Botschafter des Heils in Christo 1878

Das Gesetz - Teil 2/4

Ein anderer Punkt betrifft die Verwechselung des Sabbats mit dem Tag des Herrn. Auch diese hat ihren Grund in der verderblichen Vermengung der jüdischen Grundsätze mit den Grundwahrheiten des Christentums. Der Sabbat, welcher schon im Anfang der Schöpfung eingeführt war, wurde durch das bestimmte Gebot auf Sinai mehr als alles übrige der absolute Beweis der Beziehung des Menschen mit Gott. Israel stand in Beziehung mit Gott als ein von Ihm gekanntes und unter seine Autorität gestelltes Volk – eine Autorität unter welcher alle Menschen hätten sein sollen. Gott hatte den Sabbat nach seiner Weisheit zum Zeichen des Bundes aufgerichtet; Er hatte ihn von Anfang an als den Tag seiner Ruhe bezeichnet, einer Ruhe, an welcher der Mensch teilnehmen sollte. Dennoch war dies die Ruhe der ersten Schöpfung, die Ruhe nach dem Gesetz, d. h. die Segnung konnte nur erlangt werden unter der Bedingung des Gehorsams. Sie war für ein gefallenes Wesen bestimmt, welches folglich die Segnung auf diesem Weg nicht erlangen konnte. Der Sabbat wird von den übrigen sechs Tagen als der siebente Tag unterschieden. Wenn man sagt, der Sabbat sei einfach einer von den sieben Tagen, so zerstört man den Begriff der Ruhe Gottes. Es konnte nur der siebente sein.

Um in etwa die hervorragende Bedeutung des Sabbats im alten Bunde erkennen zu lassen, möchte ich unter vielen einige Hauptstellen hervorheben. Wir finden, wenn wir uns zum Gesetz wenden, dass der Sabbat mit jeder besonderen Verordnung verbunden war; nicht allein mit den zehn Geboten, sondern mit allem, was irgendeine Beziehung des Menschen mit Gott ausdrückte. Wenden wir uns zunächst zum zweiten Buch Mose, so finden wir, dass sogleich nach dem Auszug aus Ägypten dem Volk das Manna zur täglichen Nahrung gegeben wurde, wobei des Sabbattages in bestimmter Weise Erwähnung geschieht (Kap 16). In Kapitel 20 haben wir die Gebote, mittelst welcher die Beziehung Gottes mit Israel auf Grund des Gesetzes errichtet und das Halten des Sabbats befohlen wird. Die Beziehung ist ausgedrückt in den Worten: „Ich bin Jehova, dein Gott“, und von dem Sabbat wird gesagt: „Der siebente Tag ist Sabbat dem Jehova, deinem Gott;“ aber er wird in Vers 11 ausdrücklich als die Ruhe der ersten Schöpfung bezeichnet, indem hinzugefügt wird: „darum segnete Jehova den Sabbattag.“ Dann finden wir den Sabbat aufs Neue verordnet in Verbindung mit der Aufrichtung der Stiftshütte nebst allen dazu gehörenden Einrichtungen (Kap 31). Er wird dort betrachtet als ein ewiges Zeichen zwischen Jehova und den Kindern Israel (V 13), und zwar aus dem besonderen Grund, weil er die Ruhe Jehovas war. Und als Moses zum zweiten Mal auf den Berg stieg, um einen neuen Bund zu empfangen, wird der Sabbat ebenfalls eingeführt (Kap 34). Desgleichen wird seiner im 35. Kapitel gedacht, ehe die Opfer zur Errichtung der Stiftshütte erwähnt werden. Im dritten Buch Mose nimmt der Sabbat wiederum, sobald es sich um die Feste Jehovas handelt, an der Spitze derselben einen hervorragenden Platz ein (Kap 23). Im 19. Kapitel steht die an das Volk gerichtete Ermahnung: „heilig zu sein, weil Jehova, ihr Gott, heilig ist“, in Verbindung mit dem Gehorsam gegen die Eltern und der Beobachtung seiner (Jehovas) Sabbate: „Er ist Jehova, ihr Gott.“ Das 26. Kapitel, welches in ausführlicher Weise Drohungen gegen Israel ausspricht, falls es ungehorsam und widerspenstig sein würde, beginnt mit den Worten: „Meine Sabbate sollt ihr beobachten, und mein Heiligtum sollt ihr fürchten. Ich bin Jehova.“ Selbst das Land musste einen Sabbat feiern (Kap 25,2.4.6). Israel sollte dadurch auf die Probe gestellt werden, ob es auf den Gott des Bundes vertraute oder nicht. In 4. Mose 15, wo Jehova inmitten des Gerichts mit seinen Verheißungen und seiner unfehlbaren Treue dazwischenkommt (Kap 14 und 16), wird das am Tag des Sabbats ausgeübte Holzsammeln als eine Vermessenheit mit dem Tod bestraft.

