das von den Frauen heutzutage verachtet und vergessen wird, ist der Platz, den sie am besten ausfüllt.

Wir wollen damit nicht ausdrücken, dass es keinen Dienst oder keine Arbeit gäbe, die Frauen unter den Geschwistern der örtlichen Versammlung ausüben könnten. Wir stellen lediglich fest, dass das Zuhause oder die häusliche Umgebung in erster Linie der Bereich des Dienstes der Frau ist. Und wir sehen, dass der ihr von der Schrift zugewiesene Platz ein Platz der Unterwerfung und Unterordnung ihrem Mann gegenüber ist.

Im Vorangehenden haben wir überwiegend die Stellung und den Dienst der verheirateten Frau in der häuslichen Umgebung betrachtet. Die Unverheirateten werden ebenfalls ein zugehöriges Feld im Dienst für Christus in der häuslichen Umgebung finden. Auch sie können in zeitlichen Dingen dienen, in der Fürsorge für Kinder, der Kranken und Alten, oder, indem sie „Unterkleider und Gewänder“ anfertigen, so wie Dorkas es tat (Apg 9,39).

Öffentliches Lehren

In Verbindung mit dem Anteil der Frau am Fall des Menschen im Garten Eden haben wir bereits 1. Timotheus 2,11–14 zitiert und die Einschränkungen im Rahmen der Regierungswege Gottes, die darin auf die Frau gelegt wurden, angemerkt. Es wird nützlich für uns sein, diese Verse noch einmal in Verbindung mit unserem jetzigen Teil des Themas vor unsere Blicke zu stellen. „Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein, denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und viel in Übertretung.“

Diese Verse gelten für einen weiter ausgedehnten Bereich als den der zusammengekommenen örtlichen Versammlung. Sie sprechen von angemessenem Verhalten zwischen Mann und Frau und beziehen jegliches öffentliche Zeugnis mit ein, bei dem beide Geschlechter anwesend sind. Sie beziehen sich auf öffentliches Lehren bei gemischter Zuhörerschaft, denn es wird davon gesprochen, dass die Autorität des Mannes ausgeübt wird. Frauen sind nicht dazu bestimmt, sich selbst als Lehrer zu erheben oder bei Zusammenkünften unterschiedlicher Geschlechter zu lehren, da sonst der Mann zu ihren Füßen als derjenige sitzen würde, der belehrt würde, was entgegen der Anordnung Gottes wäre.

Der Mann wurde zuerst erschaffen, er ist Gottes Repräsentant und das Haupt und sollte seine rechtmäßige Stellung als Führer und Lehrer beibehalten. Weil Eva in der Übertretung die Führung übernahm und von Satan betrogen wurde und dabei deutlich machte, dass sie eine mangelhafte Führerin war, sind Frauen in Gottes Regierung davon ausgeschlossen, herrschende oder lehrende Stellungen einzunehmen. Sie sollen in Stille und Unterordnung lernen. Darüber hinaus sind Frauen nicht dazu bestimmt, eine öffentliche Stellung als anerkannte Verkünderin von Gottes Wort einzunehmen, oder in der Versammlung oder vor irgendeiner gemischten Zuhörerschaft zu lehren, wo sie eine gleichberechtigte Stellung mit dem oder über den Mann einnehmen würde, da sie sonst die Autorität über den Mann an sich reißen würde.

Wir finden dennoch, dass Titus ältere Frauen anweist, „Lehrerinnen des Guten“ zu sein und „junge Frauen zu unterweisen“ (Titus 2,3.4). Hier wird älteren Frauen das Recht gegeben zu lehren, aber der Bereich beschränkt sich auf junge Frauen. Das Lehren hat eher einen zwanglosen, sich auf praktische Themen beziehenden Charakter und betrifft mehr das Zuhause und die Familie (V. 4.5). Es ist durchaus angemessen, Frauen zu helfen, die Schrift zu verstehen und anzuwenden und mit ihnen ungezwungene Unterhaltungen über die Schrift zu führen. Man kann Schwestern dazu ermuntern, eifrig für den Herrn in diesen Bereichen zu arbeiten. Auch eine dezente Verkündigung des Evangeliums in Gesprächen mit Männern ist für eine Frau angemessen, wenn es in einer bescheidenen, geziemenden Art und Weise getan wird.

Eine solche Arbeit könnte zu einer Art formalem Lehren werden, und dann befindet sich eine Frau nicht mehr in ihrer Stellung. Wenn sie eine regelmäßige öffentliche Wortbetrachtung einrichten würde, könnte sie die Stellung eines Lehrers einnehmen und 1. Timotheus 2,12 missachten, selbst, wenn nur Frauen anwesend sein würden – „Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren“.

Ein zulässiger und wertvoller Dienst, in dem sich eine Frau auch einbringen kann, besteht darin, Kinder anhand der Bibel zu unterrichten und mit ihnen zu beten und zu singen. Eine solche Arbeit beginnt zu Hause und wird in der Sonntagsschule und in Kinderstunden fortgesetzt. Die öffentliche Sonntagsschule ist lediglich eine Ausweitung einer versammelten Familie, die vom Haus in größere und zweckmäßigere Räumlichkeiten verlegt wird. Daher wäre es für Schwestern auf jeden Fall angemessen, Sonntagsschulklassen von kleinen Kindern oder jungen Frauen zu unterrichten – besonders wenn sie unter der Leitung von Brüdern stehen und dienen. Wenn junge Brüder oder sonstige Brüder Teil der Sonntagsschule sind, so denken wir, dass es für eine Schwester gegen die Schrift wäre, wenn sie zum Beispiel die Leitung der Schule innehaben würde, da dies eine Ausübung von Autorität über den Mann bedeuten würde.

Unser Gebet ist es, dass noch mehr treue Frauen aktiv für den Herrn arbeiten und dass sie ermuntert werden, in diesen Bereichen tätig zu werden, die wir dem für die Frau angemessenen Bereich zugeordnet haben. Sie werden dringend benötigt und die Arbeit für den Herrn ermattet aufgrund des Mangels an Diensten von eifrigen, energischen Schwestern. Möge der Herr jede Frau reich segnen, die sich in einer für sie angemessenen Arbeit für ihn betätigt.

In der Versammlung

1. Korinther 14,34–38 gibt uns klare Anweisungen bezüglich der Stellung der Frau in der zusammenkommenden Versammlung. „Die Frauen aber sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen; denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden. Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt? Wenn aber jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. Wenn aber jemand unwissend ist, so sei er unwissend.“

Hier wird schlicht und einfach festgelegt, dass eine Frau in der Versammlung nicht sprechen darf. Der Ausdruck „in der Versammlung“, oder „in den Versammlungen“ wird fünfmal in diesem Kapitel verwendet und es bedeutet immer die Zusammenkunft von Gläubigen als Versammlung, das Zusammenkommen der ganzen Versammlung. In einer solchen Versammlungsstunde darf die Frau überhaupt nicht reden, sondern sie soll still sein und sich unterordnen.

In 1. Korinther 11,15 spricht der Apostel von einer betenden oder weissagenden Frau. Diese Textstelle erlaubt eine solche, von einer Frau ausgeführte Aktivität, gibt aber nicht an, wo sie ausgeführt werden soll. Das vierzehnte Kapitel sagt deutlich, dass ein solcher Dienst einer Frau in der Versammlung nicht erlaubt ist, sondern dass sie dort still sein soll. Daher ist es offensichtlich, dass eine Frau nur außerhalb der örtlichen Versammlung beten und weissagen darf. Apostelgeschichte 21,8.9 berichtet davon, dass die Reisegesellschaft von Paulus zu dem Haus von Philippus, dem Evangelisten, kam und dass dieser vier Töchter hatte, die weissagten. Aus dem Kontext heraus erscheint es sicher so, dass sie zu Hause und nicht in der Versammlung prophezeiten – dies war also vollständig in Ordnung.

Es ist wichtig zu bemerken, dass das Verbot für die Frau, in der Versammlung zu sprechen, nicht allein der Ausspruch des Apostel Paulus – eines Unverheirateten – ist, wie manche von ihm sagen würden, sondern dass diese Dinge „ein Gebot des Herrn“ (1. Kor 14,37) sind. Und wenn jemand geistlich und dem Herrn wohlgefällig ist, so muss er anerkennen, dass dies die Anordnung Gottes ist. Es ist einfach eine Angelegenheit des Gehorsams gegenüber Gottes ausdrücklichem Willen. Wenn versucht wird, diese eindeutige Schriftstelle zu umgehen und in Eigenwillen und Ungehorsam fortzufahren, so macht dies deutlich, dass das Herz nicht bereit ist, Gottes Willen zu tun und dass sein Wort nicht respektiert wird.

Die Korinther mögen – wie auch heutzutage viele – gedacht haben, sie könnten in Bezug auf diese Dinge tun, was immer sie wollten. Deshalb sagt der Apostel: „Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist es zu euch allein gelangt?“ (V. 36), womit er gleichsam sagt: Habt ihr Vollmacht vom Herrn in Bezug auf das, was ihr in dieser Angelegenheit tun sollt? Das Wort Gottes kam nicht von euch – sondern zu euch. Sie waren daher gehalten, sich der Anordnung Gottes, die ihnen durch den Apostel verkündet wurde, zu fügen.

Manchmal wird gesagt, dass das Wort „reden“ in diesem Abschnitt die Bedeutung von Geplapper, Geschwätz oder Geflüster während des Dienstes habe und dass es das war, was der Apostel verbieten würde. Aber das ist eine vollkommen falsche und irreführende Aussage. Young‘s Konkordanz zeigt, dass hier und im ganzen Kapitel das griechische Wort „laleo“ gebraucht wird. Es wird in diesem Kapitel durchweg mit „reden“ übersetzt – insgesamt 241 Mal im Neuen Testament. Es bedeutet „sprechen“ oder „reden“. Daher sollen die Frauen nicht reden in der Versammlung, ebenso wie zwei oder drei Propheten reden. In beiden Fällen ist es dasselbe Wort.

Andere würden sagen, dass das Verbot an die Frauen, in der Versammlung zu reden, nur auf Korinth angewendet werden kann, wo die Frauen unwissend, laut, unverschämt und unfähig waren, öffentlich Stellung zu nehmen. Die erste Aussage ist falsch, die zweite lediglich eine Vermutung. Der Beginn dieses Briefes an die Korinther zeigt uns, dass Paulus ihn an „die Versammlung Gottes, die in Korinth ist (...) samt allen, die an jedem Ort den Namen unsere Herrn Jesus Christus anrufen“ (Kap. 1,2), richtet.

Dies ist entscheidend. Die Anweisungen, die in diesem Brief gemacht werden, beschränken sich nicht nur auf ein örtliches Zusammenkommen, sondern sind ebenfalls an alle bekennenden Christen weltweit gerichtet. Und in ebendiesem vor uns liegenden Abschnitt spricht der Apostel von Frauen, die in den „Versammlungen“ still sein sollen. Er sagt nicht: „in eurer Versammlung“, sondern „in den Versammlungen“.

Die Stellung der Frau ist eine Stellung der Unterordnung und Zurückhaltung in der Versammlung und nicht der Führung. Der Mann ist moralisch und geistlich gesehen der Verstand der Versammlung, die Frau ist ihr Herz. Das Herz befindet sich in der Brust, vor Blicken versteckt, während der Kopf außerhalb und öffentlich zu sehen ist. Jene, die in der Versammlung eine öffentliche Stellung einnehmen, haben eine leitende Stellung in der Versammlung, sei es in Form von Gebeten, Lob oder Verkündigung – diese Stellung ist der Frau nicht gegeben.

Viele erkennen nicht, dass, selbst wenn jemand öffentlich betet, dies bedeutet, dass er die zusammengekommene Versammlung im Gebet anführt. Es handelt sich nicht bloß um ein persönliches Gebet. Der Betende ist das Sprachrohr der Versammlung im Gebet und im Lob. Daher würde es für eine Frau bedeuten, dass sie eine leitende Stellung entgegen der Schrift einnehmen würde, wenn sie in einer Gebetsgemeinschaft oder in einer Zusammenkunft von Männern und Frauen beten würde. In 1. Timotheus 2,8 sagt der Apostel: „Ich will nun, dass die Männer an jedem Ort beten.“ Diese uneingeschränkte Freiheit im Gebet ist Frauen nicht gegeben.

In dieser Hinsicht können wir auch von Hanna in 1. Samuel 1,9–17 lernen. Diese gottesfürchtige Frau betete im Haus des Herrn, als auch Anbeter versammelt waren. Wir bemerken, dass von ihr gesagt wird, dass sie in ihrem Herzen redete: „nur ihre Lippen bewegten sich, aber ihre Stimme wurde nicht gehört“ (V. 13). Es wäre nicht angemessen gewesen, in dieser gemischten Gesellschaft laut zu beten, trotzdem konnte sie in ihrem Herzen beten – Gott hörte es und antwortete. Auf dieselbe Art und Weise können auch heutzutage Frauen in der Versammlung in ihrem Herzen beten und in das „Amen“ zu öffentlichem Gebet oder Lobpreis einstimmen.

Den Kopf bedecken

Zu Beginn dieses Abschnitts haben wir kurz darauf angespielt, dass Frauen eine Bedeckung auf ihrem Kopf haben sollen, wenn sie beten, weissagen oder sich in der Versammlung befinden. Nun werden wir dies genauer betrachten.

Der Apostel gibt diesbezüglich in 1. Korinther 11,3–16 Anweisungen: „Ich will aber, dass ihr wisst, dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, das Haupt der Frau aber der Mann, das Haupt des Christus aber Gott. Jeder Mann, der betet oder weissagt, indem er etwas auf dem Haupt hat, entehrt sein Haupt. Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre. Denn wenn eine Frau nicht bedeckt ist, so lasse sie sich auch das Haar abschneiden; wenn es aber für eine Frau schändlich ist, dass ihr das Haar abgeschnitten oder sie geschoren werde, so lass sie sich bedecken. Denn der Mann soll freilich nicht das Haupt bedecken, da er Gottes Bild und Herrlichkeit ist; die Frau aber ist des Mannes Herrlichkeit. Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann; denn der Mann wurde auch nicht um der Frau willen geschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen. Darum soll die Frau eine Macht (d. h. ein Zeichen der Macht oder Gewalt, unter der sie steht) auf dem Haupt haben um der Engel willen. (...) Urteilt bei euch selbst: Ist es anständig, dass eine Frau unbedeckt zu Gott betet?“

Aus dieser Schriftstelle erkennen wir, dass Gott eine Art Rangfolge und Ordnung festgelegt hat, die wir, so wie er es wünscht, anerkennen und beachten sollten. Es ist nicht nur eine Sache der Gewohnheit, dass die Männer ihren Kopf unbedeckt und die Frauen ihren Kopf bedeckt in der Gegenwart des Herrn haben sollen. Es gibt einen biblischen Grund und eine schriftgemäße Bedeutung für diese Ordnung.

Gott ist das Haupt des Christus, Christus ist das Haupt des Mannes und der Mann ist das Haupt der Frau. Da der Mann das Bild und die Herrlichkeit Gottes und Christus sein Haupt ist, würde es eine Unehre und eine Schmach für Christus als sein Haupt darstellen, wenn er seinen Kopf beim Beten und Weissagen (beim öffentlichen Reden) bedeckt haben würde. Die Herrlichkeit des Christus soll gesehen und nicht versteckt werden.

Doch die Frau wurde um des Mannes willen und aus dem Mann geschaffen und sie ist die Herrlichkeit des Mannes. Daher muss ihr Kopf bedeckt sein, wenn sie betet oder prophezeit, denn die Herrlichkeit des Mannes muss nicht gesehen werden, besonders nicht in der zusammengekommenen Versammlung. Die Herrlichkeit des Christus und nicht die des Mannes soll hier dargestellt werden.

Zusätzlich sagt uns Vers 10, dass die Frau wegen der Engel eine Macht auf ihrem Kopf tragen soll. Das bedeutet, dass sie eine Bedeckung auf ihrem Kopf als Zeichen der Macht des Mannes tragen sollte, dem sie untersteht. Wenn eine Frau in der Gegenwart des Herrn eine Bedeckung auf dem Kopf trägt, so ist dies eine Anerkennung davon, dass der Mann ihr gottgegebenes Haupt ist. Eine Frau, die, ohne ihren Kopf bedeckt zu haben, in die Gegenwart des Herrn kommt, zeigt dadurch, dass sie wie der Mann sein will und nicht den untergeordneten Platz einnehmen will. Sie entehrt ihr Haupt, obwohl sie sich dessen nicht einmal bewusst sein muss. Es mag in Unwissenheit geschehen – und dennoch ist es so.

Die Engel sind Zuschauer in der Versammlung und sie sollten sehen, dass Gottes Ordnung dort beachtet wird. Sie sehen die Ordnung im Himmel und in der gesamten Schöpfung und sie sollten keine Unordnung unter Gläubigen erblicken. Die Seraphim bedecken sich in der Gegenwart des Herrn (Jes 6,1–3), und sie achten darauf, ob Frauen im Gehorsam gegenüber Gottes Wort dasselbe tun. Gott beabsichtigt, dass „den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes“ (Eph 3,10.11). Diese „Weisheit Gottes“ ist das Geheimnis von Christus und seiner Versammlung, die durch Mann und Frau dargestellt wird, wobei dieser das Haupt und jene ihm untergeordnet ist (Eph 5,22–32).

Sich den Kopf zu bedecken gilt für unverheiratete Frauen genauso wie für verheiratete Frauen. In 1. Korinther 11 wird über Frauen und Männer im Allgemeinen gesprochen. 4. Mose 30,4–6 lehrt, dass eine Frau in ihrer Jugend in dem Haus ihres Vaters seiner Autorität unterworfen ist. Ihre Gelöbnisse konnten nur bestehen, wenn der Vater sie genehmigte. In gleicher Weise waren die Gelöbnisse einer Ehefrau nur gültig, wenn ihr Mann sie genehmigte. Daher soll eine Frau die Autorität ihres Vaters oder ihres Ehemannes oder auch von Männern generell anerkennen, wenn sie sich in der Gegenwart des Herrn befindet. Ihre Kopfbedeckung ist ein Zeichen dieser Anerkennung.

Die Schande eines unbedeckten Kopfes

„Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre. Denn wenn eine Frau nicht bedeckt ist, so lasse sie sich auch das Haar abschneiden; wenn es aber für eine Frau schändlich ist, dass ihr das Haar abgeschnitten oder sie geschoren werde, so lass sie sich bedecken.“

Wenn der Kopf einer Frau im Alten Testament unbedeckt oder geschoren war, so war es ein Zeichen der Schande, wie man es in 4. Mose 5,18 sehen kann, wo die Frau von ihrem Mann verdächtigt wurde, und in 5. Mose 21,10–13, wo auf eine schöne Frau, die von einem Israeliten gefangen weggeführt wurde, Bezug genommen wird. Somit sagt der Apostel hier in 1. Korinther 11, dass, wenn eine Frau mit unbedecktem Kopf betet oder weissagt, es dasselbe ist, als wenn ihr Kopf geschoren wäre. Und da abgeschnittenes oder geschorenes Haar ein Zeichen der Schande ist, sollte sie ihr Haar bedeckt haben. Sie muss in der Gegenwart des Herrn keine Zeichen der Schande auf sich haben. Sie soll nicht vor Gott als eine Frau erscheinen, die verdächtigt wird, ihrem Mann gegenüber untreu gewesen zu sein. Die Bedeckung auf ihrem Kopf würde darauf hinweisen, dass sie ihn als ihr Haupt respektiert und sein vollstes Vertrauen genießt.

