Botschafter des Heils in Christo 1854

Die Vereinigung der Kinder Gottes

Es wird wohl kein Christ leugnen können, dass es Gott selbst ist, der die Gemeinden bildet, indem Er die Seelen seinem Sohn zuführt. Wohnen z. B. in E. hundert oder zweihundert Bekehrte, so sind diese die Kirche zu E. Also lesen wir, dass zu Jerusalem alle die, welche mit bereitwilligem Herzen das Wort der Apostel aufgenommen hatten, die Gemeinde in dieser Stadt bildeten. Gott selbst hat diese Personen zu Gliedern seiner Kirche gemacht, indem Er sie durch den Glauben zu Gliedern Christi machte, welcher deren Haupt ist (Eph 1,22–23; 2,19–22). Es kommt keinem Menschen, zu, dieses nach Willkür abzuändern; weder eine dieser Personen auszuschließen, noch eine andere hinzuzufügen. Der Mensch hat hier nur anzuerkennen, was Gott getan hat.

Kann es nun nach dem Willen des Herrn sein, wenn seine Jünger das, was Er zusammengefügt hat, trennen, indem sie in einer Stadt mehrere Versammlungen bilden? Wenn diese Versammlungen durch Menschen– oder Ländernamen, oder gewisse Lehren bezeichnet werden? Es haben doch die Christen nicht aufgehört, denselben Erlöser, dasselbe himmlische und ewige Vaterland zu haben? (Eph 4,3–6; Gal 3,26–28; Kol 3,11) Gewiss nicht, und es war dies auch nicht die Meinung des Herrn, wenn Er sagt: „Auf dass sie alle eins seien; gleich wie du Vater in mir, und ich in dir, dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube, du hast mich gesandt“ (Joh 17,21). Man erwidert, dass es sich hier um die geistige und unsichtbare Gemeinschaft handle, welche immer unter den wahren Gliedern Jesu Christi bestehen werde. Aber die hier vom Herrn hinzugefügten Worte: „Auf dass die Welt glaube, du hast mich gesandt,“ geben uns einen anderen Gedanken. Die Welt, welche nur das glaubt, was sie sieht, kann nicht an ein Haupt glauben, von dessen Leib als ein Ganzes sie nicht mehr die Spur sieht, sondern nur getrennte Teile. Es war dieser Körper in eins zusammengefügt durch die Gelenke der Handreichung und er wurde sichtbar durch eine einzige Versammlung an jedem Orte. Eine solche Versammlung sollte die Welt dahin bringen, an das schon verherrlichte Haupt dieses Körpers zu glauben. Dieses fand auch in dem Augenblick statt, als die Jünger zu Jerusalem vereinigt „an einem Orte“ und belebt „von demselben Geist allesamt verharrten in der Apostel Lehre, in der Gemeinschaft, in dem Brotbrechen und in dem Gebet“ (Apg 2). Aber bald gehrte der Sauerteig der Spaltungen den Süßteig durch (Mt 13,33). Paulus konnte schon den Korinthern sagen: „Es ist unter euch Eifer, Streit, Spaltungen; wenn der Eine sagt: Ich bin Paulisch; der andere: Ich bin Apollisch, seid ihr denn nicht fleischlich?“ (1. Kor 3,3–4) Indessen, weder die Korinther, noch irgend eine andere der apostolischen Gemeinden scheinen nicht im Geringsten daran gedacht zu haben, sich in ein und demselben Orte in verschiedene Gemeinen zu verteilen. Ich stelle nicht in Abrede, dass dies vielleicht die Ansicht einzelner Glieder gewesen sein mag.

