Die ersten Jahrzehnte des Christentums
Kommentar zur Apostelgeschichte

Kapitel 9

Die ersten Jahrzehnte des Christentums

Verse 1-2

Seit dem Augenblick, da die Zeugen, die Stephanus steinigten, ihre Kleider zu seinen Füßen niedergelegt hatten, war der Hass des Saulus gegenüber den Gläubigen immer größer geworden. Sofort fing er an, die Versammlung zu verwüsten und sowohl Männer als Frauen fortzuschleppen und sie ins Gefängnis zu überliefern (Kap. 8,3). Die daraus hervorgegangene Ausbreitung des Werkes gab seinem Hass neue Nahrung. Er machte sich nun zum Diener der feindseligen religiösen Führer und verfolgte die Gläubigen über Jerusalem hinaus. Drohung und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubend, ging er selbst zum Hohenpriester und erbat sich von ihm Briefe nach Damaskus an die Synagogen, um sowohl Männer als Frauen, die sich zu Jesus bekannten, gebunden nach Jerusalem führen zu können. Es ist erschreckend zu sehen, wie das Böse so rasch fortschreitet und wie unversöhnlich der Hass religiöser Menschen sein kann. Aber gegen die Ratschlüsse Gottes vermag er nichts auszurichten.

Wir haben schon festgestellt, dass Saulus gerade zu dem Zeitpunkt in die Szene trat, als die Nation der Juden durch die Verwerfung des Zeugnisses des Heiligen Geistes vom verherrlichten Christus jede Beziehung zu Gott abgebrochen hatte und durch die Ermordung des Stephanus zu verstehen gab: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ Nun konnten die Ratschlüsse Gottes hinsichtlich seiner Versammlung offenbart werden. Aber Gott bediente sich dazu nicht der zwölf Apostel. Zu diesem Dienst berief Er den großen Verfolger der Versammlung, die durch das Herniederkommen des Heiligen Geistes gebildet worden war. Saulus sollte der Versammlung ihre himmlische Stellung und ihre Vereinigung mit einem Christus verkündigen, der auf der Erde verworfen, im Himmel aber verherrlicht worden ist und der in Herrlichkeit wiedererscheinen wird.

Der Dienst der drei großen Apostel wird durch die Art und Weise gekennzeichnet, wie sie den Herrn gesehen haben. Petrus und Johannes sahen Ihn auf der Erde, Paulus in der Herrlichkeit. Petrus hatte bis dahin gepredigt, dass Jesus der Christus sei. Saulus sollte Ihn jetzt als den Sohn Gottes verkündigen (V. 20). Der Herr ließ Saulus in seinem Hass fortschreiten, um an ihm desto deutlicher den Wechsel hervortreten zu lassen, der diesen überzeugten Juden zum Apostel der Nationen, zum Zeugen des von den Zeitaltern her in Gott verborgenen Geheimnisses machen sollte.

Verse 3-9

Saulus näherte sich Damaskus und war sich seiner eigenen Bedeutung wohl bewusst. Er betrachtete es als Gewinn, ein religiöser Jude vom Stamm Benjamin, Hebräer von Hebräern, ein nach dem Gesetz tadellos erfundener Pharisäer, ein Feind Christi und seiner Nachfolger zu sein. Aber da umstrahlte ihn plötzlich ein Licht aus dem Himmel. Er fiel auf die Erde, und eine Stimme sprach zu ihm: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ Auf seine Frage: Wer bist du, Herr? erhält er zur Antwort: „Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh aber auf und geh in die Stadt, und es wird dir gesagt werden, was du tun sollst.“ Ein Unbekannter richtete sich an ihn mit einer Autorität, die sich mit Macht auf seine erschütterte Seele legte. Wer war dieser? Es war Jesus, der Nazaräer, den er tot geglaubt hatte, dessen Jünger aber die Welt mit seiner Lehre erfüllt hatten. Dieser Jesus war in der Herrlichkeit. Petrus hatte den Juden und dem ganzen Haus Israel feierlich zugerufen, dass Gott diesen Jesus, den sie gekreuzigt hatten, sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht habe. Saulus hatte es nicht geglaubt. Der Herr antwortete ihm mit Sanftmut, aber mit Worten, die in sein Gewissen drangen: Warum verfolgst du mich? Was habe ich dir Böses getan? - Zugleich enthüllten diese Worte aber auch die Verbindung der Gläubigen mit Christus in der Herrlichkeit. Diese Wahrheit, die der Apostel das „Evangelium der Herrlichkeit“ nannte, entwickelte er später in seinem Dienst. Obwohl der Herr verherrlicht ist, trägt Er immer noch den Namen Jesus, in dem sich einst jedes Knie der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen beugen wird. Saulus verstand nun, dass er durch die Verfolgung der Gläubigen auch Jesus, den Herrn selbst, verfolgt hatte. Diese für sein Herz so schmerzliche Tatsache verlor er nie mehr aus den Augen. Er erinnert daran in Galater 1,13-14 und auch in 1. Timotheus 1,13. Je größer das Bewusstsein der Gnade ist, desto tiefer empfinden wir alle in unserem Leben verübten Sünden. Das bewahrt uns in einer demütigen Gesinnung und in Dankbarkeit gegenüber dem Herrn.