Aus den Propheten führe ich nur Hesekiel 20 an, wo bei der Aufzählung der Tatsachen, die der Verwerfung Israels zu Grund lagen, in Vers 11 und 12 gesagt wird: „Und ich gab ihnen meine Satzungen und tat ihnen kund meine Rechte, welche – wenn ein Mensch sie tut, er durch sie leben wird. Und auch meine Sabbate gab ich ihnen, dass sie Zeichen seien zwischen mir und ihnen, auf dass sie wissen, dass ich Jehova bin, der sie heiligt.“ Unstreitig wird der Leser noch viele andere darauf bezügliche Stellen finden, aber die angeführten genügen, um den Platz zu bezeichnen, den der Sabbat unter dem alten Bunde einnahm. Es war der Sabbat Jehovas, des Gottes Israels, und ein Zeichen seiner Beziehung mit Israel, jedoch gegründet auf die Ruhe Elohims. 1 Der Sabbat war ein Zeichen der Ruhe in der ersten Schöpfung, ein Zeichen der Beziehung mit Gott, mit Jehova in dieser Ruhe; immer aber war er dem Menschen im Fleisch als ein Gesetz gegeben, und die Segnung und die Ruhe waren vom Gehorsam abhängig. Dies ist der Begriff, den uns das Wort über den Sabbat gibt; er ist die Ruhe Gottes in der ersten Schöpfung, und nachher die Ruhe, welche aus der Beziehung Gottes mit dem Menschen im Fleisch unter der Bedingung des Gehorsams entspringt.

Nun aber überzeugt uns das Christentum aufs klarste, dass jene Ruhe eine Sache der Unmöglichkeit ist. Die Sünde ist eingetreten, und der erste Adam ist in Folge seines Ungehorsams mit seinem ganzen Geschlecht verloren. Das Fleisch will und kann sich dem Gesetz Gottes nicht unterwerfen; und deshalb war derjenige, der uns erkauft hat, und der ohne Sünde und in Gnade, aber in der Gleichheit des Fleisches der Sünde, unter die Menschen herabgekommen war, am Tag des Sabbats im Grab. Der Tod ist für uns die einzige Ruhe von der Sünde, und das Grab Christi war Zugleich das Grab des Bundes, auf Grund dessen dem Menschen im Fleisch die Teilnahme an der Ruhe Gottes angeboten wurde, sowie auch das Grab des Sabbats, der das Zeichen dieses Bundes war. Nicht dass das Gesetz für die, welche unter ihm waren, abgeschafft worden sei, es hat vielmehr die höchste Bestätigung, die ihm gegeben werden konnte, empfangen, indem Christus dasselbe vollkommen verherrlicht und seinen Fluch völlig getragen hat. Zugleich sind diejenigen, welche unter dem Gesetz waren, von demselben befreit worden, indem sie ihm gestorben sind. Die Gegenwart Christi im Grab lieferte den entscheidenden und absoluten Beweis, dass keine Beziehung zwischen Gott und dem Menschen im Fleisch stattfinden konnte. Der Feigenbaum war verflucht und sollte nimmermehr Frucht tragen.