Nebenbei ist es gut, anhand dieser Verse in 1. Korinther 11 zu bemerken, dass es für eine Frau schändlich ist, ihr Haar geschnitten zu haben, vielmehr gilt, dass, „wenn eine Frau langes Haar hat, es eine Ehre für sie ist“ (V. 15). Diese Worte der Schrift sollten die Frage nach kurzem Haar für jede gottesfürchtige Frau erübrigen. Sollte eine Frau irgendetwas von der ihr gottgegebenen Ehre abschneiden und wegwerfen?

Langes Haar ist keine Bedeckung

Manche Übersetzungen geben in 1. Korinther 11,15 folgenden Wortlaut wieder: „weil das Haar ihr als eine Bedeckung gegeben ist“. Manche leiten daraus ab, dass das lange Haar der Frau ihre Kopfbedeckung ist und dass somit keine weitere Bedeckung notwendig ist. Doch dieser Satz ist falsch übersetzt und gibt ganz und gar nicht die eigentliche Bedeutung des Urtextes wieder. Im Griechischen wird ein gänzlich anderes Wort als das in Vers 6 korrekt übersetzte Wort „bedeckt“ gebraucht. Dort lautet das Wort „katakaluptespho“ und heißt so viel wie „zudecken“ oder „jemandes Kopf bedecken“. Hier in Vers 15 dagegen wird das Wort „peribolaiou“ verwendet, was „das, was herumgeworfen wird“ bedeutet (Liddell und Scott Lexikon).

Folglich übersetzt die Elberfelder Übersetzung (Edition Hückeswagen) diesen Satz richtig: „weil das Haar ihr anstatt eines Schleiers gegeben ist.“ Das bedeutet, dass das lange Haar der Frau durch die Natur als Schleier gegeben ist, der um sie geworfen wird. Es ist nicht die Bedeckung für ihren Kopf, auf der der Apostel in den vorangehenden Versen besteht. Wenn die Herrlichkeit des Mannes in der Gegenwart Gottes bedeckt sein soll, wie wir es zuvor erklärt haben, dann muss sicherlich das lange Haar der Frau, das ihre persönliche Ehre ist, ebenfalls in der Gegenwart des Herrn bedeckt sein.

Paulus legt zunächst den Unterschied zwischen Mann und Frau dar und sagt, der Mann solle sein Haar unbedeckt und die Frau das ihrige bedeckt haben. Weiterhin beruft er sich auf den Sinn des Anstands und der Schicklichkeit, die sich auf die naturbedingte Körperbeschaffenheit zwischen Mann und Frau begründet, was ein anderer Grund ist, warum sie ihren Kopf bedeckt und somit auf andere Art und Weise als der Mann vor Gott erscheinen soll. „Urteilt bei euch selbst: Ist es anständig, dass eine Frau unbedeckt zu Gott betet? Lehrt euch nicht auch die Natur selbst?“ (V. 13.14). Selbst in der Natur hat Gott der Frau langes Haar als einen Schleier gegeben, um sich selbst zu bedecken. Das, was sich also für eine Frau geziemt, ist, ihren Kopf zu bedecken, wenn sie zu Gott betet.

Gewohnheiten, die wir nicht haben sollten

„Wenn es aber jemand für gut hält, streitsüchtig zu sein, so haben wir solch eine Gewohnheit nicht, noch die Versammlung Gottes“ (V. 16). Der Apostel hatte die Gedanken Gottes in dieser Angelegenheit verkündet, sollten jedoch manche darüber streiten wollen, so fügt er einfach hinzu: „Weder wir noch die Versammlung Gottes haben eine solche Gewohnheit, um die ihr ringt.“

Gerade in kleinen Dingen, wie dem Bedecken oder Nicht-Bedecken des Kopfes, wird häufig der Zustand des Herzens offenbart. Es wird geprüft, ob jemandes Wille entweder Gott und seinem Wort unterworfen ist, oder ob er stattdessen begehrt, gegen die Schrift anzugehen und nach der heutigen Ordnung und Sitte zu handeln. Gewohnheiten mögen sich verändern, doch die Prinzipien des Wortes Gottes in dieser und anderen Angelegenheiten bleiben bestehen.

Beispiele aus der Schrift

Keine öffentliche Position

Wir haben aus verschiedenen Stellen in der Bibel gesehen, dass der Platz der Frau in der Versammlung kein öffentlicher ist, sondern vielmehr der private Bereich der reichhaltigen Betätigungen für ihren Herrn und Heiland. So wie wir darüber nachgedacht haben, was Frauen nicht zu tun erlaubt ist, lasst uns nun anhand der Schrift die verschiedenen Positionen und Ämter untersuchen, die ihnen nicht gegeben sind.

Die 66 Bücher in der Bibel wurden alle von Männern geschrieben. Nicht eine Frau wurde von Gott dazu auserwählt, einen Teil der Schrift zu verfassen. Keine Frau wurde als Levitin oder Priesterin eingesetzt, um in der Stiftshütte oder im Tempel des Alten Testamentes zu dienen. Zusätzlich zu den zwölf Aposteln wurden 70 weitere Jünger vom Herrn ausgesandt. Von diesen wird uns nicht gesagt, dass eine Frau unter ihnen war. In Apostelgeschichte 6 wurden sieben Männer „von gutem Zeugnis, voll Heiligen Geistes und Weisheit“ erwählt, um die Tische zu bedienen und für die Witwen zu sorgen.

In 1. Korinther 15 werden viele Zeugen erwähnt, um die Auferstehung des Herrn zu beweisen. Namen von einzelnen werden genannt, aber nicht eine einzige Frau wird dabei erwähnt. Dies ist sehr bedeutsam, denn Maria war die erste Einzelperson, die den auferstandenen Herrn gesehen hat und sie wurde von Ihm mit einer wunderbaren Botschaft zu den Jüngern gesandt. Hier jedoch wird ihr Name in der Liste ausgelassen. Ist dies nicht ein deutlicher Beweis, dass die Schrift der Frau nicht den Platz eines öffentlichen Zeugnisses gibt?

In der Anfangszeit der Versammlung wurden Aufseher, Diener und Älteste eingesetzt, wie sie in 1. Timotheus und Titus beschrieben werden. Es waren durchweg Männer. Wir lesen im Neuen Testament von keinem weiblichen Evangelisten, Hirten oder Lehrer im öffentlichen Sinn. Es wird von keiner Frau berichtet, die ein öffentliches Wunder tat. In Offenbarung 11 werden zwei Zeugen beschrieben. Sie sind Propheten, nicht zwei Prophetinnen oder ein Prophet und eine Prophetin – beide sind Männer.

Sicherlich soll uns die Abwesenheit von Frauen in den verschiedenen, öffentlichen Positionen zeigen, dass ihr Tätigkeitsbereich nicht dort zu finden ist. Nun wollen wir weitergehen zu den positiven Beispielen der Schrift über gottesfürchtige Frauen und ihren wohlgefälligen Dienst für Gott.

Mirjam

In 2. Mose 15,20 lesen wir: „Und Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, nahm das Tamburin in ihre Hand; und alle Frauen zogen aus, hinter ihr her, mit Tamburinen und in Reigen. Und Mirjam antwortete ihnen: Singt dem Herrn“ etc. Dies war ein guter Dienst. Sie führte die Frauen darin an, dem Herrn ein Loblied zu singen. Sie strebte nicht danach, die Männer anzuführen. Hier war ihr Dienst sehr wohlgefällig, jedoch später, als sie Aaron dahin führte, sich über Mose zu beklagen, wurde sie für ihre Sünde mit Aussatz geschlagen (4. Mo 12).

Die Frauen in 2. Mose 35,22–26

In Verbindung mit dem Bau der Stiftshütte lesen wir, dass Frauen, die ein williges Herz hatten, mit ihren Männern kamen und „Nasenringe und Ohrringe und Fingerringe und Spangen, allerlei goldene Geräte (brachten), (...) dem HERRN ein Webopfer an Gold.“ „Und alle Frauen, die weisen Herzens waren, spannen mit ihren Händen und brachten das Gespinst: den blauen und den roten Purpur, das Karmesin und den Byssus. Und alle verständigen Frauen, die ihr Herz trieb, spannen das Ziegenhaar.“ Auf diese Weise hatten sie einen wunderbaren Anteil am Bau des Heiligtum Gottes.

Debora

Sie war eine Prophetin, eine verheiratete Frau, und richtete Israel in einer Zeit des Niedergangs (Ri 4). Israel war in einem schwachen Zustand, und als Debora aufwuchs, versagte den Männern der Mut, das Joch der fremden Unterdrücker zu brechen. Es sind Zeiten des Niedergangs, in denen Frauen hervortreten – dies macht den schlechten Zustand deutlich. Jedoch sollten wir beachten, dass auch Debora versuchte, den für sie passenden Platz einzunehmen. Sie wohnte unter einer Palme und Israel ging zu ihr hinauf zum Gericht.

Sie rief Barak zu sich und wies ihn an, gegen Siseras Armee anzutreten, so wie der Herr es geboten hatte. Als Barak nicht ohne sie gehen wollte, willigte sie ein, ihn zu begleiten. Jedoch sagte sie ihm, dass der Weg nicht zu seiner Ehre sein würde, weil der Herr Sisera in die Hand einer Frau verkaufen würde. Ihre Worte zeigten, dass, wenn es für Barak ein Grund zur Beschämung war, dass eine Frau Sisera erschlagen würde, es ebenso ein Grund zur Beschämung war, dass eine Frau wegen des Versagens der Männer gezwungen war, Israel zu richten. Ihr Glaube und ihr Mut inspirierten und halfen Barak, der offensichtlich ein zaghafter Mann war. Auf diese Weise können Schwestern ängstlichen Brüdern helfen. Debora führte Barak nicht, aber sie ging mit ihm und ermutigte ihn.

Die Frau von Sunem

Von dieser „wohlhabenden Frau“ lesen wir in 2. Könige 4,8–37, wo von ihrer außerordentlichen Fürsorge und Gastfreundlichkeit gegenüber dem Propheten Elisa gesprochen wird. Sie regte ihren Mann dazu an, ein kleines Zimmer für den Propheten zu bauen, in das er jedes Mal, wenn er zu ihnen kam, einkehren konnte. Ihr Glaube und ihre Zuversicht treten ebenfalls deutlich hervor.

Frauen im Neuen Testament

Gott hat die Frauen im Neuen Testament in zweifacher Hinsicht gegenüber den Männern geehrt:

  1. Christus wurde von einer Frau geboren – der Jungfrau Maria.
  2. Nach seiner Auferstehung erschien der Herr zuerst einer Frau – Maria Magdalene.

Diese beiden Frauen nehmen eine wunderbare Rolle in Verbindung mit dem Herrn ein. Maria wird „Begnadete“ und „Gesegnete unter den Frauen“ genannt (Lk 1,28.42). Bei Maria Magdalene wird ihre Zuneigung für den Herrn herausgestellt. Sie hatte das Vorrecht, den Jüngern die wunderbare Nachricht von dem auferstandenen Herrn zu überbringen.

Anna, die Prophetin, diente Gott Nacht und Tag mit Fasten und Gebet und „redete von ihm zu allen, die auf Erlösung warteten in Jerusalem“ (Lk 2,37–38). Solch ein Dienst steht jeder Schwester heute offen und wird sehr benötigt.

Lukas 8,2.3 berichtet von einigen Frauen, „die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren“, dass sie mit den Zwölfen dem Herrn nachfolgten und „ihm mit ihrer Habe dienten“. Dies war gewiss ein gesegneter Dienst.

Martha empfing den Herrn in ihrem Haus und diente Ihm, während ihre Schwester Maria zu seinen Füßen saß und seinen Worten zuhörte. Bei einer anderen Gelegenheit machten sie Ihm ein Abendessen und Maria salbte Ihn mit kostbarem Salböl auf sein Begräbnis hin (Lk 10,38.39; Joh 12,1–3).

In Verbindung mit dem Tod des Herrn lesen wir von „einer großen Menge Volk und Frauen, die wehklagten und ihn beweinten.“ Nachher folgten sie Ihm „und besahen die Gruft und wie sein Leib hineingelegt wurde“ (Lk 23,27.55). Dann kamen sie am ersten Tag der Woche früh am Morgen zum Grab und brachten Gewürzsalben und Salböle, die sie für den Leib des Herrn bereitet hatten (Lk 23,56; 24,1). Dies war der hingebungsvolle Dienst der Frauen für den Herrn in seinem Leben und seinem Tod. Die persönliche, liebende Hingabe scheint hervor als ein besonderer Dienst der Schwestern.

In Apostelgeschichte 9,36–39 lesen wir von Dorkas, die reich an guten Werken war und viele Almosen gab. Bei ihrem Tod kamen die weinenden Witwen und zeigten die Unter- und Obergewänder, die sie für sie gemacht hatte. Was für einen gesegneten Dienst hatte sie gegenüber den Armen ausgeübt! In Apostelgeschichte 12,12 lernen wir, dass Maria, die Mutter von Johannes Markus, ihr Haus für Gebetsversammlungen öffnete und in Kapitel 16,13 sehen wir Frauen, die zum Gebet an einem Fluss zusammengekommen waren. Weiterhin sehen wir, wie Lydia ihr Haus für den Apostel Paulus und seine Begleiter öffnete (vgl. Apg 16,15).

Unter den vielen Namen, die in den persönlichen Empfehlungen in Römer 16 angeführt werden, wird auch eine Reihe von Frauen genannt. Phöbe war eine Dienerin der Versammlung in Kenchreä und ist vielen ein Beistand gewesen. Priszilla und ihr Mann Aquila waren Gehilfen von Paulus in Christus und gaben ihren Hals für sein Leben preis. Jetzt in Rom war ihr Haus offensichtlich der Ort des Zusammenkommens der Versammlung, denn Paulus schreibt: „Grüßt ... die Versammlung in ihrem Haus.“ Auch Maria hatte viel für Paulus und seine Begleiter gearbeitet.

Als Paulus den Philippern schrieb, bat er sie, den Frauen, die in dem Evangelium mit ihm gekämpft hatten, beizustehen (Phil 4,3). Sie hatten nicht mit Paulus gepredigt – dessen können wir sicher sein auf Grund dessen, was er an anderer Stelle schreibt. Aber sie werden mit ihm eins gemacht in den Prüfungen und Kämpfen des Evangeliums. Sie halfen ihm in jeder erdenklichen Weise. Vielleicht öffneten sie ihre Häuser für das Evangelium, übten Gastfreundschaft aus, suchten Seelen auf, beteten mit ihnen, luden sie ein, das Evangelium zu hören und taten viele andere Dinge, die Frauen viel besser ausüben können als Männer. Paulus schätzte einen solchen Dienst von Frauen wert und sprach davon, dass sie mit ihm am Evangelium arbeiteten. Wie gesegnet! Solch ein kostbarer Dienst am Evangelium ist auch heute noch für Frauen möglich. Sie können das Evangelium singen und so mithelfen, wo immer das Evangelium verkündigt wird. Auch können sie Kranke besuchen und Traktate verteilen.

Was für ein großes Feld an Möglichkeiten steht den Frauen offen, um dem Herrn zu dienen! Die vorangegangenen Beispiele des wohlgefälligen Dienstes einiger Frauen der Vorzeit sollten Schwestern ermutigen, mit Fleiß dem Herrn zu dienen. Ihre Arbeit ist ebenso wichtig, wie der öffentliche Dienst der Männer. Der Herr achtet darauf und wird es belohnen.

Aus dem, was wir nun vor uns gehabt haben, müssen wir also schließen, dass die Rolle der Frau in der Schrift sich sehr von der der Männer unterscheidet und dass es nicht schriftgemäß ist, wenn eine Frau eine Tätigkeit ausübt, die definitiv den Männern vorbehalten ist. Manchmal wird Galater 3,28 angeführt, um das Gegenteil zu beweisen: „da ist nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Dieser Vers jedoch spricht nicht über Führung und Ordnung in der Versammlung, sondern bezieht sich auf die erlöste Familie Gottes. In dieser Familie gibt es in Bezug auf Errettung und Gnade keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen, Sklaven und Freien sowie Männern und Frauen. Aus anderen Stellen dagegen haben wir gesehen, dass die Unterschiedlichkeit der Schöpfung auch in der Versammlung weiterhin Bestand hat.

Schmuck und Bekleidung

Bevor wir unsere Betrachtung über die Stellung der Frau in der Versammlung schließen, fühlen wir uns gedrängt, einige Hinweise zu der wichtigen Frage der Bekleidung und des Schmucks hinzuzufügen. Gott hat uns auch dazu in seinem Wort Anweisungen gegeben, und die weitreichenden und beschämenden Abweichungen der heutigen Frauen von diesen schriftgemäßen Anordnungen machen es erforderlich, die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was Gott uns dazu zu sagen hat. In 1. Timotheus 2,9.10 lesen wir, „dass die Frauen sich in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken (sollen), nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung.“

Viele Frauen, darunter sogar einige Schwestern im Herrn, folgen der Mode der Welt in Bezug auf Kleidung und Schmuck und zeigen sich mit unanständigen Kleidern, auffälligen Gewändern, Schminke, Nagellack, etc.

Geliebte Schwestern, sind diese Dinge in Übereinstimmung mit der oben zitierten Schriftstelle? Ist dies ein zurückhaltendes Äußeres? Kann sich Schamhaftigkeit, Schlichtheit und das, wodurch Frauen ihre Gottseligkeit zeigen, durch diese Dinge zum Ausdruck gebracht werden? Mit Sicherheit nicht. Noch nie zuvor war die Mode in den so genannten christlichen Ländern so entwürdigend für Frauen, so unanständig und so anreizend für niedrige Lüste und Sünde.

Das Zeugnis eines jungen Mannes über die heutige Kleidung der Frauen ist: „Es ist die Kleidung, die weder enthüllt, noch verdeckt, die die Fantasie in Bewegung bringt und den Schaden anrichtet. Warum tragen die Mädchen nicht genug, um sich selbst zu bedecken?“

Dr. Perry M. Lichenstein, ein ehemaliger Arzt des Tombs-Gefängnisses in New York City, der in der Position ist, ein maßgebendes Urteil über die Ursachen der Kriminalität zu geben, macht die folgende Aussage:

„Die so genannten Triebtaten sind zunehmend alarmierend und werden meiner Meinung nach weiter zunehmen, bis ihre Ursache weggenommen ist. Diese ist, wie es mir scheint, der aktuelle Kleidungsstil, der eindeutig nicht sittsam ist.

Und selbst wenn unanständige Kleidung nicht immer zu folgenschweren Verbrechen führt, bewirkt sie sicherlich eine sehr direkte und aufreizende Anziehungskraft zu Sex und stimuliert die niedrigen Triebe, die im menschlichen Innern schlummern. Man kann wohl mit Sicherheit sagen, dass es heute viel weniger Kriminalität geben würde, viel weniger Häuser, deren Glück durch Untreue für immer verloren gegangen ist, viel weniger Scheidungsprozesse, wesentlich weniger Verstöße gegen die mädchenhafte Ehre und weitaus weniger Übertretungen der Keuschheit, wenn jeder dieser Kleidungsstile der Unterwelt in die tiefste Hölle geworfen werden könnte, der sie entsprungen sind. Man sollte bedenken, dass ein Mädchen, das sich in einer solch verführerischen Weise kleidet, niemand anderen verurteilt als sich selbst, wenn ihre anlockende Kleidung sie in Situationen bringt, die man normalerweise mit Frauen von zweifelhafter Moral verbindet.“

Das obige Zitat von Dr. Lichenstein wurde vor vielen Jahren verfasst. Heute ist der moralische Zustand der Welt schon viel weiter degeneriert. Das beschämende Fehlen von angemessener Zierde der Frauen hat sich zunehmend verschlimmert. Mit dem weitverbreiteten Tragen von Miniröcken und der anzüglichen Enthüllung des weiblichen Körpers sind die Verbrechen und Angriffe gegen Frauen stark angestiegen.

