Die letzten Dinge

Die Posaunengerichte

Die letzten Dinge

Die erste Posaune

„Und als es das siebte Siegel öffnete, entstand ein Schweigen in dem Himmel, etwa eine halbe Stunde“ (8,1).

Das Lamm schickt sich an, das siebte Siegel zu öffnen, worauf im Himmel ein ehrfurchtsvolles, feierliches Schweigen von etwa einer halben Stunde entsteht. Das bedeutet offenbar eine Stille vor dem Sturm, in Erwartung und Zubereitung einer neuen, noch ernsteren Reihe von Gerichtshandlungen, als wir sie bisher gesehen haben. Während dieser sehen wir sieben Engel, die sich vor Gott stellen und die nun sieben Posaunen empfangen. Sieben Siegel, sieben Engel, sieben Posaunen, sie alle deuten auf die Vollkommenheit der Wege Gottes, auch im Gericht, hin. Die Engel, dienstbare Geister, sind zum Posaunen bereit. Die Gerichte können nicht mehr aufgehalten werden; Gottes Signal zum Lösen der Gerichte wird gegeben.

„Und ich sah die sieben Engel, die vor Gott stehen; und es wurden ihnen sieben Posaunen gegeben“ (8,2).

Die Posaunen sind weithallende Blasinstrumente. Mit ihnen konnten die Befehle Moses weithin kundgemacht werden. Israel besaß zwei silberne Posaunen, mit denen das Volk zur Sammlung gerufen wurde, oder zum Kampf anzutreten hatte, oder es konnte auch das Signal zum Wechseln des Lagers sein (vgl. 4. Mo 10). In unserem Kapitel aber haben sie vor allem die Bedeutung, dass Gott im Begriff ist, das längst angedrohte Gericht zur Ausführung zu bringen. Sie bedeuten aber auch einen ernsten Appell an die Gewissen der Menschen, sich in Buße und Reue – jetzt, da noch der Gnadentag währt – zu Gott zu wenden.

Die Gerichte, die nun auf jeden Posaunenstoß folgen, haben eine ernstere Natur, als diejenigen, die wir bei den bisher erbrochenen Siegeln gesehen haben. Jene waren Gerichte, die sich folgerichtig aus dem bösen Tun und Trachten des Menschen von selbst ergaben, dem Grundsatz entsprechend: „womit man sündigt, damit wird man gestraft“, nur dass diese Gerichte jetzt von viel größerer Reichweite sind. Die Posaunen rufen die Gerichte von außen her, vier vom Himmel und drei von unten her. Sie sind weniger allgemein, mehr auf gewisse Teile der Erde gerichtet, dafür aber unmittelbarer, auf die Gewissen gezielt und darum umso empfindlicher. Ach, dass der Mensch auf Gottes Gnadenruf gehört und Gottes rettende Hand angenommen hätte!

„Und ein anderer Engel kam und stellte sich an den Altar, und er hatte ein goldenes Räucherfass; und es wurde ihm viel Räucherwerk gegeben, damit er Kraft gebe den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar, der vor dem Thron ist. Und der Rauch des Räucherwerks stieg mit den Gebeten der Heiligen auf aus der Hand des Engels vor Gott. Und der Engel nahm das Räucherfass und füllte es von dem Feuer des Altars und warf es auf die Erde; und es geschahen Stimmen und Donner und Blitze und ein Erdbeben“ (8,3–5).

