Botschafter des Heils in Christo 1885

Einige Worte über die Feier des Abendmahls nach der Schrift - Teil 3/3

Dasselbe Wort des Apostels (1. Kor 10,16–17), welches die völlige Einheit aller derer bezeichnet, die in der Gemeinschaft des Leibes und Blutes des Herrn sind, schließt augenscheinlich alle diejenigen vom Brotbrechen aus, die nicht durch lebendigen Glauben in die Gemeinschaft des Versöhnungstodes des Herrn eingetreten sind. Außerhalb dieser Gemeinschaft aber können sie nicht Glieder des Leibes Christi sein, und können demnach auch nicht teilnehmen an dem Mahl, welches der Ausdruck der Zusammengehörigkeit mit dem Haupt und den Gliedern dieses einen Leibes ist. Will man diese Zusammengehörigkeit, wie es in der Christenheit ja fast allerorten geschieht, auf alle ausdehnen, die sich nach dem Namen Christi „Christen“ nennen, oder doch wenigstens äußerlich den christlichen Glauben bekennen, so wird schon die Anführung einiger Stellen des Wortes genügen, um die Hinfälligkeit dieser Annahme zu beweisen. In Johannes 2,23–24 lesen wir, dass viele an seinen Namen glaubten, als sie seine Zeichen sahen; Jesus aber vertraute sich ihnen nicht, weil Er alle kannte und wusste, was im Menschen ist. Und in dem folgenden Kapitel sehen wir, dass nichts in dem Menschen ist, was ihn befähigt, in das Reich Gottes einzugehen, sondern dass er von neuem geboren werden muss. In demselben Evangelium, Kapitel 8,30–31, ist wieder die Rede von solchen, die an Ihn glaubten; aber in Vers 59 hören wir, dass sie Steine aufhoben, um auf Ihn zu werfen. Das äußere Bekenntnis kann sogar so weit gehen, dass viele an jenem Tag zu Ihm sagen werden: „Herr, Herr! haben wir nicht in deinem Namen geweissagt usw.“? und der Herr wird ihnen antworten: „Ich habe euch niemals gekannt, weicht von mir, ihr Übeltäter!“ (Mt 7,21–23)

Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Mt 25,1–13) Zeigt uns, dass selbst ein Bekenntnis, das äußerlich mit demjenigen der Gläubigen in völligster Übereinstimmung steht, ohne das Öl des geistlichen Lebens, keine Anerkennung von Seiten des Herrn findet. „Wenn aber jemand den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein“ (Röm 8,9). An Sardes lässt der Herr schreiben: „Du hast den Namen, dass du lebst, aber du bist tot“ (Off 3,1), und an Laodizäa: „Weil du lau bist und weder kalt noch warm, so werde ich dich aus speien aus meinem Mund“ (Off 3,16).

Es ist einleuchtend, dass solche Personen, welche eine Stellung einnehmen, wie sie in den angeführten Versen beschrieben ist, nicht lebendige Glieder des durch den Heiligen Geist gebildeten Leibes Christi sind, obwohl sie in gewissen Beziehungen zu Christus stehen. Es wurde also eine Unwahrheit sein, wenn sie durch ihre Teilnahme am Brotbrechen sich als zu dem einen Leib gehörig darstellen wollten. Ihre Selbsttäuschung würde „an jenem Tag“ einen schrecklichen Abschluss finden, wenn der Herr ihnen auf ihre Worte: „Wir haben vor dir gegessen und getrunken“, antworten müsste: „Weicht von mir! Ich kenne euch nicht, wo ihr her seid“ (Lk 13,25–27).