Gott hasst die freizügige Bekleidung des menschlichen Körpers. Als der Prophet Jesaja Babylon vor dem kommenden Gericht warnte, sagte er voraus, dass Gott ihre Blöße aufdecken und ihre Schande von den Nationen gesehen werde: „Entblöße die Schenkel, wate durch Ströme; aufgedeckt werde deine Blöße, ja, gesehen werde deine Schande! Ich werde Rache nehmen und Menschen nicht verschonen“ (Jes 47,1–3). Die heutigen Frauen enthüllen sich also zu ihrer eigenen, äußersten Verachtung und entblößen ihre Scham, sogar in den Versammlungen der Christen.

Der Versammlung in Laodizea wird geraten, sie solle sich „weiße Kleider (kaufen), damit du bekleidet wirst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar wird“ (Off 3,18). Auch wenn dies in einer geistlichen Sprache geschrieben ist, hat man den Eindruck, dass diese Aufforderung von manchen heute auch wörtlich verstanden werden sollte. Das erste, was Gott für Adam und Eva tat, nachdem sie gesündigt hatten, war, dass Er Ihnen Kleider machte, um ihre Nacktheit zu bedecken. Heute scheint es den Menschen zu gefallen, so viel wie möglich von ihrer Nacktheit wieder freizulegen. Und wie traurig ist es zu sehen, dass es anscheinend gerade die Frauen sind, die diese Entwicklung anführen und die die größten Übertreter sind. Wie wahr sind die Worte in Zephanja 3,5: „Aber der Ungerechte kennt keine Scham.“

Geliebte Schwestern, lasst uns Römer 12,2 beachten: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“ Wir sollten uns auch an 1. Korinther 6,19–20 erinnern: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leib.“

3.9 Die Zucht – Teil 1

Die Notwendigkeit der Zucht

Im ersten Kapitel dieses Buches haben wir von der Versammlung als dem Haus Gottes auf der Erde gesprochen und gesehen, dass Ordnung und Verantwortung die wesentlichen Gedanken dieses Bildes der Versammlung sind. Weiterhin haben wir gesehen, dass Gott ein Gott der Ordnung ist und dass, wenn Er in einem Haus wohnt, so wie Er es in seiner Versammlung tut, dieses Haus seinen Gedanken und seiner Ordnung entsprechen muss. Weil es heißt: „Deinem Haus geziemt Heiligkeit, HERR (Ps 93,5), steht es in unserer Verantwortung, die Versammlung, die Gottes Wohnort ist, rein und heilig zu halten.

In 1. Timotheus 3,14.15 lesen wir: „Dies schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen; wenn ich aber zögere, damit du weißt, wie man sich verhalten soll im Haus Gottes, das die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit.“ Der Grund, warum Paulus diesen Brief an Timotheus schrieb, war, dass er und wir wissen sollten, wie wir uns im Haus Gottes zu verhalten haben. Auf diese Weise lernen wir, dass es ein angemessenes Verhalten in Gottes Haus gibt und dass Ordnung, Heiligkeit und Zucht in seinem Wohnort aufrecht erhalten werden müssen.

Gottes Heiligkeit

Zucht ist eine Notwendigkeit in der Versammlung, weil der Heilige und Wahrhaftige (Off 3,7) in der Mitte der Seinen ist, dessen Augen zu heilig sind, Böses anzusehen und Ungerechtigkeit anzuschauen (Hab 1,13). An dem Ort, wo der Wahrhaftige seine Wohnung hat, kann Sünde nicht ungerichtet bleiben und darf Böses nicht geduldet werden. Sein Haus muss rein gehalten werden. Psalm 101,7 erklärt uns: „Nicht soll im Innern meines Hauses wohnen, wer Trug übt; wer Lügen redet, soll nicht bestehen vor meinen Augen.“

Wenn wir uns nun mit dem Thema Zucht beschäftigen, ist es wichtig, uns daran zu erinnern, dass die Schrift es mit der Versammlung als dem Haus Gottes verbindet. Es ist nicht die Versammlung als der Leib des Christus, der vor uns steht, wenn wir das Thema Zucht betrachten.

Die Aufrechterhaltung der Autorität Christi

In Hebräer 3,6 lesen wir: „Christus aber als Sohn über sein Haus, dessen Haus wir sind.“ Weil Christus der Sohn über sein Haus ist, muss seine Autorität aufrechterhalten werden und die Gesetzlosigkeit des Menschen draußen bleiben. Nur das, was Ihm wohlgefällig ist, darf darin enthalten sein. Deswegen müssen wir verantwortungsvoll die Ordnung nach seinem Wort bewahren und sein Haus rein halten. Das ist die Zucht des Christus als Sohn über sein Haus. Sie bezieht sich vom Charakter auf die Versammlung (Versammlungszucht). Die Zucht des Vaters dagegen ist die der väterlichen Sorge für ein Kind. Es ist die Ausübung persönlicher Liebe und Gnade, die der Vater einem irrenden Kind zukommen lässt. Diese Zuwendung des Vaters über seine Familie ist gänzlich verschieden von der Zucht, die der Sohn über sein Haus ausübt.

Zucht bedeutet, sich Regeln unterzuordnen, die Entwicklung eines Gehorsams aus Gewohnheit, durch Belehrung, Unterweisung, Korrektur und Strafe. Es ist die erzieherische Ausbildung des Schülers. Dies ist notwendig in den Häusern, in der Schule, in der Regierung und ebenso auch im Haus Gottes. Keine Einrichtung kann ohne eine solche Zucht wachsen und funktionieren.

Wenn nicht die Zucht und die göttliche Ordnung aufrechterhalten werden, wird sich schnell herausstellen, dass ihr Fehlen das Wirken des Heiligen Geistes behindert und seinen Dienst auslöscht. Der Geist Gottes wird durch alles das betrübt, was Christus entehrt und gegen sein Wort ist. Er kann Ungehorsam, Eigenwillen und ungerichtete Sünde nicht gutheißen. So werden geistlicher Tod und fehlende Kraft in der Versammlung die Folge sein, wenn die Zucht vernachlässigt wird, die zur Ehre und Herrlichkeit Gottes ausgeübt werden sollte, dessen Haus wir sind.

Der durchdringende Charakter der Sünde

Ein weiterer Grund für die Notwendigkeit der Zucht in der Versammlung ist die Tatsache, dass Sünde wie Sauerteig ist, der den ganzen Teig durchdringt. Der Apostel Paulus spricht davon in 1. Korinther 5,6–8: „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seiet, wie ihr ungesäuert seid.“ Die Eigenschaft von Sauerteig ist, dass selbst eine kleine Menge davon sich ausbreitet und den gesamten Teig durchsäuert. Nur wenn man den Sauerteig ausfegt oder in einem Ofen backt, kann diese durchsäuernde Entwicklung angehalten und seine Wirkung unterbunden werden. Ebenso wird sich auch Sünde in einer Versammlung ausbreiten und diese vollständig durchsäuern, wenn die Sünde nicht gerichtet und ausgefegt wird. Sie hat eine verunreinigende Wirkung und muss gerichtet werden, bevor sie sich ausbreiten kann. Andernfalls wird sie um sich greifen und die ganze Gemeinschaft verderben.

Die Gott gemäße Zucht ist aus diesen Gründen notwendig, um die verunreinigende Auswirkung der Sünde in der Versammlung zu verhindern und sie rein und ungesäuert zu erhalten. Wenn jemand, in dessen Herz der Sauerteig der Sünde wirkt, sich Anweisungen, Bitten, Tadeln und göttlicher Fürsorge nicht unterwirft, sich selbst nicht richtet, sondern auf seinem Weg beharrt, dann muss die Versammlung – nach ausreichender Zeit und Bemühung, ihn davon zu befreien – diese durchsäuerte Person ausfegen, in dem sie ihn oder sie als einen bösen Menschen hinaustut. Diese Handlung bewahrt das Zusammenkommen davor, von der Sünde dieser verunreinigten Person durchsäuert zu werden.

Wir sollten bei Zucht nicht daran denken, dass es ein bloßer Akt der Beratung oder des Richtens ist, bei der jemand ausgeschlossen also aus der Versammlung hinausgetan wird. Die große Absicht von Zucht sollte es immer sein, der Notwendigkeit vorzubeugen, jemanden aus der Gemeinschaft der Gläubigen hinauszutun. Neun Zehntel der Zucht, die in einer Versammlung vor sich geht, sollte einen persönlichen Charakter haben und in Form von Hirtendienst ausgeübt werden und nicht das Handeln der gesamten Versammlung zum Gericht beinhalten. Jede Zucht sollte Korrektur und Wiederherstellung zum Ziel haben. Die äußerste Handlung des Ausschlusses aus der Versammlung ist im eigentlichen Sinne keine Zucht. Es ist das Zugeständnis, dass die Zucht versagt hat und nichts Weiteres mehr getan werden kann, als einen solchen als eine böse Person hinauszutun. Die Versammlung hat einem solchen nichts mehr zu sagen, solange es keine Buße und Wiederherstellung vor dem Herrn gibt.

Die Zucht in ihren verschiedenen Formen wird innerhalb der Versammlung zur Ehre Gottes und zum Segen der Gläubigen aufrechterhalten und ausgeübt (1. Kor 5,12). Auf diese Weise werden die Heiligen auf dem Pfad des Gehorsams geführt, in den Wegen des Herrn geübt und in dem erzogen, was Christus wohlgefällt und Heiligen geziemt. Vor diesem Hintergrund ist es offensichtlich, dass die Zucht entsprechend dem Wort Gottes in der Versammlung, dem Haus Gottes, aufrechterhalten werden muss.

Das Ziel der Zucht

1. Aufrechterhaltung der Herrlichkeit Gottes

Unser erstes Anliegen in Bezug auf die Zucht in der Versammlung sollte die Aufrechterhaltung der Herrlichkeit Gottes und die Ehre seines heiligen Namens sein. Er wohnt in der Versammlung und wenn dort Böses toleriert wird, wird der Name Christi damit in Verbindung gebracht und dieser kostbare und geheiligte Name entehrt. Die Versammlung muss ein passender Ort für seine heilige Gegenwart bleiben und seine Herrlichkeit und Ehre muss durch das Richten von jeder Form der Sünde und des aufkommenden Bösen aufrechterhalten werden. Durch das Zurechtweisen dessen, der gesündigt hat, und das Richten des Bösen wird Gottes heiliger Name vor der Welt wiederhergestellt und seine Herrlichkeit und Ehre bewahrt. Eine Versammlung, die ablehnt, Böses in Lehre oder Moral zu richten, ist daher überhaupt keine Versammlung Gottes, sondern bringt Schande und Unehre auf seinen heiligen Namen.

2. Reinigung der Versammlung

In enger Verbindung mit dem Vorhergehenden steht die Wiederherstellung des Zeugnisses der Versammlung vor den Augen der Welt durch Zucht und Richten des Bösen. Wir sollen als Lichter in dieser Welt scheinen, damit die Menschen unsere guten Werke sehen und den Vater in den Himmeln verherrlichen (Mt 5,16). Wir haben hier auf der Erde ein Zeugnis aufrechtzuerhalten. Die Welt schaut auf das Verhalten derer, die zu der Versammlung Gottes gehören.

Wenn ein Gläubiger in Sünde und böse Dinge fällt, wird der Name des Herrn entehrt und das Zeugnis der Versammlung in Verruf gebracht. Aber wenn solches Böse verurteilt und Zucht gegenüber dem Schuldigen ausgeübt wird, dann wird das Zeugnis des Zusammenkommens in den Augen der Welt bewahrt und nicht vernichtet. Denn wenn gesehen wird, dass solche, die Böses tun, ausgeschlossen werden und nicht in der Gemeinschaft der Versammlung verbleiben, bleibt die Achtung der Welt vor der Versammlung bestehen, und das örtliche Zusammenkommen wird von dem Bösen, das in seine Mitte gekommen ist, öffentlich gereinigt. Die Heiligkeit des Namens des Herrn, die mit der Versammlung verbunden ist, wird aufrechterhalten.

Nachdem die Korinther Zucht ausgeübt und den Bösen aus der Versammlung hinausgetan hatten, konnte Paulus ihnen schreiben: „Ihr habt in allem bewiesen, dass ihr an der Sache rein seid“ (2. Kor 7,11).

Wenn nun ein anderer in einer geringfügigeren Sache nachlässig und dann durch Zucht korrigiert wird, so dass sein Wandel dadurch zurechtkommt, wird dies auch von der Welt bemerkt. So wird der Name des Herrn verherrlicht und ein gutes Zeugnis der Versammlung bewirkt. Alles das ist ein wichtiger und notwendiger Grund für Zucht in der Gemeinschaft der Gläubigen.

3. Korrektur des Strauchelnden

Weiterhin hat Zucht die Absicht, den Strauchelnden zu korrigieren und ihn zur Erkenntnis dessen zu bringen, was er aus dem Wort Gottes gelernt haben sollte. Gott hat uns sein Wort gegeben und wir haben die Verantwortung, es unter der Leitung des Geistes zu lesen und daraus zu lernen, was Gottes Gedanken über unser Leben und Verhalten sind. „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit“ (2. Tim 3,16). Aber wenn ein Gläubiger nachlässig wird und Gottes Wort nicht mehr beachtet, sondern im Widerspruch dazu lebt, wird er auf seinen achtlosen und schläfrigen Zustand aufmerksam gemacht und erkennt durch die an ihm ausgeübte Zuchthandlung der Versammlung, was er aus dem Wort Gottes gelernt haben und wie sein Verhalten sein sollte. Auf diese Weise erkennen die Heiligen die Wege des Herrn und lernen den Gehorsam gegen sein Wort.

4. Wiederherstellung der Seelen

Wie wir bereits gesagt hatten, ist die große Absicht der Zucht, dass der Strauchelnde korrigiert und in die Gemeinschaft mit dem Herrn und den Seinen zurückgebracht wird. Zucht in allen diesen verschiedenen Aspekten sollte immer die Korrektur und den Segen des Betreffenden zum Ziel haben. Das ist Gottes Absicht, wenn er seine Kinder züchtigt. Hebräer 12,10.11 sagt, dass sie „zum Nutzen (ist), damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden“, und dass „sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen (gibt), die durch sie geübt worden sind.“ Die Versammlung sollte mit der Ausübung der Zucht also immer den Nutzen und das geistliche Wohl der betroffenen Seelen suchen. Für die Seele mag es belehrend, vorbeugend, korrigierend oder strafend sein, aber es wird immer nützlich für das belastete Herz sein.

Es ist wichtig zu erkennen, dass selbst wenn es zu dem äußersten Akt der Zucht kommt – dem Ausschluss aus der Versammlung und dem Einstellen der Zuchthandlungen – die Absicht immer noch ist – wie es der Apostel Paulus in 1. Korinther 5,5 sagt –, dass das Fleisch zum Verderben überliefert wird, „damit der Geist errettet werde am Tag des Herrn Jesus“. Das ist sehr kostbar und bemerkenswert und es ist das herrliche Ergebnis, das wir beständig vor uns haben sollten und nach dem wir immer ausschauen sollten, wenn Zucht ausgeübt wird. Kein anderes Ziel als dieses sollte in unseren Herzen sein.

Niemals sollten wir jemanden, der Böses tut, hinaustun, nur um eine Schmach loszuwerden oder um mit einer schwierigen Person fertig zu werden, die den Heiligen viel Sorge und große Übungen bereitet hat. In keinem Fall sollte der Gedanke der Rache an dem, der gesündigt hat, aufkommen, sondern vielmehr sollte eine tiefe Traurigkeit über die Notwendigkeit einer solchen Zucht vorhanden sein. Ebenfalls sollte dem Ausschluss einer Person viel Gebet folgen, damit die Zucht ihn von der Sünde abbringt und er wiederhergestellt wird für den Herrn und für die Gemeinschaft der Heiligen.

Bei dem Mann, den die Korinther als einen bösen Menschen hinausgetan hatten, kam es zu diesem wunderbaren Ergebnis. In seinem zweiten Brief an sie schreibt der Apostel Paulus, dass die Strafe für ihn ausreichend sei und dass sie ihm vergeben, ihn ermuntern und ihre Liebe ihm gegenüber ausüben sollten, damit er nicht durch übermäßige Traurigkeit verschlungen werde (2. Kor 2,6–8). Die mit dem Ausschluss verbundene Absicht war erreicht worden. Er war jetzt zerbrochen, bußfertig und für den Herrn wiederhergestellt, und somit konnte ihm vergeben und er wieder in die Gemeinschaft der Versammlung aufgenommen werden. Was für ein gesegnetes Ergebnis, nach dem wir immer streben und für das wir beständig beten sollten!

Die Art und Weise, in der Zucht ausgeübt werden sollte

Wir kommen jetzt zu einem höchst wichtigen Aspekt unseres Themas – dem Geist und der Art und Weise, in der Zucht vollzogen werden sollte. Die Versammlung ist kein Gerichtshof, in dem richterliche Prozesse wegen der Übertretung von gewissen Gesetzen geführt werden. So zu handeln, wäre ein völliges Verlassen des Bodens der Gnade, auf dem wir vor Gott stehen.

Erinnern wir uns an das, was wir sind. Jemand hat es bereits treffend formuliert:

„Wir dürfen nur dann von Ausübung der Zucht reden, wenn wir uns erinnern, was wir in uns selbst sind. Wenn ich bedenke, dass ich in mir selbst ein unwürdiger und elender Sünder bin, der einzig und allein durch Gnade gerettet ist und vor Gott nur durch die Wirksamkeit des Werkes Christi besteht, so ist es klar, dass die Ausübung der Zucht mir als eine schreckliche Sache erscheinen muss. Wer anders, als Gott, kann richten? Dies wird mein erster Gedanke sein.

Unter Personen, die dem Herrn teuer sind, und die ich für höher als mich selbst halten und achten muss, wird schon allein der Gedanke an eine Ausübung der Zucht meinem Herzen äußerst ernst und oft selbst bedrückend erscheinen, besonders wenn ich mir meines eigenen Elends und meiner ganzen Nichtigkeit vor Gott bewusst bin. Nur ein Gedanke wird diesem Gefühl meiner Unfähigkeit ein Gegengewicht zu geben vermögen: nämlich die Möglichkeit, die Zucht als ein Vorrecht der Liebe zu betrachten. Die Liebe, wenn sie wirklich in Tätigkeit ist, ist nur um die Vollkommenheit des Gegenstandes besorgt, den sie im Auge hat. (...) Es reicht nicht aus, dass ich mich der Gerechtigkeit gemäß verhalte. Es muss auch die Liebe, ja die tatsächliche Liebe mein Herz erfüllen, um den Segen der Heiligkeit in der Versammlung zu bewahren – koste es, was es wolle. Es handelt sich nicht darum, die Stellung einer fleischlichen Überlegenheit einzunehmen.“

Galater 6,1 weist uns an: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geist der Sanftmut, wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest.“ Mit dem, der gesündigt hat, muss in einem Geist der Sanftmut umgegangen werden und nicht in einem Geist der Überheblichkeit ihm gegenüber. Auch in dieser Stelle bemerkt man, dass das Ziel die Wiederherstellung ist.