Doch lasst uns sehen, was das Neue Testament in direkter Beziehung über den Sabbat sagt; und ob da irgendwelche Andeutung bezüglich seines geweihten Charakters gefunden wird. In Matthäus 12 einem (Kapitel, das in dieser Beziehung augenscheinlich von großer Wichtigkeit ist) wird uns gesagt, dass sich die Pharisäer über die Jünger beklagten, weil diese am Sabbat Ähren abpflückten. Der Herr gibt eine bemerkenswerte Antwort. Er tadelt die Pharisäer nicht in der Weise, wie Er dies anderswo tut; aber Er zeigt, dass der Sabbat und andere zeremonielle Vorschriften aus genügenden Gründen bei Seite gestellt worden seien, und dass jemand gegenwärtig war, der größer war als irgendwelche Verpflichtung gegen den Sabbat. Hätte Gott sagen können: „Ich bin größer als ein moralisches Gebot?“ Würde der Herr seine Jünger auf eine göttliche Weise haben rechtfertigen können, wenn es sich um den Hass gegen einen Bruder, oder um das Begehren nach des Nächsten Weib gehandelt hätte? Unstreitig würde ein solcher Gedanke jedes christliche Gemüt empören. Und dennoch tat Er dieses in Bezug auf den Sabbat. Er rechtfertigte die Jünger und setzte den Sabbat bei Seite; denn die Juden hatten dies schon getan, indem sie durch die Verwerfung des Messias jedes Band mit Gott, wovon der Sabbat das Zeichen war, gebrochen hatten. Und der Herr erklärt den Pharisäern, dass, wenn um Davids willen, als er verworfen war, ein bestimmtes Gebot bei Seite gesetzt werden konnte, (denn er aß, als ihn und seine Gefährten hungerte, von den Schaubroden, was nach dem Gesetz nur den Priestern erlaubt war) hier ein Größerer als David war. Zudem war Christus Herr des Sabbats und hatte wogen der Würde seiner Person und seines Dienstes ein Recht, über ihn zu verfügen. Er stellte aber nie ein Gebot bei Seite, wo es sich um die Moralität handelte.

Andere Stellen, wie Markus 3,2; Lukas 6,7; 14,1–5; 13,10–16 zeigen uns, wie der Herr am Tag des Sabbats Heilungen vollbringt und dadurch absichtlich die Aufmerksamkeit der Juden darauf lenkt, um ihre Vorurteile zu treffen (um nicht mehr zu sagen) und den Beweis zu liefern, dass ihr Eifer für diesen Tag nur Heuchelei war; während Er nicht mit einer Silbe die gesetzmäßige Kraft des Sabbats aufrecht hält. Ist es nicht sonderbar, dass der Heilige Geist nur den Vorwurf bezeichnet, womit der Herr ihrer strengen Beobachtung des Sabbats begegnet? Kann man im Neuen Testament in Bezug auf diesen Tag irgendein anderes Zeugnis finden? Wir haben gesehen, dass das Alte Testament bei jeder Gelegenheit die Wichtigkeit desselben hervorhebt, während das Neue Testament nichts als Erklärungen enthält, welche das Recht des Herrn über ihn bestätigen, oder die darüber bestehende gesetzliche Vorschrift aufheben.

