Botschafter des Heils in Christo 1854

Die Kirche nach dem Wort Gottes

1 Das ist für uns eine Frage von der höchsten Wichtigkeit und beschäftigt in unseren Tagen viele ernste Christen. Doch kann nur das Wort Gottes, dieses einzig wahre Licht, uns eine richtige Lösung dieser Frage geben und wir tun wohl an dieser Quelle allein zu schöpfen. Wir dürfen es auch gewiss als eine Wirkung des Geistes Gottes ansehen, dass diese Frage gegenwärtig immer lauter erhoben wird. Seine Kinder sollen die Ausdehnung und die Gedanken seiner Liebe kennen lernen, und in wahrhaft christlicher Aufopferung eine Stellung einnehmen, welche seiner Gute entspricht. Das lebendige Bewusstsein, Glied der Kirche Gottes zu sein, leitet unsere Neigungen und bildet den Charakter unseres Christentums. Sind wir in den letzten Tagen, wie es viele ernste Christen denken, so muss gewiss die Wichtigkeit und der Wert dieser Frage immer fühlbarer werden. Es ist wahr, die klugen Jungfrauen mussten zu jeder Zeit ihre Lampen bereit halten und wachen, aber diese Pflicht war noch weit gebieterischer, als um Mitternacht der Schrei erscholl: „Siehe, der Bräutigam kommt, geht aus ihm entgegen!“

Die Kirche ist etwas unendlich Kostbares für Christus. Er hat sie geliebt; Er hat sich für sie hingegeben, auf dass Er sie heiligte, sie reinigend durch das Bad des Wassers im Wort, auf dass Er sich selbst die Kirche dar stellte ohne Flecken, ohne Runzel oder dergleichen, sondern dass sie heilig und fehlerlos sei (Eph 5,25–27). Diese Offenbarung lässt uns die Wichtigkeit der Kirche fühlen. Sie ist der Gegenstand der Liebe und Sorge Christi und wie herrlich wird die Erfüllung der Ratschlüsse Gottes in Betreff ihrer sein! Welch ein Vorrecht, ihr anzugehören! – In obiger Stelle wird auch die ganze Innigkeit eines Mannes mit seinem geliebten Weibe als Bild von der Einigung der Kirche mit Christus hingestellt; übrigens ein schwaches Bild von der Wirklichkeit dieses großen Geheimnisses. Wir sind Glieder seines Leibes, Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Bein. Die Kirche nimmt dieselbe Stellung ein, welche Eva in Bezug auf Adam inne hatte, der ein Bild von dem war, der kommen sollte. Sie ist mit Ihm verbunden im Genuss alles dessen, was Ihm Gott verliehen hat.

Durch die Natur der Sache selbst begreift man völlig, dass eine solche Verbindung mit Christus eine ganz besondere Stellung ist; sie macht einen besonderen Gegenstand der Ratschlüsse und Gedanken Gottes ans. Denn die Stellung einer Braut oder die eines Weibes, wie die der Eva ist etwas ganz Besonderes. Sie ist nicht das Erbe; sie ist weit mehr als Kind, wie teuer dies auch seinem Vater sein mag; es heißt das mehr als Volk Gottes sein, obgleich alle diese Dinge zu gleicher Zeit wahr sein können. Man kann nichts innigeres mit sich verbunden denken, als sein Weib und seinen Leib. Niemand, sagt der Apostel, hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, das ist das eigene „ich.“ Eine solche Beziehung erweckt die innigsten Gefühle und ruft die unumschränktesten Pflichten hervor. Der Herr selbst hat die Tragweite dieser Stellung in den Worten ausgedrückt: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Er selbst, sein Leib war es, den Saul verfolgte.

Der Kaufpreis Christi für die Kirche war sein Blut, sein eigenes Leben. Er hat sich selbst dar gegeben und nachdem Er sie für sich erworben hat, bildet Er sie. Er heiligt sie, damit Er sie sich selbst als eine herrliche Kirche ohne den geringsten Makel darstellte. Nichts soll ihrer Herrlichkeit mangeln; nichts dass Auge oder das Herz ihres göttlichen Bräutigams verletzen können. Hier schon bemerken wir, dass sie unter allen Umständen immer als ein Ganzes betrachtet wird, sowohl während ihrer Reinigung auf Erden, als auch wenn sie herrlich ihrem Bräutigam im Himmel dargestellt wird.

Die Erlösung dieses Leibes durch das Blut des Kreuzes ist auf der Erde geschahen; ihre Reinigung durch das Wort mittels des Geistes geschieht auch auf der Erde. Das herrliche Ergebnis bei der Wiederkunft Christi wird ihre Vollendung im Himmel sein, für den sie bereitet ist. Hat auch die Hochzeit noch nicht stattgefunden, so hat doch das Verhältnis immer in seinen Rechten bestanden; nicht nur nach dem Ratschluss Gottes, sondern in Wirklichkeit. Seit Christus die Kirche für sich erworben hat, ist sie sein. Das Verhältnis besteht, und wie Christus immer treu gewesen ist, so hätte es auch die Kirche sein sollen. Ihre Reinigung von Seiten Christi war die Absicht dieses Verhältnisses, und das hätten die Christen stets anerkennen sollen. Doch bleiben sie stets verantwortlich in Betreff der Pflichten, welche aus diesem Verhältnis hervorgehen.