Trauer und Mitverantwortung – Als Paulus den Korinthern über das ungerichtete Böse in ihrer Mitte schrieb, tadelte er sie, dass sie aufgebläht seien und kein Leid getragen hatten, damit der, der das Böse begangen hatte, aus ihrer Mitte weggetan würde (1. Kor 5,2). Hieraus erkennen wir, dass Trauer und eine tiefe Herzensübung die Gesinnung der Versammlung sein sollte, wenn jemand als böse und für die Gemeinschaft untaugliche Person hinausgetan werden muss. Statt einer kalten, richterlichen und pharisäischen Weise sollte mit Bedauern, Demut und dem Bekenntnis der gemeinschaftlichen Sünde und Schande, dass eine solche Sache in dem Haus Gottes vorgekommen ist, gehandelt werden. Es mag sogar der Selbstvorwurf notwendig sein, dass es zu einer so extremen Handlung des Abschneidens kommen musste. Wurde sich genügend um den Abirrenden gekümmert? Wurde für ihn gebetet? Wurde ihm ein göttliches Beispiel vorgestellt? War ein wahrer Hirte in Übung wegen ihm? Alle diese Fragen werden sicherlich in solchen Herzen aufkommen, denen wahrhaftig die Schande dieser Angelegenheit bewusst wird.

Weiterhin sollte die Versammlung anstatt nur auf die Sünde der abirrenden Einzelperson zu sehen, diese Sache als ihre Sünde ansehen und ein Bekenntnis über die gemeinschaftliche Sünde und Schande ablegen. Paulus schrieb an die Korinther: „ihr ... habt nicht viel mehr Leid getragen“ (1. Kor 5,2). Es war ihre Sünde. Sie alle wurden für sie mit verantwortlich gemacht – so wie eine Familie durch die Schande eines ihrer Mitglieder.

In diesem Sinne hat jemand geschrieben:

„Keine Versammlung wird je die Zucht üben noch verstehen, wenn sie sich nicht vor allen Dingen mit der Sünde der einzelnen Person identifiziert hat. Will die Versammlung auf eine andere Art verfahren, so nimmt sie eine richterliche Gewalt an sich, die nicht der Dienst der Gnade Christi sein würde. [...] Die Versammlung ist nicht im Zustand, in rechter Art die Zucht auszuüben, solange sie nicht anerkennt, dass die Sünde des Einzelnen, die Sünde der Versammlung ist. [...] Ich glaube nicht, dass eine Person oder eine Gruppe von Gläubigen Zucht ausüben kann, ohne dass ihr Gewissen das Bewusstsein hat, die Macht des Bösen und der Sünde vor Gott empfunden zu haben, als ob sie es selbst getan hätten. Nur so kann sie als notwendig zur eigenen Reinigung handeln.“

Im Alten Testament sollten die Priester das Sündopfer an heiligem Ort essen (3. Mo 10,17–18). Sie sollten so die Ungerechtigkeit der Versammlung tragen und die Versöhnung für sie bewirken. Dies versinnbildlicht für uns die priesterliche Fürbitte. Die Sünde des anderen wird zu unserer eigenen gemacht und wir flehen zu dem Vater, dass die Unehre, die dem Leib des Christus, dessen Glieder wir sind, angetan wurde, wieder abgewendet wird. Dies ist der Geist, in dem Zucht auszuüben ist.

Als der Apostel den Korinthern ernstlich schrieb und befahl, den Bösen aus ihrer Mitte hinauszutun, geschah dies „aus vieler Bedrängnis und Herzensangst“ und „mit vielen Tränen“, wie er später sagte (2. Kor 2,4). Das ist der einzig richtige Geist, in dem Zucht ausgeübt werden sollte.

Die verschiedenen Formen der Zucht

Bisher hatten wir die Notwendigkeit der Zucht, ihr Ziel sowie die Art und Weise, in der sie in der Versammlung ausgeübt werden sollte, vor uns. Nach dieser Einleitung wollen wir uns nun mit dem Gegenstand der Zucht selbst beschäftigen, so wie er uns in der Schrift vorgestellt wird.

Wir werden finden, dass es verschiedene Formen oder Phasen der Zucht gibt, die in der Versammlung angewandt werden sollen. Zucht nimmt einen großen Raum ein. Im weitesten Sinne umfasst sie die Ordnung und Regierung, die zu Gottes Haus gehört. Mit diesem Ausdruck ist die allgemeine Ausübung der Fürsorge in der Regierung seines Hauses gemeint. Er beinhaltet so gesehen die verschiedenen Formen, in der sich diese Fürsorge äußert, von der einfachsten Form des brüderlichen Anteilnehmens bis hin zu der mehr öffentlichen Korrektur und Zurechtweisung in der Versammlung, die manchmal in der notwendigen Handlung des Ausschlusses der bösen Person aus der Versammlung endet.

Zucht sollte nicht nur als eine bloße Handlung der Versammlung angesehen werden. Sie ist weit mehr als das. Sie umfasst die Anleitung der Seelen in den Wegen Gottes, Korrektur, Erziehung im Gehorsam, Unterordnung unter Regeln und alle Phasen des seelsorgerlichen Dienstes an den Seelen. Die Mehrzahl der Zuchthandlungen, die in der Versammlung ausgeübt werden müssen, sollte in einem privaten Umfeld stattfinden und von Aufsehern in einer seelsorgerlichen Art und Weise ausgeübt werden. Die Ausübung einer solchen wachsamen, hirtendienstlichen Fürsorge für die Schafe – nähren, beschützen, führen, korrigieren und in Liebe zurechtweisen – ist eine sehr wichtige Phase der Zucht und wird oftmals das Ergebnis haben, dass weitere, schärfere Formen nicht mehr notwendig sind. Es ist also von äußerster Wichtigkeit, dass eine solche Fürsorge in der Versammlung ausgeübt wird. Damit beginnt die Zucht.

Es ist ganz offensichtlich, dass es große Unterschiede in den Übertretungen, die im Haus Gottes begangen werden können, gibt. Einige sind schwerwiegender als andere und erfordern eine strengere Form der Zucht, während andere weniger schwere Formen benötigen. Daher gibt uns das Wort Gottes verschiedene Formen oder Stufen der Zucht, die in der Versammlung angewandt werden sollen. Jeder Fall muss nach seiner eigenen Lage der Dinge behandelt werden und es ist geistliche Einsicht notwendig, um festzustellen, unter welche Gruppe der Zuchthandlungen eine Übertretung einzuordnen ist.

Nach diesen allgemeinen Worten gehen wir nun weiter zu den einzelnen Formen der Zucht.

Zurechtbringung bei Übereilung von einem Fehltritt

Galater 6,1 gibt uns die allgemeine Anweisung: „Wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geist der Sanftmut.“ Auch wenn das im allgemeinen Sinne auf jeden Fall von Sünde, bei dem der Dienst der Wiederherstellung notwendig ist, bezogen werden kann, können wir den Vers auch als auf eine bestimmte Gruppe von Verfehlungen anwendbar betrachten, bei denen der persönliche, wiederherstellende Dienst an der Seele alles ist, was in Bezug auf die Zucht notwendig ist. Diese Form der Zucht ist die wachsame, seelsorgerliche Sorge um die Seelen, von der wir gerade gesprochen haben.

Das im obigen Zitat mit „Fehltritt“ wiedergegebene Wort bedeutet „Abfallen von dem rechten Weg“ und wird an anderer Stelle mit „Vergehung“ und „Übertretung“ übersetzt. Das mit „übereilen“ wiedergegebene Wort beinhaltet den Gedanken von „ergreifen“ oder „im Voraus nehmen“. Der Abschnitt meint also wörtlich, „jemand, der von einer Sünde oder einer Übertretung überrascht, ergriffen oder erfasst wird“. Das Wort, das mit „zurechtbringen“ übersetzt wird, bedeutet, „durch und durch korrigieren, ausrichten“. An anderer Stelle wird es mit „ausbessern“ und „zusammenfügen“ wiedergegeben. In der medizinischen Sprache wird es benutzt, um das Einrenken von Knochen oder Gelenken zu beschreiben.

Aus dem Wesen des angenommenen Falles erkennen wir also den Dienst der Liebe, der notwendig ist, sowie das Ergebnis, das sein Ziel sein sollte. Eine Person wurde von einer Übertretung ergriffen und erfasst und fällt durch Mangel an Wachsamkeit und Abhängigkeit von Gott in Sünde. Dieser Zustand erfordert Empfindsamkeit und eine gütige Behandlung. Dem Bösen muss in einem Geist der Milde begegnet werden und die Seele sollte dahin geführt werden, beides – das Böse und die Ursache der Nachlässigkeit, Selbstvertrauen oder die Vernachlässigung der geistlichen Übungen, die den Fall erst ermöglichten – zu verurteilen. Es ist notwendig, die betreffende Person aufzusuchen, sich mit ihr freundlich zu unterhalten und das Wort mit Gebet auf den, der in Sünde gefallen ist, anzuwenden, so wie der Herr in Johannes 13,5–14 die Füße mit Wasser wusch.

Wenn die Wiederherstellung und Heilung der verletzten Seele das Ziel ist und wenn alles in Milde von jemandem getan wird, der geistlich ist und ein tiefes Bewusstsein seiner eigenen Schwachheit besitzt, werden Bekenntnis und die Wiederherstellung der Seele in den meisten Fällen folgen. Es mag nicht sofort geschehen, so dass mehrere Besuche und viel Gebet erforderlich sein mögen. Wenn das Versagen bekannt und gerichtet wird und die Seele für den Herrn wiederhergestellt ist, dann ist die Angelegenheit geregelt und niemand anderes braucht davon etwas zu wissen. Aber wenn sich die Seele weder dem Wort unterwirft noch das Falsche bekennt und somit nicht wiederhergestellt wird, dann wird eine weitere Form der Zucht erforderlich sein.

Zurechtweisen und Zurückziehen von solchen, die unordentlich wandeln

In 1. Thessalonicher 5,14 lesen wir: „Wir ermahnen euch aber, Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht.“

Wenn jemand sich der Führung und der schriftgemäßen Ordnung der Versammlung nicht unterwirft, sondern dem Wort Gottes ungehorsam ist und im Eigenwillen und in Unordnung seinen Weg geht, dann ist er ein Unordentlicher und muss von den Brüdern, die die Sorge für die Seelen tragen, zurechtgewiesen werden. Ein solcher befindet sich in einem fleischlichen Seelenzustand und ist sich nicht bewusst, wohin ihn sein unordentlicher Wandel letztlich führen wird. Dies ist jedoch den Aufsehern der Versammlung durchaus deutlich und sie müssen eine Warnung oder Zurechtweisung aussprechen, um womöglich die ernsten Konsequenzen, die einem solchen Wandel folgen, zu vermeiden. Als Brüder in Christus sollten wir „voll Gütigkeit (sein), erfüllt mit aller Erkenntnis und fähig, auch einander zu ermahnen“ (Röm 15,14).

Ein geistlicher Bruder ist ein Mann mit Weitblick und Unterscheidungsvermögen und in der Lage, vor kommendem Unglück zu warnen. Wenn Gläubige nicht nach der göttlichen Ordnung handeln, dann ist es die Verantwortung solcher in der Versammlung, die Gott als Aufseher gegeben hat, die Unordentlichen zu warnen, indem sie ihnen zeigen, was das Ergebnis ihres gegenwärtigen Wandels sein wird. Sie werden solche ermahnen, ihren Wandel zu ändern und in Unterwürfigkeit unter das Wort Gottes zu handeln. Eine solche Warnung oder Zurechtweisung kann von einem einzelnen Bruder vorgenommen werden oder im Namen derer, die die Aufsicht führen in der Versammlung. Die Ergebnisse werden Gott überlassen, indem man Ihn im Gebet anfleht, die Zurechtweisung und Ermahnung zum Segen des Betroffenen zu benutzen.

Wenn die Zurechtweisung nicht beachtet wird, ist ein weiterer Schritt der Zucht notwendig. Der nächste Schritt wird im zweiten Brief an die Thessalonicher Kapitel 3 Vers 6 genannt:

„Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich wandelt, und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat.“ Von jemandem, der unordentlich oder „nicht in der Schlachtreihe“, wie der Ausdruck impliziert, wandelt und der Zurechtweisungen und Ermahnungen nicht beachtet, die ihm gegeben werden, muss man sich zurückziehen.

In 2. Thessalonicher 3,14.15 fügt der Apostel weiter hinzu: „Wenn aber jemand unserem Wort durch den Brief nicht gehorcht, den bezeichnet und habt keinen Umgang mit ihm, damit er beschämt werde; und erachtet ihn nicht als einen Feind, sondern weist ihn zurecht als einen Bruder.“

Ein Gläubiger, der im Gegensatz zum Wort Gottes wandelt, wandelt unordentlich und muss bezeichnet und isoliert werden, damit er seine Fehler empfindet und sich über seinen Wandel schämt. Jeder soziale Umgang mit einem solchen wird zurückgehalten und kein Ausdruck der Gemeinschaft wird ihm gewährt. Die Versammlung wird ihn nicht grüßen (wörtlich: ihm die Hand schütteln) obwohl er noch in Gemeinschaft am Tisch des Herrn ist. Es gibt bisher keinen ausreichenden Grund, einen solchen als einen Bösen aus der Versammlung hinauszutun. Die Zucht des Zurückziehens hat den Zweck der Korrektur, dass der Unordentliche dadurch in seinem Wandel zusammenbricht, wiederhergestellt wird und seinen Platz am Tisch des Herrn weiterhin einnimmt. Er soll nicht als ein Feind betrachtet werden, sondern als ein Bruder ermahnt werden. Wenn jedoch keine Buße und keine Änderung im Verhalten ersichtlich sind, dann mag ein solcher Fall in einem Ausschluss enden.

Die besondere Form eines unordentlichen Wandels, die unter den Thessalonichern angetroffen wurde, war Müßiggang und das Beschäftigen mit fremden Dingen. „Denn wir hören, dass einige unter euch unordentlich wandeln, indem sie nichts arbeiten, sondern fremde Dinge treiben“ (2. Thes 3,11). Sie lagen vermutlich den Geschwistern auf der Tasche und arbeiteten nicht für ihren Lebensunterhalt. Da sie nichts zu tun hatten, mischten sie sich in anderer Leute Angelegenheiten und wurden geschwätzig. 1. Timotheus 5,13 warnt auch die jungen Witwen davor, in diesen Fallstrick zu fallen: „Zugleich aber lernen sie auch, müßig zu sein, indem sie in den Häusern umherlaufen; nicht allein aber müßig, sondern auch geschwätzig und vorwitzig, indem sie reden, was sich nicht geziemt.“ Eine müßige Person kann sehr leicht ein Werkzeug in der Hand Satans werden, um Schwierigkeiten unter den Gläubigen zu verbreiten, indem sie sich in anderer Leute Dinge einmischt und Gerüchte verbreitet. Manche Versammlungen sind schon oft in Aufruhr und Schwierigkeiten gekommen durch solche Müßiggänger und Ohrenbläser. Solche leben unordentlich und müssen zurechtgewiesen werden und, wenn es zu keiner Änderung führt, muss man sich von ihnen zurückziehen.

Aber das Obige ist nur eine Form eines unordentlichen Wandels. Solch ein Wandel mag offenbar werden in den Verbindungen, die jemand eingeht, der Gesellschaft, in der er verkehrt, den Orten, die er besucht etc. – alles Dinge, die der Beweis sind für einen Lebenswandel, der nicht in Übereinstimmung ist mit dem Evangelium des Christus und seinem Wort.

Hier in den Briefen an die Thessalonicher wird uns ein allgemeiner Grundsatz gegeben, der alle Fälle von unordentlichem Wandel betrifft und uns unterweist, welche Form der Zucht hier anzuwenden ist.

Öffentliche Zurechtweisung

Der Apostel unterweist Timotheus in 1. Timotheus 5,20: „Die sündigen, überführe vor allen, damit auch die Übrigen Furcht haben.“ Hier haben wir eine ernstere Form der Züchtigung als die persönliche Warnung und Ermahnung, die wir schon betrachtet haben. Diese Stelle bezieht sich auf Formen der Sünde, die von solcher Natur sind, dass eine öffentliche Zurechtweisung nötig ist. Der Vers bedeutet buchstäblich „Die sündigen (Partizip Präsens, d.h. die, die auf einem sündigen Weg gehen), überführe oder beschäme vor allen.“ Die hier vorliegende Sünde ist von einem solchem Charakter, dass es das öffentliche Zeugnis der Versammlung berührt und eine öffentliche Zurechtweisung nötig macht, um die Versammlung zu reinigen und den Übertreter zu überführen.

Es mag ein Fall sein, bei dem eine persönliche Zurechtweisung nicht stattgefunden hat. Doch jetzt ist es eine Angelegenheit, bei der eine persönliche Zurechtweisung nicht ausreicht. Das Böse hat einen solchen Charakter angenommen, dass es für alle deutlich ist, dass das öffentliche Zeugnis der Versammlung beschädigt wurde und hier eine strengere Zucht nötig ist, wenn der Übeltäter überführt und wiederhergestellt werden soll. Eine öffentliche Zurechtweisung des Irrenden ist in Anwesenheit der ganzen Versammlung vorzunehmen, damit er überführt und beschämt wird und von dem Irrtum seines Weges zurechtgebracht wird.

Es mag auch den Fall geben, dass jemand in eine Straßenschlägerei verwickelt war oder in der Öffentlichkeit seine Frau geschlagen hat oder irgendeine Art der öffentlichen Beschämung aufgetreten ist – alles im Gegensatz zum Wort Gottes. Es ist in der Öffentlichkeit geschehen und es muss in der Öffentlichkeit zurechtgebracht werden. Natürlich müssen die Tatsachen feststehen und sicher sein. Eine Zuchthandlung sollte niemals nur auf Grund von Hörensagen unternommen werden.

Ein Beispiel aus der Schrift, wo ein Bruder in einer Versammlung von Gläubigen öffentlich zurechtgewiesen wurde, finden wir in Galater 2,11–14. Dort finden wir den Bericht über den Apostel Paulus, wie er den Apostel Petrus vor den Gläubigen in Antiochien zurechtweist. Petrus, der sich weigerte mit den Gläubigen aus den Heiden zu essen, war von der Freiheit der Gnade zu der Knechtschaft des Gesetzes zurückgegangen. Deshalb widerstand Paulus „ihm ins Angesicht (...), weil der dem Urteil verfallen war“ (V. 11) und „sprach zu Kephas vor allen: Wenn du, der du ein Jude bist, wie die Nationen lebst und nicht wie die Juden, wie zwingst du denn die Nationen, jüdisch zu leben?“ (V. 14). Durch das Verhalten von Petrus wurden andere, sogar Barnabas, mitgerissen und wandelten „nicht den geraden Weg nach der Wahrheit des Evangeliums“ (V. 14). Das war ernst, und richtigerweise weist der Apostel Paulus Petrus öffentlich für seine Inkonsequenz zurecht. Mit dieser Vorgehensweise korrigierte er nicht nur den fehlerhaften Schritt, sondern verhinderte den bösen Einfluss durch die Verbreitung unter den Gläubigen in der Versammlung von Antiochien, die in Gefahr standen sich von der reinen Wahrheit des Evangeliums der Gnade Gottes wegzuwenden.

Wenn jemand öffentlich zurechtgewiesen wird, dann sollte diesem deutlich werden, dass das, was er gesagt oder getan hat, im Gegensatz zur Schrift steht. Dem Übertreter sollte sein Fehler in einer guten Art und Weise öffentlich gezeigt und korrigiert werden, indem das Wort Gottes mit Einsicht benutzt wird. Die Anwendung der Schrift wird das Gewissen aller Anwesenden erleuchten und sie vor demselben Fehler bewahren.