Aber auch die Gläubigen laden eine Schuld auf sich, wenn sie mit Unbekehrten das Brot brechen und dadurch ausdrücken, dass sie mit ihnen einen Leib bilden. Abgesehen davon, dass sie dadurch eine strafbare Gleichgültigkeit gegen die Ehre des Tisches des Herrn an den Tag legen und andererseits sich versündigen gegen die in Selbsttäuschung Befangenen, indem sie dieselben darin bestärken, sind sie auch verantwortlich für die Befolgung der in 2. Korinther 6,14–18 durch den Heiligen Geist an sie gerichteten Ermahnung, in keiner Gemeinschaft mit Ungläubigen zu sein. Gibt es aber wohl eine engere Gemeinschaft, als die am Tisch des Herrn? Der Herr unterscheidet sehr scharf in seinen letzten Worten (Joh 14–17) Zwischen den Seinen und der „Welt“. Die letztere war vereinigt in der Kreuzigung des Herrn. Und beachten wir, dass nicht allein die heidnische, sondern auch, und zwar vorzugsweise, die religiöse Welt, vertreten durch die höchsten Würdenträger und Repräsentanten der jüdischen Religion, sich der Kreuzigung des Sohnes Gottes schuldig machte. Deshalb ist es für Gläubige eine ernste Sache, sich mit der Welt zu vereinigen, und das sogar am Tisch des Herrn, wo der Tod dessen gefeiert wird, den die Welt verworfen hat.

In 1. Korinther 11,20–34 Wen wir, welchen Wert der Herr selbst auf eine würdige Feier des Abendmahls legt, indem Er seinem Apostel Paulus eine besondere Offenbarung darüber gemacht hatte. „Ich habe von dem Herrn empfangen“, konnte dieser sagen; es war nicht eine Mitteilung von Seiten der anderen Apostel. Wenn der Herr aber diesem Gegenstand eine solche Wichtigkeit beilegt, wie sollten dann die Seinen mit Ehrfurcht den Belehrungen lauschen, die Er ihnen durch seinen Apostel darüber gibt! Wie sollte eine würdige Feier des Gedächtnisses ihres Herrn nach seiner Anordnung ihnen über alles gehen! Der Platz, den das Abendmahl in unseren Herzen einnimmt, ist ein Maßstab und Prüfstein für den Stand unseres geistlichen Lebens. Dieses Leben offenbart sich, wenn es gesund ist, in der Liebe zu unserem Herrn, dessen Liebe uns in besonderer Weise an seinem Tisch entgegentritt und in unseren Herzen ein Echo findet, so dass auch unsere Liebe an diesem Tisch in Tätigkeit tritt und uns zu einer Feier leitet, welche seinen Gedanken entspricht.

Das Abendmahl ist nur eine Sache des Herzens, welches hier an alle die köstlichen Gegenstände der Liebe, des Glaubens und der Hoffnung erinnert wird, so dass sich da alles vereinigt, was geeignet ist, die Gefühle des Herzens in Tätigkeit zu setzen und sie über den niedrigen Standpunkt zu erheben, zu dem das Fleisch uns so leicht herunterdrückt. Der Tod des Herrn wird hier dem Glauben vergegenwärtigt. Welch eine unergründliche Tiefe liegt in diesen Worten: Tod des Herrn! Gott selbst in seiner Unendlichkeit hat sich in diesem Tod offenbart! Und dieses Wunder aller Wunder: Der Herr, der Unendliche, der Ewige, die Quelle alles Lebens, der Heilige – im Tod des Gerichts für die Sünde, für unsere Sünden, für uns, als Sünder, – welch eine Betrachtung! Wie passt dazu jede Gleichgültigkeit und Leichtfertigkeit?