Die Existenz der Kirche ist auf die Tatsache gegründet, dass Christus sie geliebt und sich für sie dahin gegeben hat. Sie ist versöhnt und erlöst; sie genießt die Gnade der vollkommenen Liebe Christi. Er hat sie erkauft, um sie herrlich darzustellen, und dies alles bildet den Grund ihres Lebens und ihrer Beziehungen. Sie wird nicht durch ein Gesetz auf die Probe gestellt; sie ist der Gegenstand des vollkommenen Werkes Christi. Er hat sie erworben, als sie noch im Dienst Satans, unrein und schuldig war. Diesem Werk allein verdankt sie ihre Existenz; und sie ist darum verantwortlich, weil Christus sie erworben hat. Dies sagt ihr ohne Zweifel, dass sie gänzlich sein Eigentum sein soll; aber sie muss es sein, weil sie es schon ist. Der Christ hat die friedliche Versicherung, dass er Christus angehört. Diese Versicherung gibt eine Ruhe, welche die süßesten Gefühle erweckt. – Die Wirkung dieser Wahrheit in dem Gewissen ist für die Heiligung ebenso groß. Diese Heiligung ist die Reinigung dessen, was allein Christus angehört. Er setzt es in den Stand, um immer bei Ihm zu wohnen. Diese Reinigung dehnt sich auf die Gedanken, die Gefühle und die Art und Weise der Anschauung aus. Da die Kirche Ihm ganz angehört, so steht sie in jedem Gefühle, in jeder Bewegung des Herzens mit Ihm in Beziehung. Er kann ihre Reinigung ebenso vollständig verwirklichen, als ihre Erlösung. Er wird sie sich ohne Runzeln darstellen, aber das Herz des Christen sollte diesem Werk entsprechen.

Der Einfluss der Beziehung der Kirche mit Christus aus die Hoffnung ist nicht weniger groß. Sie ist außerhalb der Gerichte, welche die Ankunft des Herrn über diese Welt herbeiführen wird. Sie gehört der Welt nicht mehr an. Vielmehr erwartet sie den glücklichen Augenblick, wo der Herr sie rufen wird. Er wird sie zu sich nehmen, damit sie die Herrlichkeit und die Freude des Verhältnisses mit Christus völlig genießen, welches sie durch die Gnade schon kennt. Das ist die Stellung der Kirche und ihrer Beziehung mit Christus.

Christus ist das Haupt der Kirche, welche ist sein Leib, die Fülle des, der alles in allen erfüllt (Eph 1,22). Der Leib gehört zum Haupt und macht den Menschen vollständig; ebenso gehört die Kirche zu Christus. Er als das Haupt lenkt die Kirche, seinen Leib und übt die ganze Macht über sie; die Kirche aber als der Leib macht den geheimnisvollen Menschen nach den ewigen Ratschlüssen Gottes vollständig. Es ist klar, dass es sich hier nicht um die göttliche Person Christi handelt. Die Kirche wird an der Herrschaft Christi über alle Dinge, und an seiner ganzen Herrlichkeit, wie Er sie vom Vater empfangen hat, Teil nehmen (Eph 1,21–22). Gott wird in der Fülle der Seiten alle Dinge im Himmel und auf Erden in Christus zusammenfassen, und wir haben Teil an der Erbschaft. „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit die Welt erkenne, dass du sie geliebt, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22). „Sind wir Kinder, so sind wir auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17).

Jetzt wollen wir mit mehr Reihenfolge die Lehre des Worts in Bezug auf die Kirche betrachten und dann sehen, welchen Platz die Kirche in den Wegen Gottes einnimmt.

Der von Gott vorher gefasste Ratschluss besteht nach Epheser 1 dann, alle Dinge im Himmel und ans Erden in Christus zusammenzufassen. Die Kirche, als sein Leid, als seine Braut, wird Ihm in jener Zeit zugesellt sein (Eph 1,22–23; 5,27). Alles aber ist Christus noch nicht unterworfen. Gott hat noch nicht alles als Schemel unter seine Füße gelegt. Die Kirche ist Ihm auch noch nicht herrlich dargestellt. Er sitzt noch immer zur Rechten Gottes (Heb 2,8). – Besteht nun während dieser Erwartung der glücklichen Vereinigung mit Christus eine Kirche? Lag es in den Gedanken Gottes, dass es während dieser Erwartung eine Kirche auf Eiden gebe? Wer dem Wort Gottes unterworfen ist, wird darüber klar sein. Christus selbst ist der Erste, der ankündigt, dass die Kirche sein muss: „Auf diesem Felsen will ich bauen meine Kirche.“ Der Zusatz, dass die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen sollen, zeigen uns, dass es nicht um eine schon in der Herrlichkeit dargestellten Kirche handelt, sondern um die auf der Erde. – Die Kirche hatte noch erst anzufangen. Christus, als Sohn des lebendigen Gottes anerkannt, sollte die Grundlage eines neuen Werkes auf der Erde werden. Die Tatsache, dass es Gläubige auf der Erde gibt, die Jesus als den Christ anerkennen, macht nicht die Kirche. Dieses fand statt, als Jesus redete und die Kirche noch zu bauen war. Dieses Werk war noch zu vollbringen. Jesus musste für die jüdische Nation sterben, und nicht für diese Nation allein, sondern dass Er die Kinder Gottes, die zerstreut waren, zusammen brächte. Es gab schon damals Kinder Gottes, aber sie waren zerstreut und vereinzelt. Christus sollte sie durch seinen Tod zusammenbringen. Nicht nur sollte Er sie retten, damit sie im Himmel zusammen kämen; sie waren ja errettet, weil es Kinder Gottes waren; Er sollte sie zu einem zusammen bringen. Es gab schon damals Gläubige; aber die Kirche war durch die Versammlung dieser Gläubigen noch zu bauen. Dies hat jetzt wirklich durch das Wort Jesu und durch die Macht des Heiligen Geistes, der vom Himmel herabgestiegen ist, stattgefunden. Hierhin gehört auch die Bitte Jesu: „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleich wie du Vater, in mir und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube, du hast mich gesandt“ (Joh 17,20–21). Es ist aber auch das sehr tröstlich für uns, dass Jesus selbst da in der Mitte ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Es ist das ein köstliches Licht, welches das Wort uns für die Zeiten der Finsternis mitteilt.

