Botschafter des Heils in Christo 1885

Drei kostbare Gaben

Die oben angeführten Schriftstellen, denen noch viele andere hinzugefügt werden könnten, belehren uns, dass es drei Dinge gibt, die durch die Gnade einer jeden Seele geschenkt sind, welche einfältig und von Herzen an Jesus glaubt, und diese drei Dinge sind: Leben, Licht und Freiheit. In der Tat, drei kostbare Gaben, mit denen alle die Reichtümer und Vergnügungen dieser Welt nicht in Vergleich zu bringen sind! Leider aber gibt es sehr viele, die in dem vollen Genuss dieser unermesslichen Vorrechte stehen sollten, aber tatsächlich kaum wissen, dass dieselben überhaupt für sie da sind, ja, die es für eine große Anmaßung halten, wenn jemand behauptet, sie zu besitzen. Es gibt viele ernste und aufrichtige Seelen, wahrhaft bekehrte Personen, welche durch falsche Belehrung, durch ein Beschäftigtsein mit sich selbst oder durch eine gesetzliche Gesinnung über die Grundwahrheiten des Christentums ganz und gar im Unklaren sind. Die finstere Atmosphäre, welche die Christenheit im Allgemeinen einhüllt, hat das Licht der göttlichen Wahrheit so sehr verdunkelt, dass jene Gläubigen wirklich nicht wissen, wo sie stehen oder was ihr Teil in Christus ist. Statt Leben, Licht und Freiheit zu haben, befinden sie sich praktisch in dem Schatten des Todes, in Finsternis und Knechtschaft. Sie sind des Genusses jener drei kostbaren Gaben beraubt, welche Gott in der Fülle und dem Reichtum seiner Gnade für alle bereitet und bestimmt hat, die an den Namen seines eingeborenen Sohnes glauben.

Um solchen, des Genusses ihrer gesegnetsten Vorrechte verlustig gehenden Kindern Gottes zu helfen, haben wir die obigen Stellen an die Spitze dieser Zeilen gestellt, und wir möchten jene in aller Liebe bitten, dieselben mit ruhigem Ernst und mit Aufmerksamkeit zu lesen. Unser Zweck ist jetzt nicht, die in jenen Stellen enthaltenen Wahrheiten in eingehender Weise zu besprechen; wir möchten nur in einigen kurzen Worten auf dieselben aufmerksam machen und es dem Leser überlassen, sie unter Gebet und unter der Leitung des Geistes weiter zu prüfen. Unser Wunsch ist, dass alle die teuren Kinder Gottes in dem beglückenden Genuss der Dinge stehen möchten, welche ihnen so freigebig von Gott in Christus geschenkt sind.

Horchen wir also, was der Herr zunächst sagt: „Ich gebe meinen Schafen ewiges Leben.“ – „Ganz recht“, antwortet da so manche bekümmerte Seele; „ich sehe klar ein, dass alle Schafe Christi ewiges Leben besitzen, aber die große, unüberwindliche Schwierigkeit für mich ist die Frage, ob ich ein Schäflein Christi bin. Wenn ich das einmal sicher wüsste, so würde ich ganz glücklich sein. Aber ich entdecke in mir nicht die Gefühle, die sich für ein Schäflein Christi geziemen; mein Glaube ist so schwach, mein Wandel so fehlerhaft, meine Erkenntnis so gering usw.“

Das ist die Sprache von Tausenden. Sie greifen die Sache am verkehrten Ende an. Sie stellen ihr eigenes Ich, ihre Gefühle usw. vor Christus und sein Wort; und sicher, solange jemand das tut, muss er in Zweifel und Ungewissheit bleiben. Es kann unmöglich anders sein. Wenn ich berufen bin, diese oder jene Gefühle zu haben, irgendetwas zu meiner Errettung beizutragen, so kann ich allerdings niemals das bestimmte Bewusstsein haben, dass ich errettet bin. Ich muss etwas völlig außer mir Liegendes, etwas göttlich Festes, ewig Sicheres, von meinen Gedanken und Gefühlen völlig Unabhängiges, mit einem Wort, ich muss die Offenbarung Gottes selbst unter meinen Füßen haben, wenn ich anders einen ungestörten Frieden genießen will. Die ewige Wahrheit Gottes, und diese allein, kann die Grundlage des Friedens der Seele bilden; aber diese Grundlage ist auch so unerschütterlich, dass alle die Mächte der Erde und der Hölle sie nicht anzutasten vermögen. Durch den Glauben an Christus, und nicht dadurch, dass ich irgendetwas in Betreff meiner selbst fühle oder glaube, empfange ich ewiges Leben. Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat ewiges Leben.