Derjenige, der die Zurechtweisung ausführt, sollte keinen Zorn oder ein Anzeichen eines selbstgerechten pharisäischen Geistes zeigen. Sie sollte in einem echten Gefühl von Trauer und auf eine Art und Weise erfolgen, die dem feierlichen und ernsten Charakter einer solchen Handlung entspricht, damit der Übertreter zutiefst fühlt und zum Selbstgericht geführt wird, aber auch damit alle Furcht haben, die es hören (1. Tim 5,20).

Timotheus wird außerdem in Verbindung mit der Zurechtweisung solcher, die sündigen, darauf hingewiesen, „dass du diese Dinge ohne Vorurteil beachtest, indem du nichts nach Gunst tust“ (1. Tim 5,21). Er sollte jeden zurechtweisen, der es nötig hatte – unabhängig vom Alter, vom Ort, von der Stellung in der Versammlung, sogar einen Ältesten. Wir haben heute niemanden wie Timotheus, der Autorität von einem Apostel empfangen hat, aber wir haben die Worte des Apostels in der Schrift, und die Versammlung ist verantwortlich die Anordnung ohne Parteilichkeit auszuführen. Es sollte individuell erfolgen, aber vorzugsweise von einem älteren Bruder, der ein gutes Zeugnis hat, und generell nach Beratung mit den verantwortlichen Brüdern der Versammlung.

Solch eine öffentliche Zurechtweisung derjenigen, die sündigen, wird heute nicht oft in den Versammlungen gesehen, aber wir glauben, dass, wenn es mehr praktiziert würde, wir mehr göttliche Furcht in den Herzen der Gläubigen und mehr Sorgfalt im Wandel sehen würden. Weiterhin würden wir weniger Fälle von Ausschlüssen aus der Versammlung erleben, weil diejenigen, die sich verirren, zurechtgewiesen und am Beginn ihres sündigen Weges aufgehalten würden. Möge diese heilsame, wahrhaftige Form der Zucht in der Versammlung nicht vernachlässigt werden und wenn nötig benutzt werden. Wir sollten in Verbindung mit dieser Phase der Zucht auch an die Worte von Paulus an Titus denken: „Dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck. Lass niemand dich verachten!“ (Tit 2,15).

Das Abweisen von sektiererischen Menschen

Titus 3,10.11 stellt uns die Form der Zucht vor, die einem Sektierer gegenüber ausgeübt werden muss. „Einen sektiererischen Menschen weise ab nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung, da du weißt, dass ein solcher verkehrt ist und sündigt, wobei er durch sich selbst verurteilt ist.

Das griechische Wort, das im Deutschen mit sektiererisch“ übersetzt ist, bedeutet Wahl oder Richtung der Gedanken und Handlungen, von sich eingenommen, eigensinnig“. Jemand, der seiner eigenen Gedankenrichtung folgt und von sich selbst eingenommen ist, ist ein Sektierer. In seinem Eigenwillen betont er seine eigenen Ansichten und Lehren und bildet somit eine Sekte oder Parteiung mit denen, die seine Ansichten stützen. Dies bringt die sehr ernste Gefahr einer Spaltung in die Versammlung. Ein sektiererischer Mensch mag in der grundlegenden Lehre gesund sein und dennoch durch seine selbst gewählten Meinungen und besonderen Ansichten einen gewissen Kreis von Gläubigen um sich sammeln.

In der Kirchengeschichte wird Sektiererei im Allgemeinen als etwas betrachtet, was im Gegensatz zum orthodoxen Glauben steht. Aber die wirkliche Bedeutung des Wortes Sektiererei ist Eigenwille“. Wo immer dieser wirkt, ist die Gefahr der Bildung einer Sekte oder der Trennung in der Versammlung gegeben.

Ein sektiererischer Mensch nun sollte ein- oder zweimal ermahnt werden. Er wird somit an den Ernst seiner Sünde erinnert und vor den ernsten, verheerenden Folgen gewarnt. Wenn die zweifache Warnung vor seinem sektiererischen und Parteiungen hervorrufenden Verhalten nicht beachtet wird, soll ein solcher abgewiesen und gemieden werden. Durch die wiederholte Ablehnung der ihm vorgestellten Ermahnungen offenbart er seinen wirklichen Zustand. Er ist verkehrt, er ist vom richtigen Wege abgekommen und er sündigt. Zugleich wird ein geistlicher Hochmut offenbar und somit ist er durch sich selbst verurteilt. Seine Untauglichkeit für die Gemeinschaft mit den Gläubigen ist offenbar und er muss als ein Sektierer abgelehnt werden.

Wahrscheinlich wird ein solcher das Zusammenkommen verlassen, weil er der Versammlung seine eigenen Gedanken und Ansichten nicht aufprägen konnte. Hier ist jedoch nicht davon die Rede, dass die Versammlung ihn als eine böse Person hinaustun soll – vielleicht deswegen nicht, weil der Titusbrief an eine einzelne Person gerichtet wurde. Wenn die Geschwister einem solchen kein Gehör schenken und er abgewiesen wird, so wird das Ergebnis zweifellos sein – falls er auf seinem bösen Wege verharrt –, dass er am Ende freiwillig das Zusammenkommen verlassen wird. Diese Form der Zucht wird entweder seinen Eigenwillen zerbrechen oder umso mehr seine böse Gesinnung dadurch offenbaren, dass er sich von dem Zusammenkommen zurückzieht. Bleibt er jedoch in der Versammlung, so sollte er gewiss unter öffentlichen Tadel gestellt und in Bezug auf jede öffentliche Tätigkeit in der Versammlung zum Schweigen gebracht werden. Auch Gemeinschaft darf man nicht mit ihm pflegen. Dieser Fall mag sich dann weiterhin zum Bösen entwickeln, so dass diese Person als ein Böser gemäß 1. Korinther 5,13 hinausgetan werden muss.

Sich abwenden von solchen, die Zwiespalt und Ärgernis anrichten

In enger Verbindung mit der Unterweisung bezüglich des sektiererischen Menschen steht die Ermahnung in Römer 16,17.18: „Ich ermahne euch aber, Brüder, auf die zu achten, die Zwiespalt und Ärgernis anrichten, entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und wendet euch von ihnen ab. Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch süße Worte und schöne Reden verführen sie die Herzen der Arglosen.“

So also wird ein sektiererischer Mensch handeln. Er sucht solche um sich zu sammeln, die ihn in seinen Ansichten unterstützen. Das Ergebnis ist, dass die inneren Spaltungen zu äußerer Trennung führen werden. Die Unzufriedenen gehen hinaus, damit sie ihren eigenen Weg gehen können. Solche, die sich selbst von ihren Brüdern trennen, um ihren eigenen Meinungen und Lehren zu folgen, sind Sektierer. Sie sollen als solche gekennzeichnet werden, die Ärgernis und Zwiespalt anrichten. Wir werden aufgefordert, uns von ihnen wegzuwenden.

Wahrscheinlich gab es schon in den Tagen des Apostels Paulus Männer, die irgendwo Spaltungen hervorgerufen hatten. Sollten sie nach Rom kommen, so werden die dortigen Christen von dem Apostel ermahnt, auf solche zu achten und sich von ihnen wegzuwenden; denn solche dienen nicht dem Herrn Christus, sondern ihrem eigenen Bauch (d.h. sie suchen ihren Vorteil), und sie verführen die Herzen der Arglosen.

Der Christ ist gehalten, von der Ungerechtigkeit abzustehen. Aber wenn man dadurch Spaltung hervorruft, dass man auf seiner eigenen Meinung besteht, dann ist das entgegen der Lehre, die wir aus der Schrift gelernt haben. Dort wird uns gesagt, dass wir uns bemühen sollen, die „Einheit des Geistes im Band des Friedens zu bewahren“ (Eph 4,3). Daher ist Trennung unter bekennenden Christen gemäß der Schrift nur dann gerechtfertigt, wenn Gerechtigkeit, Wahrheit und Heiligkeit auf keine andere Art und Weise mehr bewahrt werden können als dadurch, dass man sich von solchen trennt, unter denen Ungerechtigkeit praktiziert und aufrechterhalten wird (2. Kor 6,14–18; 2. Tim 2,19–22).

Zum Schweigen bringen

Wir wollen hier auf eine spezielle Art der Versammlungszucht näher eingehen. Sie besteht darin, einen Bruder in der Versammlung zum Schweigen zu bringen. Wir finden hierfür kein ausdrückliches Gebot in der Schrift, wie es sonst normalerweise der Fall ist. Aber wir finden schriftgemäße Grundsätze, die uns zur Ausführung dieser Zucht hinführen.

Während uns die Schrift lehrt, dass für den Heiligen Geist in der Versammlung die Freiheit gegeben sein muss, zu benutzen wen immer Er als seinen Mund benutzen will (1. Kor 12,11), so lehrt sie uns auch, dass für diejenigen, die so benutzt werden, eine dementsprechende Verantwortlichkeit besteht, ihren Wandel in Heiligkeit und zur Ehre und Verherrlichung des Herrn zu führen.

Fleischlicher und unnützer Dienst

Galater 5,13 sagt uns: „Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder; nur gebraucht nicht die Freiheit zu einem Anlass für das Fleisch, sondern durch die Liebe dient einander.“ Freiheit im Geist darf nicht als Vorwand für das Fleisch benutzt werden, um in der Versammlung zu wirken und sich selbst zu erheben. Rein fleischliche Tätigkeit, die ohne die Kraft des Geistes und nicht zur Erbauung der Versammlung ist, sollte sicher in der Versammlung Gottes nicht geduldet werden – sie muss unterbunden werden. Einander in Liebe zu dienen, das ist der Beweggrund für jeden Dienst und nicht die Zurschaustellung der eigenen Person.

In 1. Korinther 14,3 lesen wir: „Wer aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung.“ Weiter belehrt uns Vers 26: „Alles geschehe zur Erbauung“, und Vers 29 ermahnt uns: „Propheten aber lasst zwei oder drei reden, und die anderen lasst urteilen.“ In 1. Petrus 4,11 heißt es: „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus.“

Diese Schriftstellen zeigen klar, dass, wenn jemand in der Versammlung sprechen will, er als Mund Gottes sprechen muss – zur Auferbauung, Ermahnung und Tröstung. Sein Ziel muss immer sein, dass die Hörer auferbaut, dass sie im Glauben gestärkt werden und dass Gott in allem verherrlicht wird. Weissagen und „Aussprüche Gottes“ reden bedeutet mehr, als nur Wahrheiten auf eine intellektuelle Weise bringen. Es ist vielmehr das Bringen jener besonderen Wahrheit, von der Gott will, dass sie in dem gegebenen Augenblick den Herzen und Gewissen der Zuhörer in aller Kraft des Heiligen Geistes vorgestellt werde.

Wie die schon zitierte Schriftstelle in 1. Korinther 14,29 zeigt, soll die Versammlung den in ihrer Mitte ausgeübten Dienst beurteilen. Wenn jemandes Dienst beständig ohne die Kraft des Geistes ausgeübt wird und nicht zur Auferbauung und zur Segnung der Hörer gereicht, so sollte man sich um diesen Bruder bemühen. Und wenn keine Änderung erfolgt, so sollte er, was das Auslegen des Wortes anbelangt, zum Schweigen gebracht werden. Wenn jemand keine Kraft von Gott hat, das Wort Gottes in einer verständlichen, erbaulichen Weise vorzustellen, so ist es gewiss nicht Gottes Wille, dass er in der Versammlung einen Dienst tut. Die Heiligen sollen nicht durch einen unnützen oder fleischlichen Dienst gequält werden. Die Versammlung ist für den Dienst und für die Lehre in ihrer Mitte verantwortlich. So ist es auch ihre Pflicht, jeden zum Schweigen zu bringen, der beständig die Versammlung durch einen Dienst übt, der weder schriftgemäß noch nützlich noch zur Verherrlichung Gottes ist.

Der Apostel Paulus schrieb an Timotheus, dass er ihn gebeten habe, in Ephesus zu bleiben, „damit du einigen gebötest, nicht andere Lehren zu lehren noch sich mit Fabeln und endlosen Geschlechtsregistern abzugeben, die mehr Streitfragen hervorbringen als die Verwaltung Gottes fördern, die im Glauben ist“ (1. Tim 1,3.4). Hier sehen wir, dass einige Männer bezüglich ihres Dienstes gewarnt wurden, dass er gesund in der Wahrheit und nützlich sein müsse und nicht Streitfragen hervorbringe, die nicht auferbauen. Wenn solche fortfuhren, ihren Dienst auszuüben, so offenbarten sie ihren Eigenwillen und mussten sicherlich unter Zucht gestellt und zum Schweigen gebracht werden. Ein solcher Dienst mochte der Anfang davon sein, was jene Person später als einen sektiererischen Menschen offenbar machte.

Auch schrieb Paulus an Titus: „Denn es gibt viele zügellose Schwätzer und Betrüger, besonders die aus der Beschneidung, denen man den Mund stopfen muss“ (Tit 1,10.11). Obwohl sich diese Worte auf Männer außerhalb der Versammlung beziehen, so geben sie uns doch auch Unterweisung für den Dienst innerhalb der Versammlung. Zügellosen Schwätzern und Betrügern muss der Mund gestopft werden – besonders in der Versammlung Gottes. Jemand mag durch Stolz, eitlen Ruhm oder Eigenwillen veranlasst werden zu sprechen. Doch wenn es offenkundig ist, dass beständig das Ich am Werk ist und nicht der Heilige Geist, so muss die Zucht des „Zum-Schweigen-Bringens“ an einem solchen durch die Versammlung ausgeübt werden!

Behinderungen

3. Mose 21,16–23 gibt uns einen wichtigen Grundsatz, der seine geistliche Anwendung auf die Tätigkeit der christlichen Priester in der Versammlung findet und uns weiteres Licht in Bezug auf unseren Gegenstand gibt.

„Und der Herr redete zu Mose und sprach: Rede zu Aaron und sprich: Jemand von deinen Nachkommen bei ihren Geschlechtern, an dem ein Gebrechen ist, soll nicht herzutreten, um das Brot seines Gottes darzubringen; denn jedermann, an dem ein Gebrechen ist, soll nicht herzutreten, es sei ein blinder Mann oder ein Lahmer oder ein Spaltnasiger oder der ein Glied zu lang hat oder ein Mann, der einen Bruch am Fuß oder einen Bruch an der Hand hat, oder ein Buckliger oder ein Zwerg oder der einen Flecken an seinem Auge hat oder der die Krätze oder Flechte hat oder der zerdrückte Hoden hat. Jedermann von den Nachkommen Aarons, des Priesters, der ein Gebrechen hat, soll nicht herzutreten, um die Feueropfer des Herrn darzubringen; ein Gebrechen ist an ihm, er soll nicht herzutreten, um das Brot seines Gottes darzubringen. Das Brot seines Gottes vom Hochheiligen und vom Heiligen darf er essen; jedoch zum Vorhang soll er nicht kommen, und zum Altar soll er nicht herzutreten, denn ein Gebrechen ist an ihm, dass er nicht meine Heiligtümer entweihe; denn ich bin der HERR, der sie heiligt.

Ein Priester mit einem Gebrechen konnte sich nicht der vollen Vorrechte seiner Stellung als Priester erfreuen. Obwohl es ihm erlaubt war, von dem Brot seines Gottes zu essen, so konnte er doch nicht in das Heiligtum gehen oder dem Altar nahen, um das Brot seines Gottes darzubringen – er konnte nicht das Volk in priesterlichem Dienst vor Gott darstellen. Wenn wir diesen Grundsatz auf die Versammlung anwenden, so sehen wir, dass es ein offizieller, repräsentativer, priesterlicher Dienst ist, in der Versammlung zum Gebet, zum Lobpreis oder zum Dienst des Wortes den Mund aufzutun. Der obige Grundsatz bedeutet also, dass ein Gläubiger mit einer entsprechenden Behinderung Gott nicht anstelle des Volkes nahen kann oder auch umgekehrt nicht anstelle Gottes zu dem Volk reden kann. Obwohl er noch das Vorrecht hat, an dem Mahl des Herrn teilzunehmen, ist er nicht in der Lage, der Mund der Versammlung zu sein. „Ein Gebrechen ist an ihm, er soll nicht herzutreten, das Brot seines Gottes darzubringen.

Die in der obigen Schriftstelle erwähnten körperlichen Gebrechen geben uns ein Bild von den geistlichen Gebrechen, die man heutzutage unter christlichen Priestern finden mag. Jemand, der blind ist, kann nicht sehen; er hat kein geistliches Unterscheidungsvermögen. „Denn bei welchem diese Dinge nicht vorhanden sind, der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen“ (2. Pet 1,9). Ein Stumpfnasiger mag andeuten, dass er den süßen Wohlgeruch des Opfers nicht zu unterscheiden vermag. Er spricht von jemandem, der unfähig ist, in die Kostbarkeit Christi vor Gott einzutreten. Ein Zwerg mag ein verkümmertes geistliches Wachstum andeuten. Und wer lahm ist oder einen gebrochenen Fuß hat, mag vorbildlich für solche stehen, deren Wandel schwach oder nicht gut ist. Solche sind ganz und gar unfähig, priesterlichen Dienst in der Versammlung auszuüben.

Aber im Christentum braucht kein Gebrechen dauerhaft zu sein. Das Essen des Brotes Gottes wird, geistlich gesprochen, Behinderungen rückgängig machen. Wie jemand gesagt hat: „Unser großer Hohepriester kann alle Behinderungen bei den Gliedern seiner Familie rückgängig machen.“ So gibt es hier keine Notwendigkeit dafür, dass die Gläubigen dauerhaft unfähig sind für den Dienst in der Versammlung. Dem Blinden können die Augen geöffnet werden, der Lahme kann geheilt werden, die Krüppel können wachsen in Christus, wenn sie wollen. Das bedeutet, dass, wenn einem in der Versammlung das Schweigegebot auferlegt wurde, das nicht von Dauer sein muss.

Lasst uns einmal die Situation besehen, wo ein Priester lahm ist oder einen gebrochenen Fuß hat. Ein Gläubiger, der kein gutes Christenleben führt oder nicht nach den Vorschriften des Wortes Gottes lebt, hat einen schwerwiegenden Makel. Er ist ein lahmer Priester und unfähig zum Dienst. Wenn jemand ernstlich in seinem Wandel fällt, wird er ein lahmer Priester und muss in den Zusammenkünften zum Schweigen gebracht werden, denn seine Worte haben kein moralisches Gewicht. Wenn Gott in seinem Wandel nicht verherrlicht wird, wie soll das dann durch seinen Dienst geschehen. Wenn die Herrlichkeit Gottes jemanden nicht im täglichen Leben leitet, wie soll dann diese Herrlichkeit das Motiv für seinen Dienst in der Versammlung sein.

Ein solcher wandelt nicht in Gemeinschaft mit Gott und kann nicht vom Geist Gottes gebraucht werden, um Sprachwerkzeug Gottes in der Versammlung zu sein. Wenn er fortfährt, sich in der Versammlung zu beteiligen, dann muss er unter die Zucht des Schweigens gestellt werden, bis sein Wandel korrigiert und das Vertrauen wiederhergestellt ist.

Jesaja 52,11 enthält eine wichtige Ermahnung für solche, die in der Versammlung dienen: „Reinigt euch, die ihr die Geräte des Herrn tragt.“ Das muss beachtet werden. Gottes Priester müssen reine Herzen, Zungen, Hände und Füße haben. Wenn dies nicht der Fall ist, können sie nicht im Heiligtum dienen. Damals mussten die Priester ihre Hände und Füße waschen, bevor sie in die Stiftshütte gingen, um dort zu dienen (2. Mo 30,19.20). Die Notwendigkeit beständiger Reinigung durch das Wasser des Wortes wird darin vorgebildet.