Ein anderes Schauspiel öffnet sich vor dem Seherauge des Johannes, und zwar etwas zu Gunsten der Heiligen, die auf der Erde sind. Es ist für das Herz etwas erquickendes, in einer Zeit furchtbarer Gerichte Gott zu sehen, der den Lauf der Gerichte zurückhält, um sich denen zuzuwenden, die Ihn lieben. In Offenbarung 6,9 sahen wir Seelen unter dem Altar, die das Zeugnis Jesu festgehalten und dafür den Tod erlitten hatten. In Kapitel 7 sind es solche, die ihre Kleider im Blut des Lammes gewaschen haben; auch hören wir von ihnen, dass sie Beter sind – das Zeichen der Gottesfurcht. Aber ihr Charakter ist ein ganz anderer als der der Ekklesia (Gemeinde) zur Zeit der Gnade, denn wir hören sie um Rache an den Feinden der Heiligen Gottes rufen. Dies entspricht durchaus dem Charakter des Buches der Offenbarung; denn wir haben hier den Tag des Grimmes Gottes, der bereits im Gang ist, und das alte Bundesvolk Israel tritt wieder als Zeuge Gottes und des Messias auf den Plan.

Der „andere Engel“, der am Altar steht, ist der Herr Jesus selbst, der die Gestalt eines Engels annimmt, wenn Er, während der Gerichte, in inoffiziellem Charakter, d. h. zu einer anderen als richterlichen Handlung, zu Gunsten der Seinen auftritt. Als Lamm Gottes wird Er in diesem Buch in enger Verbindung mit den leidenden Heiligen auf der Erde und den verherrlichten im Himmel (um ihrer Leiden willen) erwähnt. Das Lamm hat sich alle Rechte erworben, das Buch der Gerichte zu öffnen und das Gericht auszuführen. Sobald aber nur die zu richtende Welt im Blickfeld steht, tritt der Herr in anderer machtvoller Gestalt als Engel auf und zwar, da jetzt das gläubige Israel die Stelle der Heiligen auf der Erde einnimmt, im Charakter des Herrn des Alten Testaments. Hier steht Er als der Hohepriester der Seinen am ehernen Altar mit einem goldenen Räucherfass, somit auch in Verbindung mit dem goldenen Altar – dem Altar der Gebete. Von diesem nimmt Er viel Räucherwerk, um den Gebeten der Heiligen und ihnen selbst Kraft zu geben; dann nimmt Er Feuer vom ehernen Altar und füllt damit das Räucherfass und wirft es auf die Erde, und zwar als Antwort auf die Gebete um Rache, dort sofort Gerichtserscheinungen auslösend.

Dies ist alles wiederum ein Zeugnis von der anbetungswürdigen Gnade unseres Herrn und Gottes, der sich mitten in seinen Aktionen als richtender König der schwachen Seinen annimmt, um sie zu schützen und zu bewahren vor dem Entbrennen seines Zornes. Welch wunderbarer Gott!

„Und die sieben Engel, die die sieben Posaunen hatten, machten sich bereit, um zu posaunen.

Und der erste posaunte: Und es entstand Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und wurde auf die Erde geworfen. Und der dritte Teil der Erde verbrannte, und der dritte Teil der Bäume verbrannte, und alles grüne Gras verbrannte“ (8,6.7).

Nun beginnen die Engel ihre Posaunen – es sind Gerichtsposaunen – zu blasen. Plötzliche, unvermittelte Gerichte treffen den dritten Teil der Erde. Das entspricht dem Gebietsteil des wiedererstehenden Römischen Weltreiches, der Teil der Erde, der sich nominell als christlich bezeichnet. Es dürfte schwer sein, heute, da wir noch in der Gnadenzeit leben, die Symbole in ihrer ganzen Tragweite zu deuten, wir müssen uns damit begnügen, dieselben in ihren allgemeinen Richtlinien anzugeben. Vor allem werden immer wieder Erde, Meer, Bäume, grünes Gras und Kraut, Gestirne usw. erwähnt; sie sind Symbole menschlicher Regierung, Gesellschaft und Ordnungen.

Unter der Erde ist mehrmals der ganze bewohnte Erdkreis, vor allem das Römische Weltreich, einschließlich Palästinas, gemeint, manchmal aber auch, wenn es sich um die Sache Israels handelt, dessen Land allein, im Gegensatz zu den Nationen. Wer aufmerksam den Fußspuren des Herrn folgt, wird das mit Leichtigkeit herausfinden, welches von beiden jeweils gemeint ist.