Glaubst du einfältig und von ganzem Herzen an Jesus, mein Leser? Vertraust du Ihm? Bist du völlig befriedigt mit Ihm und mit seinem vollbrachten Werk? Wenn das der Fall ist, so hast du ewiges Leben, und du solltest dies wissen und dich allezeit darin erfreuen. Der Herr sagt nicht: „Wer da fühlt, dass er eins meiner Schafe ist, hat ewiges Leben“; nein, Er sagt einfach: „Wer an mich glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh 6,47), und an einer anderen Stelle: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen“ (Joh 5,24).

Könnte es etwas Einfacheres und Klareres geben, als das? Ein jeder, der das Wort Jesu hört und dem glaubt, der Ihn gesandt hat, ist der glückliche Besitzer des ewigen Lebens und wird nie ins Gericht kommen. Hieraus folgt, dass wir, wenn wir nicht ewiges Leben haben, auch noch nicht an den Sohn Gottes geglaubt, noch sein Wort in Wahrheit gehört, noch endlich an Gott selbst geglaubt haben. Das ist die einfache Schlussfolgerung, die wir ziehen müssen, wenn wir uns anders durch den Herrn belehren lassen und uns der Autorität seines Wortes unterwerfen wollen. Jeder wahre Gläubige hat das ewige Leben, und ein jeder, der das Leben nicht hat, ist ein Ungläubiger. So spricht das Wort des lebendigen Gottes.

Aber der Gläubige sollte auch wissen, was er besitzt. Deshalb lesen wir in 1. Johannes 5,13: „Dies habe ich euch geschrieben, auf dass ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.“ Das Leben ist in Christus, in dem Sohn. Gott hat uns das ewige Leben gegeben, „und dieses Leben ist in seinem Sohn.“ Daher heißt es auch weiter: „Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.“ Welch kostbare, überaus wichtige Worte!

Ganz ebenso verhält es sich mit der Zweiten unserer „drei kostbaren Gaben.“ So wie wir „Leben“ in Christus empfangen, so empfangen wir auch „Licht“ in Ihm. „Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.“ Gott wollte uns nicht Leben geben und uns zugleich im Finsteren lassen. Das würde Ihm nicht entsprechend sein. Er hat uns seinen Sohn gegeben, und an Ihn glaubend, empfangen wir Leben, und Ihm nachfolgend, empfangen wir Licht, das Licht des Lebens. Herrliche, erfrischende Worte für die Seele, die solange in der Finsternis und den Schatten des Todes umhertappte! „Die Finsternis vergeht, und das wahrhaftige Licht leuchtet“; ja, der wahre Wirkungskreis und Bereich des Lebens, welches wir jetzt besitzen, ist das Licht. Wir haben das Vorrecht und sind berufen, darin zu wandeln; die Finsternis ist vergangen, die Schatten sind vorbei, die Wolken vorübergezogen, und das schwache Dämmerlicht hat dem vollen, klaren Licht des Lebens Platz gemacht, das in unsere Herzen strömt und seine hellen Strahlen auch auf unseren Pfad ergießt, so dass wir fähig sind, uns selbst und unsere Umgebung zu beurteilen und alles nach dem wahrhaftigen Licht zu richten, das jetzt in uns, auf uns und um uns her scheint, das da scheint von dem Vater her, in dem Sohn, in der Kraft des Heiligen Geistes und auf den Blättern des inspirierten Wortes.

Schließlich folgt mit gesegneter Notwendigkeit, dass in derselben Weise, wie wir „Leben“ und „Licht“ empfangen, auch „Freiheit“ unser Teil wird. Alles ist in Christus. Er macht lebendig, Er erleuchtet, und Er befreit; ja, Er ist unser Leben, unser Licht und unsere Freiheit. Gepriesen sei sein herrlicher Name dafür in Ewigkeit! „Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder“, und: „Wenn nun der Sohn euch freimachen wird, so werdet ihr wirklich frei sein“ (Gal 5,13; Joh 8,36). Sicher, es kann nicht anders sein. Er kann uns nicht Leben geben und uns in der Finsternis, oder in Knechtschaft und Sklaverei zurücklassen. Nein, nein; Er setzt uns in ewige Freiheit; Er macht uns frei von Schuld und Verdammnis, frei von der Furcht vor dem Zorn Gottes und dem kommenden Gericht, frei von der Furcht des Todes, frei von der Herrschaft der Sünde, frei von dem Fluch des Gesetzes, frei von der Macht Satans, mit einem Wort, frei von allem, was uns gefangen hielt, was wider uns war und unseren Seelen den Frieden und die Ruhe rauben könnte. Er will, dass wir in glückseliger Freiheit, als geliebte Kinder Gottes, in dem Licht des Vaterantlitzes wandeln.

Möchte der christliche Leser dieser Zeilen diese Dinge in einfältigem, kindlichem Glauben erfassen und mit uns den preisen, der uns jene „drei kostbaren Gaben“ in Christus geschenkt hat!

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