3.10 Die Zucht – Teil 2

Persönliche Vergehen

In Matthäus 18,15–18 hat der Herr uns Anweisungen bezüglich des richtigen Weges gegeben, den es zu beschreiten gilt, wenn ein Bruder sich gegen einen anderen Gläubigen versündigt hat. Er zeigt uns auch, welche Zucht gegen einen solchen ausgeführt werden muss, wenn alle Bemühungen, den Irrenden zu gewinnen und wiederherzustellen, sich als nutzlos erweisen. Doch bevor wir näher auf die Anweisungen des oben genannten Abschnitts eingehen, sollten wir kurz daran denken, was der Herr den Jüngern in den vorangehenden Versen von Matthäus 18 sagt.

Geziemende Geisteshaltung und moralische Kennzeichen

Der Herr zeigt uns hier die moralischen Kennzeichen und die Geisteshaltung, die den Dingen des Reiches der Himmel geziemt. Zuerst stellte Er ein kleines Kind als Beispiel in ihre Mitte und lehrte sie Sanftmut, Demut, Kleinheit in ihren eigenen Augen, und dass wahre Größe darin besteht, sich wie ein kleines Kind zu erniedrigen. Er sagte ihnen, wie sehr Er ein gläubiges Kind schätzte und was für eine ernste Sache es in seinen Augen war, einem dieser Kleinen Anstoß zu geben.

Dann lehrte Er sie, dass sie sich vor allem hüten sollten, was ein Stein des Anstoßes für sie selbst oder andere sein könnte. Das Messer des Selbstgerichts muss gegen alles in uns angewendet werden, das Anstoß gibt. Nach diesen Worten veranschaulichte Er den Geist rettender Gnade, der seinen Auftrag kennzeichnete – zu kommen, um zu retten, was verloren war. Er sagte ihnen ebenfalls, wie der Vater jeden Kleinen wertschätzt und wünscht, dass keiner von ihnen verloren geht.

Nachdem der Herr sich bemüht hatte, die Jünger mit dem Geist der Sanftmut und Abhängigkeit und dem Geist sanfter Liebe und suchender Gnade des Vaters und seiner selbst zu tränken, wendet Er nun alles das auf ihr praktisches Verhalten einander gegenüber an. Er sagt gewissermaßen: „Ich möchte, dass ihr nun die Kanäle meiner suchenden Gnade und Liebe werdet, indem ihr euch um den Irregehenden kümmert und ihn zurück auf den rechten Pfad bringt.“ Sie sollten streng gegen jedes Versagen bei ihnen selbst sein, aber der Geist gnädiger Erwägungen für das Wohlergehen anderer sollte sie kennzeichnen.

Das ist die Verbindung zwischen den Versen über persönliche Vergehungen, die wir nun betrachten werden, und dem Rest des Kapitels. Vor diesem Hintergrund sind wir nun bereit, die Anweisungen des Herrn über unser Thema zu untersuchen.

„Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt, so geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, hast du deinen Bruder gewonnen“ (V. 15).

Zunächst muss ich sicher sein, dass mein Bruder wirklich gegen mich gesündigt hat. „Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt“ – nicht wenn ich denke, er habe gesündigt, oder wenn einige sagen, dass er gesündigt hat, sondern wenn ein eindeutiger Fall vorliegt, dass wirklich jemand gegen einen anderen gefehlt hat. Das ist nicht ein Fall, bei dem beide Parteien gegeneinander gesündigt haben, sondern bei dem einer alleine sich gegen den anderen vergangen hat. Das Wort für „sündigen“ im griechischen Urtext hat die Bedeutung „das Ziel verfehlen, versagen oder falsch handeln“. Die Bedeutung des Wortes ist, mit Willen die Rechte des anderen zu verletzen, die Grenzen des Schicklichen oder Geraden durch die Schädigung des anderen zu überschreiten oder ein Gesetz, eine Regel oder eine Sitte zu verletzen.

Der erste Schritt

„Geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein.“ Das, sagt der Herr, soll der erste Schritt sein auf der Seite dessen, dem der Schaden zugefügt wurde. Erläuternd zu dem oben gesagten möchten wir die schönen Worte W. Kellys zitieren:

„Angenommen, dein Bruder fügt dir Unrecht zu, etwas, das vielleicht sehr schwer zu ertragen sein mag – ein böses Wort oder eine unfreundliche Handlung gegen dich –, etwas, das du tief als eine wirklich persönliche Vergehung gegen dich empfindest. Die Person hat es willentlich getan und es ist ganz sicher eine große Sünde. Was wirst du tun? Auf einmal wird dieser große Grundsatz angewendet: Als du verderbt und fern von Gott warst, was hat dir geholfen? Wartete Gott, bis du deine Sünden weggetan hattest? Es wäre überhaupt nie geschehen. Gott sandte seinen eigenen Sohn, um dich zu suchen und dich zu retten. ‚Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist‘. Das ist der Grundsatz, nach dem auch du zu handeln hast.

Und das ist nicht nur so, weil es die Weise ist, wie Gott gehandelt hat. Du gehörst Gott: Du bist ein Kind Gottes. Wenn dein Bruder dir Unrecht zugefügt hat, geh du zu ihm hin und bringe ihn zurecht. Es ist die Tätigkeit der Liebe, zu der der Herr Jesus die Jünger nun drängt. Sie sollen in der Kraft göttlicher Liebe die Befreiung solcher suchen, die von Gott abgeirrt sind. Es ist nicht das Fleisch, das sein Unrecht empfindet und das Geschehene übel nimmt. (…) Ich möchte, sagt der Herr, dass ihr (…) gekennzeichnet seid durch Gnade, indem ihr zu denen ausgeht, die gegen Gott gesündigt haben – Gnade, den Menschen zu suchen, der irregegangen ist.

Das ist sehr schwer, wenn unsere Seele nicht frisch ist in der Liebe Gottes und sich daran erfreut, was Gott für sie ist. Was empfindet Gott für ein Kind, das Unrecht getan hat? Es ist das liebende Begehren, es zurechtzubringen. Wenn das Kind nahe genug ist, um das Herz des Vaters zu kennen, geht es aus, um den Willen des Vaters zu tun. Es mag ihm ein Unrecht zugefügt worden sein, aber es denkt darüber nicht nach. Es ist sein Bruder, der ins Böse ausgeglitten ist und er trägt Leid über ihn. Es ist das wahrhaftige Bestreben seines Herzens, dass die verirrte Person zurechtgebracht wird – und das nicht, um sich selbst zu rechtfertigen, sondern damit die Seele des Bruders zum Herrn zurückgeführt werde.

Er könnte nicht ertragen, dass ein anderer es weiß. Hier geht es nicht um eine Sünde, die einer großen Menge bekannt ist, sondern um irgendein persönliches Vergehen, das nur euch beiden bekannt ist. Geh daher zu ihm und weise ihn unter vier Augen auf seinen Fehler hin. Das ist eine Sache, die ohne Zweifel dem Fleisch sehr entgegen ist, das immer fordern würde, dass der Täter zuerst kommen und sich demütigen solle, oder das auf dem weltlichen Boden handeln würde, nämlich sich nicht um den Menschen zu kümmern, sondern ihn zu immer Schlimmerem fortschreiten zu lassen. Die Liebe sucht das Gute – selbst bei dem, der noch so falsch gehandelt hat.“

Der unserem Fleisch natürliche Weg wäre, den sündigenden Bruder zu meiden und zu ihm nichts über seinen Fehler zu sagen, sondern ihn anderen zu erzählen, oder sich zu entschließen, das Unrecht in Langmut zu ertragen, oder wie man sagt „Gras darüber wachsen zu lassen“. Das zu tun scheint möglicherweise zunächst die richtige Sache zu sein und meinerseits einen Schein von Gnade zu haben, aber es lässt die wichtigste Sache außer Betracht – den geistlichen Zustand meines Bruders, der gesündigt hat. Daher ist dies nicht der Weg des Herrn, die Sache zu behandeln. Außerdem kann das Fernbleiben von meinem Bruder einen Rest schlechter Gefühle in meinem Herzen zurücklassen. Die Liebe ruht nicht, wenn sie weiß, dass das Gewissen eines irrenden Bruders beschmutzt ist. 3. Mose 19,17.18 sagt, „Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst. Du sollst dich nicht rächen und den Kindern deines Volkes nichts nachtragen.“

Der Herr sagt nicht: „Geh und hinterlasse ihm eine Nachricht.“ Nein, er sagt: „Geh hin, überführe ihn“. Ihm zu schreiben, was ich denke, mag einen guten und vertrauensvollen Brief ergeben, es mag seine Gefühle schonen und dem Stolz behagen, aber es wird nicht die Gnade der Wiederherstellung bewirken wie ein in Liebe geführtes Gespräch unter vier Augen. Viel Schaden ist in Gottes Volk dadurch angerichtet worden, dass solche Briefe geschrieben wurden, statt dass immer – wenn möglich – das getan wird, was der Herr in dieser Sache angewiesen hat.

Das Wort im Grundtext, das in unserer Übersetzung mit „überführen“ übersetzt wird, ist „elegzon“ und bedeutet: „prüfend fragen – mit dem Ziel zu überzeugen oder zu widerlegen, zu tadeln oder überzeugende Beweise zu bringen“. Es ist daher in anderen Übersetzungen mit „tadeln“ oder „seinen Fehler zeigen“ übersetzt. Die Aufforderung besteht darin, hinzugehen und ihm zu zeigen, wie er gefehlt und gesündigt hat.

Das soll „zwischen dir und ihm allein“ geschehen. Doch ist es nicht leider allzu gebräuchlich, persönliche Vergehungen in größerer Öffentlichkeit als dieser zu diskutieren? Oft wird es vom einen zum anderen weitergereicht und verzerrt und erreicht schließlich über Umwege das Ohr dessen, der gesündigt hat. Das Ergebnis sind dann harte Gefühle und der Irrende wird veranlasst, noch weiter abzuirren, statt dass er gewonnen und wiederhergestellt wird. In unserer Selbstsucht passt es uns besser, die Geschichte unserer Beschwerde anderen zu erzählen, die geneigt sind, mit uns zu sympathisieren und uns zu bestätigen, wie schlecht wir behandelt worden sind und Ähnliches, anstatt uns aufzufordern, hinzugehen mit dem Ziel, den, der uns Unrecht getan hat, zu gewinnen. Das ist nicht der Geist Christi oder des Gehorsams gegenüber Gottes Wort. Es ist vielmehr bloß eine andere Form desselben Fleisches, das sich in der Vergehung unseres Bruders offenbart hat.

„Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen.“ Es ist immer die Absicht der Liebe, den Bruder zu gewinnen und nicht sich selbst zu rechtfertigen. Das Herz soll ihn nicht als „den Sünder“ sondern als „deinen Bruder“ sehen. Der Herr erzählte den Jüngern von der Freude, die der Hirte hat, wenn er das verirrte Schaf findet (V. 13), indem er ihnen zeigt, dass die Wiederherstellung solcher Abgeirrter die Freude seines Herzens ist. Das sollte auch unsere Absicht und Freude sein.

Doch, wie ein anderer geschrieben hat: „Dieses Hingehen, um ihn zu gewinnen, wird notwendigerweise meine eigene Seele durch schwerste Übungen führen. Wenn ich in wahrer Liebe zu ihm seine Wiederherstellung in der richtigen Weise bewirken möchte, was für eine göttliche Wachsamkeit und Vorsicht wird in mir bewirkt werden! Mit welcher Ernsthaftigkeit und welchem inbrünstigem Verlangen sollte ich für ihn zu Gott flehen! Wenn ein Vogel seinen Käfig verlassen hat, kann jede grobe Hand und jede misstönende Stimme ihn weiter wegtreiben, aber wie groß ist die Sorgfalt und Vorsicht, die der ausübt, den wirklich danach verlangt, ihn zurück zu Nahrung und Schutz zu bringen! Wenn mein Weg zu meinem Bruder nur den Zweck hat, ihn zu verletzen, kann die Aufgabe schnell ohne jedwede Übung ausgeführt werden; aber wenn ich ihn gewinnen möchte, dann muss die Gnade sowohl in ihm als auch in mir wirken.“ (G. Cutting)

Es ist gut zu bemerken, dass hier nichts darüber gesagt wird, Genugtuung für das jemandem angetane Böse zu verschaffen. Der Herr sagt nicht, „wenn er auf dich hört, wird das dir zugefügte Unrecht wieder gutgemacht werden“, sondern „hast du deinen Bruder gewonnen“. Wenn die Gnade wirklich in seinem Herzen wirkt, wenn er wirklich gewonnen ist, wird eine der ersten Früchte davon zweifellos das echte Verlangen sein, das Unrecht oder den Schaden, dessen er schuldig ist, wieder gutzumachen. Aber dies sicherzustellen sollte nicht der leitende Beweggrund sein, zu ihm zu gehen. Indem wir das uns angetane Unrecht bei dem Herrn belassen, sollen wir das Wohl unseres Bruders suchen.

Der zweite Schritt

Wenn der erste Schritt, alleine zu dem Bruder zu gehen und ihm seinen Fehler zu sagen, nicht dazu führt, dass er wiederhergestellt und gewonnen wird, sondern fruchtlos ist, soll man nicht aufgeben und unterstellen, dass eine Wiederherstellung des Irrenden überhaupt nicht möglich sei. Es ist immer die Möglichkeit gegeben, dass die Art und Weise, wie mit demjenigen, der gesündigt hat, umgegangen wird, falsch ist, so dass der Herr die Anweisung gibt, dass eine weitere Bemühung geschehen soll, um den sündigenden Bruder zu gewinnen. Es muss ein zweiter Schritt getan werden.

„Wenn er aber nicht hört, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit durch den Mund von zwei oder drei Zeugen jede Sache bestätigt werde“ (Mt 18,16). Das ist der nächste Schritt auf dem Weg, der in dieser Sache verfolgt werden muss. Der Irrende soll wiederum besucht werden, dieses Mal mit einem oder zwei weiteren, die ihn bitten seinen Fehler einzusehen. Es ist zweifellos das Beste, wenn diese jetzt das Gespräch führen und suchen ihn zu gewinnen. Wenn er auf sie hört und sich beugt, ist die Sache erledigt und kein weiterer Schritt erforderlich. Wenn er aber nicht hört und sich den Bitten und Bemühungen der zwei begleitenden Brüder nicht beugt, wird der Fall ernster und ein weiterer Schritt muss getan werden. Der Fall ist nunmehr nicht bloß eine Sache von einem, der dieses sagt, und einem anderen, der jenes sagt, sondern eine Angelegenheit, in der jedes Wort durch zwei oder drei Zeugen bestätigt wird.

Der dritte Schritt

„Wenn er aber nicht auf sie hört, so sage er es der Versammlung“ (V. 17). Die zwei Bemühungen, den sündigenden Bruder auf persönlichem Weg wiederherzustellen, sind gescheitert. Die Sache ist nun der Versammlung öffentlich bekannt zu machen. Die Versammlung muss sie untersuchen und Stellung nehmen. Sie warnt und bittet diesen Bruder. Wenn er auf sie hört und Reue zeigt, ist es gut und er wird für den Herrn wiederhergestellt werden und sich mit dem Bruder, gegen den er gesündigt hat, versöhnen.

„Wenn er aber auch auf die Versammlung nicht hört, sei er dir wie der Heide und der Zöllner.“ Wenn er sich weigert, auf die Versammlung zu hören, ist das Ende der Bemühungen, den Irrenden wiederherzustellen und zu gewinnen, erreicht und es kann nichts weiter getan werden. Er soll durch den Bruder, dem das Unrecht zugefügt worden ist, als ein Heide und Zöllner betrachtet werden. Das heißt, du erkennst ihn in seinem unbußfertigen Zustand nicht mehr als einen Christen an.

Ein Mensch, der im vorangegangenen Vers noch als Bruder bezeichnet wird, ist nun wie ein Heide und Zöllner. Eine sehr ernste Sache! Er hat die Härte seines Eigenwillens und einen Geist der Selbstrechtfertigung gezeigt. Es mag aus einer kleinen Angelegenheit erwachsen sein, aber sein unnachgiebiger Stolz auf sich selbst und sein eigener Fehler sind die Gründe, weswegen Gott erklärt, man solle ihn als einen Heiden und Zöllner betrachten. Der Herr zeigt hier, wie ein großes Feuer durch einen kleinen Funken entfacht werden kann. Das Ende dieses persönlichen Vergehens kann sein, dass die Versammlung zu der Überzeugung gelangt, dass die Person keine Spur christlichen Lebens in sich zeigt.

Dennoch sollten wir bemerken, dass Matthäus 18,17 bisher noch auf keine Handlung der Versammlung gegen den Menschen hinweist. „Wenn er aber auch auf die Versammlung nicht hört, sei er dir wie der Heide und der Zöllner.“ Obwohl die Versammlung in diesem Fall bis jetzt noch nicht gehandelt hat, betrachtet der einzelne, gegen den gesündigt worden ist, den Unbußfertigen als einen Heiden und Zöllner.

Der vierte Schritt

Der Herr fährt nun damit fort, vom Binden und Lösen durch die Versammlung zu sprechen, selbst wenn sie nur aus zweien oder dreien besteht, die in seinem Namen versammelt sind. Das ist ein vierter Schritt – der des Ausschlusses des unbeugsamen und widerspenstigen Übertreters aus der Versammlung. „Wahrlich, ich sage euch: Was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein. Wahrlich, wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, welche sie auch erbitten mögen, so wird sie ihnen zuteilwerden von meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,18–20).

Weil der Herr selbst in der Mitte der zusammengekommenen Versammlung ist, ist sie verantwortlich, sich vom Bösen zu reinigen und hat die Autorität, Sünden in regierungsmäßiger Weise hier auf der Erde zu binden oder zu lösen. Die Sünde des Reuelosen wird auf ihn gebunden und er wird als eine böse Person aus der Versammlung hinausgetan. Solch eine Handlung, ausgeführt in der Furcht des Herrn und in seinem Namen und gemäß seinem Wort, ist im Himmel gebunden, d. h. von dort bestätigt.

Der Versammlung ist auch die Gewalt und Autorität gegeben, in verwaltender Weise Sünden auf der Erde zu lösen. In Verbindung damit spricht der Herr im nächsten Vers von der Kraft des gemeinsamen Gebets. Diese Kraft der Versammlung soll für die Wiederherstellung dessen, den sie aus ihrer Mitte hinaustun mussten, verwendet werden, indem in Erinnerung behalten wird, dass das Ziel jeglicher Zucht die Wiederherstellung des Irrenden sein muss. Wenn ein solcher bußfertig und vor dem Herrn wiederhergestellt ist, löst oder vergibt die Versammlung seine Sünde und nimmt ihn wieder auf.

Hinaustun böser Menschen

Wir möchten nun die äußerste Form der Zucht oder, genauer gesagt, den Akt des Ausschlusses eines Menschen aus der Versammlung betrachten, der sich allen anderen Formen der Zucht widersetzt hat und als ein böser Mensch hinausgetan werden muss. Wir haben auf diese Handlung des Hinaustuns mehrere Male hingewiesen und dabei gesehen, dass es der vierte Schritt im Handeln mit dem Fall dessen ist, der bei einer persönlichen Sünde unnachgiebig und nicht bereit zur Buße ist.

Das Hinaustun ist die ernsteste aller Zuchtmaßnahmen und nur als letzte Möglichkeit auszuführen, wenn keine andere Art der Zucht mehr angewendet werden kann. Diese Handlung des Ausschlusses aus der Versammlung kann nicht durch einen einzelnen oder eine Gruppe von Einzelpersonen ausgeführt werden, auch nicht durch Älteste oder durch solche, die den Aufseherdienst ausüben, sondern muss die Handlung der ganzen Versammlung sein.