Erst später wurde dieses Werk des Feindes vollbracht und man ist sogar dahin gekommen, es rechtfertigen zu wollen. Man stellt es als eine unvermeidliche Folge der Verschiedenheit der Ansichten des menschlichen Geistes dar, als wenn der menschliche Geist es wäre, der den Leib Christi beleben und leiten solle, und nicht der Geist Christi selbst. Die Spaltungen, sagt man auch, sind eine Gelegenheit für die Christen, sich in der Geduld und Tragsamkeit zu üben; als wenn das Böse aufhörte, Böses zu sein, weil Gott in seiner unendlichen Weisheit das Gute aus dem Bösen hervorgehen lässt; als wenn man Böses tun müsse, damit Gutes daraus hervorkomme; und endlich, als wenn ohne dem in der Gemeinde nicht genug verschiedene Meinungen und Mängel blieben, um die Geduld und Tragsamkeit der Christen zu üben (Röm 14. und 15,3). Eine sonderbare Art, die Geduld und Tragsamkeit zu üben, indem man sich von denen abtrennt, welche man tragen und lieben soll! Bewundert man auch den Beistand und die gegenseitige Liebe zweier Eheleute, welche, getrennt durch Unvereinbarkeit der Ansichten oder der Laune, ein jeder für sich nach seiner Weise leben, aber sich dessen ungeachtet ein freundliches Gesicht machen, wenn sie sich in der Welt begegnen? Und dieses sollte die Einigkeit sein, zu welcher die Jünger Jesu berufen sind? Und man möchte uns überzeugen wollen, dass dieses alles sei, was Er für sie wünschte, als Er sagte: „Auf dass alle eins seien, wie du, Vater, in mir, und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube, du hast mich gesandt.“

Was sollen denn die Gläubigen tun? Sie sollen hören, was die Apostel den ersten Gläubigen zu Jerusalem sagten: „Errettet euch von diesem verkehrten Geschlecht“ (Apg 2,40). Nach diesem Wort sollen sie sich trennen von der Welt, in deren Mitte sie leben, und sich an demselben Orte zusammen vereinigen, und verharren in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet. Sie sollen dem Wort glauben, welches der treue Herr in seiner göttlichen Vorsehung, ohne Zweifel für den traurigen Zustand, worin sich jetzt seine Gemeinde befindet, bestimmte: „Da, wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Auf dieses Wort fest vertrauend, sollen sie fortfahren, sich als Jünger zu versammeln, und diese gemeinschaftliche Versammlung nicht verlassen, sondern sich gegenseitig ermahnen zur Liebe und guten Werken (Apg 20,7; Heb 10,24–25). Da werden sie die beste Einrichtung haben, eine ganz schriftmäßige Einrichtung, die man in zwei Worten zusammenfassen kann: Versammlung der Gläubigen im Namen des Herrn Jesus, und unter der Leitung seines Geistes.

Wenn Gott in solchen Versammlungen Hirten und Lehrer offenbart, wie Er es seiner Gemeinde bis an das Ende zu tun versprochen hat, (Eph 4,11), so wird es die Pflicht eines jeden Gliedes sein, sie anzuerkennen und die Gaben zu benutzen, welche Gott etlichen zur Erbauung aller gegeben hat (1. Kor 14,15–16; 1. Thes 5,12–13; Heb 13,17).

Es benimmt dies jedoch keinem Glied in der Versammlung das Recht und die Pflicht ein Lied, eine Ermahnung, eine Unterweisung zu geben, welche es selbst vom Herrn zu diesem Zweck empfangen hat (1. Kor 14,26–33). Wir finden dieses in den Gemeinen, bevor es Älteste und Bischöfe gab, und auch selbst nachher (Apg 2,41–43; 1. Kor 12,18). In der Tat, wenn wir unseren Kultus (Dienst) Gott darbringen, so tun wir es als Priester und nicht als Hirten und Lehrer, oder mit einem Wort als Diener (Beamte). Sind denn auch nicht alle Prediger, so sind doch alle „Priester, um in den Gemeinen geistliche Opfer darzubringen, Gott angenehm durch Jesus Christus,“ – „die Frucht der Lippen, welche seines Namen verkündigen“ (1. Pet 2,19; Heb 13,15). Da ist es, wo diese Grundsätze verwirklicht sind, oder doch wenigstens offen anerkannt und verwirklicht nach der Kraft, welche man empfangen hat. Da ist es, wo wir die Versammlung der Brüder sehen, eine Gemeinde nach dem Worte, nämlich: „Ein Haus Gottes im Geist, gebildet aus lebendigen Steinen, ruhend auf dem Grundstein; heilige Priester, darzubringen geistliche Opfer, Gott angenehm durch Jesus Christus“ (1. Pet 2,5). Diejenigen aber sind zu bedauern, welche glauben, einen solchen Wandel richten zu müssen, indem sie anführen, dass Gott ein Gott der Ordnung und nicht der Verwirrung sei. Sie denken aber nicht daran, dass der Apostel eben deshalb, weil Gott ein Gott der Ordnung ist, diesen Weg zu wandeln geboten hat, wie wir oben gesehen haben. Es geht daraus hervor, dass sie, die also sprechen, sich einen ganz anderen Begriff von der Ordnung in der Gemeinde machen, wie der Apostel. Für ihn ist es die Ordnung nach dem Geist und durch den Geist; für sie ist es die Ordnung nach dem Fleisch und durch das Fleisch.