Das Meer bedeutet revolutionäre, in Auflehnung gegen Gott und seine Ordnung befindliche Völker und Staaten. Schon der Prophet Jesaja nimmt Bezug hierauf: „Aber die Gottlosen sind wie das aufgewühlte Meer, denn es kann nicht ruhig sein, und seine Wasser wühlen Schlamm und Kot auf“ (Jes 57,20).

Unter Bäumen versteht Gottes Wort die Mächtigen der Erde, denken wir an Nebukadnezar in Daniel 4, oder an den Assyrer in Hesekiel 31,3–14 usw.

Gras und Kraut zeugen von wirtschaftlicher Prosperität.

Gestirne zeigen religiöse und sonstige Leuchten der Menschheit.

Die Gerichte der ersten vier Posaunen sind Erscheinungen, die meistens in kleinem Maß immer wieder erfolgt sind, hier aber ein ungewöhnliches, zum Teil mit Übernatürlichem vermischtes, katastrophales Ausmaß annehmen.

Die erste Posaune ruft ein Gericht herauf, das die Erde als eine Stätte des Gedeihens in radikaler Weise trifft. Hagel deutet darauf hin. Feuer zeugt von dem durchdringenden und verzehrenden Charakter der Vernichtung, während Blut von Krieg und Tod redet. „Die Bäume und alles grüne Gras, das Hohe und das Niedrige, fällt durch Gottes Hand. Was ist der Mensch in seiner Vergänglichkeit, Hinfälligkeit und Ohnmacht!

Die zweite Posaune

„Und der zweite Engel posaunte: Und etwas wie ein großer, mit Feuer brennender Berg wurde ins Meer geworfen; und der dritte Teil des Meeres wurde zu Blut. Und es starb der dritte Teil der Geschöpfe, die im Meer waren, die Leben hatten, und der dritte Teil der Schiffe wurde zerstört“ (8,8.9).

Der „mit Feuer brennende Berg“ ist eine große geordnete Macht, aber im Sinn von Jeremia 51,25: „...ich will an dich, ...du Berg des Verderbens...“. Er ist sich selbst und anderen ein Gericht, denn er brennt mit Feuer. Einer alles vernichtenden Woge gleich, wälzt er sich über den dritten Teil der Erde. Handel und Wandel werden zerstört. Es ist die Tendenz des Gerichtes, dass der Böse das Böse richtet. Das Böse, das im Menschen ist, kann, sich selbst überlassen, nie Gutes, sondern nur Verderben hervorbringen.

Die dritte Posaune

„Und der dritte Engel posaunte: Und vom Himmel fiel ein großer Stern, brennend wie eine Fackel, und er fiel auf den dritten Teil der Ströme und auf die Wasserquellen. Und der Name des Sterns heißt Wermut; und der dritte Teil der Wasser wurde zu Wermut, und viele der Menschen starben von den Wassern, weil sie bitter gemacht waren“ (8,10.11).

Ein „Stern“, eine Gott verantwortliche Größe, die eine Leuchte hätte sein sollen, aber ihrer Berufung nicht entsprach, wird, wie der „Berg“ bei der zweiten Posaune, brennend – sich selbst und anderen ein Gericht – auf die Ströme und Wasserquellen geworfen, d. h. er verdirbt alles das, was den Menschen eine Erfrischung und Erquickung hätte sein sollen. Gehen wir fehl, wenn wir dabei an das Römische Papsttum denken, das bisher doch immer noch den Charakter eines Hüters des christlichen Glaubens – wenigstens dem Bekenntnis nach – hatte, aber zu einer fanatisch, politischen, weltbeherrschenden Macht geworden ist? In Offenbarung 17,13 sehen wir Rom als Beherrscherin des roten Tieres, d. h. des gottfeindlichen Römischen Weltreiches. Wenn wir bedenken, dass die Verkündigung des neuen Dogmas zu Allerheiligen 1950 – der leiblichen Himmelfahrt der Maria – politischen Zweck hatte und vor allem die Jesuiten zu diesem Schritt getrieben haben, ist obige Deutung naheliegend. Übrigens hat die katholische Kirche selbst eine Prophezeiung, wonach auf den jetzigen Papst Pius XII, ein Erzfanatiker als Papst folgen werde. Diese Wendung in der Einstellung Roms hat automatisch zur Folge, dass auch die Angehörigen dieser Kirche zwangsweise dieselbe Wendung und damit die Verfälschung des Wassers des Lebens mitmachen und in sich aufnehmen und damit den Tod, entweder den geistlichen Tod durch Annahme, oder aber den leiblichen Tod, wegen ihrer Weigerung, hinnehmen müssen. Dabei ist die Möglichkeit, dass auch eine andere Größe die Menschen mit ihrer Lügenbotschaft, mit „Wermut“, zu verbittern vermag, offen gelassen.

