Botschafter des Heils in Christo 1854

Die Befreiung vom Gesetz nach der Heiligen Schrift

Es gibt in unserem Verhältnis mit Gott zwei bemerkenswerte Punkte: unsere Verantwortlichkeit als Mensch, und die Kraft des Lebens, in welchem wir vor Ihm leben. Schon im Paradies hat Gott diese beiden Dinge vorgestellt: in dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, und in dem Baum des Lebens. Was nun die Verantwortlichkeit betrifft, so ist der Mensch ein Sünder geworden. Er hat also kein geistliches Leben in sich (Joh 6,53). Die Sünde hat den Tod und die Verdammnis hereingeführt. Nach dem Fall hat Gott das Gesetz durch Mose gegeben, um den Zustand des Menschen zu prüfen. Das Gesetz Gottes soll die Gerechtigkeit fordern nach der Natur dessen, dem es gegeben ist; aber das Gesetz gibt kein Leben (Gal 3,21). Es ist die Natur des Gesetzes, dass es fordert und nicht gibt. Weil es sich um Gerechtigkeit handelt, so kann Gott die Forderungen des Gesetzes nicht verringern und wenn die göttliche Natur in uns ist, wünschen wir nicht, dass diese Forderungen Verringert werden. Das Gesetz ist der Maßstab der Verantwortlichkeit des natürlichen Menschen; aber es gibt das Leben nicht, und weil der Mensch ein Sünder ist, so wirkt es, anstatt ein Hilfsmittel zu werben, Tod und Verdammnis. Die Vermischung der Gnade und des Gesetzes, insofern jene in uns wirkt, ändert diesen Zustand nicht. Die Gnade nimmt unsere Verantwortlichkeit nicht weg, und was das Gesetz fordert, ist nicht vollbracht. Christus ist gekommen, um unser Heiland und Erretter zu werden. Er wirkt das Leben der Gläubigen; Er unterwarf sich dem Tod, unter welchem wir lagen, und unsere Sünden und den Zorn Gottes, welchen jene verdienten, ertrug Er am Kreuze. Aber nicht allein das; der Mensch in seiner Person ist in eine neue Stellung getreten, er ist der auferstandene, verherrlichte Mensch vor Gott. Die Gerechtigkeit Gottes ist in Ihm vollbracht und als Lohn hat Er diese Herrlichkeit empfangen. Untersuchen wir jetzt, wie wir Teilhaber dieser herrlichen Stellung vor Gott sind.

Die Sünde verträgt sich nicht mit Gott; nichts kann die Verantwortlichkeit der Kreatur weg tun. Im Anfang des Briefes an die Römer stellt der Apostel den sündigen Zustand der Heiden und Juden vor. Ohne Gesetz ist der Mensch gesetzlos (gottlos), entehrt durch die Sünde, hat alle wahren Ideen von Gott verloren und ist hingegeben solchen Dingen, die dem Menschen nicht geziemen. Unter dem Gesetz ist er nicht allein durch die Wirkung der Lust verdorben, sondern ungehorsam kraft seines eigenen Willens. Das Gesetz verdammt nicht allein die Sünde, sondern auch den Sünder. Der Herr kommt, von einem Weib geboren und unter das Gesetz getan; Er vergießt sein Blut, um uns vor Gott zu reinigen, um den Sünder zu rechtfertigen vor Gott, dem gerechten Richter. Die tiefe, reiche Gnade ist auch in diesem Werk vor uns gestellt. Dies ist die Lehre der Brief bis Ende des 3. Kapitels.

In dem 4. Kapitel fängt er an, eine andere Wahrheit zu betrachten, nämlich die Wirkung und das Ergebnis der Auferstehung Christi. Im 5., 6. und 7. Kapitel haben wir die Wirkung dieser Wahrheit und im 8. Kapitel das vollkommene Ergebnis.

In dem 4. Kapitel ist die Geschichte Abrahams eingeführt. Wenn der Jude durch das Gesetz verdammt war, so konnte er sich auf das Verhältnis Abrahams mit Gott berufen. Der Apostel stellt darum die Grundsätze dieses Verhältnisses vor und zeigt, dass dasselbe von dem Glauben und der Verheißung abhing. Die Gerechtigkeit war durch den Glaube, und dem Abraham gegeben, ehe er beschnitten war, „Abraham glaubte Gott und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“ Noch ein anderer Grundsatz ist in diesem Kapitel dargestellt. Abraham war so gut wie gestorben, wie auch sein Weib Sara. Gott hatte dennoch einen Samen verheißen. Abraham zweifelte nicht wegen der Unfähigkeit des Menschen, sondern glaubte in der Kraft Gottes, der seine Verheißungen erfüllen sollte. Und dies wurde im zur Gerechtigkeit gerechnet.