Das Herabkommen des Heiligen Geistes aber hat dar Lehre von der Kirche eine weit größere Entwicklung gegeben. Wir sehen in Apostelgeschichte 2, dass sie wirklich bestand. Alle die, welche glaubten, waren an ein und demselben Orte beisammen und hatten alles gemein, wiewohl es schon 3000 Seelen gab; auch fügte der Herr alle Tage zu der Kirche hinzu solche, die errettet werben sollten. Die Einigung und Einheit der Erretteten wurde wirklich durch die Gegenwart des vom Himmel herabgestiegenen heiligen Geistes vollendet. Es war ein Leib auf der Erde, ein sichtbarer Leib, Er wurde von Gott anerkannt und alle hielten sich daran, die Er zu seiner Erkenntnis berief. Diese wurden durch den Herrn selbst dazu geleitet, der in ihren Herzen wirkte; es war die Kirche Gottes. Nur war sie bis dahin ausschließlich aus Juden zusammengesetzt. Die Geduld Gottes wartete noch zu Jerusalem. Zwar schuldete diese Stadt durch den Tod Jesu 10.000 Pfund?, und dennoch bot Er ihr durch das Zeugnis des Heiligen Geistes Buße an. Gott erinnerte sich an seine Barmherzigkeit und erklärte, dass, wenn die so schuldvolle Nation Buße tue, Jesus wiederkommen würde (Apg 3). Jerusalem aber blieb gegen diesen Ruf taub und seine Oberen widerstanden wie immer dem Heiligen Geist; sie steinigten den, durch welchen er Zeugnis ablegte. Von da ab erscheint ein neues Werkzeug der unumschränkten Gnade Gottes auf dem Schauplatz. Es war Saul, der Verfolger, der Ausdruck des Hasses der Juden gegen Christus. Man sieht ihn zuerst bei dem Märtyrer Stephanus als der selbst an seinem Tod Wohlgefallen hatte. Aber jetzt wurde er der eifrige Zeuge des Glaubens, den er zu zerstören gesucht hatte. Diese unumschränkte Gnade aber, die zwar noch immer die Juden berücksichtigt, geht nicht mehr von Jerusalem aus. Antiochien die Stadt der Heiden ist es, welche den Paulus aus ihrem Schoß abreisen sieht, um sein apostolisches Wert zu vollbringen.

Bis dahin predigte man zwar einen erhöhten Christus, als einzigen Retter, aber es war der unter den Juden durch Zeichen und Wunder bekannte Mensch. – Dies wussten sie, und denselben hatte Gott erhöht und zum Herrn und Christ gemacht. Petrus und die übrigen Apostel, welche Jesus während seines Dienstes begleiteten, sind Ihm bis zur Wolle, die Ihn vor ihren Augen verbarg, gefolgt. Sie erhielten das Zeugnis, dass Er in derselben Weise wiederkommen werde. Die Beziehungen Christi mit den Juden wurden in dieser Weise unterhalten, nämlich, dass Er zwar zur Rechten Gottes erhöht ist, dessen Zepter aber von Zion ausgehen muss und der die Buße seines Volkes erwartet. Das Zeugnis des Heiligen Geistes wurde aber in Stephanus durch die blinde Nation verworfen. Von da ab wird Christus als der Menschensohn offenbart, der gelitten und nun Erbe aller Dinge im Himmel und auf Erden ist. Hier tritt nun Paulus auf und Gott fängt durch ihn, obwohl Er sein Werk zu Jerusalem fortsetzt, doch cm neues an. Paulus hatte Jesus dem Fleisch nach nicht kennen gelernt und dieser offenbart sich ihm in der Herrlichkeit des Himmels, zu leuchtend für das menschliche Auge. – Das ist nicht Jesus, der auf der Erde gekannt und nun Herr geworden ist, sondern der Herr der Herrlichkeit, der als solcher gesehen erklärte, dass Er Jesus sei. Aber wo befindet er sich für den Paulus auf der Erde? In den Seinen. Gesehen als Herr ohne seines gleichen, fragt Ihn Saul: Wer bist du Herr? Und der Herr antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Die Heiligen wann Er selbst, sein Leib. Hier tritt uns die volle Offenbarung der Einigung des herrlichen Herrn mit den Gliedern seines Leibes auf der Erde entgegen.

So es sich nun um den Herrn der Herrlichkeit und die Glieder seines Leibes handelte, war die Frage über Juden und Heiden beendet. Die Beziehungen der Gläubigen mit Jesu wurden himmlisch und bestanden in der Einheit des Leibes Christi; also in dem Himmel erkannt, gab es weder Juden noch Heiden. Die Kirche war dennoch auf der Erde, denn sie wurde verfolgt, aber sie war mit dem Herrn im Himmel eins. Er, der verherrlichte Herr war es, der verfolgt wurde. Auf welch ein köstliches Gebiet führt dies das Herz. Wir hören aus dem Mund des Herrn selbst die größte Versicherung unserer Einigung mit Ihm. Er betrachtet das schwächste Glied seines Leibes als einen Teil seiner selbst. Doch lasst uns die Prüfung der Lehre weiter verfolgen.

Der Brief an die Römer hat nicht die Kirche zum Gegenstand. Er weist nach, dass die Juden unter dem Gesetz, wie die Heiden ohne Gesetz vor Gott gleich schuldig seien, und nur der Glaube an den Gott, der Christus von den Toten auferweckt hat, rechtfertigt beide vor Ihm. Durch die Gnade war der Glaubende gerechtfertigt, erneuert und Erbe Gottes. Er hatte das Leben und die Gefühle des Geistes und wurde durch eine Liebe, von der ihn nichts scheiden konnte, für die Herrlichkeit bewahrt. Dann zeigt er in Kapitel 9 bis 11 die Zulassung der Juden und Heiden ohne Unterschied zu dem Genuss dieser Segnungen. Die Heiden sind eingepfropft, um als Kinder Abrahams die Linie in dem Genüsse der Verheißungen fortzusetzen. In den Ermahnungen am Schluss des Briefes erinnert uns der Apostel daran, dass wir als Glieder des Leibes Christi, auch unter einander, einer des anderen Glieder sind (Röm 12,4–5). „Denn gleicher Weise als wir in einem Leib viele Glieder haben, aber alle Glieder nicht einerlei Geschäfte haben; also sind wir viele ein Leib in Christus, und unter einander ist einer des anderen Glied, und haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist usw.“