Für Anweisungen in Bezug auf diese äußerste Zucht müssen wir uns 1. Korinther 5 zuwenden. Dieses Kapitel befasst sich mit der Angelegenheit eines der Hurerei Schuldigen in der Versammlung in Korinth. Das ganze Kapitel ist lehrreich und sollte zu Rate gezogen werden, wann immer sich mit Bösem in der Versammlung beschäftigt werden muss. Wir haben bereits in Verbindung mit der Notwendigkeit von Zucht und der Art und Weise, wie sie ausgeführt wird, auf einige Verse dieses Kapitels verwiesen, weshalb wir nur die Verse 11 bis 13 hier aufführen:

„Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Hurer ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Schmäher oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, mit einem solchen nicht einmal zu essen. Denn was habe ich die zu richten, die draußen sind? Ihr, richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott; tut den Bösen von euch selbst hinaus.“

Böse Menschen

Es ist wichtig zu bemerken, dass es böse Menschen sind (und nur solche), die von der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen werden sollen. „Tut den Bösen von euch selbst hinaus.“ Es wäre sehr falsch, jemanden hinauszutun, der lediglich von einem Fehltritt übereilt wurde oder sich eines Vergehens schuldig gemacht hat. In der Anwendung der Zuchtmaßnahme aus 1. Korinther 5,13 besteht die wichtigste Notwendigkeit für die Versammlung darin, sicherzustellen, dass die Person wirklich böse ist. Das muss für alle klar und offenkundig sein. Ein bloßer Verdacht auf Böses reicht nicht aus.

Wir haben gesehen, dass es für die verschiedenen Vergehen verschiedene Formen der Zucht gibt. Die Formen der Zucht, die wir bisher betrachtet haben, können vorbeugende und korrigierende Zuchtmaßnahmen genannt werden. Ihr Ziel ist es, den Irrenden davor zu bewahren, in der Sünde fortzufahren und ein böser Mensch zu werden und ihn in seinem Wandel zu korrigieren.

Aber wenn jemand sich weigert korrigiert zu werden und auf seinem falschen Weg verharrt, dann ist es das, was seine Sache wirklich böse werden lässt. Und wenn Böses sich in irgendeiner Form in der Versammlung kundtut, muss es streng behandelt werden, damit die Versammlung davor bewahrt wird, vom Bösen durchsäuert zu werden. „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seiet.“ (1. Kor 5,6.7) Die böse Person muss hinausgetan werden. Diese bewahrende Zucht ist nötig, wenn die Versammlung die Gemeinschaft mit dem heiligen und wahren Herrn aufrechterhalten will.

Das Hinaustun eines bösen Menschen ist vergleichbar mit dem Abschneiden eines Körperteils. Es ist eine sehr qualvolle und schmerzhafte Sache und wird nur getan, wenn es keine Hoffnung gibt, das Körperteil zu retten. Die Amputation wird ausgeführt, um den Körper vor dem Gift in dem kranken Glied zu bewahren. So ist es nötig, einen bösen Menschen hinauszutun, um die Ausbreitung des Sauerteigs in der Versammlung zu verhindern.

„Aber was ist Bosheit?“, mögen wir nun fragen. Das griechische Wort für „böse“ ist „poneros“ und deutet die aktive Ausübung verdorbener und zuchtloser Begierden an, nicht bloß eine einzelne Tat, sondern eine schädliche Wirksamkeit des Bösen – ein Leben in der Sünde. Im Großen und Ganzen ist eine böse Person jemand, der moralisch schlecht und böse ist, vom Grundsatz her und in der Praxis. Er ist wie in den Tagen Noahs entweder durch Gewalt oder durch Verderbtheit gekennzeichnet (1. Mo 6,5.11–13), voll von Bitterkeit und Feindschaft und darauf erpicht, Schaden anzurichten oder Böses zu tun. Bosheit ist mehr eine Verhaltenseinstellung als eine einzelne verkehrte Tat. Sie zeigt sich in einem anhaltenden bösen Weg, in dem der Wille aktiv tätig ist.

Bosheit entspricht dem Aussatz im Alten Testament. In dieser Beziehung wird ein sorgfältiges Studium von 3. Mose 13 viel Licht auf unser gegenwärtiges Thema scheinen lassen. Wir können es nur im Vorbeigehen berühren, dennoch möchten wir die Aufmerksamkeit des Lesers auf dieses Kapitel richten. Wir haben dort sorgfältige Anweisungen, wie Aussatz festgestellt und behandelt werden soll. Der Priester musste alles sorgfältig untersuchen, was die Symptome des Aussatzes trug. Er musste den Ausschlag oder den Flecken untersuchen und sehen, ob er tiefer als die Haut war. Wenn das zutraf, erklärte er den Mann für unrein und dieser musste als ein Aussätziger eingesperrt werden. Wenn die Auffälligkeit nicht tiefer als die Haut war, sollte er ihn sieben Tage einschließen und sie danach besehen. Wenn der Fall immer noch ungewiss war, sollte er weitere sieben Tage eingesperrt und danach wieder untersucht werden. Wenn der Ausschlag dann um sich gegriffen hatte, wurde er endgültig für unrein und aussätzig erklärt.

Alles das stellt die priesterliche Sorgfalt, die geduldige Ausführung und das göttliche Urteilsvermögen heraus, die benötigt werden, bevor jemand zu einem bösen Menschen erklärt werden kann. Bemerkenswert ist dabei die häufige Wiederholung der Worte „besehen“ und „einschließen“. Das Urteil darf nicht von ungeziemender Hast oder bloßer Mutmaßung beeinflusst sein.

Wenn jemand eine weiße Erhöhung in seiner Haut hatte und sich ein Mal wuchernden Fleisches darunter befand, war klar, dass es Aussatz war, und der Mensch wurde für unrein erklärt. Was einen solchen von der Gegenwart Gottes ausschloss, war nicht bloß ein unvermittelter Ausbruch der Natur, sondern etwas, das unter die Haut ging: die tief verwurzelte Krankheit des Aussatzes.

So ist es mit der Sünde und der Bosheit. Die Sünde wohnt in dem Gläubigen und wenn jemand nicht wachsam ist und im Selbstgericht wandelt, wird sich das in einem plötzlichen Wutanfall, in unbesonnener und voreiliger Rede oder dadurch, dass man von einem Fehltritt übereilt wird, äußern. Das gleicht einer Erhöhung in jemandes Haut oder einer feurigen Entzündung, wovon in 3. Mose 13,2.23 gesprochen wird. Diese traurigen Offenbarungen des Fleisches sind nicht Aussatz oder Bosheit, obwohl Aussatz oder Bosheit sich aus ihnen entwickeln können. Aber solche Ausbrüche unserer bösen Natur müssen gerichtet und bewacht werden, damit sie sich nicht ausbreiten und zu einem Übel werden, das tiefer als die Haut ist. Wenn ein Gläubiger der in ihm wohnenden Sünde erlaubt zu wirken, kann sie sich schnell tief verwurzeln und zur Bosheit werden – etwas Tieferes als bloß ein (an der Oberfläche liegender) Ausbruch der Natur. Es kann sich zu einem richtigen Fall von Bösem entwickeln und wie „ein Mal wuchernden Fleisches (…) in der Erhöhung“ werden, was in 3. Mose 13,10.11 als Zeichen für wirklichen Aussatz genannt wird.

Wenn wir nun zu 1. Korinther 5,11 zurückkehren, finden wir in diesem Vers sechs Arten moralischer Bosheit. „Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Hurer ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Schmäher oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, mit einem solchen nicht einmal zu essen.“ Hier finden wir einige typische Beispiele dafür, was jemanden als eine böse Person auszeichnet.

Ein Hurer ist jemand, der moralisch verderbt ist und in Unmoral lebt. Solch einer ist nicht passend für die Gemeinschaft der Heiligen. Eine habsüchtige Person ist jemand, der gierig ist nach Gewinn und aktiv bemüht ist, an sich zu reißen, was ihm nicht gehört, und der begehrt fortzuschaffen, was ein anderer besitzt. Habsucht ist das allen guten moralischen Grundsätzen entgegenstehende und unrechtmäßige Verlangen, etwas in seinen Besitz zu bringen. „Gierige ungestillte Lust“ oder „zügellose Lust“ ist eine gute Wiedergabe des Wortes „Habsucht“ (siehe Eph 5,3 und Kol 3,5 in manchen Übersetzungen). Jemand, dessen Verhalten durch solche ungezügelten Begierden und Gier nach Dingen, die ihm nicht rechtmäßig gehören, gekennzeichnet ist, soll als eine böse Person hinausgetan werden. Nach Kolosser 3,5 ist Habsucht Götzendienst.

Ein Götzendiener ist jemand, der Götzen oder Bildnissen göttliche Ehre zuteilwerden lässt, oder jemand, der irgendeiner menschlichen Person oder einer Sache übermäßige Verehrung oder Liebe entgegenbringt. Ein Schmäher ist eine beleidigende Person, jemand, der streitsüchtig, frech, lautstark und launisch ist und andere mit niederträchtigen Beleidigungen und ausfälliger Sprache beschimpft. Wie jemand gesagt hat: „Die Gewohnheit böse zu sprechen kennzeichnet den, der sie pflegt, als einen Schmäher. Und solch ein Mensch ist unpassend für die Gemeinschaft der Heiligen, für die Versammlung Gottes“ (W. Kelly).

Ein Trunkenbold ist ein Säufer, jemand, der gewöhnlich unter dem Einfluss starken Getränks steht. Ein Räuber bezeichnet jemanden, der gewaltsame und ungerechte Eintreibungen durchführt und sie durch Drohungen und Gewalt erwirkt. Unsere Übersetzung gibt das hier genutzte griechische Wort mit „Räuber“ wieder, was jemanden bezeichnet, der plündert und Dinge gewaltsam an sich reißt, jemanden, der gierig nach Gewinn ist.

Wenn befunden wird, dass jemand, der Bruder genannt wird, einen Weg verfolgt, der mit einem der obigen Ausdrücke bezeichnet werden kann, soll er als eine böse Person hinausgetan werden. Es sei hinzugefügt, dass ich nicht glaube, dass uns 1. Korinther 5,11 eine vollständige Liste aller Dinge gibt, die jemanden als eine böse Person kennzeichnen können, oder dass diese die einzigen Kennzeichen des Bösen sind, für die jemand hinauszutun ist. Es ist vielmehr eine Liste von typischen Dingen, die moralisch böse sind.

Der Apostel weist an, „mit einem solchen nicht einmal zu essen“. Ich glaube, dass dieser Zusatz eine weiter gehende Anwendung hat, als dass er nur auf die sechs in diesem Vers angesprochenen Dinge Bezug nähme. Aus 1. Samuel 15,23 lernen wir, dass Widerspenstigkeit wie Sünde der Wahrsagerei ist und Eigenwille wie Abgötterei und Götzendienst. Daher sind Widerspenstigkeit und Eigenwille ebenfalls Bosheiten. Es ist bemerkenswert, dass dieselben Übel, die nach 1. Korinther 5,11–13 einen so genannten Bruder als böse Person kennzeichnen, in 1. Korinther 6,9–10 auch als Merkmale solcher aufgelistet sind, die das Reich der Himmel nicht erben werden. Daher stellt sich eine dieser Dinge schuldige Person äußerlich mit denen gleich, die kein Erbteil in Christi Reich haben und deren Platz nicht innerhalb sondern außerhalb der Versammlung ist.

Eine solche Bosheit wirft die Frage auf, ob die Person wirklich ein Kind Gottes ist. Ihr Wandel ist ihrer Berufung entgegengesetzt, deshalb sagt der Apostel: „Wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Hurer ist“ etc. Er sagt nicht: „Wenn ein Bruder“, denn wenn ein bekennender Christ in solcher Bosheit wandelt, kann man nicht sicher sein, ob er wirklich ein Bruder oder eine Schwester im Herrn ist. Nur wenn Gott gemäße Betrübnis und Buße folgen, wie es mit besagtem Mann in 1. Korinther 5 der Fall war (siehe 2. Kor 2,6–11), kann die Versammlung sicher sein, dass die Person wahrhaft ein Kind Gottes war und ist.

Lehrmäßig Böses

Wir haben betrachtet, was Bosheit ist und was solche kennzeichnet, die als böse Menschen aus der Versammlung hinausgetan werden sollten. Wir haben uns in erster Linie mit moralisch Bösem befasst, also mit Bösem in jemandes Leben und Wandel. Doch es gibt eine andere Form, in der sich schwerwiegend Böses offenbaren kann. Und das ist böse Lehre. Die Schrift spricht davon an verschiedenen Stellen. Wir werden nun diese Art des Bösen betrachten.

Wir haben bereits die Worte in 1. Korinther 5,6.7 angesprochen: „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seiet.“ Dort finden wir, dass von moralisch Bösem als von Sauerteig gesprochen wird, der ausgefegt werden muss, damit er nicht den ganzen Teig – die ganze Versammlung – durchsäuert. Die gleichen Worte („Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“) finden wir in Galater 5,9. Beim Betrachten dieses Briefes an die Galater sehen wir, dass der Sauerteig, von dem der Apostel redet, und das, wovon die Versammlungen Galatiens in Gefahr standen durchsäuert zu werden, böse Lehre einiger über das Evangelium war. Das Evangelium wurde durch diese Lehrer verdreht und somit das Fundament des christlichen Glaubens angegriffen.

Wir lernen daraus, dass auch böse Lehre Sauerteig ist und gleichermaßen zerstörerisch für die Reinheit der Versammlung angesehen werden muss, wie Böses in der Praxis oder moralisch Böses. Konsequenterweise war die auf die Versammlung in Korinth gelegte Verantwortung, den alten Sauerteig auszufegen, auch für die Versammlungen in Galatien bindend. Und alle Versammlungen heute sind gleicherweise verantwortlich, aus ihrer Mitte genauso wie moralisch Böses auch jeden Sauerteig böser Lehre oder Menschen, die diese lehren, auszufegen.

Böse Lehre untergräbt die Grundlage des christlichen Glaubens, sie verdirbt ihren ganzen Charakter und verletzt die Person und das Werk Christi, wodurch sie Ihn seiner eigenen Herrlichkeit beraubt. Sie ist gefährlicher und zerstörerischer als moralisch Böses, da sie subtiler ist. Böse Lehre kann durch solche verbreitet werden, deren Leben äußerlich makellos ist. Sie ist daher betrügerischer als Böses, das im Leben nach außen hin offen zutage tritt. Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an und seine Diener tun es ebenso (2. Kor 11,12–15). Auch ist die Gefahr größer, dass böse Lehre sich verbreitet und von anderen übernommen wird, als dies bei moralisch Bösem der Fall ist, da letzteres schnell entdeckt und naturgemäß verabscheut wird. Ein Mensch mag an einer gotteslästerlichen Lehre festhalten und sie lehren und doch in seiner Sprache und in seinem Leben so fromm erscheinen wie der hingebungsvollste Christ. Deshalb muss das Volk Gottes gegenüber dem Sauerteig böser Lehre sehr wachsam sein.

Die Schrift gibt uns viele Warnungen vor solchen falschen Lehrern, die unter Gottes Volk aufstehen und „Verderben bringende Sekten nebeneinführen werden und den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat“ (vgl. Apg 20,28–30; Phil 3,18–19; 2. Tim 3; 2. Pet 2; die Briefe von Johannes und Judas). „Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten einige von dem Glauben abfallen werden, indem sie achten auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen, die in Heuchelei Lügen reden“ (1. Tim 4,1.2).

Lehrmäßig Böses ist alles, was die Person Christi antastet, alles, was seine vollkommene Gottheit, seine wahrhaftige, vollkommene und sündlose Menschheit, sein makelloses Opfer als vollkommenes Erlösungswerk und einzige Grundlage der Errettung, seine leibhaftige Auferstehung oder seine künftige Herrlichkeit leugnet. Wenn jemand etwas lehrt oder behauptet, das diese Wahrheiten über die Person und das Werk Christi oder die Wahrheit von der Rechtfertigung aus Glauben und durch Gnade allein oder die Notwendigkeit der Wiedergeburt oder das ewige Gericht der nicht Erlösten leugnet und auf solchen Lehren beharrt, ist er des lehrmäßig Bösen schuldig und hat keinen Platz in der Versammlung Gottes. Sein Platz ist „außerhalb“ und nicht „innerhalb“. Jede Lehre, die die Grundlagen des christlichen Glaubens untergräbt, ist böse Lehre und Sauerteig, der aus der Versammlung ausgefegt werden muss. Hinter allen solchen Lehren stehen verführende Geister und Dämonen.

Allerdings müssen wir hier Vorsicht walten lassen. Wir dürfen nicht dem Extrem verfallen, jede falsche Lehre oder jede Auslegung und Anwendung der Schrift, die von unserer Sicht abweicht, als böse Lehre zu bezeichnen. Wo es um keine fundamentalen Wahrheiten geht, muss gegenseitige Liebe und Duldsamkeit ausgeübt werden und nach Philipper 3,15.16 gehandelt werden: „Wenn ihr etwas anders gesinnt seid, so wird euch Gott auch dies offenbaren. Doch wozu wir gelangt sind, lasst uns in denselben Fußstapfen wandeln.“

Natürlich kann jemand, dessen Lehre falsch und schriftwidrig ist, in der Versammlung nicht als Lehrer anerkannt werden. Es mag nötig sein, ihm Schweigen aufzuerlegen, auch wenn seine Lehre nicht solcherart ist, dass sie erfordern würde, ihn als böse Person hinauszutun.

Der zweite Johannesbrief stattet uns auch mit wichtigen Anweisungen bezüglich böser Lehrer und unserem Verhalten ihnen gegenüber aus. „Denn viele Verführer sind in die Welt ausgegangen, die nicht Jesus Christus im Fleisch kommend bekennen; dies ist der Verführer und der Antichrist. Gebt Acht auf euch selbst, damit wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen. Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“ (2. Joh 7–11).

Dies wurde einer Frau geschrieben und zeigt den Pfad, den jeder Einzelne verfolgen muss gegenüber jemandem, der nicht in der Lehre des Christus bleibt und daher ein Irrlehrer ist. Ein solcher soll nicht ins Haus aufgenommen oder gegrüßt werden – denn selbst wenn man ihn nur grüßt, wird man gemäß der obigen Schriftstelle zum Teilhaber seiner bösen Werke.

Wenn ein solcher durch jeden einzelnen Gläubigen aus Treue gegenüber Christus, den dieser verunehrt, so behandelt werden muss, können wir daher folgerichtig sagen, dass sicherlich auch die Versammlung in gleicher Weise dieser Person gegenüber handeln und keinerlei Gemeinschaft mit ihr haben soll. Daher ist auf Grund von 2. Johannes 7–11 jeder, der eine die Person Christi antastende Lehre festhält oder lehrt, – jemand, der über das, was die Bibel lehrt, hinausgeht und nicht Jesus Christus als im Fleisch gekommen bekennt, – eine böse Person und muss aus der Versammlung hinausgetan werden. Er darf nicht in jemandes Haus empfangen oder auch nur auf der Straße gegrüßt werden.