So ist es mit uns; nur mit dem bemerkenswerten Unterschied, dass wir nicht glauben, dass Gott seine Verheißungen vollbringen kann, sondern dass Er sie vollbracht hat. „Wir glauben an Gott, der unseren Herrn Jesus von den Toten auferweckt hat.“ Hier ist zu bemerken, dass der Apostel nicht sagt: Wir glauben an den, der auferweckt ist, sondern an den, der auferweckt hat. So lasst er uns verstehen, was die Tragweite dieser Lehre ist. Gott ist nicht ein gerechter Richter in der Auferstehung, und als solcher befriedigt in dem Werk Christi, sondern Er wirkt in seiner eigenen Kraft in dem Gebiet des Todes, um seinen Geliebten auszuführen und um uns jetzt in Christus in eine neue Stellung, wo der Tod und die Sünde keinen Platz finden, einzuführen. Gott arbeitet für uns, um uns völlig zu erretten und vor Ihn zu setzen in Gnade und in Gerechtigkeit. Der Mensch tot, was das geistliche Leben betrifft, und was das natürliche Leben betrifft, lebendig in der Sünde, stirbt in Christus und aufersteht in Ihm, und findet seinen Platz vor Gott in Gnade, wo die Sünde hinweggetan und die Gerechtigkeit vollbracht ist. „Um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt.“

Vom 5. bis 8. Kapitel wendet er diese Wahrheit auf unseren Zustand an. Im 5. Kapitel auf unsere Rechtfertigung; im 6. auf das neue Leben des Christen; im 7. auf das Gesetz; im 8. finden wir den Zustand der befreiten Seele vollkommen dargestellt.

Im 5. Kapitel zeigt er, dass der Gläubige Frieden mit Gott genießt, dass er lebt in der Gunst Gottes, Erbe seiner Herrlichkeit ist und sich der Trübsale selbst freut, die sein geistliches Wohl fördern. Noch mehr, er freut sich Gottes selbst, der Quelle einer beständigen Freude. Der Mensch war in dem ersten Adam und darum auch Erbe der Folgen seines Ungehorsams; der Gläubige ist in dem zweiten Adam, durch dessen Gehorsam er gerecht ist; weil er aber gerecht ist durch den Gehorsam eines anderen, Christi, so sagt das Fleisch: es ist gleichgültig, was ich tue, ich kann tun, was ich will. Ich aber sage: Du hast schon genug getan, dich zu verderben und erkennst an, ohne es zu bemerken, dass du die Sünde willst. – Doch fahren wir in unserem Gegenstand weiter fort.

Der Apostel spricht hier nicht von dem wichtigen Beweggrund, dass der Gläubige in dem Blut Christi findet, nicht zu sündigen, noch von der Kraft der Liebe Gottes, sondern er zeigt, dass er nicht in der Sünde leben kann, welcher er gestorben ist. Der Christ ist teilhaftig der Folgen des Gehorsams Christi, weil er gestorben und auferstanden ist. Wie kann er in der Sünde leben, da er dieser Sünde schon gestorben ist? Ein gestorbener Mann lebt nicht. Er ist nicht teilhaftig des Segens, der in Christus ist, es sei denn, dass er das Leben Christi hat. Obgleich, was das natürliche Leben betrifft, er noch in der Welt lebt, so soll er sich der Sünde für gestorben halten, weil er lebt von dem Leben Christi, der gestorben und auferstanden ist.

Im 7. Kapitel betrachtet er die Wirkung derselben Wahrheit in Beziehung auf das Gesetz. Das Gesetz, sagt er, herrscht über den Menschen, solange er lebt, und stellt als Beispiel das Band der Ehe auf. Solange als der Erste Mann lebt, darf die Frau keinen anderen haben, anders würde sie schuldig sein. Der Erste Mann ist das Gesetz, der zweite Christus, auferstanden von den Toten (Christus lebend auf dieser Erbe war selbst unter dem Gesetz). So kann man nicht unter dem Gesetz sein und auch verbunden mit Christus, auferstanden von den Toten. Dennoch ist es nicht das Gesetz, welches stirbt, sondern Christus ist gestorben unter dem Gesetz; denn die unter dem Gesetz gesündigt haben, sollen durch das Gesetz verurteilt werden, und das Gesetz ist nützlich, so man sein recht braucht (Röm 2,12; 1. Tim 1,8–9). Wären wir selbst unter dem Gesetz gestorben, so wären wir verloren; aber Christus ist für uns gestorben, und weil Er von den Toten auferstanden ist, sind unsere Seelen mit Ihm verbunden, da das Gesetz kein Recht mehr über einen gestorbenen Menschen hat. Nun ist also Christus, der von den Toten auferstanden ist, unser einziger Mann. Also hat uns die Auferstehung Christi vom Gesetz sowohl als von der Sünde und Verdammnis befreit.

