Botschafter des Heils in Christo 1853

Gedanken über das Heil in Christus

Das Wort Gottes ist etwas überaus herrliches und kostbares und bleibt ein Brunnen, den wir nie ausschöpfen können. Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr erkennt man, welche Tiefen darin liegen. Gott hat uns treu für alle Verhältnisse, in die wir kommen können, seinen Willen in seinem Wort offenbart. Aber man lernt auch bald fühlen, wie all unser Wissen auf dieser Erde nur Stückwerk bleibt, was einerseits sehr gut ist, weil wir dadurch nicht zum Stillestehen, sondern stets zum Forschen in seinem Wort aufgefordert werden, um immer zuzunehmen an der Erkenntnis Gottes.

Zum Lesen dieses Wortes gehört vor allem, dass man dasselbe nicht nach einem gewissen sich selbst gebildeten System beurteilt, sondern sich in kindlicher Einfalt unter dasselbe beugt, das Wort auf sich anwendet und vor dem Angesicht Gottes sich fragt: wie stehst du dazu?

Der demütige und aufmerksame Leser der Bibel wird in Bezug auf die herrliche Wahrheit der Versöhnung vorzugsweise zweierlei im Wort Gottes finden. Zunächst wird uns versichert, dass für den Sünder nur Heil in Christus zu finden ist und dann wird uns der Reichtum und die Größe dieses Heiles offenbart.

Dass der Messias kommen und das Heil bringen sollte, gehört zu den ältesten Verheißungen, aber der Begriff dessen, was Christus bringen sollte, war sehr schwach. Genau genommen wurde erst durch die Apostel und Propheten des neuen Bundes offenbart, dass auch die Heiden Miterben der überschwänglichen Gnade und Herrlichkeit in Jesus Christus sein sollten. Erst am Pfingstfest fingen die Gläubigen an durch den Geist Gottes, der in alle Wahrheit leitet, die Größe dessen, was Christus gebracht und erworben hat, zu verstehen.

Lesen wir die Stellen der Heiligen Schrift, worin die Junger sich über die Sendung des Herrn Jesus aussprechen, z. B. die Frage: „Wann wirst du dein Reich aufrichten?“, oder die Emmaus Jünger: „Wir dachten, er sollte Israel erlösen“, oder den Thomas: „Ich will es nicht glauben“, so sehen wir, wie sie noch so wenig von dem verstanden, was Jesus brachte, und wie unklar ihre Begriffe in diesem Punkt waren, obwohl sie den Herrn so lange begleitet  hatten. Es beweist aber auch, dass wir unseren Stand ganz verkennen würden, wenn wir denselben demjenigen vergleichen wollten, den die Jünger einnahmen vor der Ausgießung des Geistes.

In Christus ist Heil! Das ist die Posaune, die noch immer durch die Welt tönt, und durch die, der Herr sei dafür gepriesen, noch immer Seelen zu Jesus kommen. Aber so töricht und undankbar es wäre, wenn uns ein reicher Herr in sein Haus als Kind und Erbe aufnähme, und wir dann solche Güte nicht anerkennen und schätzen wollten, ebenso töricht und undankbar ist es, wenn viele, die der reiche Vater im Himmel zu Kindern aufgenommen hat, nicht freudig das zur Ehre Gottes annehmen und anerkennen wollten, was Er ihnen geschenkt hat. Aber dies können wir nur dann in Wahrheit tun, wenn wir den großen Reichtum der Gnade und Herrlichkeit immer mehr erfassen. Es ist darum höchst betrübend, wenn so viele Kinder Gottes (?) sich auch fast in keinem Stück von den Kindern der Welt unterscheiden, wodurch sie beweisen, dass sie ihre Berufung gar nicht recht verstehen. Und da es Seligkeit ist, den Herrn recht zu erkennen, erfahren sie auch diese Seligkeit, diese Freude am Herrn, so wenig.