Blind geworden durch das Licht, das ihn umstrahlt hatte, wurde Saulus in die Stadt geführt. Er konnte drei Tage nicht sehen und aß und trank nicht. Der Herr hielt ihn völlig abgesondert von der Außenwelt, um in ihm das Werk hinauszuführen, das ihn, den nach dem Gesetz tadellosen Juden und Feind Christi, in einen treuen Knecht umwandeln sollte. Alles, was ihn als Menschen nach dem Fleisch kennzeichnete und worin er sich gefallen hatte, war in der Gegenwart der Herrlichkeit des Herrn dahingeschwunden. Er achtete alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu. Innerhalb weniger Tage geschah in ihm ein wunderbares Werk: Sowohl er selbst als auch seine Vergangenheit wurden durch den Tod zunichte gemacht, damit er als neuer Mensch zum anderen Ufer gelangen konnte, bereit zu dem Dienst, zu dem er berufen worden war. Von nun an konnte er sagen: „Wir vertrauen nicht auf Fleisch.“ Und: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ Bei der Bekehrung von Saulus wurden drei Tatsachen wahr, von denen er in 1. Korinther 6,11 spricht: „Aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes.“

  1. Überzeugt von seiner Schuldhaftigkeit, war er durch die Wirksamkeit des Wortes Gottes in seinem Gewissen gewaschen worden.
  2. Als Geheiligter war er jetzt von einer gerichteten Welt abgesondert und befreit von den Einflüssen, die ihn auf den eingeschlagenen Weg geführt hatten.
  3. Durch die Erkenntnis des Werkes der Gnade gerechtfertigt, wurde ihm fortan die Gerechtigkeit zugerechnet, und er konnte jetzt mit dem Heiligen Geist versiegelt werden.

Verse 10-17

Nach drei Tagen gebot der Herr Ananias zu Saulus zu gehen und ihm die Hände aufzulegen, damit er wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werde. Der Herr redete in aller Vertrautheit mit Ananias und erklärte ihm, wo Saulus zu finden sei. Er antwortete auf seine Einwürfe betreffs dieses Verfolgers und teilte ihm dessen Berufung mit. Saulus betete. Er war nun ein vom Herrn abhängiger Mensch. Er hatte Ananias im Voraus bei ihm eintreten gesehen. Ananias gehorchte. Der Verfolger war nun ein Bruder geworden. Er legte ihm die Hände auf und sprach: „Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir erschienen ist auf dem Weg, den du kamst, damit du wieder siehst und mit Heiligem Geist erfüllt wirst.“ Der Herr bediente sich für diesen Dienst eines einfachen Werkzeuges. Der große Apostel Paulus hat den Heiligen Geist durch das Auflegen der Hände eines Gläubigen empfangen, von dem wir nichts Näheres wissen. Aber der Herr hatte Ananias gesandt und ihm Vollmacht dazu gegeben. Im vorangegangenen Kapitel haben wir gesehen, dass, wenn der Heilige Geist durch Vermittlung von Menschen gegeben wurde, es nur durch das Auflegen der Hände der Apostel geschah. Paulus aber war in keiner Hinsicht von den Aposteln abhängig, die vor ihm gewesen waren (Gal 1 und 2).