Das 5. Kapitel an die Römer erweist also uns unsere Stellung in Christus, dem zweiten Adam, der auferstanden ist; das 6. das neue Leben in Ihm, dessen Kraft ist, dass wir uns der Sünde für gestorben halten und das 7. unsere vollkommene Befreiung vom Gesetz, welches über einen Mann herrscht, solange er lebt; wir aber sind gestorben und auferstanden in Ihm. Es ist der neue Mensch in Christus, welcher Gott Früchte bringt und nicht der alte unter dem Gesetz. Daran ist aber das Gesetz nicht Schuld; sondern weil die Sünde in dem Fleisch ist, so ist die Wirkung des Gesetzes, die Sünde auf das Gewissen zu binden und ein Anlass für die Sünde zu werden, sich zu erregen.

Um auf die Hauptsache des Kapitels zurückzukommen, so sehen wir, dass man nicht unter dem Gesetz und mit Christus dem Auferstandenen zu einer Zeit sein kann; man würde sonst zwei Männer zugleich haben. In der zweiten Hälfte des Kapitels haben wir die Erfahrungen des Menschen, der die Gerechtigkeit unter dem Gesetz vollbringen und Gott in Beziehung mit dem Gesetz, dem ersten Mann, Frucht bringen will. Erweckt von Gott und unter dem Einfluss des neuen Lebens versteht er die Geistlichkeit des Gesetzes, er schätzt seine Forderungen; er will das Gesetz erfüllen und sein Gewissen kann sich nicht befriedigen, ohne dieses zu tun. Die neue Natur hat die Gerechtigkeit des Gesetzes lieb; aber durch den Widerstand des Fleisches vollbringt sie dieselbe nicht (V 14.16.22). Trauriger Zustand der Seele, die durch die Wirkung der Gnade in ihr will das Gute tun, aber weil sie unter dem Gesetz ist, nichts vollbringen kann. Doch bemerken wir hier, dass die Seele in Beziehung mit dem ersten Mann ist und daher gar nicht mit dem zweiten. Wir haben gesehen, dass sie nicht zwei Männer zusammen haben kann. So spricht diese Stelle weder von Christus noch von dem Heiligen Geist. Man findet die allgemeine christliche Erkenntnis der Geistlichkeit des Gesetzes. Das persönliche, erneuerte Gewissen weiß, dass die Forderungen dieses geistlichen Gesetzes nicht erreicht werden. Der erneuerte Wille macht alle mögliche Anstrengungen, bis dahin zu reichen, aber es gelingt ihm nicht. Er hat dennoch die Geistlichkeit des Gesetzes lieb; er wünscht nicht, dass dieses weniger vollkommen sei. Er weiß, dass Gott seine Autorität nicht vermindern und seine Heiligkeit nicht verändern kann. Von ganzem Herzen strengt er sich an, das Ziel zu erreichen; aber die Kraft mangelt ihm. Das Gesetz fordert eine vollkommene Vollbringung, das Gewissen und der Wille stimmen ein; aber das Gesetz gibt keine Kraft; das Ziel wird niemals erreicht. Die Erwachung des Gewissens wirkt nicht die Vollbringung der Gerechtigkeit, sondern die Verzweiflung in der aufrichtigen Seele. Es ist viel schwerer zu wissen und anzuerkennen, dass man keine Kraft hat, Gutes zu tun, als dass man gesündigt hat. Die Erfahrung, welche die Seele unter dem Gesetz macht, ist ein Mittel, die Überzeugung ihrer Ohnmacht zu bewirken; aber weder Gott noch der neugeborenen Seele kann die Gerechtigkeit gleichgültig werden, und weil sie dieselbe nicht vollbringen kann, so soll der Mensch seine Erlösung anderswo finden. Doch weil Gott die aufrichtige Seele von ihrer Ohnmacht überzeugen will, hat Er keinen Gefallen, sie in dem traurigen Zustand zu lassen, und sobald sie diesen Zustand anerkennt und Hilflos in sich selbst ist und weiß, dass sie die Gerechtigkeit des Gesetzes niemals erreichen kann, so offenbart Er ihr seine vollkommene Befreiung in Christus. Alsdann dankt sie Gott für das, was schon getan ist, und so entdeckt sie ihre Stellung in dem auferstandenen Christus, ihrem wahrhaftigen Mann, um Gott Frucht zu bringen (V 24–25). Jetzt ist nicht allein die Stellung, sondern auch die Kraft und die Freiheit sein Anteil. Das Fleisch ist da; seine Natur ist nicht verändert; aber unsere Stellung vor Gott ist im Geist und nicht im Fleisch. Die Kraft des Geistes ist lebendig in uns da, so dass wir wandeln nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist. Christus im Himmel ist der Ausdruck unserer wahrhaftigen Stellung vor Gott; Christus lebend auf der Erde ist die Darstellung und das Beispiel des himmlischen Menschen auf der Erde. Wandeln wir nach dem Geist, so erfüllen wir das Gesetz (indem wir Gott und unseren Nächsten lieb haben), weil wir nicht unter dem Gesetz sind.