In Jesus ist vollkommenes Heil. Gott hat seine Kinder durch Jesus aus dem Reich der Finsternis in das Reich des Lichts versetzt, von der Gewalt des Teufels erlöst und von dem sündigen eitlen Leben befreit. Er hat alle ihre Sünden auf Jesus gelegt, und als Er am Kreuz von Gott gestraft wurde und starb, hat Er unseren Platz eingenommen 1 und wir bekennen nun: wir sind mit Ihm gekreuzigt, gestorben und begraben, wir sind mit Ihm auferstanden und in den Himmel versetzt. Jetzt, da wir glauben, ist unsere Heimat im Himmel. Wir sehen nicht mehr auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Was wir noch im Fleisch leben, das leben wir im Glauben an den Sohn Gottes, und dazu hat er uns in 2. Petrus 3 alle Kraft, die zum Leben und zur Gottseligkeit dient, dargereicht. Wer könnte auch daran zweifeln, dass der, der uns Jesus geschenkt hat, uns mit Ihm nicht alles schenken sollte? Ja das Wort Gottes spricht sich hierin so bestimmt aus, dass es unbegreiflich ist, wie so vielfach versucht wird, Ihm auszuweichen.

Nachdem Jesus uns dem Vater dargestellt hat, heilig und tadellos, fordert er von solchen mit allem Ernst, dieser Berufung gemäß zu leben, abzustehen von aller Ungerechtigkeit, keine Gemeinschaft zu haben mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, und der Sünde nicht zu dienen. Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. Wir waren aber vorher Knechte der Sünde, nun aber sind wir Knechte der Gerechtigkeit (vgl. Röm 6,16.17). Unser Vater in Christus Jesus fordert aber nicht bloß, dem Teufel, der Welt und der Sünde fest zu widerstehen im Glauben, sondern er zeigt uns auch die Waffen, die wir im Kampf gebrauchen sollen, die da sind der Schild des Glaubens, der Helm des Heils, der Panzer der Gerechtigkeit und das Schwert des Geistes, kurz die ganze Waffenrüstung Gottes. Wer nun dennoch den Herrn damit verunehren will, dass er, nachdem wir in Ihm errettet und freigesprochen sind, wie wir mit Zuversicht glauben, einen Stand des „armen Sünders“ verteidigt oder gar verkündigt, nämlich, dass wir solche auch unter der Gnade bleiben, versteht diese Botschaft von Christus nicht und wird seinen Lohn empfangen. Liebe Brüder! Unsere Berufung erfordert es, uns untereinander zu ermahnen, festzuhalten im Glauben. Und wenn einer von dieser Wahrheit abirrt, oder von einem Fehler übereilt wird, ist es unsere Aufgabe, ihm mit sanftmütigem Geist wieder zurecht zu helfen, uns zu ermuntern, in diesem Kampf auf Jesus hinzusehen, und die überschwängliche Größe seiner Kraft an uns, die wir glauben, zu erkennen.

Gehen wir in Wahrheit in diesen Kampf des Glaubens ein, so werden wir die Treue und starke Hilfe des Herrn erfahren und auch dass in Jesus die ganze Fülle der Gottheit wohnt, die uns geschenkt ist. Bleiben wir in seiner Gemeinschaft, so wird sich die Kraft Gottes in reichem Maß an uns offenbaren und wir werden täglich loben und danken können, dass Jesus eine so vollkommene Erlösung gebracht hat. Wir werden auch erfahren, dass das Wort Gottes sich überall bewährt, wir können es in allen Verhältnissen des Lebens erproben. Darum lasst uns nicht ungläubig zweifeln, dass Gottes Kraft in uns Schwachen wohnen könnte, sondern lasst uns dem Wort gehorsam sein, und wir werden erfahren, dass das Heil in Christus ein vollkommenes ist. – Aber warum reden denn so viele dagegen? Leider ist das so, und es kann bei manchem, wie er eben steht, nicht anders sein. Er würde sich selbst ins Gesicht schlagen. Wer fleischlich ist, wer in der Sünde liegt, oder vielleicht mit geheimen Fäden an manche Lieblingssünde gebunden ist, verurteilt sich selbst, wenn er die Kraft Gottes an seinen Kindern verkündigen wollte. Die volle Wahrheit, dass in Jesus nicht nur überschwängliche Kraft ist, sondern auch, dass er sie uns stets in dem Maß gibt, wie wir sie bedürfen, dass Er uns nicht über Vermögen versucht werden lässt, die kann nur der, welcher sie wirklich erfährt, verkündigen. Der muss aber auch die Tugenden dessen verkündigen, der ihn von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat.

So lasst uns denn beten, dass der Herr allen, die nicht würdig leben nach seinem Evangelium, schenken möge, doch Vertrauen zu Ihm zu fassen, um in seinem Namen und in seiner Kraft im Kampf des Glaubens zu verharren.

Fußnoten

  • 1 ursprünglich: „und als das Wort Fleisch ward, da hat es uns angezogen“
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