Ich möchte noch einen flüchtigen Blick auf Johannes 5 werfen. Wir sehen in dem Fall des Kranken am Teich Bethesda die Unfähigkeit des Menschen, sich jener Mittel der Segnung zu bedienen, welche in ihm eine Kraft und Fähigkeit zur Benutzung derselben voraussetzen. Dies ist der charakteristische Zug des gesetzlichen, mit dem Sabbat verbundenen Systems. Wenn die Sache in einer Weise geordnet ist, dass das Resultat der Segnung von uns abhängt, dann findet sich, dass uns die Sünde dergestalt unfähig gemacht hat, dass wir uns nicht einmal des Heilmittels gegen die Sünde bedienen können, selbst wenn wir den guten Willen dazu haben. Das ist der in Römer 7 beschriebene Zustand: „Das Wollen ist bei mir, aber das Wirken dessen, was recht ist, finde ich nicht.“ Christus hingegen bringt die Kraft, anstatt sie zu fordern; Er heilt mit einem Wort den Kranken. Aber jener Zustand charakterisiert den Sabbat; er ist die Ruhe des Fleisches, allein diese gehört der Sünde wegen in das Bereich der Unmöglichkeit. Deshalb antwortete auch Jesus den Juden deren (Aufmerksamkeit Er auf diesen Punkt gelenkt hatte, indem Er den Kranken sein Bett forttragen hieß): „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke.“ Er konnte nicht Sabbat halten, denn Er konnte nicht ruhen inmitten der Sünde. Er offenbarte die Macht, welche in Gnade in die Mitte des Bösen gekommen war, und nicht die Ruhe im Bösen. Wo aber findet sich für uns die Ruhe? Sie findet sich in der neuen Schöpfung, in der Auferstehung – zunächst für das Gewissen und das Herz, und zuletzt in ganz vollkommener Weise. Christus, als der Auferstandene, hat den Menschen in eine neue Stellung, auf einen ganz neuen Boden gesetzt. Er hat ihn nicht in die Stellung des unschuldigen Adam zurückgeführt, sondern hat ihn aus der Stellung des schuldigen Adam und dieser gegenwärtigen bösen Welt befreit. Nachdem Er das Werk der Erlösung vollbracht, die Macht des Todes zerstört und durch das Blut des Kreuzes Frieden gemacht hat, hat Er als Mensch eine ganz neue Stellung eingenommen; und sein Werk gibt dem Menschen nicht bloß ein Anrecht auf diese neue Stellung, sondern führt ihn auch durch die Wirksamkeit der Auferstehung in dieselbe ein. Wir sind vor Gott als Auferweckte in Christus, obgleich wir diesen Schatz in irdenen Gefäßen haben und die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes erwarten. Wir befinden uns in Christus in der neuen Schöpfung; und unsere Ruhe ist nicht der Sabbat im Fleisch, diejenige der alten Schöpfung, sondern vielmehr diejenige des Glaubens durch die Auferstehung Christi. Sie ist uns nicht auferlegt durch das Gesetz, denn wir sind nicht unter demselben, sondern sind gestorben und außerhalb des Bereichs und der Natur der Sünde – sind auferweckt mit Christus. Also der Tag des Herrn, der Tag der Auferstehung Christi, ist, insofern ein Tag dieses sein kann, das glückliche Zeugnis einer besseren und vollkommenen Ruhe. Ich bin mit Christus der alten Schöpfung, dem Fleisch und dem Gesetz gestorben; das Grab Christi ist die Antwort auf meine Ruhe als Mensch im Fleisch. Ich habe die wahre Ruhe in dem göttlichen Wohlgefallen gefunden, welches Gott in Christus, dem Auferstandenen, hat. Sein Werk ist erfüllt, und Gott kann jetzt ruhen in Gerechtigkeit und Wonne, in welcher wir ebenfalls unsere Ruhe finden. Wir ruhen von der vergeblichen Anstrengung, die Gerechtigkeit zu erlangen; wir erfreuen uns des Guten in dem Anderen; wir ruhen in der Liebe Gottes, die ohne Hindernis auf uns ruht in Christus Jesus, und die durch den Heiligen Geist Zugleich das Pfand der vollkommenen Ruhe ist, welche die Auferstehung des Leibes geben wird. Man vergleiche in Bezug auf den Tag des Herrn Johannes 20; Apostelgeschichte 20,7; 1. Korinther 16,2; Offenbarung 1,10.