Das Dasein der Dienste oder Ämter in einer solchen Versammlung, wird nichts von der Freiheit wegnehmen, Jesus zu verkündigen, welches jedem Christen zukommt. Es wird in keiner Weise verhindern, dass der, welcher sich durch den Herrn dazu berufen glaubt, unter seiner Verantwortlichkeit evangelisiert. So sehen wir ja auch, dass die Jünger zu Jerusalem, zerstreut durch die Verfolgung, von Ort zu Ort gingen, das Wort Gottes verkündigend (Apg 8,4).

Also wird man einerseits eine Offenbarung der Einheit des Leibes in der Versammlung der Jünger haben, vereinigt um das Mahl des Herrn, um anzubeten, um sich gegenseitig zu ermahnen; und andererseits ist ein weites Feld gelassen für die, besondere Wirksamkeit eines jeden in der Verkündigung unter der Welt; – zwei so verschiedene Dinge, und doch in der gegenwärtigen Unordnung der Christenheit allgemein verwechselt.

Was sind z. B. die Versammlungen, gewöhnlich Predigten genannt? Eine Verkündigung des Evangeliums, indem man der Menge, die sich dort zusammenfindet, hauptsächlich Buße und Glauben predigt, zum wenigsten, wenn der Prediger gläubig ist. Aber es sind zugleich Versammlungen zum Gottesdienst oder Kultus, wo man das Abendmahl nimmt, wo man mit dieser Menge dankt, wie mit Brüdern, wie mit Gliedern der Gemeinde Gottes; auch hört man oft diese Versammlungen gleichgültiger Weise „die Predigt“ oder „den Gottesdienst“ nennen. Auf diese Weise entsteht die Vermengung zweier Dinge, welche getrennt bleiben sollten, und diese Vermengung hat das Eine, wie das Andere entstellt. Die Verkündigung des Evangeliums ist dadurch entstellt, dass man einer Versammlung sagt: Tut Buße und glaubt! und zu gleicher Zeit mit derselben dankt, als wenn sie schon geglaubt hatte und bricht auch das Brot der Gläubigen mit ihr. Dies kann ja nur die Wirkung der Predigt schwächen, und die Seelen in einer falschen Sicherheit gefangen halten. Der Kultus oder Gottesdienst wird dadurch entstellt, dass man den Seelen, welche man wie Glieder der Gemeinde Gottes behandelt, und welchen man als solchen das Abendmahl reicht, immer aufs Neue zuruft: Tut Buße und glaubt! und dies kann nur bewirken, dass solche Seelen in der Ungewissheit bleiben, und hindert sie, in der Gnade Gottes befestigt zu werden. Auch war dies nicht die Weise der Wirksamkeit der Apostel. Sie predigten der Menge auf den Straßen, in den Synagogen und überall, wo sich dazu die Gelegenheit darbot; aber sie vereinigten sich nur mit denen, welche glaubten, den Jüngern, den Ihrigen, auf den Söllern usw., um zu bitten, zu danken, das Brot zu brechen, und sich unter einander zu ermahnen (Apg 2,44; 4,23; 20,7 usw.).