In den Worten des Herrn an Ananias ist der Dienst des Apostels Paulus zusammengefasst. Er war ein auserwähltes Gefäß. - Es gibt sowohl eine Auserwählung für die christliche Stellung als auch eine Auserwählung für den Dienst. - Saulus sollte den Namen des Herrn, diesen Namen, den er hatte zerstören wollen, erstens vor die Nationen und zweitens vor die Könige und Söhne Israels tragen. Als daher das Evangelium auch vor dem Kaiser Nero und seinem Hof verkündigt war, konnte der Apostel sagen: Ich habe den Lauf vollendet. Mit dem Dienst sind Leiden für den Namen des Herrn verbunden, und Paulus musste dies in besonderer Weise erfahren. Aber diese Leiden sind dem Herrn unendlich kostbar.

Die Augen des Saulus waren jetzt aufgetan. Er war nun in jeder Hinsicht sehend geworden. Er war aus der Finsternis ins Licht gekommen und konnte nicht nur den Heiligen Geist empfangen, sondern auch von Ihm erfüllt werden. Der Heilige Geist hat sich seiner Zuneigung, seiner Gedanken, seiner Intelligenz und seiner Energie bemächtigt, hatte - mit einem Wort - von diesem ganzen auserwählten Gefäß Besitz ergriffen. Er, der eine so große Energie gegen Christus an den Tag gelegt hatte, zeigte von nun an um seinetwillen eine noch größere Tatkraft. Gott bedient sich der natürlichen Energie, die Er einem Menschen gegeben hat, indem Er sie der Kraft des Heiligen Geistes unterordnet und gleichzeitig jedes Vertrauen ins Fleisch zerstört.

Vers 18

„Und sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er sah wieder und stand auf und wurde getauft. Und nachdem er Speise zu sich genommen hatte, wurde er gestärkt.“ Alles, was Saulus in der Verblendung gefangen gehalten und aus ihm einen Verfolger des Herrn gemacht hatte, glich diesen Schuppen, die nun von seinen Augen fielen. Nicht nur wurde ihm sein natürliches Augenlicht wiedergegeben, seine Augen waren ihm jetzt auch für das geöffnet worden, was er noch nie gesehen hatte, für den neuen Zustand der Dinge, in den er nun eingeführt war. Fortan war er ein Jünger des Herrn unter dem Banner Christi. Er befand sich jetzt im Haus Gottes, in dem er als ein weiser Baumeister arbeiten sollte. Er aß und kam wieder zu Kräften, nicht um die Versammlung zu verfolgen, sondern um den Dienst, für den er auserwählt war, zu erfüllen.

Verse 19-22

Saulus blieb einige Tage bei den Jüngern in Damaskus und verkündigte in den Synagogen, für die er Briefe empfangen hatte, um die Jünger gebunden nach Jerusalem zu führen, dass Jesus der Sohn Gottes sei. Anstatt wie Petrus Jesus den Juden als den Christus, den von ihnen verworfenen Messias, zu predigen, verkündigte er - im Zusammenhang mit seinem Auftrag an die Nationen - Jesus als den Sohn Gottes, der in diese Welt gekommen ist und als solcher der Maria durch den Engel verheißen wurde (Lk 1,35). Bei der Taufe des Johannes wurde Er von Gott selbst als Sohn Gottes ausgerufen (Mt 3,17), und jetzt ist Er in die Herrlichkeit aufgenommen, als ein Gegenstand des Glaubens, der die Welt überwindet (1. Joh 5,5).

Alle, die Saulus so sprechen hörten, gerieten außer sich, da sie ihn ja von früher her kannten. Er aber erstarkte umso mehr und brachte die in Damaskus wohnenden Juden in Verwirrung, indem er bewies, dass dieser Sohn Gottes der Christus ist.

Verse 23-25

Was in diesen Versen erzählt wird, ereignete sich drei Jahre später, als Saulus aus Arabien zurückkehrte. Er erwähnt in Galater 1,15-18: „Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat, wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte, ging ich sogleich nicht mit Fleisch und Blut zu Rate und ging auch nicht hinauf nach Jerusalem zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern ich ging fort nach Arabien und kehrte wieder nach Damaskus zurück. Darauf, nach drei Jahren, ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.“ Diese drei Jahre der Abwesenheit sind in unserem Kapitel mit den Worten „Als aber viele Tage verflossen waren“ umschrieben. Es war anlässlich seiner Rückkehr aus Arabien nach Damaskus, dass die Juden miteinander ratschlagten, ihn umzubringen. Gott fand es nicht für nötig, uns von diesem Aufenthalt in Arabien, während dem Saulus zweifellos im Hinblick auf seinen Dienst unterwiesen und zubereitet wurde, Näheres mitzuteilen. Der Schreiber der Apostelgeschichte erwähnt jenen Aufenthalt überhaupt nicht, seine Aufgabe war, den Apostel vom Anfang seines Dienstes an in der Mitte der Christen zu zeigen. Im Brief an die Galater hingegen wollte Paulus klarmachen, dass er seinen Dienst unmittelbar vom Herrn in der Herrlichkeit empfangen hatte, außerhalb des gesetzlichen Systems und auch nicht von den Aposteln, die mit dem Herrn gewesen waren, da er sie ja erst drei Jahre nach seiner Bekehrung sah.

Saulus hatte in seinem Dienst von Anfang an für den Namen des Herrn zu leiden. Der Hass gegen diesen Namen charakterisierte die Feinde Christi immer noch. Sie widersetzten sich einer Lehre, die ihnen den Boden, auf dem sie sich des Menschen rühmen konnten, entzog.

Verse 26-30

Nach seinem Aufenthalt in Arabien suchte er sich in aller Bescheidenheit den Juden in Jerusalem anzuschließen. Aber alle fürchteten sich vor ihm, da sie von seiner Bekehrung keine Kenntnis hatten. Barnabas aber brachte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen von dessen Bekehrung und von dessen freimütigem Bekenntnis des Namens Jesu in Damaskus. Diese Einführung des Saulus durch Barnabas zeigt den Grundsatz, nach dem eine Person der Versammlung vorgestellt werden soll, die zum Tisch des Herrn zugelassen werden möchte. Man begegnet Christen, die der Auffassung sind, jeder Gläubige habe ein Recht, ungeprüft am Tisch des Herrn teilzunehmen. Aus dieser Stelle erkennen wir aber, dass dazu das Zeugnis von vertrauenswürdigen Personen erforderlich ist, die von unserer Bekehrung und den Beweisen des neuen Lebens in uns sprechen können. In Jerusalem ging Saulus mit den Jüngern aus und  ein und sprach freimütig im Namen des Herrn. Nicht nur sprach er von Ihm, sondern auch in seinem Namen. Er redete nur das, was der Herr ihn lehrte; denn er empfing alles von Ihm. Da haben wir eine beachtenswerte Tatsache: Wer redet, muss es im Namen des Herrn tun können. Er soll als sein Bote nichts anderes sagen als nur das, was er in seinem Namen reden kann. Die Hellenisten, also Juden aus der Zerstreuung, die noch nicht aus der Gefangenschaft nach Judäa zurückgekehrt waren, aber am Judentum festhielten, suchten Saulus, der mit ihnen redete und stritt, umzubringen. Der Feind sah in ihm eine bedrohliche Macht, deshalb suchte er sie von Anfang an zu unterdrücken. Die Brüder brachten Saulus nach Cäsarea und von da nach Tarsus, seinem Geburtsort, von wo ihn Barnabas im gegebenen Augenblick nach Antiochien holte.

Vers 31

Vier Dinge kennzeichneten die Versammlungen in ganz Judäa, Galiläa und Samaria: Sie waren in Frieden, sie wurden erbaut, sie wandelten in der Furcht des Herrn und wurden vermehrt durch die Ermunterung des Heiligen Geistes. Der Sturm hatte draußen gewütet, drinnen aber hatten sie Frieden. Einen Augenblick lang gab ihnen Gott Erleichterung, und die Versammlungen benutzten dies, um sich zu erbauen und in der Furcht des Herrn zu wandeln. Weder die Versammlungen noch die Einzelnen können durch die Ermunterung des Heiligen Geistes wachsen, wenn sie nicht treu in der Gottseligkeit und in der Furcht des Herrn sind, indem sie seine unumschränkten Rechte an allen, die Ihm angehören, anerkennen.