Wir verkündigen auch den Tod des Herrn, „bis Er kommt.“ Wir erinnern uns dabei seiner Verheißung: „Wenn ich hingegangen bin und euch eine Stätte bereitet habe, so komme ich wieder und will euch zu mir nehmen, auf dass, wo ich bin, auch ihr seid“ (Joh 14,3). Seine Liebe zu uns ist erst dann völlig befriedigt, wenn Er uns bei sich in derselben Herrlichkeit hat, in welcher Er beim Vater ist. Und wenn wir Ihn wiederlieben, so wird auch das Sehnen unserer Herzen dahingehen, „Ihn zusehen, wie Er ist“, und „bei Ihm zu sein allezeit.“ Was der Glaube am Tisch des Herrn sieht, erweckt die Liebe, und die Liebe macht die Hoffnung lebendig. „Wir werden Ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.“ Wenn wir aber „diese Hoffnung zu Ihm haben“, so wird die Folge sein, dass „wir uns selbst reinigen, gleich wie Er rein ist.“ Zu Ihm, dem Reinen, passen nur solche, die rein sind, nicht nur rein ihrer Stellung, sondern auch ihrem praktischen Zustand nach. Mit einem durch ungerichtete Sünden beschwerten Gewissen, mit einem durch die Gesinnung des Fleisches verunreinigten Herzen seinen Platz am Tisch des Herrn nehmen, ist eine Verleugnung der wahren Bedeutung der „Verkündigung des Todes des Herrn, bis Er kommt.“ Durch seinen Tod hat Er unsere Sünden gesühnt und uns versöhnt; die vollkommene Heiligkeit Gottes offenbarte sich in diesem Tod; der Zweck desselben in Bezug auf uns war: „um uns heilig und untadelig und unsträflich vor sich hinzustellen“ (Kol 1,21–22). Wie könnten wir bei der Verkündigung dieses Todes der Sünde einen Platz einräumen? Wie könnten unsere Herzen mit Freude an seine Wiederkunft denken, wenn sie verunreinigt sind?

Ernste Worte richtete der Herr durch den Apostel an die Korinther, weil sie für alles dieses kein Verständnis zeigten und auf eine unwürdige Weise das Abendmahl feierten. Er lässt ihnen sagen: „Wer irgend das Brot isst, oder den Kelch des Herrn trinkt unwürdig, der wird des Leibes und Blutes des Herrn schuldig sein. Der Mensch aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. Denn wer unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt sich selber Gericht, indem er den Leib des Herrn nicht unterscheidet“ (V 27–29). Dass aber diese Worte nicht bloß auf die Korinther Bezug hatten, geht aus dem Ausdruck: „wer irgend“ hervor. Auch auf andere Weise, als es bei den Korinthern geschah (V 21–22), kann der Tisch des Herrn entweiht werden, indem man sich an diesen Tisch setzt mit verunreinigtem Herzen, ohne Gefühl darüber, dass es sich hier um den „Leib des Herrn“ handelt, und nicht um eine gewöhnliche Mahlzeit; indem man leichtfertig und nachlässig über die Verunreinigungen des täglichen Lebens und des Herzens hinweggeht, anstatt „sich selbst zu prüfen“ nach Gesinnung und Wandel im Licht der „Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus“, und alles zu richten, was nicht in diese Gemeinschaft passt (1. Joh 1). Wenn schon ohne diese Selbstprüfung und dieses selbstgerecht im täglichen Leben der Genuss der Gemeinschaft des Herrn unmöglich ist, und die Unterlassung notwendig Züchtigung von Seiten des Vaters herbeiführt, „auf dass wir nicht mit der Welt verurteilt werden“ (V 32), wie viel mehr findet dies dann Anwendung auf den Tisch des Herrn! Wir sehen auch, wie der Herr selbst über die Heiligkeit seines Tisches wacht, in dem Er, wegen der Entweihung desselben durch die Korinther, solch ernste Züchtigungen über sie brachte, dass viele unter ihnen schwach und krank und ein gut Teil infolge der Züchtigung schon gestorben waren (V 30).

Es erinnert uns dies an den Ernst, mit welchem Gott im alten Bunde die Heiligkeit und Autorität seiner Anordnungen aufrecht hielt, welche auf die Vorbilder und Schatten Bezug hatten. Denken wir z. B. an Nadab und Abihu (3. Mo 10), vor allem aber an das Passah (2. Mo 12), welches viele Berührungspunkte mit dem Abendmahl bietet. Ohne auf diese Punkte hier näher einzugehen, sei nur darauf hingewiesen, dass bei der Feier des Passahs jeglicher Sauerteig entfernt sein musste: „Denn wer Gesäuertes isst, ... selbige Seele soll ausgerottet werden aus Israel“ (V 15). Nun ist das Abendmahl ebenfalls eine mit göttlicher Autorität bekleidete Anordnung; denn der in der Niedrigkeit eines Menschen unter den Menschen wandelnde Sohn Gottes, der es eingesetzt hat, war derselbe, durch den die Welten erschaffen wurden, der in der Wolken– und Feuersäule vor seinem Volk Israel durch die Wüste zog und als ihr Jehova–Gott ihnen Anordnungen gab. Wenn Er über die Befolgung dieser Anordnungen früher mit solchem Ernst wachte, so wird Er, der „gestern und heute und in Ewigkeit derselbe ist“, gewiss auch noch heute ebenso über die Heiligkeit seines Tisches wachen, wie zurzeit der Korinther. Wie manche Züchtigung, unter welcher Gläubige sich befinden, mag ihren Grund in der unwürdigen Feier des Abendmahls haben!

