Botschafter des Heils in Christo 1876

Gedanken über das Kommen des Herrn - Teil 3/6

Vielleicht findet jemand darin eine Schwierigkeit, dass an die Versammlung zu Sardes die ernsten Worte geschrieben sind: „Wenn du nun nicht wachen wirst, so werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich über dich kommen werde“ (Off 3,3). Diese Schwierigkeit wird aber schwinden, wenn wir bedenken, dass Sardes hier als die bekennende Körperschaft angesehen wird, welche den Namen hat, dass sie lebe, aber tot ist. Sie ist bis zu der niedrigen Stufe der Welt hinabgestiegen und kann nur von diesem Standpunkt aus die Dinge betrachten. Die Kirche oder Versammlung hat gänzlich gefehlt, sie hat ihre erhabene und heilige Stellung verlassen, sie befindet sich unter dem Gericht und kann daher nicht mit der der Versammlung eigentümlichen Hoffnung ermuntert werden, sondern wird vielmehr mit dem schrecklichen Verderben bedroht, welches über die Welt hereinbrechen wird. Wir sehen die Versammlung hier nicht als den Leib oder die Braut Christi, sondern als den verantwortlichen Zeugen Gottes auf Erden, als den goldenen Leuchter, welcher während der Abwesenheit ihres Herrn sein göttliches Licht in dieser finsteren Welt hätte scheinen lassen sollen. Aber ach! Die bekennende Kirche ist tiefer gesunken und finsterer geworden, als die Welt selbst. Daher diese ernste Drohung. Die Ausnahme bestätigt die Regel.

Fahren wir indessen mit dem Gegenstand fort, wie derselbe in dem zweiten Brief an die Thessalonicher dargestellt wird.

Es ist eine Tatsache voll der reichsten Erquickung und Ermunterung für das Herz eines wahren Gläubigen, dass uns unser Gott in seiner wunderbaren Gnade aus dem Fresser Speise und aus dem Starken Süßigkeit darreicht. Er bringt Licht aus der Finsternis, Leben aus dem Tod hervor und lässt inmitten der durch des Feindes Hand bewirkten Verwüstung die Strahlen seiner Herrlichkeit hervorleuchten. Diese Wahrheit tritt uns auf jedem Blatt der Heiligen Schrift entgegen und sollte unser Herz mit Frieden und unseren Mund mit Lob erfüllen.

Daher kommt es, dass die verschiedenen Irrlehren und tatsächlichen Übelstände, in welche die ersten Christen verfielen, in der Hand Gottes zur Belehrung, zur Leitung und zu wirklichem Nutzen für die Versammlung am Ende ihrer irdischen Geschichte verwandt wurden. So wurde z. B. der Irrtum der Thessalonicher hinsichtlich ihrer schon Heimgegangenen Brüder zu einer Gelegenheit, um über die Ankunft des Herrn und die Entrückung der Heiligen einen solchen Strom göttlichen Lichts hervorbrechen zu lassen, dass es für ein einfältiges, der Schrift unterworfenes Herz zur Unmöglichkeit geworden ist, je wieder in einen solchen Irrtum zu verfallen. Sie erwarteten die Ankunft des Herrn, und sie taten recht daran; sie hofften, dass Er sein Reich auf Erden errichten werde, und auch daran taten sie ganz recht. Aber ein großer Irrtum war es, dass sie die himmlische Seite dieser herrlichen Hoffnung aus dem Auge verloren. Ihr Verständnis war noch unvollkommen, ihr Glaube mangelhaft. Sie sahen nicht die beiden Seiten – die doppelte Tragweite der Ankunft des Herrn: Sein Herniedersteigen in die Luft, um die Seinen zu sich aufzunehmen, und seine Erscheinung in Herrlichkeit, um sein Reich in Macht aufzurichten. Darum fürchteten sie, dass ihre Heimgegangenen Brüder der Sphäre der Segnung, dem Kreis der Herrlichkeit notwendigerweise fernbleiben würden. Dieser Irrtum wurde, wie wir gesehen haben, in dem vierten Kapitel des ersten Briefes göttlich widerlegt. Die himmlische Seite der Hoffnung – das eigentliche Teil der Gläubigen – ist, im Blick auf die schlafenden Heiligen, dem Herzen vorgestellt, um jenen Irrtum gründlich zu beseitigen. Christus wird alle Heiligen (und nicht nur einen Teil derselben) zu sich aufnehmen; und wenn es irgendeinen Unterschied oder irgendeinen Vorzug gibt, so wird derselbe von Seiten derer sein, über welche man trauerte. „Die Toten in Christus werden zuerst auferstehen.“