Der Sabbat ist, wie schon bemerkt, der siebente Tag, die Ruhe Gottes, die Ruhe Jehovas. Es handelt sich aber jetzt nicht um den siebenten Tag, um die Ruhe der alten Schöpfung, (denn diese ist für den einsichtsvollen Christen unmöglich) sondern um den ersten Tag der Woche als Gegensatz zu dem siebenten; denn Christus war unstreitig am siebenten Tag im Grab und ist am ersten und nicht am siebenten Tag der Woche auferstanden. Die Annahme, dass der Sabbat ursprünglich der erste Tag gewesen sei, trägt nicht den Tatsachen Rechnung und verkennt die Tragweite und die Bedeutung, welche der Veränderung dieses Tages zu Grund liegt. Es handelt sich weder um einen jüdischen, noch um einen gesetzlichen Sabbat, sondern um den christlichen Tag des Herrn. Der einzige Anteil, welchen das Fleisch jetzt daran haben kann, ist die Barmherzigkeit gegen den Menschen im Fleisch; und dies ist eine neue Offenbarung der Barmherzigkeit Christi. Als der Sabbat ursprünglich im Paradies eingerichtet war, war die Arbeit noch nicht das Los des Menschen; er hätte daher die Ruhe Gottes als Anbeter genießen können, aber er hat es nie getan. Jetzt, da die Sünde eingetreten ist, kann der Herr uns sagen, dass der Sabbat um des Menschen willen gemacht ist (Mk 2,27). Insoweit also der Tag des Herrn zu einem Ruhetag für alle gemacht werden kann, wird die Gnade es tun. Ich sage nicht, dass man ihn als ein religiöses Gesetz den unbekehrten Menschen auflegen soll. Konnte die ursprüngliche Kirche ihn den Heiden auslegen? Aber dennoch glaube ich, dass es selbst für die Welt eine große Gnade ist, wenn durch bürgerliche Gesetze oder gesellschaftliche Gewohnheiten die Beobachtung dieses Tages gesichert ist, obgleich die Gefahr naheliegt, dass dadurch die eigene Gerechtigkeit genährt wird. Als Christ freue ich mich, einen Tag (den Tag des Herrn) zu haben, der für mich ein Zeugnis des Sieges über die Welt und die alte Schöpfung ist. Und ich glaube, und habe auch die Erfahrung gemacht, dass wir danach streben können, am Tag des Herrn im Geist zu sein; nicht um Gesicht zu haben wie Johannes, sondern um die Segnung und die Freude im Herrn zu genießen. Das ist kein Gesetz. Ich bin durchaus nicht mit denen einverstanden, die den Tag des Herrn für sich aufheben oder bei Seite setzen; obwohl ich zugebe, dass es Verhältnisse gibt, die unsere Arbeit an einem solchen Tage unumgänglich nötig machen. Wäre ich z. B. an Bord eines Schiffes so würde ich es für eine positive Sünde halten, wenn ich meinen Dienst am Tag des Herrn nicht mit derselben Sorgfalt ausführen und für die Sicherheit aller wachen würde, wie an jedem anderen Tage. Andererseits aber glaube ich, dass der Christ am Tag des Herrn sich womöglich von aller irdischen Beschäftigung zurückziehen sollte. Zudem gibt es eine einfache Regel, um uns in solchen Fällen zu leiten; wir haben uns in allem, was wir tun, die Frage vorzulegen, ob wir es im Namen des Herrn Jesus tun können. Ist dies der Fall, so mag es geschehen, wenn nicht, so sollte es unterlassen bleiben. Ich bin nicht dafür, den Christen bezüglich ihrer häuslichen Einrichtungen Schwierigkeiten zu machen, doch sollten diese ihren Untergebenen am Tag des Herrn reichlich Ruhe gönnen. Ebenso möchte ich als Familienvater meine Kinder, anstatt sie in Bezug auf diesen Tag unter ein Gesetz zu stellen, so viel als möglich zu erfreuen suchen; ich wünsche, dass sich für sie an diesen Tag der Gedanke des Glücks knüpfen möchte, aber eines Glücks in Verbindung mit Gott und nicht mit eitlen Vergnügungen. Ich glaube, dass der Tag des Herrn eine Ruhe des Glücks, des Glücks mit Gott, und nicht eine durch Ihn auferlegte gesetzliche Knechtschaft ist. Indessen erwarte ich nicht, dass die Kinder dieser Welt mir bezüglich dieser Darstellungen ihr Ohr leihen; doch ich handle in Betreff der Beobachtung dieses Tages für mich selbst. Ernste Christen werden diesen Tag zu schätzen wissen, und ihre moralische Zurückhaltung, wie die Gottseligkeit sie immer ausübt, wird ihre Wirkung auf andere nicht verfehlen.