Diese Erwägungen sind geeignet, diejenigen zu ernster Prüfung zu veranlassen, deren Liebe zum Herrn zu schwach ist, um ihnen die richtigen Gefühle und das richtige Verhalten an seinem Tisch einzuflößen. Solche sind stets in Gefahr, durch Leichtfertigkeit und Nachlässigkeit, wie die Korinther, auf unwürdige Weise und dadurch „zum Gericht zu essen und zu trinken.“ Diejenigen aufrichtigen Seelen aber, die von Herzen begehren, ihren Herrn an seinem Tisch in würdiger Weise zu verehren, aber zu ihrem Schmerz dabei stets ihre große Schwachheit empfinden müssen, haben darüber zu wachen, dass sie sich nicht mit dieser ihrer Schwachheit beschäftigen, wodurch sie nur niedergedrückt werden, sondern mit dem Herrn und der Vollkommenheit seiner Liebe, wodurch das Herz glücklich und zu seinem Lob fähig gemacht wird; und das ist der Zweck des Herrn, indem Er seine Erkauften um seinen Tisch versammelt. Möchte dieser Zweck seiner Liebe bei uns allen erreicht werden!

Wenn nun der Herr selbst, wie wir gesehen haben, einen solchen Wert auf die Aufrechthaltung der Heiligkeit seines Tisches legt, so haben auch die Seinen darüber zu wachen, dass alle diejenigen von diesem Tisch ferngehalten oder entfernt werden, die das Wort als solche bezeichnet, mit denen sie keine Gemeinschaft haben sollen. Der Tisch des Herrn ist der Mittelpunkt aller christlichen Gemeinschaft. Was überhaupt nicht in die Gemeinschaft des Herrn oder der Seinen untereinander passt, passt gewiss nicht an den Tisch des Herrn. In 1. Korinther 5 sehen wir, wie ernst der Apostel die Korinther zu tadeln hatte, dass sie in dieser Beziehung nachlässig waren. Sie blieben in Gemeinschaft mit einem offenbaren Sünder und verunreinigten dadurch die ganze Versammlung. „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig die ganze Masse durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus, auf dass ihr eine neue Masse werdet, gleich wie ihr ungesäuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit ungesäuertem Brot der Lauterkeit und Wahrheit“ (V 6–8). Der Apostel erinnert sie an das Passah, als ein Vorbild von dem Tod unseres Herrn. Wir haben schon gesehen, mit welchem Ernst der Sauerteig bei dem Vorbild behandelt wurde, unter dem Gesetz. Mit welchem Ernst sollten diejenigen, die „versetzt sind in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kol 1,13), die in Christus eine „ungesäuerte“ Masse geworden sind, jetzt den Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit von sich fernhalten, besonders aber beim Tisch des Herrn. Was alles zu diesem Sauerteig gehört, wird in 1. Korinther 5,9–13, Römer 16,17; Titus 3,10; 2. Johannes 10 noch näher angegeben, so dass wir eine unzweideutige Anweisung des Herrn für unser Verhalten in dieser Beziehung haben. Möchten alle Gläubigen treu sein in der Befolgung dieser Anweisungen! Alle sind dafür verantwortlich.