Der Menge sagten sie: Glaubt und lehrt um, so werdet ihr die Vergebung eurer Sünden und die Gabe des Heiligen Geistes empfangen (Apg 2–3 usw.). Den Jüngern, in Gemeinen vereinigt, sagten sie: „Nachdem ihr geglaubt habt, seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung.“ „Ihr seid bekehrt worden von den Abgöttern, zu dienen dem lebendigen und wahrhaftigen Gott und seinen Sohn Jesus vom Himmel zu erwarten.“ „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und welchen ihr habt von Gott? Und ihr seid nicht mehr euer selbst, denn ihr seid teuer erkauft. Verherrlicht denn Gott in eurem Geist und an eurem Leib, welche sind Gottes“ (Eph 1,13; 1. Thes 1,9; 1. Kor 4,19–20).

Die Zerstreuung der Christen und ihre Vermengung mit der Welt hat auch die Verwirrung dieser Dinge herbeigeführt. Ein Teil der Christenheit, mehr als andere den Begriff von Gottesdienst und Opfer festhaltend, hat dieses Opfer bis zu dem Punkt hin entstellt, daraus ein Schauspiel zu machen, zum Genuss einer nicht geweihten Menge, ein anderer Teil der Christenheit, entschieden protestierend gegen diese Enteiligung des Opfers Christi, hat dagegen beinahe vergessen, was Gottesdienst ist, und ihn allgemein mit der mehr oder weniger treuen Unterweisung ihrer Prediger verwechselt und mit den Gebetsformeln, welche diese von den Kanzeln lesen. Dies waren die traurigen Folgen, nachdem die Christen aufgehört hatten, sich unter einander zu versammeln; denn wer würde bitten, fingen, danken, „im Geist und in der Wahrheit anbeten können,“ wenn nicht die, welche, „nachdem sie der Wahrheit geglaubt haben, mit dem Geist versiegelt worden?“ (Joh 4,34; Eph 1,13) Freilich hat man in mehreren kleineren Gemeinen diese Verwirrung gefühlt, und dahin gearbeitet, derselben abzuhelfen; aber es wird immer etwas fehlen, solange die Vereinigung der Kinder Gottes nicht praktisch stattgefunden haben wird.

Man verwechselt auch diese Vereinigung mit der Verkündigung des Evangeliums, weil man oft das die Versammlung der Brüder nennt, wenn mehrere sich versammelt haben, um gemeinschaftlich zu evangelisieren. Ich bin fest überzeugt, dass der Christ, sowohl allein für sich, als auch mit seinen Brüdern zusammen das Evangelium verkündigen kann, je nachdem er sich dazu berufen fühlt. Ich glaube, dass solche Versammlungen zur Bekehrung vieler dienen können; aber ich glaube nicht, dass dieses die Vereinigung der Kinder Gottes ist. Auch sehe ich weder in den Unterweisungen, noch in der Wirksamkeit der Apostel die Verkündigung des Evangeliums unter der Welt als Mittelpunkt, um welche sich die Christen vereinigen sollen, dargestellt. Zu diesem Zweck ist uns das Abendmahl gegeben, in welchem alle eins sind, so wie sie von ein und demselben Brote essen (1. Kor 10,17). Wir finden auch in der Schrift, dass das Abendmahl dazu diente, diese Vereinigung zu bezeichnen: „Als die Jünger versammelt waren, um das Brot zu brechen“ (Apg 20,7). – Eine Versammlung, um das Evangelium zu verkündigen, ist nicht eine solche, welche die Verheißung hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Es soll damit aber keineswegs behauptet werden, dass der Herr nicht immer und überall mit den Seinen sei, dass Er nicht noch auf eine besondere Weise mit denjenigen sei, welche wünschen, von seiner Gnade Zeugnis abzulegen, und Er dieses Zeugnis nicht segne. Doch sage ich, dass diese Versammlung zur Verkündigung des Evangeliums nicht eine solche ist, welcher jene Verheißung gemacht worden ist. Würde man es aber wagen, diese Verheißung auf eine Versammlung anzuwenden, die größtenteils aus Ungläubigen gebildet ist? Oder auch jenes Wort, was augenscheinlich dieselbe Verheißung ist: „Alles was ihr werdet gebunden haben usw.?“ Gewiss nicht, weil man fühlt, dass diese Personen, die keinen Teil am Geist Gottes haben, auch die Dinge Gottes nicht zu unterscheiden wissen. Man wird aus ähnlichen Gründen fühlen, dass eine Versammlung zur Verkündigung des Evangeliums in keiner Weise den Versammlungen der ersten Christen entspricht, wovon Paulus 1. Korinther 12. und 14. redet.