Der 1. Brief an die Korinther liefert uns einen köstlichen Unterricht über diesen Gegenstand. Dieser Brief gibt uns Einzelheiten über das Innere einer örtlichen und besonderen Kirche, obwohl er an alle, die den Herrn anrufen, gerichtet ist. Er zeigt uns, dass die Christen eines Ortes, als Körper vereinigt, insofern die Einheit des ganzen Leibes verwirklichen. Die Kirche in Jerusalem war im Anfang Beides zugleich. Aber es gab damals viele Versammlungen. Die Christen eines jeden Orts vereinigten sich als Leib und bildeten die Kirche Gottes an diesem Ort: „die Kirche Gottes zu Korinth.“ Es gab nur eine; sie bestand aus Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen, die in Korinth waren. Der Apostel rechnete auf ihre Befestigung bis ans Ende. Sie waren außerhalb der Welt; durch ihr Bekenntnis, wie durch ihren gemeinsamen Wandel als Leib, waren sie von dieser gekannt und getrennt. Die Beziehungen der einzelnen Glieder mit der Welt werden in dem Brief besprochen und beziehen sich auf den gewöhnlichen Lebensverkehr. Hier ist aber der vollständigste Unterschied zwischen den Brüdern und der Welt scharf bezeichnet. Es gab solche, die drinnen und solche, die draußen waren. Nicht nur war ein Unterschied im Wandel der Einzelnen, sondern ein gemeinschaftlicher Wandel als ein von der Welt getrennter Leib (vgl. 5,13; 10,17.21–22; 2. Kor 11,16–17) Das Abendmahl war das äußere Zeichen, das sie vereinigte, (1. Kor 10,17)

Die Gegenwart des Heiligen Geistes in der Kirche unterscheidet sich von der Gegenwart des Heiligen Geistes in dem Einzelnen. Der Leib des Einzelnen ist ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Kor 6,19); die Kirche ist aber auch sein Tempel, weil sein Geist in ihr wohnt (Kap 3,16–17).

Der Geist Gottes ist einer, wie verschieden auch die Offenbarungen seiner Gegenwart sein mögen. Dies lag in den Gaben. Diese Gaben waren für den gemeinschaftlichen Nutzen gegeben. Dir heilige Geist teilte sie einem jeden nach seinem Wohlgefallen aus. Er vereinigte alle Christen in einen einzigen Leib. Die Ausübung der Gaben war die Tätigkeit eines Gliedes dieses Leibes für das Wohl des ganzen Leibes. Es war ein und derselbe Geist, der einem jeden austeilte. Sowie nun der Leib einer ist und viele Glieder hat, und alle diese vielen Glieder nur einen Leib bilden, also auch Christus. Die Kirche ist Er ja selbst, sein Leib. Denn durch einen Geist sind wir alle zu einem Leib getauft, Juden und Heiden, (1. Kor 12,12) Nachdem hier die Einheit dieses Leibes bewiesen ist, sehen wir die Gaben durch die Glieder des Leibes wirksam. Der Dienst der Glieder dehnt sich auf den ganzen Leib aus; ja es ist ihre Pflicht zu erbauen, wenn es ihnen gegeben ist. – Nachdem Christus sein Werk vollbracht hat ist Er hinaufgestiegen und hat den Heiligen Geist, vom Vater empfangen, in diese Welt gesandt. Derselbe gibt Zeugnis von der Herrlichkeit Jesu zur Rechten Gottes, vereinigt die Glieder mit sich und unter einander zu einem Leib, der mit seinem Haupt im Himmel d. i. mit Christus verbunden ist. Es ist nun also die Bildung des Leibes durch die Gegenwart des Heiligen Geistes erfüllt und dieser Leib ist auf der Erde gebildet worden. Seine Einheit, so wie sie uns das Wort Gottes darstellt, findet auf der Erde statt, auf welche der Heilige Geist herabgestiegen ist, um sie zu vollbringen. Ebenso werden auch die Gaben auf der Erde ausgeübt. Der Heilige Geist befand sich als einer in allen Gläubigen und zu gleicher Zeit als einer in dem vereinigten Leib. Diese Einheit wird sich im Himmel nicht verlieren, wenn alle Glieder vereinigt sein werden, auch diejenigen, welche in Jesu schlafen und für diesen Tag der Herrlichkeit bewahrt werden. Diese kommen aber für den Augenblick nicht in Betracht. Sie sind in einer Stellung, wo weder der Umgang, noch irgend eine Offenbarung der Einheit, noch ein Dienst für die Herrlichkeit Christi möglich ist. Wohin der Heilige Geist hinabgestiegen ist, und wo der wohnt, da ist die Offenbarung der Kirche. Sie ist also auf der Erde, während ihr Haupt zur Rechten des Vaters sitzt. Der Geist wendet sich an die Christen auf der Erde, und an diese allem. So spricht er: Ihr seid der Leib Christi und ein jeglicher ein Glied dieses Leibes. Gott hat gegeben in die Kirche: zuerst Apostel, dann Propheten, dann Hirten und Lehrer, dann Wundertäter, dann Gaben der Heilung usw. Hier belehrt uns Gott also, dass die Kirche, der Leib Christi, in ihrer Einheit hienieden durch den Heiligen Geist gebildet ist. Er offenbart sich in den Gaben durch die Glieder dieses Leibes. Er ist ebenso wirklich und persönlich herabgesandt, als der Sohn. Aus Apostelgeschichte 1,5 sehen wir, dass die Taufe des Heiligen Geistes sein Herabsteigen ist. – Der Brief an die Galater berührt die Lehre von der Küche nur durch eine Erklärung, dass alle Christen in Jesus Christus eins seien (Gal 3,28).