Der Heilige Geist hat das Ende des 25. Verses hinzugefügt, um zu zeigen, dass, obgleich wir befreit sind, die Natur des Fleisches nicht verändert ist; aber das Gesetz (d. h. hier, der immer auf dieselbe Weise wirkende Grundsatz) des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreit uns vollkommen von dem Gesetz der Sünde und des Todes. Diese herrschen in dem alten Menschen; in Christus leben wir in dem neuen, wo der alte kein Recht hat und der Heilige Geist ist die einwirkende Kraft. Was die Gerechtigkeit betrifft, so hat der Christ vollkommenen Frieden, weil er weiß, dass Gott anstatt ihn zu verdammen, getan hat, was das Gesetz nicht tun konnte, dass Er nämlich durch Christus in der Gleichheit des Fleisches der Sünde und als Sündopfer die Sünde im Fleisch verdammte. Der aufrichtige Christ wird immer mehr betrübt sein über die Wirkung der Sünde in seinem Fleisch, wie über seine früher begangenen Sünden selbst; aber er weiß, dass Christus an seiner Statt sowohl für diese gestorben ist, wie für jene. Hier dann im Kapitel 8. finden wir Christus als Opfer auf dem Kreuz, und lebend in der Auferstehung, sowie die lebendige Kraft und das freudenreiche Zeugnis des Heiligen Geistes vollkommen entwickelt. Vom Vers 5–11 des 8. Kapitels ist der Heilige Geist als Charakter und Kraft des Lebens; von Vers 12 bis 27 ist Er in uns der persönliche Zeuge unserer Kindschaft und unseres Erbteils und der Mithelfer unserer Schwachheit; von Vers 28 bis Ende des Kapitels erweist der Heilige Geist, dass Gott nicht allein in uns wirkt, sondern auch, dass Er in seiner eigenen Kraft und Treue für uns ist, so dass der gesegnete Gläubige versichert ist, dass nichts ihn von der Liebe Gottes, die er durch den Heiligen Geist, der in ihm wohnt, erkennt, trennen kann. Die Höhe der Herrlichkeit, die Tiefe des Todes sind in Christus die Beweise und die Mittel unserer ewigen Seligkeit vor Gott selbst, welche die Gnade uns gegeben hat.

Es wäre vielleicht nützlich, die Lehre über den 3. Vers des 8. Kapitels noch etwas ausführlicher darzustellen. Die drei ersten Verse in diesem Kapitel führen uns den Hauptinhalt der drei vorhergehenden Kapitel vor. Es gibt, wie wir gesehen haben, drei Gegenstände darin. Zuerst finden wir die sündige Stellung des Menschen in Beziehung seiner Verantwortlichkeit, welcher die Rechtfertigung vor Gott entspricht. Dies ist der Gegenstand des 5. Kapitels. Die Natur des ölten und des neuen Menschen, ist der Gegenstand, den das 6. Kapitel betrachtet. Gott aber, um die Fähigkeit des Menschen, die Gerechtigkeit hervorzubringen, zu prüfen, hat das Gesetz eingeführt und der Mensch, weil er gefallen und ein Sünder war, konnte diese Gerechtigkeit nicht vollbringen. Selbst als er noch kein Sünder war, wurde die Prüfung seines Gehorsams durch ein Gesetz der Anlass seines Falles Wenn aber durch die neue Geburt die Geistlichkeit des Gesetzes erkannt ist, dann versteht der Mensch, dass er nicht allein Sünden getan hat, sondern dass ein Gesetz der Sünde in seinen Gliedern ist. Diesen Gegenstand betrachtet der Heilige Geist in dem 7. Kapitel.