Eine solche Versammlung ist auch nicht diejenige, von welcher Paulus den Hebräern Kapitel 10,25. sagt: „Verlasst nicht unsere Versammlung,“ oder wörtlich: „die Versammlung unserer selbst oder unter uns.“ In der Tat, eine Versammlung, welche man zusammengerufen, um ihr die Bekehrung zu predigen, ist nicht die Versammlung der Christen unter sich; auch ist das Beiwohnen einer solchen Versammlung in keinerlei Weise geboten. Ich bin als Christ vollkommen frei, einer Versammlung, wo das Evangelium verkündigt wird, beizuwohnen oder nicht, sei es nun, dass ich daselbst rede, oder nicht rede. Das Wort Gottes überlässt dieses meinem Ermessen. Es könnten ja in einer Stadt, in welcher ich wohne, zwanzig Versammlungen zur Verkündigung des Evangeliums geben und wollte Gott, es gäben ihrer noch mehr; aber welche würde ich in diesem Fall schuldig sein, zu besuchen? Aber sind die Jünger des Herrn in eins um das Abendmahl ihres Erlösers versammelt, um Ihm ihren Dienst darzubringen und sich gegenseitig zu ermahnen, so haben sie das bestimmte Gebot, die Versammlung ihrer selbst oder unter sich nicht zu verlassen.

Im Allgemeinen ist die Verkündigung des Evangeliums eine vortreffliche Sache; ob sie vereinzelt oder zusammen betrieben wird, das tut nichts; aber nie ist sie in dem Wort als der Mittelpunkt dargestellt, um welchen sich die Christen vereinigen und der Welt ihre Einheit offenbaren sollen. Eine solche Annahme verdreht den Begriff der Christen über die wahre Versammlung, zu welcher sie berufen sind; dadurch hält man sie davon fern, anstatt sie dahin zu führen.

Ohne Zweifel ist es peinlich, so viel über die Verwirrung zu sagen, aber wenn wir verweigern die Wunde zu untersuchen, wie werden wir zu dem Heilmittel gelangen können? Manche Christen scheinen den Entschluss gefasst zu haben, die Augen über das Übel zuzuschließen, oder sie wünschen zur Heilung nichts anderes zu gebrauchen als die kraftlosen Heilmittel ihrer eigenen Erfindung ... Ärzte, welche nur leicht die Wunde der Tochter meines Volks verbinden. Um die Einigkeit der Christen herbeizuführen, errichten sie Vereine zur gemeinschaftlichen Verkündigung des Evangeliums, zum Gebet, zur Heidenmission, Vereine von jeder Art und jeder Form. Sie reisen mit großem Kostenaufwand nach Paris und London, um sich mit den Christen zu verbrüdern, welche sie niemals gesehen haben und welche sie vielleicht niemals wiedersehen werden; aber auf die verschiedenen Benennungen, oder auf ihre Einrichtungen nach eigener Weisheit, oder auf die Überlieferungen ihrer Väter, kurz auf alles dieses zu verzichten, um sich mit den Christen, die an ihrer Tür wohnen, um dasselbe Brot und unter der Leitung des Heiligen Geistes zu vereinigen, – sprecht ihnen nicht davon. Dieses ist die einzige Sache, welche sie nicht tun wollen und vor allem ist dies das Einzige, was der Herr von ihnen verlangt. Er überbürdet nicht das Gewissen seiner Kinder mit so vielen Vereinigungen; Er beruft sie nicht zu einer Vereinigung, deren Verwirklichung so kostspielig und schwierig, ja für den zwanzigsten Teil der Christen unmöglich ist; zu einer Vereinigung von einigen Tagen im ganzen Jahr, und folglich so künstlich und trügerisch. Was Er von ihnen verlangt, ist eine einfache Einigung, zugänglich für alle, ohne Geräusch, ohne Aufsehen; aber wahrhaftig und für alle Tage, in der Mitte der Brüder, wohin seine Vorsehung sie gestellt hat. Das ist es, was der Herr von ihnen verlangt, und das ist es, was selbst die Welt von ihnen verlangt. Woher kommt es, sagt sie, dass, nachdem ihr euch mit den Christen der ganzen Welt verbrüdert habt, ihr zurück kommt und haltet euch abgesondert von den zwei oder drei Christen in eurer Stadt oder in eurem Dorf, und fangt wieder wie vorher an, euren eigenen Gottesdienst und euer eigenes Abendmahl zu halten? Was ist das für eine Vereinigung? – Ach, wir müssen es bekennen, die Welt hat Recht. Dies ist nicht die Einheit, welche Jesus für seine teuren Jünger wollte, und dies wird uns immer wieder zu diesem Grundsatz zurückführen: Derjenige, welcher aus Gott geboren ist, versammle sich mit seinen Brüdern im Namen des Herrn und unter der Leitung seines Geistes. Dadurch bekommt sowohl die Verkündigung des Evangeliums als auch der Kultus seinen wahren Charakter. Und dies ist auch die wahre Grundlage der Vereinigung der Kinder Gottes. Was mich betrifft, so kenne ich keine andere und ich glaube, dass das Sektenwesen darin besteht, eine andere Grundlage zu geben. Christen z. B. fordern mich auf, mich mit ihnen zu vereinigen, um den Gottesdienst und das Abendmahl mit der Welt zu halten. Ich verweigere es; – wer macht eine Trennung? Ich, der es verweigert? Nein; aber diejenigen, welche, indem sie unserer Vereinigung die Bedingung setzen, mit der Welt Gottesdienst zu halten, mich verpflichten auf den Gehorsam gegen den Herrn zu verzichten, welcher den Seinen verbietet, sich mit der Welt zu vereinigen (2. Kor 6,14–18; Apg 2,40). Gegen die Gebote des Herrn gibt es keine Einwendungen, und auch selbst dann bleiben sie unverändert, wenn sie in Jahr und Tag vergessen und verkannt worden sind.