Wenn eine einzelne Person oder eine Gruppe von Menschen aus Gottes Volk sich wissentlich mit einer bösen Person verbindet, ist sie Teilhaber seiner bösen Werke und aus Gottes Sicht so verschmutzt, als würden sie selbst das Böse festhalten oder ausüben. Verbindung mit Bösem verunreinigt. Das ist ein Grundsatz, der in der Schrift durchweg gelehrt wird. „Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“ und „böser Verkehr verdirbt gute Sitten“ (1. Kor 15,33). Gläubige müssen alles Böse ausfegen und dürfen keinerlei Verbindung damit oder mit der Person, die es ausübt, haben. Wenn eine Versammlung sich weigert eine böse Person hinauszutun – jemanden, der des moralisch oder lehrmäßig Bösen überführt ist –, dann wird sie verunreinigt und muss möglicherweise, wenn sie auf diesem Weg fortfährt, zu gegebener Zeit als Versammlung Gottes abgelehnt werden.

Vorgehensweise

Nachdem wir betrachtet haben, was moralisch und geistlich Böses ist, möchten wir uns nun mit der rechten und göttlichen Weise beschäftigen, diese ernste Handlung des Hinaustuns einer bösen Person auszuführen.

Zuallererst muss der Fall durch reife und erfahrene Brüder untersucht werden, durch solche, die in der Versammlung allgemein Vertrauen genießen und einen Aufseherdienst ausüben. Es muss auf Einzelheiten eingegangen werden und die Tatsachen des Falles müssen gesammelt und durch Beweise überzeugend herausgestellt werden. Gerüchte und Berichte müssen untersucht und ausgesiebt werden, um die Wahrheit zu ermitteln. Zuchtmaßnahmen jeder Art müssen auf Tatsachen und in der Schrift gegründet sein.

5. Mose 13,13–16 gibt uns wichtige Anweisungen darüber, was zu tun ist, wenn wir von einer bösen Sache hören. „Wenn du von einer deiner Städte (…) sagen hörst: Es sind Männer, Söhne Belials, aus deiner Mitte ausgegangen und haben die Bewohner ihrer Stadt verleitet und gesprochen: Lasst uns gehen und anderen Göttern dienen (die ihr nicht gekannt habt), so sollst du genau untersuchen und nachforschen und fragen; und siehe, ist es Wahrheit, steht die Sache fest, ist dieser Gräuel in deiner Mitte verübt worden, so sollst du die Bewohner jener Stadt schlagen“ etc.

Untersuchungen, Nachforschungen und Befragungen müssen stattfinden. Dann erst, wenn das Gehörte für wahr befunden und die Sache sicher ist, kann das strafende Gericht ausgeübt werden. Gerüchte oder Berichte über üble Taten dürfen nie als Wahrheit angenommen werden, bis sorgfältige Nachforschungen nachgewiesen haben, dass sie wahr sind, und belegbare Beweise gefunden worden sind.

Wir haben bereits auf 3. Mose 13 hingewiesen und bemerkt, wie der Priester sorgfältig und geduldig jeden untersuchen musste, der Anzeichen von Aussatz hatte. Voreiligkeit oder bloße Vermutungen hatten da keinen Platz. Bevor Zucht ausgeübt wird, muss völlige Sicherheit über die Schuld bestehen. Wenn etwas nicht klar, offenkundig oder sicher ist, müssen wir auf Gott warten, damit er es kundtut und ins Licht stellt.

„Ein einzelner Zeuge soll nicht gegen jemand auftreten wegen irgendeiner Ungerechtigkeit und wegen irgendeiner Sünde, bei irgendeiner Versündigung, die er begeht; auf zweier Zeugen Aussage oder auf dreier Zeugen Aussage hin soll eine Sache bestätigt werden“ (5. Mo 19,15). „Aus dem Mund von zwei oder drei Zeugen wird jede Sache bestätigt werden“ (2. Kor 13,1; Mt 18,16). Das ist ein wichtiger Grundsatz in Gottes Wort, der einige Male genannt wird. Zur Begründung jeder Anklage einer Ungerechtigkeit muss es zwei oder drei Zeugen oder das Schuldbekenntnis des Belasteten geben. Ein einzelner Zeuge reicht nicht aus. Es wird nicht gesagt, dass die Zeugen Christen sein müssen, worauf manche beharren. Das Zeugnis jeder glaubwürdigen und rechtschaffenen Person sollte angenommen werden.

Die Sache, die der Mann in 1. Korinther 5 begangen hatte, wurde gemeinhin als Hurerei bezeichnet. Es war eine öffentlich bekannte Sünde und es gab keinen Grund, bezüglich der Schuldfrage Ermittlungen durchzuführen. Es war in der Öffentlichkeit bekannt und die Pflicht der Versammlung lag ganz klar darin, den Bösen hinauszutun. Wenn das der Fall ist, müssen wir auch heute gleicherweise handeln, aber für gewöhnlich müssen Anklagen wegen einer Sünde zunächst untersucht und begründet werden.

Wenn ein Fall durch verantwortliche Brüder sorgfältig untersucht worden ist und die Person für böse befunden wird, sollte der Tatbestand der Versammlung als Grundlage vorgelegt werden, um vor dem Herrn das gemeinschaftliche Einverständnis zu erreichen, die unbußfertige Person hinauszutun. Die ganze Versammlung ist nicht dazu aufgerufen, alle Einzelheiten solcher Fälle von Zucht zu erörtern. Selbst die Natur lehrt uns, wie ungebührend es ist, alle Einzelheiten eines Falls der Unmoral der ganzen Versammlung vorzulegen. Aber wenn in den Fall Einblick verschafft worden ist und die Tatsachen zeigen, dass der Sünder eine böse Person ist, die von der Versammlung ausgeschlossen werden muss, dann ist die ganze Versammlung gefordert, den ernsten und demütigenden Akt des Hinaustuns auszuführen. Jemanden aus der Versammlung auszuschließen ist – ebenso wie die Aufnahme Gläubiger in die Zusammenkünfte – eine Handlung der ganzen Versammlung. Es muss eine Handlung der Versammlung sein und nicht die einiger weniger Brüder, die für sich in Anspruch nehmen, im Namen der Versammlung zu handeln.

In 1. Korinther 5,4, wo der Apostel von der Handlung des Hinaustuns spricht, sagt er: „im Namen unseres Herrn Jesus Christus, wenn ihr und mein Geist mit der Kraft unseres Herrn Jesus versammelt seid.“ Daraus folgt, dass die ganze Versammlung (soweit möglich) anwesend sein sollte, um zusammen in der Einheit des Geistes diese sehr ernste Handlung des Ausschlusses zu vollziehen. Alle sollten in Herzensübungen sein wegen der Unehre, die durch das Böse, das sich in ihrer Mitte offenbart hat, über den Herrn gebracht worden ist, und sollten sich vor ihm darüber demütigen, indem sie die Sünde zu ihrer eigenen machen. Diese Haltung der Demut und der tiefen Herzensübung, die eine Versammlung kennzeichnen sollte, wenn sie jemanden aus ihrer Mitte hinaustut, haben wir bereits behandelt, weshalb wir an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen werden.

Für die ganze Versammlung handeln

Die örtliche Versammlung muss immer bedenken, dass sie die örtliche Darstellung oder der örtliche Ausdruck der ganzen Versammlung Gottes ist und dass sie für die Versammlung an allen Orten handelt. Die Versammlung ist ein Leib und es kann keine Versammlungen geben, die unabhängig voneinander bestehen und handeln. Die Wahrheit der Einheit des Leibes Christi und die Notwendigkeit, die Einheit des Geistes in dem Band des Friedens zu bewahren, erfordert, dass alle wahre Zucht, die von einer Versammlung ausgeübt wird, von allen anderen Versammlungen akzeptiert wird und diese auch danach handeln. Was dem Wort Gottes gemäß in einer Versammlung gebunden wird, ist im Himmel und überall auf der Erde gebunden. Die Versammlung ist verantwortlich, als Stellvertreter der Autorität des Herrn in ihrer Mitte zu handeln. Und was seine Gedanken an einem Ort sind, das sind auch seine Gedanken für die Versammlung weltweit.

Das bedeutet für die örtliche Versammlung eine entsprechende Verantwortung. Wenn ihre Handlungen in allen anderen Versammlungen bindend sind, dann muss sie dem Wort Gottes gemäß handeln und dadurch die Gewissen der Versammlungen an anderen Orten befriedigen. Ihre Handlungen müssen solchen Charakter haben, dass alle Nachforschungen darüber sie als gerecht und dem Namen des Herrn und seinem Wort geziemend offenbaren würden.

Haltung gegenüber Ausgeschlossenen

Der auf diese Weise Ausgeschlossene ist außerhalb der ganzen Sphäre christlicher Gemeinschaft gestellt. Mit einer solchen Person können wir keine Gemeinschaft haben oder auch nur gemeinsam essen. „Mit einem solchen nicht einmal zu essen“ (1. Kor 5,11). „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (V. 13). Wir sollten beachten, dass die Aufforderung nicht nur lautet, den Bösen aus der Versammlung hinauszutun, sondern „von euch selbst“. Das meint außerhalb des gesamten Kreises christlicher Gemeinschaft – in der Versammlung und im Alltag. Ein solcher muss allein gelassen werden, damit er das Ausmaß seiner Sünde erkennt, so dass er in sich zusammenbricht, zur Buße kommt und vom Herrn wiederhergestellt werden kann.

Wenn der Sünder Teil einer christlichen Familie ist und im selben Haushalt lebt (als Ehemann oder Kind), würde es natürlich zu weit gehen, das Wort „mit einem solchen nicht einmal zu essen“ wörtlich anzuwenden. Eine Frau würde sich nicht weigern, mit ihrem Mann, der unter Zucht steht, an einem Tisch zu sitzen, weil das zu tun ihre Verantwortung als Ehefrau verletzen würde. Sie bekundet ihre Zurückweisung der Gemeinschaft auf andere Weise.

Während es die Pflicht der Versammlung ist, in Treue gegenüber dem Ausgeschlossenen zu handeln, sollte es das Verlangen und Gebet jedes Einzelnen sein, dass diese Person zum Herrn und zur Gemeinschaft in der Versammlung wiederhergestellt werden möge. Damit haben wir uns am Beginn unserer Ausführungen zur Zucht bereits eingehend beschäftigt. Im Laufe der Zeit mögen sich Brüder vom Herrn geführt fühlen, den Irrenden in einer rein hirtendienstlichen Weise zu besuchen und sich um seine Wiederherstellung zu bemühen. Wenn man nicht die Gnade und geistliche Stärke hat, auf solche Weise mit ihm umzugehen, sollte man nicht weiter auf ihn zugehen, da ein bloßer geselliger Besuch den Ausschluss geradezu auslöschen und entwerten und die Wiederherstellung der Seele sehr hemmen würde.

Streng genommen sollten die Annäherungen, um zur Gemeinschaft zurückzugelangen, bei dem, der hinausgetan worden ist, beginnen. Seine betrübte und demütige Gesinnung würde der Versammlung anzeigen, dass die Zucht wirksam gewesen ist und dass Gott weiter an seiner Seele wirkt. Wenn der Grund für den Ausschluss offen eingestanden und gerichtet und aus dem Leben weggetan worden ist und wenn es wahre Anzeichen dafür gibt, dass der Gezüchtigte wahrhaft für den Herrn wiederhergestellt ist, dann kann die Versammlung mit der Wiederherstellung der Gemeinschaft zur Versammlung beginnen und die Zucht lösen.

Unsichere Fälle

Manchmal kann in einer Versammlung eine Schwierigkeit im Zusammenhang mit einem Einzelnen aufkommen, bei der die Tatsachen der Versammlung oder denen, die die Untersuchung durchführen, nicht so klar sind und Unsicherheit darüber besteht, was zu tun ist. Der Fall ist nicht aufgeklärt und offenkundig – entweder was die Schuld bzw. Unschuld der Person, vielleicht aber auch was die Ernsthaftigkeit der Sache betrifft, ob es sich nur um jemanden handelt, der von einem Fehltritt übereilt wurde (Gal 6,1), oder um eine wirklich böse Verhaltensweise. Unter solchen Umständen sollte die Versammlung keine Zuchthandlung ausführen, bis alles klar, offenkundig und bewiesen ist. Es sollte ein ernstes Warten auf Gott vorhanden sein als auf den, der die wahre Natur des Falles offenbaren und dann anordnen wird, welche Handlung ausgeführt oder welcher Weg in Übereinstimmung mit seinem Wort gegangen werden soll.

Wie wir schon in 3. Mose 13 gesehen haben, musste jeder, der die Anzeichen des Aussatzes hatte, sieben Tage eingeschlossen und dann vom Priester untersucht werden. Wenn das Übel nicht um sich gegriffen hatte, wurde er weitere sieben Tage eingeschlossen und danach ein weiteres Mal vom Priester untersucht. Wenn das Übel blass geworden war und nicht um sich gegriffen hatte und nicht tiefer als die Haut erschien, wurde die Person für rein erklärt. Aber wenn der Ausschlag in der Haut um sich griff, nachdem der Priester ihn gesehen hatte, musste er wieder untersucht werden, und wenn feststand, dass der Ausschlag um sich gegriffen hatte und tiefer als die Haut war, wurde er für unrein und aussätzig erklärt und musste als solcher aus dem Lager hinausgetan werden.

Auch wenn es keine vergleichbare Stelle im Neuen Testament gibt, die uns ähnliche Anweisungen in dementsprechenden Fällen gibt, wenn es um mögliches Böses in der Versammlung geht, glauben viele Brüder, dass die vorbildhafte Handlung in 3. Mose 13 einen Grundsatz enthält, der auch gut auf unsichere Fälle in der Versammlung angewendet werden kann – wenn einige Kennzeichen geistlichen Aussatzes zutage treten, aber nicht klar feststehen und offenkundig sind.

Wenn das Böse einen ernsten Charakter hat, aber noch nicht vollständig entfaltet oder offenbar ist, kann die priesterliche Sorge der Versammlung sie dahin leiten, den Betreffenden zu fragen, vorerst freiwillig von der Teilnahme am Mahl des Herrn, dem Ausdruck der Gemeinschaft, abzustehen, bis die Sache geklärt und festgestellt und der schriftgemäße Weg definitiv erkannt ist. Das ist vergleichbar mit dem Einschließen in 3. Mose 13. Es ist keine Art der Zucht, sondern lediglich eine zeitweilige Maßnahme, während die Überprüfung erwartet wird oder weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Diese Untersuchung muss zeitnah, gründlich und schriftgemäß sein, damit der Vorwurf des Bösen nicht auf einer Person bleibt, wenn ihre Schuld nicht erwiesen ist. Von niemandem sollte aus bloßem Verdacht einer bösen Sache erwartet werden, sich vom Brotbrechen zurückzuhalten. Aber wenn es ernstliche Sorgen gibt, dass das Böse schlimmer sein könnte als bisher bekannt und offenbar ist, kann die Versammlung den Betreffenden bitten, nicht teilzunehmen.

Zwar gibt es keine neutestamentliche Schriftstelle, die der Versammlung die Befugnis gibt, von jemandem unter solchen Umständen zu fordern, vom Brotbrechen abzustehen. Dennoch können die Brüder, wenn sie in priesterlicher Sorge handeln, um des Zeugnisses willen, weil der Verdacht des Bösen einen Schatten auf den Betreffenden wirft, vom Herrn dazu geführt werden, ihn darauf hinzuweisen, dass es das Beste sei, nicht am Brotbrechen teilzunehmen, bis die Sache aufgeklärt und so oder so befunden worden ist. Wenn die Person sich weigert so zu handeln, kann die Versammlung es nicht fordern, da in dem mutmaßlichen Fall die Schuld noch nicht bewiesen ist und die Versammlung solange noch keine Zuchthandlung ausüben darf. Die Reaktion der Person auf diese Bitte dürfte den wahren Zustand ihrer Seele weiter ans Licht bringen. In jedem Fall eines solchen „Zurücksetzens“ muss die priesterliche Sorge der Versammlung in der Sache fortfahren, bis die Schuld oder Unschuld der Person feststeht. Man darf die Sache nicht auf sich beruhen lassen.

Hiermit schließen wir unsere Betrachtungen über das Thema Zucht. Möge der Herr uns größeres Verständnis geben über die Heiligkeit, die seinem Haus geziemt, und über die wiederherstellende Gnade und Liebe seines Herzens gegenüber seinem oft irrenden Volk!

Und indem wir auch das Kapitel über den örtlichen Aspekt der Versammlung abschließen, vertrauen wir darauf, dass der Leser aus Gottes Wort in größerer Klarheit gesehen hat, was eine schriftgemäß zusammenkommende Versammlung ausmacht und was solche Zusammenkünfte kennzeichnen sollte.

Fußnoten

  • 1 Nicht die Lästerung gegen den Heiligen Geist, die nicht vergeben werden kann.
  • 2 Da die Taufe mit Wasser auf den Glauben an das Evangelium folgt und mehr oder weniger mit dem Dienst des Evangelisierens verbunden ist, haben wir dieses Thema in diesen Abhandlungen über die Versammlung nicht vertieft. Es war die Taufe mit dem Heiligen Geist, die die zu Pfingsten lebenden Gläubigen zur Versammlung, zum Leib Christi, machte. Das göttliche Muster im Buch der Apostelgeschichte zeigt uns jedoch, dass jene, die errettet wurden, mit Wasser getauft wurden und dann in die örtliche Gemeinschaft der Christen aufgenommen wurden. Die Taufe ist ein öffentliches Zeichen und Zeugnis vor Menschen, dass jemand an Christus glaubt und Ihm angehört. Wenn jemand nicht mit Wasser auf den Namen des dreieinen Gottes getauft worden ist, dann steht er äußerlich nicht auf dem Boden des Christseins. Daher sollten keine ungetauften Personen in die Gemeinschaft einer Versammlung aufgenommen werden, denn die Anordnung der Taufe geht der Anordnung des Mahles des Herrn voraus.
  • 3 C. H. Mackintosh, Miscellaneous Writings, Volume II, Thoughts on the Lord's Supper, Loizeaux Brothers, New York.
  • 4 Anm. d. Übers.: Neben der gemeinsamen Anbetung, die in diesem Zusammenhang im Vordergrund steht, gibt es auch eine persönliche Anbetung, die der Vater ebenfalls sucht.
  • 5 Darby, John Nelson, Collected Writings, Vol 7., Doctrinal No. 2, On Worship
  • 6 Anm. d. Übers.: Der Autor verwendet den Begriff „Sonntagschule“ für evangelistische Bemühungen unter Kindern. Heute wird dieser Begriff oft nicht mehr in dieser Bedeutung verwendet. Mit dieser Arbeit ist heute in der Regel die biblische Unterweisung von Kindern gläubiger Eltern gemeint, die ihre Kinder in die Zusammenkünfte der Gläubigen mitbringen. Die „Sonntagschule“ gilt da als separates „Angebot“ für die Kinder, um ihnen das Wort Gottes kindgerecht nahezubringen. (Nebenbei: ein solches „Angebot“ sollte möglichst nicht parallel zu den Zusammenkünften der Versammlung stattfinden, was leider an vielen Orten so gehandhabt wird. Denn dann geht den Kindern der große Segen verloren, den der Herr auch für sie in den Zusammenkünften hat. Der Herr möchte, dass wir als Familien vor Ihm erscheinen.) Sicher ist diese Art von „Sonntagschule“ ein gewinnbringender und guter Dienst und auch eine gute Gelegenheit für die Kinder gläubiger Eltern, ihre Schulkameraden dorthin mitzubringen. In der Vergangenheit war immer Sinn und Zweck der Sonntagschule, das Evangelium ungläubigen Kindern zu verkündigen. Vielfach wird heute hierfür der Begriff „Kinderstunde“ verwendet und von der Sonntagschule unterschieden.
  • 7 C. H. Mackintosh, Answers to Correspondents, Reprinted from „Things New and Old“ 1858-1866, Sunday Schools
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