Dass eine solche Entschiedenheit gegen alles, was das Wort als böse bezeichnet, nicht im Widerspruch steht mit der Liebe zu denen, wovon wir, der Anweisung des Herrn gemäß, uns zu trennen haben, geht aus dem Verhalten des Apostels gegen den Sünder in Korinth hervor, den er „dem Satan überliefern musste, zum Verderben des Fleisches, auf dass der Geist errettet werde am Tag des Herrn Jesus“ (1. Kor 5,5), und den er, sobald die Zucht ihre Wirkung getan hatte, den Korinthern zur Wiederaufnahme empfiehlt, indem er ihnen in 2. Korinther 2,6–8 schreibt: „Genügend ist einem solchen diese Strafe, ... so dass ihr im Gegenteil vielmehr vergeben und ermuntern solltet, damit nicht etwa ein solcher durch übermäßige Traurigkeit verschlungen werde. Darum ermahne ich euch, Liebe gegen ihn zu betätigen.“ Wir sehen also, dass diese Zucht aus der Liebe hervorging, um den Sünder vom ewigen Verderben zu retten. So sind wir denn durch das Wort belehrt, dass bei aller Entschiedenheit gegen das Böse, um der Ehre des Herrn willen, die Liebe gegen den fehlenden Bruder uns zu leiten hat in der nach der Anweisung des Herrn an ihm auszuübenden Zucht, um ihm behilflich zu sein zur Wiederherstellung. Wenn nicht beides vereinigt ist, so wird entweder in gesetzlicher Härte gehandelt werden, oder in weichlicher Schwäche. Beides ist nicht im Sinn des Herrn und dient nicht zur Erreichung seiner Zwecke.

Zum Schluss mögen noch einige Bemerkungen über besondere Fälle hier Platz finden.

Wir haben im Lauf unserer Betrachtung gefunden, dass der Heilige Geist durch das Wort die Gläubigen aller Zeiten anleitet, sich „am ersten Wochentage zu versammeln, um Brot zu brechen“, sowie, dass alle Gläubigen berufen sind, an dem Tisch des Herrn ihrer Einheit Ausdruck zu geben. Es gibt also für alle nur einen Tisch. Selbstverständlich können nicht alle Gläubigen auf der Erde sich an einem Platz versammeln; aber, wenn auch räumlich getrennt, so sind sie doch in einem Geist versammelt und geben der Einheit des ganzen Leibes Ausdruck, wenn sie einfach im Namen Jesu auf dem Boden der Wahrheit zusammenkommen und den Tod des Herrn verkündigen.

An jedem Ort, wo zur Apostelzeit Gläubige waren, bildeten sie die Versammlung Gottes an diesem Ort, wie wir dies in den Briefen des Paulus an die verschiedenen Versammlungen ausgedrückt finden. Die heutige Zersplitterung der Gläubigen in viele Parteien kann die Gedanken Gottes über ihre Einheit nicht aufheben. Diejenigen unter ihnen nun, welche diesen Gedanken Gottes gemäß handeln wollen, werden an jedem Ort sich außerhalb der Parteien am Tisch des Herrn versammeln, dadurch, ohne selbst Parteischranken aufzurichten, ihre Einheit mit allen Gläubigen ausdrücken und so den Charakter der Versammlung Gottes an diesem Ort darstellen. Die geringste Zahl von Personen, die sich überhaupt versammeln können, zwei oder drei, haben die Verheißung des Herrn: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20). Wenn also auch nur so wenige an einem Ort Stadt (oder Dorf) vorhanden sein sollten, die im Sinn des Herrn auf dem Grund der Einheit des Leibes sich versammeln, so haben sie, weil der Herr sich in ihrer Mitte befindet, alles, was nötig ist, um die Versammlung Gottes an diesem Ort darzustellen und den Tisch des Herrn in ihrer Mitte aufzurichten.