Andere Christen fordern mich auf, mich mit ihnen unter einem bestimmten Glaubensbekenntnis, oder einer besonderen Einrichtung oder Verwaltung zu vereinigen. Ich verweigere es; – wer macht eine Trennung? Ich, der es verweigert? Nein; aber diejenigen, welche zu unserer Vereinigung Bedingungen setzen, die der Herr nicht gestellt hat; und sich in dieser Frage, welche eine Grundsatzfrage ist, auf die Anzahl, auf das Altertum oder auf Nachfolge berufen; – dieses ist Päpstelei.

Es ist klar, dass, indem ich mich mit Christen vereinige, welche diese Form und diese Einrichtung haben, ich mich immer mehr oder weniger von denen trenne, welche eine andere haben. Es werden verschiedene Abteilungen in der Herde des Herrn gebildet; diese Formen, diese Einrichtungen sind die Zäune, welche die Schafe verhindern, sich in eine einzige Herde, unter der Leitung des einen Hirten zu vereinigen. Dagegen die Christen, welche ihren Brüdern zu der Vereinigung nur solche Voraussetzungen stellen, die Gott selbst gestellt hat, nämlich von Gott geboren zu sein und sich von der Welt zu trennen; diese tun dadurch, was sie können, diese Vereinigung herbeizuführen und jede Gelegenheit zur Trennung hinweg zu tun, und sind dann auch für diese nicht verantwortlich.

Aus diesem Grund schließe ich mich auch keiner Benennung an, es seien Reformierte, Lutheraner, Baptisten, Methodisten usw. Es ist nicht, als wenn ich nicht die Vereinigung der Kinder Gottes wünsche, sondern weil ich sie wünsche und weil ich für die Hindernisse nicht verantwortlich sein will, welche man durch alle diese menschlichen Einrichtungen macht. Deshalb will ich Christ und nichts als Christ sein. Auf diesem Gebiet reiche ich jedem eine brüderliche Hand, wer den Namen des Herrn Jesus, seines und meines Erlösers anruft. Ich wandle mit ihnen in allen Dingen, wo ich es tun kann, ohne an einem menschlichen Joch zu ziehen. Auf diesem Gebiet lade ich alle meine Brüder zur Versammlung der Kinder Gottes ein, wozu ich übrigens das Recht verlieren würde, wenn ich mich in eine der Abteilungen einreihen ließe, in welche sie das Haus Gottes eingeteilt haben.