Die Kraft und die Natur des neuen Lebens in Christus, gestorben und auferstanden, ist die Antwort der Gnade Gottes an die Bosheit des Fleisches. Dieses ist in dem 6. Kapitel vorgestellt. Die Befreiung der Seele durch das völlige Verständnis des Werkes Gottes in Christus, entspricht in der Gnade den Erfahrungen des 7. Kapitels. Wenn man nun mit Aufmerksamkeit die drei ersten Verse des 8. Kapitels betrachtet, wird man leicht sehen, dass der 1. Vers dem 5. Kapitel, der 2. dem 6. und der 3. dem 7. Kapitel entspricht. Das 6. und 7. Kapitel stehen aber in enger Verbindung, weil das Gesetz, durch die Erfahrungen des neugeborenen Menschen, der unter demselben liegt, das Mittel ist, die wahrhaftige Natur des alten Menschen zu erkennen. So finden wir diese zwei Kapitel in dem 2. und 3. Verse des 8. Kapitels vorgestellt. Alle Hoffnung der Verheißung ist auf die Rechtfertigung in dem 5. Kapitel gegründet. Die Menschen wollten es nicht also haben; sie wollten sich wirklich von dem Gesetz der Sünde durch ihre Anstrengungen befreien, um sich tadellos vor Gott zu befinden; aber Gott erlaubte dieses nicht und nach der Wahrheit kann es nicht also geschehen, weil einerseits das Werk Christi unnütz wäre, und andererseits die Menschen die wahrhaftige Natur und Schuld der Sünde nicht kennen würden. Wenn man durch seine Anstrengungen in seinem Gewissen vor Gott freistände, so würde die Rechtfertigung, wenn auch nicht durch eigene Kraft, doch wenigstens durch das Werk des Heiligen Geistes und nicht durch das Werk Christi stattfinden. Aber das will Gott nicht und der Mensch kann es nicht, weil die Wirkung des Heiligen Geistes ihn die Unerträglichkeit der Sünde vor Gott sehen lässt und die Natur des Menschen sich nicht verändert. Diese Natur aber ist Sünde. Der Mensch muss sich der Gerechtigkeit Gottes unterwerfen. Überzeugt von der Sünde, verdammt von dem Gesetz, muss er seine Gerechtigkeit in einem anderen finden, nämlich in Christus, gestorben für ihr, auferstanden vor Gott. Darum kommt das 3. und das 5. Kapitel des Briefes vor dem 6. und 7. Kapitel und der 1. Vers des 8. Kapitels vor dem 2. und 3. Verse.

Nachdem der Heilige Geist den Kampf der neugeborenen Seele vorgestellt und seine Ohnmacht bestätigt hat, ist das – „keine Verdammnis,“ – (Kap 8,1) das erste Bedürfnis der Seele und der Anfang der Antwort Gottes in seiner Gnade. – Weil wir aber dieses Vorrecht – „keine Verdammnis“ – in einem auferstandenen Christus haben, so trennt sich dasselbe nicht von dem Leben und kann nicht getrennt werden. Darum ist es nicht allein eine Lehre, von einem Gegenstände, der vor Gott ist, sondern eine Veränderung der Erfahrungen in der Seele, bewirkt durch die Kenntnis dieses Gegenstandes durch den Glauben. Der Mensch hat durch das Gesetz die Erfahrungen seiner Ohnmacht gemacht; er hat das Gesetz der Sünde in seinen Gliedern durch das Gesetz Gottes kennen gelernt; er hat diese Sünde in sich selbst gesehen; er hat sie gehasst; aber er hat sich nicht von ihr befreien können. –