Die vierte Posaune

„Und der vierte Engel posaunte: Und es wurde geschlagen der dritte Teil der Sonne und der dritte Teil des Mondes und der dritte Teil der Sterne, damit deren dritter Teil verfinstert würde und der Tag nicht schiene seinen dritten Teil, und die Nacht ebenso“ (8,12).

Sonne, Mond und Sterne sind Autoritäten verschiedener Grade; Leuchten des Geistes, der Wissenschaft, der Presse, religiöse Führer, Staatslenker usw. werden so verfinstert sein, dass sie den geraden, gottgemäßen Weg nicht mehr erkennen, noch zu unterscheiden vermögen. In hochgradiger Verwirrung suchen sie einen Ausweg und finden keinen. Überall kommt es zu Zusammenbruch und Auflösung! Wir können es dem Leser überlassen, zu beurteilen, wie weit dies alles schon heute gediehen ist; aber wie wird es erst werden, wenn das Licht der Welt, das heute noch scheint, weggenommen sein wird! Es wird sich erfüllen, was der Apostel Paulus an die Thessalonicher schrieb: es wird eine Macht der Lüge kommen, der zu glauben man gezwungen sein wird, mit anderen Worten, es wird Satan voller Raum für seine Verführungen gelassen werden.

„Und ich sah: Und ich hörte einen Adler inmitten des Himmels fliegen und mit lauter Stimme sagen: Wehe, wehe, wehe denen, die auf der Erde wohnen, wegen der übrigen Stimmen der Posaune der drei Engel, die posaunen werden!“ (8,13).

Ehe die fünfte Posaune ertönt, sieht Johannes einen Adler inmitten des Himmels fliegen. Der Adler ist das Symbol der Plötzlichkeit, Schnelligkeit und Zielsicherheit der Gerichte. Müssen wir uns wundern, wenn er ein dreifaches Wehe ausruft, da nun mit den kommenden Posaunenstößen die Höllenheere auf die Erde losgelassen werden? Gott hält sie heute noch zurück, und sie werden solange zurückgehalten werden, bis die Brautgemeinde im Himmel in völlige Sicherheit gebracht ist. Dann aber ist die Stunde gekommen, da Gott ihnen, wenn auch nur für kurze Zeit, freies Schalten und Walten erlaubt. Ohne Zweifel wird das im 12. und 13. Kapitel beschriebene satanische Dreigestirn, Satan selbst, das erste Tier (der Römische Kaiser) und das zweite Tier (der Antichrist, der falsche Prophet), in die Periode der letzten drei Posaunen fallen.

„Die auf der Erde wohnen“ ist ein Ausdruck, den wir in der Offenbarung immer wieder finden. Diese Kategorie Menschen steht in direktem Gegensatz zu uns Gläubigen, die wir Pilger und vor allem Fremde auf der Erde sind. „Die auf der Erde wohnen“ sind Menschen, die nur für das Diesseits leben. Ihr Trachten steht nur in Verbindung mit dem, was auf der Erde ist, darum verschmähen sie das Heil in Christus und fallen unter die Gerichte! Welches furchtbare „Wehe, wehe, wehe!“

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