Der Brief an die Epheser verlangt in dieser Beziehung eine besondere Aufmerksamkeit. Das erste Kapitel zeigt uns den Grund der unumchränkten Gnade; dann den von Gott gefassten Ratschluss, alles im Himmel und auf Erden in Christus zusammen zu fassen; weiter, dass die Kinder Gottes für die Erbschaft mit dem Heiligen Geist versiegelt sind, und endlich offenbart es uns die Kirche als seinen Leib, mit Ihm, als dem Haupt und Herrn über alles, verbunden. Das 2. Kapitel offenbart die wirksame Nacht, welche die Kirche mit Christus vereinigt hat. Es zeigt, dass Juden und Heiden, beide von Natur Kinder des Zorns, nun mit Christus lebendig gemacht, mit auferweckt und mit Ihm in den Himmel gesetzt sind. So bestand jetzt kein Unterschied mehr. Gott hatte aus zweien einen neuen Menschen gemacht, indem Er sie mit sich versöhnte und sie durch das Kreuz in einen einigen Leib vereinigte. Das war die Kirche. Der Christ war aus dem Grund der Apostel und Propheten aufgebaut, wovon Jesus Christus der Eckstein war. Juden und Heiden waren miteinander aufgebaut, um die Wohnung Gottes durch den Geist zu sein. Die Kirche wurde durch ihre Einigung mit dem Haupt?, als im Himmel seiend betrachtet; ihr Beruf war durchaus himmlisch. Wie Israel von den Heiden, so war die Kirche von der Welt abgesondert. „Ihr seid nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.“ – Juden und Heiden waren mit Gott in einem einzigen Leib versöhnt worden. An die Stelle des Tempels, wo Jehova wohnte, war die Kirche getreten. Sie bildete die Wohnung Gottes auf der Erde und diese Wohnung war durch den Geist. Dies gibt uns den wahren Charakter der Kirche auf der Erde. Dieser Charakter enthält die schwerste aber auch köstlichste Verantwortlichkeit; denn die Christen sind nach der ihnen zugeteilten Gnade verantwortlich. Nie wird die Kirche, trotz ihrer Untreue, diesen Charakter verlieren, denn der Geist der Wahrheit, soll ewiglich bei den Seinen bleiben. – Auf das 3. Kapitel kommen wir später zurück.

Das 4. Kapitel ermahnt die Heiligen in einer ihrer Berufung windigen Weise zu wandeln d. i. die Wohnung Gottes durch den Geist zu sein. Das Gefühl der Gegenwart Gottes bringt immer die Demut hervor und indem der Apostel auf dieses Gefühl besteht, ermahnt er sie die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens zu bewahren. Denn, sagt er, es gibt nur einen Leib nur und nur einen Geist. Dies führt den Apostel auf die Gaben in Beziehung zu dem Leide. Christus bat den Sieg über Satan davon getragen. Er konnte nun seiner Kirche die Macht mitteilen, die von diesem Sieg das Zeugnis sein würde. Sie war der Knechtschaft des Feindes entrückt und konnte das Gefäß dieser Macht und dieses Zeugnisses sein. Weil hier der Gegenstand sein Leib ist, so handelt es sich um Gaben, die sich auf das Wohl dieses Leibes begehen. Christus ernährte durch diese Gaben den Leib und beförderte dessen Wachstum. Sie wurden zur Erbauung dieses Leibes ausgeführt. Man lese recht aufmerksam das Kapitel bis zum 16. Vers. – Durch die unergründlichen Reichtümer werden alle Dinge erfüllt und zwar in der Macht der von Ihm vollbrachten Erlösung, Sie sind der Grund der Erbauung der Kirche. Von ihrer Ausdehnung hatte kein Prophet eine Idee; sie wurde von keiner Weissagung verkündigt. Jedes Glied teilt nach der ihm verliehenen Gnade dem Leib von den Reichtümern Christi mit. Dieser Leib entwickelt sich in seinen Gliedern zu einer Größe, wovon die Fülle Christi das Maß ist und diese Fülle ist auch allein das Mittel zu seinem Wachstum. Die vollkommene Statur, das Mannesalter Christi ist immer das Ziel und das allein anerkannte Maß. Welch unendliche Gnade! Von dem Staub des Todes bis zu dem Thron Gottes erfüllt Er alles und die Kirche ist sein Leib, und dessen Glieder, die Glieder Christi. Der Apostel hat hier den ganzen Leib als auf der Erde betrachtet im Auge. Die Liebe umfasst notwendig alle Glieder als Glieder Christi. Die Ausdehnung der Vorrechte der Kirche und der Gedanken Gottes, wird besonders in den Worten ausgedrückt: „Dem aber, der vermöge der in uns wirkenden Macht überschwänglich mehr zu tun vermag, als wir bitten oder selbst verstehen, Ihm die Ehre in der Kirche in Christus Jesus auf alle Geschlechter in alle Ewigkeiten. Amen!“ (Eph 3,20)

Die unendlich kostbare Belehrung des 5. Kapitels mag hier Übergängen werden, weil schon im Anfang die Rede davon war. Es ist aber deutlich, dass der Epheserbrief als Gegenstand eine Kirche behandelt, die ein einziger Leib, dessen Haupt Christus ist. Es ist ein Leib, der seit der Himmelfahrt Jesu ans der Erde gebildet und entwickelt ist und zwar durch den von oben herabgesandten Geist, der daraus seine Wohnung macht; ein Leid, der die Herrlichkeit Gottes in allen Zeiten widerstrahlen lassen soll. Dieser Leib, der anfangs in seiner Vollkommenheit gebildet war, sollte durch die Macht des Heiligen Geistes, der darin wohnte, wachsen, wie ein Kind wächst, um zu einem ausgewachsenen Menschen zu gelangen.

Der Brief an die Kolosser redet von der doppelten Herrlichkeit Christi. Er ist das Haupt aller Dinge und das Haupt seiner Kirche (V 15–16). Er ist der Erstgeborene der ganzen Schöpfung und der Grund dazu ist, weil Er alles geschaffen hat. Der, welcher alles geschaffen hat, muss, wenn Er als Mensch mitten in der Schöpfung Platz nimmt, ganz gewiss das Haupt derselben sein (V 17). Er ist auch das Haupt des Leibes, welcher ist die Kirche, der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten (V 18). Dann finden wir die Versöhnung aller Dinge und der Kirche. Nachdem Er durch das Blut des Kreuzes Frieden gestiftet hat, ist der Gedanke Gottes der, alle Dinge im Himmel und auf Erben durch Christus zu vereinigen (V 16). Die doppelte Herrlichkeit Christi und die doppelte Versöhnung fordert einen doppelten Dienst: der Dienst des Evangeliums an alle Kreatur unter dem Himmel und der Dienst der Küche, weiche der Leib Christi ist.

