Botschafter des Heils in Christo 1853

Korrespondenz

G., den 2. Mai 1853

Lieber Bruder!

Ich freute mich sehr, Ihren Brief zu erhalten und da ich glaube, dass Sie nicht französisch können, will ich versuchen, Ihnen einen deutschen Brief zu schreiben, obwohl ich in dieser Sprache zu schreiben nicht gewohnt bin. Ich habe dennoch Ihren Brief vollkommen verstanden. Er hat mich sehr interessiert, um so mehr, lieber Bruder, da wir alle in dem gleichem Zustand sind – dieselben Schwierigkeiten, dieselben Leiden, dieselben Prüfungen begegnen uns überall. Man muss sich vor diesen Anstrengungen des Feindes nicht fürchten, weil der, der mit uns ist, stärker ist als der, der gegen uns ist.  Man muss sich nur nah beim Herrn aufhalten und mit Ihm leben, damit wir seine Stärke besitzen und das Bewusstsein haben, dass der Herr selbst mit uns ist, um seinen Willen und seine Gegenwart klar zu sehen 1. So werden wir ohne Zweifel auf dem rechten Weg gehen, in dem Seinen, und weil unsere Augen einfältig sind, so wird unser ganzer Leib voll Licht sein. Dann werden die Schwierigkeiten, die uns sicher auf dem ganzen Weg begegnen, keinen Zweifel in unsere Herzen werfen. Wir werden die Gegenwart des Herrn in der Prüfung finden und seine Freude wird unsere Herzen erfüllen. Wir werden mehr als Sieger sein, durch den, der uns geliebt hat. Gott sei mit Ihnen, lieber Bruder, ich freue mich herzlich in dem Herrn, dass die Wahrheit sich deutlich in den Herzen der Seinen offenbart auch in den Gedanken, wo sie wohnen. Gott sei Dank, es ist Seine Arbeit. Er selbst allein kann es tun, Er selbst allein kann es erhalten. Möge Er Ihnen alle Geduld und alle Demut geben, damit Sie mit Christus leben, möge Er Sie stärken, seinen Dienst bis ans Ende zu erfüllen.

Hier segnet uns Gott. In vielen Orten arbeitet der Heilige Geist und führt die Seelen nach dem Brunnen des Lebens und gibt vielen vom Wasser des Lebens zu trinken. Die Versammlungen, besonders in G., werden immer zahlreicher besucht, und überall werden mehr oder weniger Seelen von Gott erweckt. Es waren ungefähr dreißig Arbeiter in unseren Versammlungen zu Montpellier. Wir haben fünfzehn Tage lang viel im Wort Gottes zusammen geforscht, haben den Propheten Micha, den 1. Brief des Johannes, das 5. Buch Mose, einige Kapitel vom 2. Korintherbrief, das Evangelium nach Matthäus, einen Teil vom 1. Brief an Timotheus betrachtet, und das Evangelium nach Johannes flüchtig durchgesehen. Auch haben wir uns noch über verschiedene andere Punkte unterhalten, z. B. über die Ordnung Gottes in der Weltgeschichte vom Anfang bis zum Ende, um die Stellung der Gemeinde, in Verbindung mit dem Vorsatz Gottes darüber zu erklären. Die Gegenwart Gottes hat uns erfreut und die Brüder sind voll Freude und Frieden in ihre Arbeitsfelder zurückgekehrt.

Der Friede Gottes sei mit Ihnen, lieber Bruder. Mit herzlicher Liebe in Christus Jesus Ihr Bruder

J. N. D.

*****

B., den 24. April 1853.

[...] Das Evangelium, was Sie in unserer Mitte verkündigten, hat uns viel Trost und Freudigkeit gebracht. Mein kindliches Verhältnis zu dem lieben himmlischen Vater ist mir jetzt so klar, dass es mir leid wäre, wenn meine früheren Wünsche in Erfüllung gegangen wären. Bald wollte ich sein wie der H., bald staunte ich meinen F. an und dachte: ach, wärst du einmal so, dann könnte dir nichts fehlen.

Jetzt ist alle Sorge und Angst fort. Ich bin so vergnügt und gehe meiner Seligkeit so unverzagt entgegen, als wenn ich sie in der Wirklichkeit schon hätte. Drei Jahre quälte ich mich täglich, der Sünde abzusterben und nun ist es mir, als wenn einmal mit Jesus gestorben genug wäre. Es ist eine Freudigkeit in mir, als wenn jeder Morgen ein neuer Pfingstmorgen wäre. Gott sei tausendmal dafür gedankt, dass Er mich seine Güte und Liebe in allem hat erkennen lassen. Ach, was ist ein Leben ohne Ihn! Wenn ich an mich zurückdenke, so bemitleide ich solche doppelt, welche Ihn gar nicht oder doch nicht recht erkennen.

„O Herr, sende Arbeiter in Deine Ernte!“ So möchte ich am liebsten den ganzen Tag rufen. Die ganze Welt liegt im Argen, aber es ist nicht zu verwundern, wenn selbst die meisten Prediger das Wort Gottes und seine Ordnung verdrehen. Dadurch kommen die armen Menschen auf den Gedanken, daß ihre Taufe, Konfirmation und Abendmahl sie zu Christen mache.

Der hiesige Prediger ist nun auch unser Gegner worden. Es fallen mir dabei die Worte des Paulus an die Galater ein: „Es ist aber gut, allezeit im Guten zu eifern“ (Gal 4,18). Er eifert auch nicht fein um uns und will, daß wir um ihn eifern sollen. Gott gebe, daß diese für ihn so unerwartete Änderung bei uns, auch zu seinem Heil dienen möge. Der Herr begleite Sie auf allen Ihren Wegen. Wenn wir auch Trübsal leiden müssen, so ist uns doch nicht bange und wir verzagen nicht. Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Amen!

Ihre im Herrn verbundene Schwester

K.

Fußnoten

  • 1 Ursprünglich: „[...] damit die Klarheit seines Angesicht auf uns glänze.“
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel