Die letzten Dinge

Der Schluss des Buches

Die letzten Dinge

Der Strom und der Baum des Lebens

In Kapitel 21 wird dem Seher die Herrlichkeit der heiligen Stadt, wie sie durch Christus bekleidet werden wird, gezeigt. Hier haben wir nun die lebendige Seite dieser Herrlichkeit, die Gemeinschaft mit Gott, dem Herrn, dargestellt in dem Strom und dem Baum des Lebens, die uns außerdem das immerdar sich in unveränderlicher Frische erneuernde ewige Leben und gleicherweise den ewigen Segen andeuten. Unaufhörlich werden Leben und Segen, von Gott selbst, den Heiligen der himmlischen Stadt und, von dieser weiter, den Heiligen auf der Erde zufließen.

„Und er zeigte mir einen Strom von Wasser des Lebens, glänzend wie Kristall, der hervorging aus dem Thron Gottes und des Lammes“ (22,1).

Das Wasser ist neben dem Sonnenlicht das wichtigste Lebenselement, und schon im irdischen Paradies finden wir den Strom als Quell des Lebens beschrieben. Dieser erhält das materielle Leben auf der Erde. In Johannes 4,14 und 7,37 aber redet der Herr Jesus noch von einem anderen Lebenswasser, das ewiges Leben bedeutet. Dieses Wasser, das das Wort aus Gottes Mund ist, können und sollen wir heute schon in geistlichem Sinn, zum Unterhalt und zur Förderung unseres geistlichen Lebens, genießen. Im neuen Jerusalem im Himmel aber ist, wie wir hier sehen, ein großer, glänzender und nie versiegender Strom, glänzend wie Kristall, der das Leben der Bewohner erquickt und erhält.

Auch Hesekiel sieht in seinem Gesicht über das 1000-jährige Reich einen solchen Strom von Lebenswasser, der alles Land, das er berührt, gesund und ertragreich macht. Selbst das von Salzen erfüllte „Tote Meer“ wird völlig gesund werden. Diesen Strom sieht Hesekiel aus dem Haus Gottes, dem Tempel, herausfließen, denn seine Vision beschränkt sich ja auf die Zukunft des Volkes Israel. Demgemäß sieht er nur materielle Umstände; sieht wohl den neuen Tempel gebaut, aber nur bis zum inneren Vorhof, während ihm das Innere des Heiligtums selbst verborgen bleibt. Die Herrlichkeit des Herrn, die er in diesen Tempel einziehen sieht, ist die Herrlichkeit des Gottes Israels. Darum erblickt er auch den Lebensstrom erst von der Schwelle des Tempels an. Johannes dagegen, der das neue Jerusalem in der unmittelbaren Gegenwart Gottes sieht, sieht den wirklichen Ursprung dieses Stromes: den Thron Gottes und des Lammes. Darum entspricht dieser Strom der göttlichen, sich ewig gleich bleibenden Fülle quellenden Lebens selbst, das gleiche Leben, das wir ja schon auf der Erde durch die Wiedergeburt erlangen und durch stete Gemeinschaft mit dem Herrn in Kraft erhalten können. Dort werden wir dieses Leben in unerschöpflicher Fülle, in Kraft und Vollkommenheit ewiglich genießen können. Diesen Strom der vom Thron her die heilige Stadt durchfließt, sieht Hesekiel sich weiter zu den erlösten Menschen ergießen.

„In der Mitte ihrer Straße und des Stromes, diesseits und jenseits, war der Baum des Lebens, der zwölf Früchte trägt und jeden Monat seine Frucht gibt; und die Blätter des Baumes sind zur Heilung der Nationen“ (22,2).

Dieser Baum des Lebens ist unauflöslich mit dem Strom und mit der Straße der heiligen Stadt verbunden und bildet eine Einheit mit denselben. Schon im Paradies auf der Erde stand bekanntlich der Baum des Lebens, von dem Adam und Eva hätten essen sollen. Stattdessen aßen sie vom verbotenen Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen und verloren infolgedessen alle Segnungen, in deren Mitte Gott sie gestellt hatte. Die Absicht Gottes war ohne Zweifel, die Menschen in Verbindung mit dem Baum des Lebens, also mit sich selbst, zu bringen, um seine Gemeinschaft zu genießen. Der Ungehorsam des Menschen machte dies unmöglich. Gott musste einen großen Umweg – den des Kreuzes von Golgatha – machen; und der Lebensbaum wurde dem Menschen entrückt. In unserem Kapitel, in dem übrigens kein Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen mehr Raum hat, findet sich der Baum des Lebens wieder, zur steten Verfügung der Heiligen, und zwar in vollkommener und allezeit reichhaltiger Fülle, beladen mit Früchten aller Art. Ohne je aufzuhören, bringt er jeden Monat immer neue, vielfältige Frucht. Dieser Lebensbaum ist symbolisch wiederum Christus selbst, dem wir als solchem schon beim Sendschreiben an Ephesus (Off 2) begegnet sind. Schon auf der Erde ist es notwendig, dass wir uns, zum Fortbestand unseres geistlichen Lebens, von dem nähren müssen, was Er uns in seinem Wort gibt. Dies allein kann die fortlaufende Gemeinschaft mit Ihm erhalten. So lesen wir auch in Jesaja 43,18–19: „Erinnert euch nicht an das Frühere, und über die Dinge der Vorzeit sinnt nicht nach! Siehe, ich wirke Neues; jetzt sprosst es auf; erkennt ihr es nicht?“

Wir mögen wohl kostbare Erfahrungen gemacht haben; aber wir dürfen uns nicht dabei aufhalten; es gilt vorwärts zu schauen; denn wir haben immer andere Erfahrungen und Belehrungen nötig. Dies ist also auch so am himmlischen Ziel, allerdings in vollkommenem Sinn und Maß. Wir werden dann unerschöpflich neue und kostbare Segnungen empfangen und die Schönheiten und Herrlichkeiten unseres Herrn anschauen und genießen. Das ist Grund genug, Gott, den Herrn, in immer neuen Tönen anzubeten und zu verherrlichen. Aber dieser unaufhörliche Segen strömt, wie wir gesehen haben, von der heiligen Stadt auch weiter zu den Heiligen auf der Erde. Diese haben erst recht diesen immer frischen Zufluss der Segnungen, zu ihrer fortlaufenden Stärkung, nötig; denn hier auf der Erde sind wir immer in Gefahr, in der Verwirklichung des geistigen Lebens nachzulassen. Ferner sind die Blätter des Baumes zur „Heilung der Nationen“ bestimmt; denn im messianischen Friedensreich gibt es auch noch Nationen. Von diesen wird gesagt, dass sie berufen sind, nach Jerusalem Ehrung und Anbetung zu bringen; doch ist deswegen nicht anzunehmen, dass wirklich alle bekehrt sein werden. Darum können auch Krankheiten vorkommen. Da aber Sünde sogleich mit dem Tod bestraft wird, und deren Urheber, Satan, ja gebunden im Abgrund ist, wird die Krankheit ohne komplizierende Folgen sein.

Die Blätter bilden das Kleid, die Schönheit eines Baumes; sie stellen wohl das dar, was in Jesus als dem Sanftmütigen und Demütigen zu sehen ist, in dessen Nachahmung alle Ungerechtigkeit, Neid, Eifersucht, Hader und Streit ausgeschaltet sein werden. Gerechtigkeit und Frieden werden das Land bedecken.

Voll tiefer Bedeutung ist der Ausdruck: „In der Mitte ihrer Straße und des Stromes, diesseits und jenseits, ist der Baum des Lebens.“ Er bezeichnet eine wunderbare, heilige Einheit mit dem Herrn des Lebens und des Segens selbst, mit dem ja auch die Stadt, d. h, die Brautgemeinde, ein Leib ist. Er ist auch hier die Quelle, von der alle Segnungen ausgehen.

„Und keinerlei Fluch wird mehr sein; und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein; und seine Knechte werden ihm dienen“ (22,3).

Darum, weil Gott alles in allem sein wird, wird kein Anlass und kein Raum mehr für irgendeinen Fluch sein, denn das, was denselben hervorgerufen hat, ist völlig und endgültig beseitigt und vergangen. Ferner haben wir in Kapitel 21 gehört, dass Gott und das Lamm selbst den Tempel der heiligen Stadt ausmachen werden. Hier aber lesen wir sogar, dass der Thron Gottes und des Lammes, die Stätte der Regierung Gottes, mitten in der Stadt stehen wird. Dies bedeutet die Vollendung der Vorrechte der heiligen Stadt; denn mit dem Thron ist die höchste Stellung im ganzen Weltall angedeutet, der zudem den Charakter des Unnahbaren hat. Dies war ja auch der Fall, solange die Sünde bestand, die die Geschöpfe von Gott fernhielt. Hier aber ist keinerlei Schranke mehr zwischen den Menschen und Gott nötig; denn alle sind erlöste, teuer erkaufte und von Ihm wiedergezeugte Selige, an denen Er seine ständige Wonne haben wird, wie dies in Sprüche 8,31 vorausgesagt ist. Er ist auch für sie nicht mehr der eifernde Gott des Alten Bundes, wie es die Sünde nötig machte, sondern ist der Gott und Vater voller Liebe durch unsern Herrn Jesus Christus. Darum wird hier nochmals das „Lamm“ erwähnt, der Herr Jesus Christus, der ja für uns im Vordergrund steht als der, dem wir alles dies verdanken werden, weil Er am Kreuz die Sünde weggetan hat, die uns von Gott trennte.

„Und sie werden sein Angesicht sehen; und sein Name wird an ihren Stirnen sein“ (22,4).

Dieses Dienen seiner Knechte wird stete Anbetung und Verherrlichung ihres Herrn sein – wovon wir in Kapitel 5 im Lied der vierundzwanzig Ältesten ein Beispiel haben – denn sie werden in stetem Anschauen der Herrlichkeit ihres Herrn und Gottes staunend immer neue, herrliche Seiten entdecken und darüber in Lob, Preis und Anbetung ausbrechen. Sie selbst werden von seiner Herrlichkeit und der seines Namens auf ihren Angesichtern gezeichnet sein und darin als seine Abbilder leuchten, wie es der Herr im Sendschreiben an Philadelphia vorausgesagt hat (Off 3,12). Dann wird dieser Dienst ein vollkommener und überaus herrlicher sein, indem die Heiligen das glückselige Vorrecht haben werden, auf ewig in unmittelbarer Nähe Gottes und des Lammes zu weilen, bei dem sie nie ermüden werden, denn Ihn zu loben ist Leben und Seligkeit.

Drum Ehre, Preis und Dank sei Dir,
o Jesu, unser Leben!
Preiswürdig bist Du für und für;
wer kann dich g'nug erheben!
Du bist der Quell, der ewig quillt,
die Fülle, die das Herz nur stillt,
du bist die Lebenssonne.
Bald wirst Du uns zu Dir erhöhn;
dann wird dich unser Auge sehn,
zu ew'ger Freud' und Wonne.

„Und Nacht wird nicht mehr sein und kein Bedürfnis nach einer Lampe und dem Licht der Sonne; denn der Herr, Gott, wird über ihnen leuchten, und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (22,5).

Abschließend stellt Johannes der Seher nochmals fest, dass hinfort keine Nacht mehr sein wird, d. h. dass dieser Gegensatz zum Licht, der infolge der Sünde die gegenwärtige Zeit und Schöpfung beherrscht, dann auf ewig und endgültig der Vergangenheit angehören wird. Damit ist die Nacht der Vergessenheit übergeben. Denn in der neuen Schöpfung, die die Vollendung aller Dinge bringen wird, wird Gott der Herr alles in allem sein und das Weltall mit seinem eigenen wunderbaren Licht füllen, das ohne den geringsten Schatten von Finsternis in alle Ewigkeit bleiben wird. Damit schließen die Visionen des Apostels Johannes. Wir sind am ewigen Tag Gottes angelangt, der niemals aufhören und unabänderlich vollkommen und herrlich sein wird. Das werden auch die Heiligen, die diesen genießen werden, sein. Was jetzt noch folgt, sind überaus wichtige und inhaltsreiche Schlussworte unseres Herrn, der darauf wartet, uns heimholen zu können. Es sind überaus ernste, letztmalige Warnungen an die ungläubige Welt, anderseits nochmalige Ermunterungen an die Heiligen, zu wachen, bis der Herr, ihr Heiland und Bräutigam, erscheint.

Schon zweimal hat der göttliche Schreiber, der Heilige Geist, mit diesen Worten „gewiss und wahrhaftig“ seine Mitteilungen bestätigt und unterstrichen. Das erste Mal in Offenbarung 19,9 nach dem Gesicht von der Hochzeit des Lammes; das zweite Mal in Offenbarung 21,5 nach der Einführung der neuen gereinigten Schöpfung. Hier sagt Er dasselbe Wort zum dritten Mal, nachdem Johannes die Herrlichkeit der heiligen Stadt, des himmlischen Jerusalem, geschaut hat. Also jedes Mal, nachdem dem Seher Allergrößtes gezeigt wurde, unterstreicht Gott es mit diesen Worten. Welches Gewicht erhalten diese wunderbaren Mitteilungen durch dieses dreimalige „gewiss und wahrhaftig“ aus dem Mund Gottes! Es ist dasselbe, wie die Worte unseres Herrn auf der Erde, der seine wichtigsten Wahrheiten mit dem doppelten „Wahrlich, wahrlich“ das ist „Amen, so ist es“ eingeführt hat. Wie kommt doch Gott, der Herr, unserem armseligen Verstehen zu Hilfe, dass Er so Wunderbares, für uns so wenig Fassbares, mit solchen kräftigen Worten untermauert!

Schlussworte

„Und er sprach zu mir: Diese Worte sind gewiss und wahrhaftig, und der Herr, der Gott der Geister der Propheten, hat seinen Engel gesandt, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss. Und siehe, ich komme bald. Glückselig, der die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt!“ (22,6.7).

Der Engel, der mit Johannes geredet hat, bestätigt sozusagen noch unterschriftlich die absolute Gewissheit des Geschauten und Gehörten damit, dass Gott selbst ihn gesandt habe, um seinen Knecht auf der Erde zu unterrichten, was bald, in naher Zukunft, noch geschehen müsse, um den Ratschluss Gottes zu vollenden. Damals war dies allerdings, mit unserem menschlichen Maß gemessen, noch eine lange Zeit bis dahin, nicht aber für den Herrn, vor dem tausend Jahre wie ein Tag, und ein Tag wie tausend Jahre sind. Heute aber ist es auch nach unserem Ermessen tatsächlich „bald!“. Die Entwicklung aller Dinge ist schon bis zu den Toren der eigentlichen Endzeit gediehen, dass es nur noch kurze Zeit bis zur Ankunft des Herrn dauern kann. Gott wird hier absichtlich nicht „Vater unseres Herrn Jesus Christus“ genannt, sondern „Gott der Geister der Propheten“, entsprechend dem Charakter des Buches und der Sendung dieses Engels.

Darum ist auch hier das Wort „Siehe, ich komme bald!“ nicht so sehr als Ermunterung an die Gläubigen gerichtet, sondern vielmehr als Warnung an die Welt, betonend, dass ihr Gericht nicht zögern wird, loszubrechen. Von diesem Standpunkt aus ist auch das nachfolgende „Glückselig!“ zu werten. Es ist sicherlich ein Glück und eine Seligkeit für jeden, die Worte dieses Buches zu beachten, festzuhalten und zu seiner Rettung zu verwerten. Im engeren Sinn beziehen sich diese Worte auf das Buch der Offenbarung, im weiteren aber auch auf das ganze Wort Gottes. Auch das Buch der Offenbarung gibt genug Anweisung, um den kommenden Gerichten zu entgehen, und zwar einfach damit, dass man Gott die Ehre gibt.

„Und ich, Johannes, bin der, der diese Dinge hörte und sah; und als ich sie hörte und sah, fiel ich nieder, um anzubeten zu den Füßen des Engels, der mir diese Dinge zeigte. Und er spricht zu mir: Sieh zu, tu es nicht. Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, der Propheten, und derer, die die Worte dieses Buches bewahren. Bete Gott an“ (22,8.9).

Wie schon in Offenbarung 19,10, als Johannes die Hochzeit des Lammes gesehen hatte, fällt er auch hier angesichts der Herrlichkeit der Stadt zu Füßen des Engels nieder, um anzubeten. Kein Wunder, denn der Engel selbst ist für Johannes als Mensch eine himmlische Erscheinung, und es liegt ja ohnehin in der menschlichen Natur, für erfahrene Herrlichkeiten eher das Geschöpf, als Träger derselben, anbeten oder verherrlichen zu wollen, als den Geber selbst Aber der Engel erklärt dem Seher die wahre Bedeutung seines Wesens, dass die Engel nur Geschöpfe Gottes, lediglich zum Dienst und zur Verherrlichung Gottes bestimmt sind, wie auch zum Dienst derer, die Gott dienen und die Seligkeit ererben sollen. Engel sind allerdings sündlose himmlische Wesen, aber in ihrer Stellung zu Gott nicht so hoch wie die dereinst verherrlichten Kinder Gottes. In Jesaja 6 sehen wir, wie die Seraphim sich vor Gott verhüllen, was die Heiligen droben nicht nötig haben, und in Offenbarung 5 können allein die Ältesten das vertraute „du“ aussprechen. Dennoch, wie weit stehen wir doch oft praktisch hinter den Engeln zurück, die nicht, wie wir, solche Kenntnis von den Ratschlüssen Gottes haben und sind sogar geneigt, begabte Diener Gottes oder sonst Menschen zu verehren!

„Und er spricht zu mir: Versiegle nicht die Worte der Weissagung dieses Buches; denn die Zeit ist nahe“ (22,10).

Dieses Wort steht im Gegensatz zu Daniel 12,4, wo der Prophet den Auftrag erhält, sein Buch zu versiegeln. Warum musste dieser sein Buch versiegeln, Johannes das seine aber nicht? Ganz einfach, Daniels Weissagung war für „die Zeit des Endes“ bestimmt, und diese war damals noch in weiter Ferne. Wegen Israels Untreue musste seine Segnung noch viel weiter hinausgeschoben und zuerst noch das Erlösungswerk des Heilandes am Kreuz von Golgatha vollbracht werden. Außerdem lag es in Gottes Ratschluss, aufgrund desselben zuerst ein anderes Volk Gottes – die Ekklesia – aus allen Nationen zu sammeln. Deshalb musste Daniels Buch bis zur Vollendung dieser Dinge verschlossen bleiben; auch konnte es bis zur Vollendung des ganzen Wortes Gottes nicht richtig gedeutet werden (vgl. Apg 1,7–8).

Johannes dagegen sah die Vollendung der Ekklesia, des neutestamentlichen Volkes Gottes, der Versammlung. Die Geschichte der christlichen Kirche geht weiter bis zum Ziel in der Ewigkeit, und Johannes vollendete mit seinen Schriften das Wort Gottes. Darum brauchte, ja durfte sein Offenbarungsbuch nicht versiegelt werden. Und heute stehen wir dicht vor der Zeit, von der diese Offenbarung redet, und nicht nur das, auch die Geschichte Israels als Volk Gottes ist wieder in Gang gekommen, d. h. die erneute Sammlung und Rückkehr Israels in sein Land hat vor unseren Augen begonnen, so dass jetzt auch Daniels Weissagung entsiegelt werden kann. Darum gilt es jetzt im Gegenteil, das Buch zu öffnen und darin zu forschen. In früheren Zeiten war es ja für das Verstehen größtenteils verschlossen, weil es noch nicht an der Zeit war und die nötigen Anknüpfungen nicht vorhanden waren. Heute aber, besonders seit den Weltkriegen, hat die Entwicklung eine ganz deutliche Wendung in dieser Richtung gemacht, was leicht zu erkennen ist. Darum ist das ernste Wort: die Zeit ist nahe, als hochwichtige Mahnung beigefügt.

„Wer unrecht tut, tue noch unrecht, und wer unrein ist, verunreinige sich noch, und wer gerecht ist, übe noch Gerechtigkeit, und wer heilig ist, sei noch geheiligt“ (22,11).

Die Zeit ist gekommen, in der es keine Möglichkeit mehr geben wird, sich vom Böses tun abzukehren, sondern in der man darin bis in sein eigenes Gericht weitergehen muss. Im Gegensatz dazu werden die Heiligen ermahnt, festzustehen, weiter treu, gerecht und heilig zu leben, denn im Himmel winkt ihnen herrlicher Lohn.

„Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk ist.

Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“ (22,12.13).

Der Herr Jesus verheißt, dass Er nun bald kommen und dann einem jeden nach seinem Tun vergelten wird, mit dem Lohn, der ihm gebührt und der keinesfalls gering sein wird. Dies ist hier nach beiden Seiten hin gemeint: die unbußfertigen Sünder werden den Lohn der Sünde ernten, nämlich den Tod, die Heiligen aber ewiges Leben und himmlische Kronen, wie in Römer 6,23 und Offenbarung 2,10 und 3,11 angedeutet wird. Er selbst, der Herr, sagt dies und unterschreibt es als der Ewige und Allgegenwärtige, von dem alles seinen Ausgang genommen und in dem auch alles seine Erfüllung finden wird. Gott selbst wird das Schlusswort von allem sein.

„Glückselig, die ihre Gewänder waschen, damit sie ein Recht haben an dem Baum des Lebens und durch die Tore in die Stadt eingehen!

Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut“ (22,14.15).

Der Herr schließt dem Gesagten noch eine letztmalige mahnende Feststellung des Teiles der Einen, wie der Anderen, an. Glückselig, die ihre Kleider waschen, dass sie ein Recht an dem Lebensbaum haben und durch die Tore der Stadt eingehen, indem sie die in Gnade angebotene Erlösung durch das Blut des Christus im Glauben annehmen. Nur auf diesem Weg können der Seele die geschilderten Herrlichkeiten zuteilwerden. Nun, dieses Waschen, dieses gläubige Annehmen hängt von unserem Wollen ab; Gott zwingt nicht dazu, hilft aber dem ehrlichen Wollen. Demgegenüber werden diejenigen aufgezählt, die von diesem Glück ausgeschlossen sind, eine etwas andere Reihe als in Offenbarung 21,8, alle die, die dieses kostbare Teil im Unglauben verschmähen. Unter „Hunden“ sind ohne Zweifel alle die vielfältigen Arten Pharisäer zu verstehen, die sich fromm und gut dünken und glauben, keines Waschens zu bedürfen und doch von der Sünde verunreinigt sind. Dann kommen solche, die in Welt und Satanslehren und Götzendienst verstrickt sind; schlussendlich sind in denen, „die die Lüge lieben und tun“ alle eingeschlossen, die die göttliche Wahrheit nicht annehmen, sondern ihre eigenen Gedanken, die im Grund eben Lügen sind, vorziehen. Alle diese Ungläubigen und Selbstgerechten müssen draußen bleiben, nicht weil der Herr sie nicht haben will, sondern weil sie sich selbst ausgeschlossen haben.

„Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, um euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen. Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der glänzende Morgenstern“ (22,16).

Mit diesen Worten tritt der Herr Jesus den Seinen noch mit herzlichen Schlussworten entgegen – sein Charakter der Liebe kann es nicht anders. Er ist derselbe, den wir aus den Evangelien und Briefen kennen. Sein letztes Wort an sie ist ein solches der Liebe; Er will ihnen versichern, dass, wenn Er auch in diesem Buch als Richter erscheint, Er für sie voll unabänderlicher Liebe und Gnade bleibt. Er hat die Dinge den Versammlungen bezeugt, damit sie über alles bis in die letzte Zukunft orientiert sind, über das Geschehen der Zeiten und über seine göttliche Hand in allen Ereignissen, sowie über ihr Verhalten zu und in den jeweiligen Umständen. Er bezeichnet sich nochmals, aber anders als in Vers 13 und Offenbarung 1,8, als der Ewige, in dem alles seinen Ursprung hat und auch enden wird, und zwar in seiner Beziehung zum Menschen, als „Wurzel und Geschlecht Davids“. Er hat das Menschengeschlecht im Blick auf seine Ratschlüsse geschaffen und das Volk Israel und im Besonderen das Geschlecht Davids auserwählt, und so ist auch, der Weissagung gemäß, Christus als Mensch und Messias aus diesem Geschlecht hervorgegangen (Ps 78,67–72). In Ihm werden sich alle Verheißungen erfüllen.

Doch fügt der Herr auch noch hinzu: „Ich bin der glänzende Morgenstern“. Welches beseligende Wort! Bekanntlich wird der Morgenstern sichtbar, wenn der Mond untergegangen und die Sonne noch nicht am Horizont erschienen ist, also in der Zwischenzeit, in der es am dunkelsten ist. Diesen Stern sieht freilich nur der, der wacht und ihn sucht! Diese Zusicherung, für uns als „glänzender Morgenstern“ zu kommen und nicht, wie für Israel und die Welt, als „Sonne der Gerechtigkeit“, ist ein Ausdruck seiner großen Gnade und ein Beweis seines Sehnens nach uns, seiner Brautgemeinde. Denn „Sonne der Gerechtigkeit“ bedeutet für die sie Erlebenden, ernste Sichtung und Gericht. Seine Brautgemeinde aber wünscht Er vielmehr vor den Gerichten zu bewahren und zu sich ins Vaterhaus zu nehmen. Darum kommt Er für uns besonders und zwar vorher, wenn auch zur Zeit tiefer Nacht, so doch in Gnade. Auch wird niemand Ihn sehen, den dieses Kommen nichts angeht. In der Tat ist es unschwer zu erkennen, dass wir zunehmender geistiger und moralischer Nacht entgegengehen, und dies mit Riesenschritten. In dem Maß, in dem man sich von der Person des Herrn entfernt, nimmt diese Verfinsterung zu. An den zunehmenden, immer schwerer zu lösenden Problemen und Schwierigkeiten ist dies leicht zu erkennen. Wären die Menschen geneigt, die göttlichen Ratschläge zu befolgen, würde alles eine durchaus einfache Lösung finden. Wir Gläubige haben ja den Beweis davon darin, dass unser Weg, trotz aller Schwierigkeiten, leicht und gebahnt ist, wenn auch von außen eingeengt. Ja, manches mag an sich für uns erschreckend sein; eben darum wird Er für uns als der „glänzende Morgenstern“ erscheinen, der ja in unseren Herzen bereits aufgegangen ist (2. Pet 1,19). Gerade in dieser Erwartung, Ihn als Morgenstern bald zu erblicken, liegt der Beweggrund, uns für seine Ankunft wach und bereit zu halten.

„Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; wer will, nehme das Wasser des Lebens umsonst“ (22,17).