Doch der Umstand, dass zur Aufrechthaltung der Heiligkeit dieses Tisches eine sorgfältige Überwachung und Zucht erforderlich ist, welche der Herr nach Matthäus 18,15–20 mit seiner eignen Autorität bekleidet, sollte die sich versammelnden Gläubigen leiten, nur dann den Tisch des Herrn aufzurichten, wenn sie die Überzeugung haben dürfen, jene Überwachung und Zucht Gott gemäß ausüben zu können, weil ohne dieselbe die Gefahr entsteht, dass durch „unwürdiges Essen und Trinken“ der Herr verunehrt und über die, welche sich desselben schuldig machen, ein Gericht herbeigeführt wird. Wenn demnach an einem Ort nur eine Familie sich befindet, deren Glieder sich auf dem Boden der Einheit versammeln, so sollte, wie ich glaube, jene Erwägung sie veranlassen, auf das Brotbrechen in ihrer Mitte solange zu verzichten, bis ihre Zahl durch solche Brüder vermehrt wird, die fähig sind, ohne durch Familien Rücksichten gehemmt zu sein, über die Heiligkeit des Tisches des Herrn zu wachen. Ähnlich würde der Fall sein, wenn an einem Ort die sich Versammelnden mit Ausnahme eines Einzigen dem weiblichen Geschlechte angehören, welches, nach 1. Korinther 14,34–35 und 1. Timotheus 2,11–12, nicht zu einer Tätigkeit in der Versammlung berufen ist. Es würde dann die ganze Verantwortlichkeit für alles, was am Tisch des Herrn geschehen würde, auf dem einen Bruder ruhen, während über ihn selbst kein anderer in dieser Versammlung wachen könnte.

Auch die Frage, ob Gläubige, die mit anderen sich auf einer Reise zusammenfinden, unter einander das Brot brechen können, unterliegt der Erwägung, ob dies nicht eine Abweichung sein würde von allem, was wir im Wort über das Abendmahl finden. Da aber das Wort die alleinige Autorität für uns und das einzige Licht ist, welches uns den richtigen, aber immer schmalen Pfad bezeichnet, so sind Abweichungen davon stets bedenklich, selbst wenn sie ganz unverfänglich scheinen. Es gibt vielleicht noch manche Frage auf diesem Gebiet. Doch wie berechtigt sie auch scheinen möchte, so sollten wir uns doch niemals auch nur den kleinsten Schritt entfernen von dem Weg, für welchen wir im Wort einen unzweideutigen Anhalt finden. Vielleicht ist der erste Schritt noch ungefährlich; die Folgerungen aus demselben aber können uns auf bedenkliche Irrwege führen.

Oft sprechen Kranke den Wunsch aus, auf ihrem Krankenlager das Brot zu brechen. Auch dafür gibt uns das Wort keinen Anhaltspunkt. Wir finden darin nichts von einem solchen privaten Brotbrechen, sondern nur, dass das Abendmahl in der allgemeinen Versammlung der Gläubigen am ersten Wochentag gefeiert wurde. Auch beruht jener Wunsch der Kranken gewöhnlich auf einer unrichtigen Auffassung der Bedeutung des Abendmahls, indem sie darin eine Erquickung für ihr Herz, oder gar eine Befestigung der Gewissheit ihrer Errettung suchen. So entschuldbar, ja berechtigt vom Standpunkt eines Leidenden aus, der Wunsch, Brot zu brechen, auch erscheinen mag, so wird es doch wohl besser sein, denselben über den schriftgemäßen Charakter des Abendmahls zu belehren, als durch Erfüllung seines Wunsches ihn in seiner falschen Auffassung zu bestärken und sich selbst eine Abweichung von der durch den Heiligen Geist im Wort festgestellten Regel zu erlauben. Der Herr, der das Verlangen des Kranken kennt, kann und wird ihn, wenn es anders sein wohlgefälliger Wille ist, wiederherstellen und ihn so in den Stand setzen, seinen Platz an seinem Tisch wieder einzunehmen. –

So haben wir denn im Vorstehenden versucht, aus dem, was wir im Wort über das Abendmahl finden, für uns einige Belehrungen für ein richtiges und würdiges Verhalten bezüglich dieses wichtigen Gegenstandes zu schöpfen. Möchten alle, die den Herrn lieben, sich in der Befolgung seiner Aufforderung: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ durch nichts anders leiten lassen, als durch das, was das geschriebene Wort uns darüber an die Hand gibt, durch den Ausdruck der Gedanken und des Willens des Herrn hinsichtlich des teuren Vermächtnisses, welches Er in seiner Liebe den Seinen hinterlassen hat!

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