Die Gegenwart Christi im Geist unter den Heiden ist die Hoffnung der Herrlichkeit und zwar einer himmlischen Herrlichkeit. Im Epheserbrief ist Christus als zur Rechten Gottes erhöht und seiner Kirche Gaben darreichend, betrachtet; im Kolosserbrief sehen wir Ihn in der Kirche gegenwärtig, indem Er den Heiden den Besitz der himmlischen Herrlichkeit, in welche Er selbst eingegangen, zusichert. Christus, als auferstanden, ist ihr Haupt, die Kirche ist sein Leib. Die Heiden wie die Juden nehmen daran teil, und Christus, die Hoffnung der Herrlichkeit, wohnt darin. Dieser Ausdruck stellt unstreitig fest, dass die Kirche ausschließlich als auf der Erde betrachtet wird. Die Kolosser liefen Gefahr, ihre innige Vereinigung mit ihrem Haupt aus den Augen zu verlieren, darum hebt dieser Brief besonders die Reichtümer und die Vollkommenheit Christi hervor. Die Güte unseres Gottes hat sowohl die Treue der einen als die Untreue der anderen zum Segen der Kirche dienen lassen, indem Er dadurch Gelegenheit zu solch köstlichen Belehrungen nahm.

Der 1. Brief an Timotheus gibt uns einige kostbare Gedanken in dem kurzen Satz: „Das Haus Gottes, welches ist die Kirche des lebendigen Gottes, die Säule und die Grundfeste der Wahrheit“ (Kap 3,15). Hier befinden wir uns auf einem Boden, der mehr mit dem praktischen Charakter der Kirche in Verbindung steht. Sie ist das Haus Gottes; in ihr und nirgends anders befindet sich die Wahrheit; sie ist es allein, die solche in der Welt unterhält. Suchen wir diese Erklärung zu begreifen. Die Kirche schafft nicht die Wahrheit, jene ist vielmehr durch diese geschaffen. Sie fügt weder Macht noch Gewicht dazu. Die Wahrheit ist von Gott, ehe die Kirche sie empfängt; aber sie besitzt die Wahrheit. Sie besteht nur insofern, als sie und sie nur allein dieselbe besitzt. Wo befindet sich die Wahrheit anders als in der Kirche? Nirgends. Es hieße die Wahrheit und die Wege Gottes leugnen, wenn man voraussetzen Wollte, dass sich diese anderswo als da befände. Die Wahrheit kann nichts anderes sein, als was Gott gesagt hat, als sein Wort. Da, wo die Wahrheit ist, vorausgesetzt, dass ein durch sie eingerichteter Leib vorhanden ist, da ist die Kirche. Und die Kirche, welche sie besitzt und durch ihren Besitz besieht, offenbart die Wahrheit schon durch ihr Bestehen. Die Autorität der Kirche hat nur dafür zu sorgen, dass sie immer die Wahrheit verkündigt. Die Wahrheit allein macht nicht die Kirche; das Wort „Kirche“ schließt andere Ideen ein. Ein einziger Mensch, der in der Wahrheit ist, ist nicht die Kirche. Die Versammlung Gottes aber zeichnet sich durch den Besitz der Wahrheit Gottes aus. Die Versammlung, welche die Wahrheit nicht als Bedingung ihrer Existenz hat, – ist nicht die Versammlung Gottes. –

Es bleibt noch eine Stelle übrig, welche die Kirche in einer so vollständigen Weise darstellt, sowohl in Bezug auf ihre Hoffnung, als auf ihren Dienst. Offenbarung 22,17: „Der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm. Und wen da dürstet, der komme lud nehme Wasser des Lebens umsonst.“ Hier finden wir den Geist in sehr merkwürdiger Weise eingeführt. Es hat einige Ähnlichkeit mit Römer 8,27 Diese beiden Stellen zeigen, in wie weit der Heilige Geist in dem Wort Gottes als seit dem Pfingsttag wohnhaft auf Erden, sowohl mit dem Christen als mit der Kirche eins betrachtet wird. „Er aber, der die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist, denn er verwendet sich für die Heiligen nach Gottes Wohlgefallen“ (Röm 8,27). Hier handelt es sich um unsere Seufzer. In der Offenbarung sprechen der Geist und die Braut: „Komm.“ Der Geist nimmt so sehr seine Stelle mit der Braut, dass das Gefühl der Kirche ganz das ist, was der Geist selbst ausdrückt. Der Geist ist auf der Erde und belebt die Kirche, indem er die wahre Quelle ihrer Gedanken ist. Die durch diese Gedanken selbst belebte Kirche, drückt ihre Gefühle unter dem Einfluss des Heiligen Geistes aus. Das Verlangen und die Hoffnung der Kirche ist, dass ihr Bräutigam komme. Es handelt sich hier nicht um die Weissagung. Christus, der diese mitgeteilt hat, stellt sich hier selbst dar. Ich bin der glänzende Morgenstern. Die Kirche kennt Ihn. Sie wird bei Ihm sein, bevor der große Tag der Offenbarung kommt; sie wird mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen. Darum ist das brennende Verlangen der Braut, dass Er komme. Es gilt aber auch ein Zeugnis abzulegen. Das Zeugnis ruft denen zu, die da hören, aber noch nicht ihre Vorrechte als Braut erfasst haben, sich an ihren Ruf „Komm“ anzuschließen; ihren Schrei zu verstärken, damit Er komme. Die Kirche besitzt schon den Strom des lebendigen Wassers und ladet nun die Durstigen ein, sich umsonst zu laben.