Ich gehe hier nicht weiter in diese Frage ein; aber es ist sicher, dass die ersten Christen nie den Tag des Herrn mit dem Sabbat verwechselt haben. Mein Zweck war, die Schrift über diesen Gegenstand in Verbindung mit dem Gesetz zu prüfen, denn dies ist der wirklich wichtige Punkt, insoweit es sich um die wahre Natur des Christentums handelt.

Ich wende mich jetzt zu der Meinung vieler, dass eine gemeinsame – Rechtfertigung auch einen gemeinsamen Platz bei Christus gebe. Man stützt sich dabei auf Römer 3,35 und behauptet, dass die Gerechtigkeit Christi der einzige Grund unserer Rechtfertigung sei. Allein dieses ist ungenau. Der Apostel hat als eine Tatsache bewiesen, dass alle, sowohl Juden als Nationen, von Natur unter der Sünde sind, und dass kein Fleisch aus Gesetzes Werken gerechtfertigt wird. Er spricht aber durchaus nicht von der Gerechtigkeit Christi, sondern sagt, dass „Gott Ihn (Christus) dargestellt habe zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben an sein Blut, zur Erweisung seiner (Gottes) Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes; zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, dass Er (Gott) gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesus ist.“ In Vers 21 und 23 wird ausdrücklich erklärt, dass es die Gerechtigkeit Gottes und nicht diejenige Christi ist, welche sich erweist in der Rechtfertigung dessen, der an Jesus glaubt. „Die Gerechtigkeit Gottes ist offenbart – die Gerechtigkeit Gottes aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die da glauben.“ Ebenso ist durch den aufgerichteten Gnadenstuhl erwiesen, dass Gott gerecht war, wenn Er den alttestamentlichen Heiligen, deren Sünden Er unter seiner Nachsicht hingehen ließ, vergab; und diese Gerechtigkeit ist jetzt unseren Seelen offenbart, um darauf zu bauen. Wir sind Gottes Gerechtigkeit in Christus geworden. Es ist gewiss schriftgemäß, wenn man sagt, dass alle Heiligen von dem Fall Adams an auf ein und demselben Wege gerechtfertigt worden sind; will man aber daraus folgern, dass deshalb auch alle zur Kirche gehören, so ist das schriftwidrig. Gott hatte Nachsicht mit den alttestamentlichen Gläubigen, da Er wusste, was Er tun wollte; aber die Gerechtigkeit war nicht offenbart. Jetzt aber ist sie offenbart – Gott ist gerecht und der Rechtfertiger dessen, der an Jesus glaubt. Dieser durch die Offenbarung der Gerechtigkeit hervorgebrachte Unterschied in der Stellung der jetzigen und der alttestamentlichen Gläubigen ist für unseren praktischen Zustand sehr ernst (Fortsetzung folgt).

Fußnoten

  • 1 Elohim ist der allgemeine Name Gottes. Der „Allmächtige“ war der Name, den Er als besonderer Beschützer Abrahams annahm. „Jehova“ ist sein Name Israel gegenüber; er wird eingeführt, sobald Er sich in irgendwelche Beziehung zu seinen Geschöpfen setzt. Als „Vater“ ist Gott in Verbindung mit den Christen. Der „Höchste“ ist der Name Gottes im tausendjährigen Reich.
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