O, wenn diese köstliche Vereinigung doch besser verstanden und verwirklicht würde! Welche Segnungen würde man zunächst für die Kinder Gottes und dann für die Welt zu erwarten haben? Wenn z. B. die Christen, welche in E. sind, sich an einem Ort und in einem Geist vereinigt, gemeinschaftlich die verschiedenen Gaben anwendeten, welche sie vom Herrn empfangen haben; welches Licht, welche Ermunterungen, welche Tröstungen würden sie nicht daraus ziehen! Welch ein Zeugnis für die Welt! Sollte man nicht glauben dürfen, dass sich bis zu einem gewissen Gerade verwirklichen würde, was Paulus 1. Korinther 14 sagt: „Wenn alle weissagen und ein Ungläubiger oder ein Unkundiger tritt ein, so ist er von allen überführt, durch alle geurteilt und also sind die Geheimnisse seines Herzens offenbart, dergestalt, dass er sich auf sein Angesicht werfen und Gott anbeten und bezeugen wird, dass Gott wahrhaftig in eurer Mitte ist.“

Aber um dessentwillen müssen wir alle unsere Vorteile nach dem Fleisch verwerfen und aufhören Reformierte, Lutheraner, Baptisten usw. zu sein; Hirten, Lehrer oder Evangelisten durch die Autorität dieser oder jener Kirchen, dieser oder jener Lehranstalten, dieser oder jener Vereine zu berufen. Man muss nichts anders sein wollen als Christ, Jünger, Bruder, unter der Leitung des Heiligen Geistes; alles das anzunehmen, was Er uns durch den Geringsten in unserer Mitte darreicht, wie auch als Werkzeuge dieses Geistes zu dienen, wenn Er uns zur Erbauung aller oder auf andere Weise verwenden will. Dieser Geist ist einer; wenn wir uns alle seiner Leitung überlassen, werden wir sehen, dass Er mächtig ist, durch seine göttliche Kraft die getrennten Glieder des Leibes Christi zu versammeln und sie in eine Einheit zusammen zu führen. Aber, wenn wir diese Einigung wünschen und zeigen uns halsstarrig, wollen dieser Einigung menschliche Einrichtungen zu Grund legen, in welchen wir uns befinden, oder welche wir unterstützen; wollen durch mehr oder weniger geschickte Anordnungen, Übereinkünfte, Zugeständnisse die Differenzen ausgleichen, so verlassen wir den sicheren und festen Boden des Wortes Gottes, welches weder diese Anstalten, noch diese Ausgleichungen kennt. Wir werfen uns in den beweglichen Sand der menschlichen Systeme, welche verändert und immer wieder verändert werden, je nach Zeit und Umständen und welche endlich nichts bessern. Anstatt Männer des Glaubens zu sein, sind wir in diesem Fall höchstens Männer, welche neben dem Wort Gottes in schwierigen Dingen einen Ausweg zu finden wissen.

Brüder, die Zeit ist kurz; der Herr kommt, sein Wort sagt es uns. Ist es zu wünschen, dass wir, wenn Er kommt, erfunden werden vermengt mit der Welt, getrennt unter einander, wie die Knechte, welche essen und trinken mit den Trunkenen und ihre Mitknechte schlagen? Nein; sondern vielmehr wie Israel, das in Erwartung der versprochenen Befreiung, sich von den Ägyptern absonderte, und um das Lamm, das Zeichen ihrer Befreiung, vereint sich sammelte. Also getrennt von der Welt und versammelt unter einander, sind wir berufen die Wiederkunft unseres viel geliebten Erlösers zu erwarten, und solange seinen Tod zu verkündigen und uns unter einander zur Liebe und guten Werken zu ermahnen. Wir werden auf diesem Weg die Treue des Herrn, die Zulänglichkeit seines Wortes und seines Geistes erfahren, und stets mit zuversichtlichem Verlangen rufen: „Komm Herr Jesus!“ Amen (Aus dem Französischen übersetzt).

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