Verse 32-35

Der Geist Gottes unterbricht den Bericht über die Anfänge des Dienstes des Saulus, um uns noch Einzelheiten von der weiteren Tätigkeit des Petrus mitzuteilen. Durch ihn sollten jetzt auch die Heiden in das Reich eingeführt werden. Der Herr hatte Petrus die Schlüssel des Reiches anvertraut. Nachdem er Gläubige aus den Juden hineingeführt hatte, durfte er nun auch Gläubigen aus den Nationen die Tür öffnen. Danach sollte Saulus seinen besonderen Dienst ausüben, um der Versammlung, die schon am Tag der Pfingsten gebildet worden war, ihren himmlischen Charakter, in Verbindung mit einem verherrlichten Christus, zu verkündigen. Der Dienst des Petrus, durch den Gläubige aus den Juden und den Nationen in die Versammlung eingeführt wurden, bereitete den Boden für den Dienst des Paulus vor. Ihre Aufgaben waren verschieden, aber sie ergänzten sich. Die Diener arbeiteten an demselben Werk und gehorchten dem gleichen Herrn, jeder an seinem Platz. Wenn dieses allezeit und von allen beachtet worden wäre, wie viel Streit innerhalb der Versammlung Gottes, von den Tagen der Korinther an bis jetzt, hätte da vermieden werden können!

Petrus, der überall hindurchzog, kam auch zu den Heiligen hinab, die in Lydda wohnten. Er fand dort einen Gelähmten, der schon acht Jahre zu Bett lag, und sprach zu ihm: „Äneas! Jesus Christus heilt dich; steh auf und mache dir selbst das Bett!“ Er schreibt die Heilung Jesus, dem vom Volk verworfenen Christus zu. Tief beeindruckt von dieser Heilung bekehrten sich alle, die in Lydda und Saron wohnten, zum Herrn. Diese Küstengegend von Saron, die unter der Herrschaft Christi aufblühen wird, empfing in geistlicher Hinsicht jetzt schon die Erstlinge der Segnungen, die durch den Propheten Jesaja angekündigt waren: „Sehen werden sie die Herrlichkeit des Herrn, die Pracht unseres Gottes“ (Jes 35, 2).

Dadurch, dass er aufstand und sein Bett bereitete, machte Äneas öffentlich die in ihm gewirkte Veränderung kund. So muss es mit dem Werk Gottes in einer Seele immer sein. Man kann nur an den Früchten erkennen, ob es in einer Seele wirklich eine von Gott gewirkte Veränderung gegeben hat.

Verse 36-43

Petrus wird nach Joppe gerufen. Dort erweckt er Dorkas (= Gazelle) auf und stellt sie den Heiligen und Witwen lebend dar. Diese treue Schwester war „reich an guten Werken“. Und diese Werke waren ihr nachgefolgt (Off 14,13). Die guten Werke der Gläubigen folgen ihnen nicht nur auf der Erde nach, sondern auch in die Ewigkeit. Man muss die jetzige Zeit zum Wirken solcher Werke nutzen, denn im Himmel werden wir keine Gelegenheit mehr dazu finden und keinen „Dorkas-Dienst“ mit der Behändigkeit einer Gazelle mehr ausüben können. Diese treue Jüngerin hatte sich nach Lukas 16,9 mit dem ungerechten Mammon Freunde gemacht. Sie übte einen „reinen und unbefleckten Gottesdienst“ aus, indem sie Witwen und Waisen Gutes tat (Jak 1,27).

Um dieses Wunder der Auferweckung vollführen zu können, folgte Petrus dem Beispiel, das der Herr bei der Auferweckung der Tochter des Jairus gegeben hatte. Er trieb alle hinaus. Er wollte mit Gott allein sein, um auf den Knien sein Eingreifen zu erflehen. So hatte auch der Prophet Elisa den Sohn der Sunamitin auferweckt (2. Kön 4). Petrus war im „Obersaal“ mit Gott allein zu sein. Der „Obersaal“ wird im Wort mehrere Male erwähnt. Dort ist man frei von jedem gegensätzlichen Einfluss, um mit dem Herrn vertraute Gemeinschaft haben zu können, und da steht der Entfaltung seiner Macht nichts entgegen.

Durch das Wirken des Herrn wie auch durch die Predigt des Evangeliums vollbrachte Petrus die Wunder des zukünftigen Zeitalters, durch die Gott sein Volk heilen, ihm Leben geben und die Macht des Feindes im Hinblick auf die Herrschaft Christi zerstören wird. Durch die Wunder der Apostel bestätigte der Herr das Wort, das sie verkündigten. Das geht auch aus dem Schlussvers des Markus-Evangeliums hervor: „Sie aber gingen aus und predigten überall, wobei der Herr mitwirkte und das Wort bestätigte durch die darauf folgenden Zeichen“.

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