Ehe wir weiter gehen, müssen wir bemerken, weil wir vom Gesetz sprechen, dass selbst Christus für viele Seelen ein Gesetz ist. Sie erkennen seine Liebe; sie sehen wie groß dieselbe in seinem Werk am Kreuz ist; sie haben in dieser Liebe einen Beweggrund für die vollkommene Liebe ihres Herzens zu Christus; aber sie finden dieselbe nicht in ihrem Innern. Sie sollen Christus von ganzem Herzen lieben, aber sie lieben Ihn nicht also. Und dieses ist gerade das Gesetz, welches erfordert, dass wir Gott lieben von ganzem Herzen. Wir haben in Christus einen neuen Beweggrund gefunden; wir haben dem Gesetz vielleicht eine neue Form gegeben; aber wir befinden uns immer unter dem Gesetz, bekleidet mit dem Namen Christi. Die Kraft der Sünde ist stets da; sie verhindert uns, das Gesetz zu erfüllen, welches erfordert, dass wir von ganzem Herzen lieben. Die Sünde ist in dem Fleisch, die mich drängt und überwindet. Wie kann ich ein Ende machen mit diesem schrecklichen und listigen Feinde? Unsere Ohnmacht ist unsere Zuflucht. Wir finden, dass Gott selbst hineintreten muss, weil wir nichts darin tun können. Sobald ich das Werk Gottes (nicht die Verheißungen) verstanden habe, finde ich, dass Gott das ganze Werk schon vollbracht hat. Das ist, was der dritte Vers will. Gott selbst hat das Nebel bekämpft, das mich immer unterjochte. Ohne Sünde zur Sünde gemacht, hat Christus sowohl die Sünde in dem Fleisch für uns vor Gott, als auch die Sünden, die wir wirklich begangen haben, weggetan, weil Er nicht allein, für die Sünden, sondern auch für die Sünde gestorben ist.

Die Liebe Gottes ist uns offenbart, weil Christus in diese Welt gekommen ist, da wir nichts als Sünder waren; aber diese Offenbarung seiner Liebe reinigt das Gewissen nicht. Doch nicht allein das; sondern solange das Gewissen nicht gereinigt ist, kann das Herz die Liebe nicht genießen, weil die Ungewissheit in dem Gewissen die Furcht hervorbringt, und diese das Herz verhindert, um der Liebe gewiss zu werden. Wohl ist es darüber gewiss, dass in Gott die Liebe ist, aber es kann sie sich selbst nicht zueignen, weil das Gewissen immer sagt, dass Gott die Sünde nicht ertragen kann. Der Heilige Geist, der im Evangelium von der Liebe spricht, ist durch dasselbe Wort Licht, um von der Sünde zu überzeugen. Und diese Überzeugung reicht nicht allein bis zu den Sünden, sondern auch bis zur Sünde. Ein Kind kann von der Liebe seines Vaters überzeugt sein; aber es kann sich nicht vor sein Angesicht stellen, wenn sein Gewissen es anklagt. „Die Furcht hat Pein.“ Wenn wir aber mit Christus auferstanden sind, so ist es nicht allein wahr, dass Gott uns in unserem Sünderzustand geliebt hat; Er hat uns auch in eine durchaus neue Stellung versetzt; in die Stellung Christi selbst vor Gott, wo wir selbst das Ergebnis der Wirkung Gottes sind, nach der Kraft, womit Er Christus von den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in den Himmel versetzt hat (Eph 1,9–23; 2. Kor 5,5).