Auf obige Verheißung antworten der Geist und die Braut sehnsüchtig: Komm! Ganz logisch, dass wir, die Schwachen, die in der Welt an die Wand Gedrückten, uns danach sehnen, Ihn, den Herrn, zu sehen und bei Ihm zu sein. Dann werden wir, befreit von all dem Bleigewicht dieser Welt, das uns hier immer noch anhängt, Ihn ewig preisen. Aber nicht nur wir, sondern auch der Heilige Geist sehnt sich, zurückzukehren zu Gott und dem Herrn seine Brautgemeinde zuzuführen, wie einstmals der Knecht Elieser Rebekka seinem Herrn Isaak zuführte. Übrigens, mehr als wir, sehnt sich der Herr Jesus selbst danach, uns, seine teuer Erkauften, bei sich zu haben, jenseits des Todes und des Bereiches des Widersachers, des Teufels; denn dann erst ist das Werk unseres Heilandes restlos erfüllt; seine Freude aber wird dann eine vollkommene sein.

Lasst uns die allerletzte Gelegenheit nicht versäumen, nochmals an alle Übrigen zu appellieren, das Evangelium in allerletzter Stunde anzunehmen und sich bereit zu machen, den Herrn zu empfangen, damit doch keiner, infolge seiner Gleichgültigkeit, zurückbleiben muss. Ein letztes Mal ergeht die Mahnung an alle, die Frieden und Befreiung suchen, nicht zu warten und vom dargebotenen Lebenswasser zu trinken, um errettet zu werden und – wenn der Bräutigam kommt – mitgehen zu können.

„Ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch geschrieben sind;

und wenn jemand von den Worten des Buches dieser Weissagung wegnimmt, so wird Gott sein Teil wegnehmen von dem Baum des Lebens und aus der heiligen Stadt, wovon in diesem Buch geschrieben ist“ (22,18.19).

Noch eine letzte ernste Warnung wird an die ungehorsamen Menschen gerichtet, die meinen, irgendetwas an den Worten des Herrn herumflicken zu können, sei es, dass sie etwas hinzufügen, oder etwas weglassen, was den Gedanken und Empfindungen ihrer natürlichen Herzen und ihren Gewissen widerspricht. Dies ist ja wohl zunächst auf das Buch der Offenbarung bezogen; ist aber ebenso gültig für das ganze Wort Gottes. Diese Warnungen sind höchst notwendig, denn wie sehr sind die Menschen bestrebt, ihre eigenen törichten Gedanken hineinzubringen, verleitet durch Satan, der verhindern möchte, dass die Menschen in diesem Buch sich selbst und ihr eigenes Gericht kennenlernen. Die Einen, vor allem die Juden, dann die katholische Kirche usw. wollen ihre Gesetze und Vorschriften eigener Erfindung hineinbringen, die anderen wollen die Person Jesus Christus ihres göttlichen Charakters entkleiden, Ihn damit verleugnen und seine Worte verdrehen. So erklärt Petrus in 2. Petrus 3,15.16: „Und erachtet die Langmut unseres Herrn für Errettung, so wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen redet, von denen einige schwer zu verstehen sind, die die Unwissenden und Unbefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften, zu ihrem eigenen Verderben.“ Beides aber verdunkelt die herrliche Offenbarung und die Wahrheit Gottes und schiebt gerade die grundlegenden Wahrheiten und vor allem die Person unseres Herrn beiseite. Damit bringen sie sich selbst durch ihre eigenen verwegenen Taten um den Genuss des Lebens und ihre Errettung. Sie werden durch ihre eigenen Lehren gestraft, verdammt und damit aus der herrlichen Stadt Gottes ausgeschlossen.

„Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen; komm, Herr Jesus!“ (22,20).

Dies alles unterstreicht der Herr selbst mit der Zusicherung, dass Er kommen wird, und die sich sehnende Gemeinde antwortet, dass es so sein und dass Er doch bald kommen möge.

Mit einem Segenswunsch schließt der gottbegnadete Seher sein wunderbares Buch der letzten Dinge:

„Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen!“

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