Welch eine schöne Stellung für die Kirche. Das erste Gefühl ihres Herzens richtet sich auf ihr Haupt, ihren Bräutigam. Er will wie der Morgenstern kommen und sie zu sich in den Himmel nehmen, bevor Er vor der Welt offenbart wird. Lesen wir das 17. Kapitel des Johannes–Evangeliums durch, so finden wir, dass die Gläubigen dieselbe Stellung wie Jesus, als seinen Ersatz, auf der Erde einnehmen sollen. Aber um diese Aufgabe zu erfüllen, kann Er nur allein durch seinen Geist die Kraft sein. Diese Wahrheit erleichtert uns die Einsicht von der Stellung der Kirche. Christus war auf der Erbe, aber eins mit dem Vater. Er offenbarte Ihn auf der Erde. Er war auf der Eide ein himmlischer Mensch, der auf der Erde den Geist und die Gefühle des Himmels offenbarte, – Liebe und Heiligkeit. „Der Menschensohn, sagte Er, der im Himmel ist.“ Die Kirche ist nicht von der Welt, wie auch Christus nicht von der Welt war. Mit ihrem Haupt im Himmel vereinigt, offenbart sie durch ihren Wandel die Gefühle und den Geist des Himmels. Sie wohnt dort in Christus durch den Geist; ihr Leben ist dort verborgen mit Christus in Gott. Sie sucht nichts hienieden und erklärt laut, dass sie noch ihr Vaterland sucht; sie ist mit Ihm eins, sie weiß es. Sie kann es nicht anders sein. Kann ihr Herz anerkennen, dass Christus eine andere Braut als Genossin seiner himmlischen Freude habe? Die Natur ihres Bestehens, sowie der Charakter ihres Bräutigams und die Einheit des Geistes, fordert ihre Einheit. Sie ist auf der Erde; sie seufzt nach ihrer Heimat, mehr noch nach ihrem Bräutigam, der wiederkommen wird, um sie dahin zu führen, wo Er ist. Unterdessen legt sie auf der Erde, durch die Gegenwart des Heiligen Geistes zu einem einzigen Leib vereinigt, Zeugnis ab. In dieser Stelle erkennt Gott sie an, bis Christus kommt. – Doch gehen wir jetzt zu dem zweiten Teil unserer Betrachtung über, nämlich, welchen Platz die Kirche in den Wegen Gottes einnimmt.

Für die Verwaltung der Fülle der Zeiten wird Gott alle Dinge im Himmel und auf Erden in Christus, als dem Haupt, vereinigen, dessen Braut und Leib die Kirche ist. Sie ist die Begleiterin Jesu in seiner himmlischen Herrlichkeit. Nicht als Kirche nimmt sie auf der Erde an der Aufeinanderfolge der Wege Gottes teil. Sie war vor Gründung der Welt in den Tiefen der Ratschlüsse Gottes verborgen, bis Christus, von der Erde verworfen, ihr himmlisches Haupt werden konnte. Die Tür zu dieser Offenbarung dieses herrlichen Geheimnisses wurde erst dann recht aufgetan, als die Juden das Zeugnis dieser Herrlichkeit verwarfen. – Bis Christus verworfen nun de, war der Mensch auf alle mögliche Weise auf die Probe gestellt: ohne Gesetz, unter dem Gesetz und selbst unter der in der Person Christi dargebotenen Gnade. Immer aber ward der Mensch als Feind Gottes erfunden. Christus, ein neuer Mensch, auferstanden, verherrlicht zur Rechten Gottes, außerhalb der Welt, nimmt als Mensch die Stelle ein, wo der Mensch nach den Ratschlüssen Gottes sein sollte. Es gibt einen Menschen zur Rechten Gottes, mit welchem die Kirche durch den Heiligen Geist vereinigt sein kann. Solange das Haupt im Himmel fehlte, konnte der Leib nicht da sein. Seit der Verwerfung Israels offenbart Gott das verborgene Geheimnis, welches sich an die himmlische Herrlichkeit des Menschensohnes knüpft. Er sammelt während dieser Zeit, den mit Ihm vereinigten Leib und wird mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen. Dies wird alsdann geschehen, wenn Gott in seiner unumschränkten Gnade seine Wege mit Israel wieder aufnehmen wird; „denn Verblendung ist zum Teil über Israel gekommen, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist.“ Nur diese unumschränkte Gnade ist es, welche die Verheißungen an Israel erfüllen wird. Seht doch die mannigfaltige Weisheit Gottes! Die Engel bewundern diese Weisheit und Macht Gottes. Die Kirche sollte ihnen neue Tiefen der Ratschlüsse Gottes offenbaren.

Die himmlische Herrlichkeit Christi und die durch Ihn vollbrachte Erlösung waren der Gegenstand des Zeugnisses des Heiligen Geistes. Die Schriften des Paulus, der erwählt war, die unergründlichen Reichtümer Christi zu verkündigen, sind voll von dieser Lehre. Er hebt immer die Herrlichkeit Christi hervor. Das Geheimnis der Kirche, bis dahin verborgen in Gott, wurde nun enthüllt. Jetzt offenbarte sie den Mächten und Gewalten die Mannigfaltigkeit der Weisheit Gottes (Eph 3,9–11). Sie hatte seine Geduld, seine Macht, seine Regierung gesehen, aber nie einen himmlischen Leib auf der Erde, der mit seinem Sohn im Himmel vereinigt war. So konnte Er für den Augenblick seine Regierung für ein irdisches Volk, den Juden, bei Seite lassen, um mit einem himmlischen Volk in Beziehung zu treten. Der Zweck des Apostels in Epheser 3 ist der, zu zeigen, dass die Kirche eine neue Sache ist. Es hatte andere Mittel gegeben, um die Weisheit und die Wege Gottes zu offenbaren, irdische Mittel. Jetzt sahen die himmlischen Wesen in der Kirche eine ganz neue Art von Weisheit. Die Kirche bestand bis dahin nicht allein, sie war auch vor ihrer Existenz nicht offenbart worden. Sie war ein in Gott verborgenes Geheimnis gewesen. In Kolosser 1,16 nennt er sie „das Geheimnis, das zu allen Zeiten und allen Altern verborgen gewesen ist.“ Der Apostel erklärt, dass er dies Geheimnis durch eine besondere Offenbarung empfangen habe. Juden und Heiden bilden einen Leib, den Leib Christi (Eph 3,6). Wenn Israel, als Nation, aus Gnaden in den Genuss der ihm gemachten Verheißungen wieder gesetzt wird, wird die Kirche als Braut des Herrn in derselben Herrlichkeit glänzen, in welcher Er selbst erscheint.