Die Erscheinung der Liebe Gottes in Christus, da wir Sünder waren, ist uns 1. Johannes 4,9 vorgestellt; aber unsere vollkommene Stellung in Christus durch die Teilnahme desselben Lebens ist in demselben Kapitel Vers 17 dargetan. Christus aber ist in diese Stellung hineingetreten, als Er sein Werk durchaus vollbracht hatte, das Werk, wodurch das Gewissen gereinigt und so die Liebe in das Herz ohne Hindernis ausgegossen ist. Weil ich vereinigt mit Christus bin, der schon für mich gestorben und auferweckt ist, so kann die Sünde mir ebenso wenig zugerechnet werden, als sie Christus zugerechnet werden kann. Seine Stellung vor Gott ist ganz die meinige und gedenken wir daran, dass, eine andere zu haben, nichts anders hieße, als verdammt zu werden. Es gibt zwischen dem ersten und zweiten Adam kein Mittelding Wir wissen aber wohl, dass die Stellung Christi vor Gott, jetzt sündlos ist; nicht allein, was die Vollkommenheit der Person betrifft, die immer vollkommen war, sondern auch in Betreff der Zurechnung der Sünde. Warum aber? Ist Gott gleichgültig gegen die Sünde geworben? Ist Christus nicht mit ihr beschäftigt? Ist Er vor der Schwierigkeit der Arbeit entflohen? Hat Er die zwölf Legionen Engel gefordert, um sich zu erretten? Oder den Rat der Hohepriester angenommen und sich selbst gerettet, wie Er so oft die Anderen gerettet hatte? Wir wissen es wohl; nein! Er ist das sündlose Haupt der Gläubigen, weil Er die Sünde, als ihr Vertreter auf dem Kreuz für sie hinweggetan, und sie, als Er dieses vollbracht hatte, mit sich vereinigt, durch ein neues Leben, ausströmend aus Ihm, und durch die Kraft des Heiligen Geistes, der sie mit Ihm eins macht. Und was ist jetzt die Tragweite dieser Wahrheit für die Gläubigen? Nicht allein hat Christus unsere Sünden auf dem Kreuz getragen; Er war daselbst unser Vertreter persönlich vor Gott. Für alles, was der Heilige Geist uns zeigt, das vor dem Angesicht Gottes, im Licht seiner Gegenwart Sünde ist, für alles dieses ist Christus auf dem Kreuz gestorben und hat es für uns getragen. Er ist selbst, vor dem Angesicht Gottes, gerichtet nach dem Licht seiner Herrlichkeit, da Er, welcher Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht ward. Jetzt ist, Gott sei Dank, alles vorübergegangen. Das Werk ist vollbracht; die Wolke des Blitzes des Gerichts Gottes, das Gewitter seines Zorns ist vorübergezogen und hat unsere Sünde mitgenommen, und die Sonne der Liebe Gottes selbst scheint jetzt ohne Hindernis aus; die vollkommene Liebe, die Christus gab, um das Werk zu vollbringen. Das Gewissen ist gereinigt nach der Heiligkeit Gottes, welche die Sünde daselbst gerichtet hat.

Früher war Gott selbst verborgen, obgleich Er das Gesetz unter die Menschen geschickt hat; aber der Schlag, der den Vorhang zerriss, auf dass Gott in seiner Heiligkeit offenbart wurde, hat die Sünde weggenommen, die uns verbot vor seinem unbedeckten Angesicht zu stehen. Das vollkommene Licht (denn das wahre Licht ist jetzt erschienen), welches hervorleuchtend ist und in welchem wir stehen, zeigt, dass wir vor dem Angesicht Gottes ohne Sünde sind, und dass unsere Kleider in dem Blut des Lammes gewaschen sind. Desto näher wir dem Licht stehen, desto deutlicher offenbart sich unsere vollkommene Reinheit vor Gott.

Was nun das Gesetz nicht tun konnte, weil es den Sünder verdammt, ohne sein Fleisch verändern zu können, das hat Gott getan, weil Christus nicht allein unsere Sünden getragen hat, sondern in der Gleichheit des Fleisches der Sünde gekommen und ein Opfer für die Sünde geworden ist, und also hat Gott die Sünde im Fleisch verurteilt. Lasst uns wohl beachten, Er sagt nicht: sie wird verurteilt, als etwas, was noch getan werden muss; und auch nicht: durch die Kraft des Heiligen Geistes, sondern durch das Sündopfer Christi. Für die Sünde, wovon der Heilige Geist dich, der du glaubst, überzeugt hat, hat Christus sich wie ein Sündopfer übergeben. Gott hat die Sünde, die dich bisher betrübt hat, verdammt, aber am Kreuz Christi. Er hat sie weggetan, und du bist von ihr freigesprochen. Du hassest sie, – es kann nicht anders sein, wenn der Heilige Geist in dir wirkt; – jetzt ist sie dir ebenso wenig zugerechnet, wie die Anderen traurigen Früchte, die der faule Baum hervorgebracht hat. Du bist vor Gott in Christus, in welchem sie am Kreuz verurteilt worden ist.