Das ist die Kirche, das ist ihre Bestimmung. Was ist aber ihr Platz und was ist ihre Berufung? Es ist gesagt, dass der Heilige Geist, der vom Himmel herabgestiegen ist, sie auf der Erde sammelt. Die versammelten Erlösten hier unten, wo der Heilige Geist wohnt, machen die Kirche aus. Es kann daselbst Unwissenheit geben; ihre Glieder können hier und da zerstreut sein; die Kirche bat untreu sein und ihres Schmuckes beraubt werden können; aber dennoch bleibt es wahr, dass sie immer die Kirche, die Braut Christi ist. Sie ist mit Ihm als eine reine Jungfrau verlobt. Dies ist aber ein himmlischer Christus. Israel ist sein Volk auf der Erde. Die Kirche hat eine himmlische Berufung; noch mehr, sie ist die Braut und der Leib Christi. Wenn alle Gebauten Gottes erfüllt sein werden, so wird sie in Wirklichkeit mit Ihm sein. Ihre Gedanken und ihr Charakter werben nach ihrem Anteil nach Gott gebildet sein. Auch ist sie jetzt schon durch den Geist mit Christus vereinigt.

Die Kirche ist eine; sie kann nur eine sein. Die Welt hat Christus verworfen und hat sich dadurch selbst gerichtet und verdammt. Der Herr sagte, als sein Tod vor seinen Geist trat: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt.“ Die Kirche wurde in Gnaden eingerichtet als die Beziehungen Gottes mit der Welt durch die Verwesung Christi für immer beendet waren. Darum war sie berufen aus der Welt zu gehen, um von Gott aufgenommen zu werden. Sie gehört Christus allein; sie ist ein Volk, das Ihm eigen ist. „Ihr seid nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.“ Und zwar findet das nicht nur einzeln statt. „Dass sie eins seien, sagt der Herr, auf dass die Welt glaube.“ Dies ist eine für die Welt fühlbare Einheit, und die Welt ist außerhalb derselben. „Wozu.“ sagt der Apostel, „soll ich die richten, welche draußen sind? Richtet ihr nicht die, welche drinnen sind? Diejenigen, welche draußen sind, werden von Gott gerichtet.“ Der Heilige Geist ist auf der Erde, um die engste und förmlichste Einheit unter den Gliedern des Leibes einzurichten. Die Einen waren Glieder der anderen; diese Wahrheit war unter ihnen anerkannt. Alle wussten, dass ein Christ nicht von der Welt war, weil er zu der Kirche gehörte. „Wenn eins der Glieder leidet, so leiden alle Glieder mit Ihm.“ Diese Einheit war in jeder Kirche eines Orts klar offenbart, wie selbst die Adressen mehrerer Briefe es zeigen. Diese örtliche Einheit bekräftigte aber die allgemeine Einheit. Ein jeder, der daran Teil nahm, nahm schon dadurch an der allgemeinen Einheit Teil. Die Lehrer, die Evangelisten, die Apostel; Timotheus, Titus, Paulus gehörten einer Kirche nicht mehr als der anderen an. Die Gaben waren Glieder des Leibes. Die Idee, nur Glied dieser oder jener Kirche zu sein, findet sich nicht in der Bibel. Es handelt sich um einen ganz anderen Gedanken, um Glieder des Leibes Christi. Diese Bande, diese Gelenke der Handreichung, welche in den örtlichen Kirchen, die aber der Kirche angehörten, tätig waren, bestätigten die Einheit des ganzen Leibes. Sie machten sie der Welt sichtbar und völlig fühlbar.

Die Christen erkannten sich und waren anerkannt als ein Leib. Sie hatten gemeinsame Interessen und die engsten Bande mit einander, als ein Leib außerhalb der Welt. Der Heilige Geist kann nicht die Welt und die Kirche vereinen. Letztere hat Er mitten aus der Welt herausgerissen. Wenn sie in der Welt ist, so ist es offenbar ihre Pflicht, den Herrn in dieser Einheit und durch dieselbe als ein Ganzes zu verherrlichen. Dies ist die Verantwortlichkeit, die sich an jede durch Gott gesetzte Stellung knüpft. Die Beweggründe dazu sind umso mächtiger, je ausgezeichneter die Gnade dieser Stellung ist. Wir sind das Salz der Erde, das Licht der Welt, eine Stadt, die auf dem Berg liegt, ein Brief Christi, der von aller Welt gelesen und erkannt werden soll. Durch die Macht des Geistes sollte der Leib Christi den Charakter seines Hauptes wieder hervorbringen, und Ihn so auf der Erde verherrlichen. Die Braut sollte die Anhänglichkeit an ihren Bräutigam offenbaren, dem sie ganz und ausschließlich angehört.

Man redet von einer unsichtbaren Kirche; das Wort Gottes redet nicht davon. Der einzelne Christ, ein Glied der Kirche, soll nicht unsichtbar sein; vielmehr soll er sein Licht leuchten lassen. Also kann auch die Kirche selbst nicht verborgen sein. Ist sie aber in ihrer Einheit, sowohl im Bekenntnis als im Wandel nicht sichtbar, so ist sie verweltlicht.

Die Kirche, als Braut Christi, muss begehren, ihren Bräutigam während seiner Abwesenheit zu verherrlichen. Sie muss Ihm ihr Herz weihen; ihre Leitung von Ihm allein hinnehmen und seiner Ankunft harren. Sie ist das Haus Gottes, darum soll sie suchen sich rein zu erhalten, wegen der Heiligkeit des Geistes, der in ihr wohnt. Sie ist die Säule und Grundfeste der Wahrheit, darum darf nur die Wahrheit den Grund ihrer Existenz ausmachen.

Möge der treue Gott durch seinen Geist uns den Ernst und die Wichtigkeit des besprochenen Gegenstandes immer fühlbarer machen.

Fußnoten

  • 1 Dieses Traktat, aus dem Französischen übersetzt, erscheint hier des Namens wegen etwas abgekürzt
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