Was nun die Heiligung betrifft, – was ist die Wirkung dieser Wahrheit? – Was haben wir von der Stellung des Gläubigen gesagt? Er ist in das Licht selbst vor das Angesicht Gottes gestellt. Er hat ein Leben, welches sich in diesem Licht erfreut, und den Heiligen Geist, um es zu genießen. Nach diesem Licht ist die Heiligung gemessen. Weil wir in der Gegenwart Gottes sind, so wird alles nach der Vollkommenheit dieser Gegenwart beurteilt. „Wir haben Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn.“ Darum sagt auch der Apostel, wenn er Römer 3,33 von der Sünde spricht, nicht, wir haben gesündigt und reichen nicht an die Pflicht der Menschen, sondern wir erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes, und weil wir aus dem Grundsatz der Gnade stehen, so ist nicht die Heiligkeit allem gefordert, sondern wir sind Teilhaber seiner Heiligkeit. Und nicht allein das, sondern weil Gott für uns ist, so haben wir die Kraft, diese Heiligung zu verwirklichen und weil wir wissen, dass Er für uns ist, haben wir Vertrauen, diese Kraft bei Ihm zu erlangen In der Gemeinschaft Gottes wird die Heiligung verwirklicht; aber mit dem Bewusstsein der Sünde ist die Gemeinschaft unmöglich. Wo werden wir die Kraft zur Heiligung finden, wenn nicht in Gott? Wie können wir die praktische Heiligung selbst vollbringen, ohne diese Kraft? Wie kann ich diese Kraft bei Gott suchen, wenn ich nicht die Gewissheit habe, dass Er für mich ist, und wenn mein Gewissen mich verhindert, Ihm zu nahen? Die Anstrengungen nach der Heiligkeit können treu sein, ohne dass man befreit ist, weil die Neigungen des neuen Lebens da sind; aber solche Anstrengungen werden immer mit dem Bedürfnis der Rechtfertigung vermischt und die wahrhafte Natur der Heiligkeit wird verkehrt und verloren werden, oder besser gesagt, nicht erkannt werden. Was die Regel des Lebens in Beziehung unserer Stellung in Christus betrifft, so ist sein Leben auf der Erde unser Beispiel. „Der da sagt, dass er in Ihm bleibt, soll auch wandeln, wie Er gewandelt hat.“ In Ihm waren zwei Dinge: Er war ein gerechter Mensch vor Gott, und die Offenbarung des Charakter Gottes vor den Menschen. Dies soll auch unser Leben auf der Erde sein; wandelnd vor dem Angesicht Gottes, sollen wir seinen Charakter vor den Menschen offenbaren. Dieses findet statt, weil Christus schon unser Leben ist; wie der Apostel sagt: „Auf dass das Leben Christi in unserem sterblichen Leib offenbart werde.“ Und hier ist der wichtige Unterschied, zwischen dem Gesetz und den Geboten Christi. Das Gesetz verheißt das Leben, wenn wir seine Gebote erfüllt haben. Die Gebote Christi, wie alle Sinne Worte und Werke, sind der Ausdruck und die Richtung des Lebens, welches wir schon in Ihm besitzen. Und jetzt, welches waren die Grundsätze dieses Lebens in Christi selbst? Zuerst konnte Er sagen: „Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ Die Liebe war die Urquelle seiner ganzen Wirksamkeit. Selbst als Mensch war Er von Gott geboren und Er selbst konnte sagen, dass um der Freude willen, die vor Ihn hingestellt war, Er die Schande nicht achtete und das Kreuz trug. So ist es mit uns, mit dem notwendigen Unterschied seiner herrlichen Person, weil Er Gott selbst ist. Vereinigt mit Ihm, ist unser Leben mit Ihm in Gott verborgen.

Was unser christliches Leben betrifft, so sind wir von Gott geboren. Die Liebe Gottes in unseren Herzen ist die Quelle unseres Wandels; und die Herrlichkeit in Christus, die uns vorgestellt ist, bestärkt uns in allen Leiden unserer Pilgerschaft auf der Erde. Dazu dürfen wir noch hinzufügen, dass die Kraft des Heiligen Geistes durch dessen Fülle Er auf der Erde lebte und wirkte, unsere Kraft ist, um Ihm nachzufolgen. Darum haben wir zwei Grundsätze, um das Gute und das Böse zu messen: die Innewohnung des Heiligen Geistes in uns auf der einen Seite, und das Leben und die Fülle eines verherrlichten Christus auf der anderen Seite. Was den Heiligen Geist, womit wir auf den Tag der Erlösung versiegelt sind, betrifft, so sollen wir ihn nicht betrüben; vielmehr sollen wir von Ihm erfüllt werden, auf dass unsere Gemeinschaft mit Gott verwirklicht werde in vollkommener Freude. Was den Herrn betrifft, so sollen wir den alten Menschen ausziehen und den neuen Menschen anziehen, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und wahrhaftiger Heiligkeit. Und nicht allein das; sondern in Beziehung mit der Fülle seiner Herrlichkeit, sollen wir aufwachsen in allen Dingen in Ihn hinein, der das Haupt ist, nämlich Christus, zu einem vollgewachsenen Mann, nach dem Maß der Natur der Fülle des Christus. –

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