Aus der zweiten Brief an die Thessalonicher aber ersehen wir, dass jene jungen Gläubigen zu einem anderen groben Irrtum verleitet worden waren, – zu einem Irrtum, der nicht die Toten, sondern die Lebenden betraf, – zu einem Missverständnis das nicht auf die „Ankunft“, sondern auf den „Tag des Herrn“ Bezug hatte. In dem einen Fall fürchteten sie, dass die Heimgegangenen an dem gesegneten Triumph der Ankunft keinen Teil haben, und in dem anderen, dass die Lebenden in demselben Moment tatsächlich in die Schrecken des Tages mit hineingezogen werden würden. Das ist der Irrtum, den der Apostel in seinem zweiten Briefe an die Gläubigen zu Thessalonich zu bekämpfen hatte; und nichts vermag die Liebe und zärtliche Fürsorge, sowie die Weisheit und Treue seines Verfahrens zu übertreffen.

Die Gläubigen zu Thessalonich hatten durch große Verfolgung und Trübsale zu gehen; und es ist augenscheinlich, dass der Feind durch falsche Lehrer ihre Gemüter zu erschüttern suchte, indem er sie zu der Meinung zu verleiten suchte, als ob der „große und schreckliche Tag des Herrn“ schon angebrochen, und die Trübsal, durch welche sie zu gehen hatten, die unabweisbare Begleiterin dieses Tages sei. Wenn sich dieses also verhielt, dann erwies sich selbstredend die ganze Lehre des Apostels als falsch; denn wenn es irgendeine Wahrheit gab, welche in seiner Lehre ganz besonders hervorragte, so war es die Vereinigung und das Einssein mit Christus – eine Verbindung, die so enge und so vollkommen ist, dass es für Christus unmöglich war, ohne sein Volk in Herrlichkeit zu erscheinen. „Wenn der Christus, der unser Leben ist, offenbar werden wird, dann werdet auch ihr mit Ihm offenbar werden in Herrlichkeit.“ – Er aber muss erscheinen, um „den Tag“ einzuführen.

Ferner, wenn der Tag des Herrn wirklich anbricht, so wird es nicht zum Schrecken der Seinen, sondern zum Schrecken ihrer Verfolger sein. Der Apostel erinnert sie daran in der einfachsten, aber nachdrücklichsten Weise, indem er sagt: „Wir sind schuldig, Brüder, Gott allezeit für euch zu danken, wie es billig ist, weil euer Glaube sehr wachst, und die Liebe eines jeden von euch allen zu einander überströmend ist, so dass wir selbst uns eurer rühmen in den Versammlungen Gottes wegen eures Ausharrens und Glaubens in all euren Verfolgungen und Drangsalen, die ihr erduldet; ein offenbares Zeichen des gerechten Gerichts Gottes, dass ihr würdig geachtet werdet des Reiches Gottes, um dessen Willen ihr auch leidet; sintemal es bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns in der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht, in stammendem Feuer, um Vergeltung zu geben denen, die Gott nicht kennen, (die Heiden) und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen: (die Juden) welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke, wenn Er kommen wird, verherrlicht zu werden in seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben (denn unser Zeugnis bei euch ist geglaubt worden) an jenem Tag“ (Kap 1,3–10).

In dieser Angelegenheit war also nicht nur die Stellung des Christen, sondern die Herrlichkeit Gottes selbst – seine tätige Gerechtigkeit – miteinbegriffen. In der Tat, wenn der Tag des Herrn den Christen Drangsale brachte, dann entbehrte die große und hervorragende Wahrheit des Apostels, dass Christus und die Seinen eins seien, der Wahrheit: und überdies würde auch die Gerechtigkeit Gottes angefochten gewesen sein. Mit einem Wort, wenn die Christen sich in Trübsal befanden, so war es moralisch unmöglich, dass der Tag des Herrn angebrochen sein konnte; denn wenn dieser Tag anbricht, wird er den Gläubigen, als ihre öffentliche Vergeltung, Ruhe bringen, und zwar im Reich und nicht bloß im Haus des Vaters, wovon hier nicht die Rede ist. Alles wird dann eine völlig veränderte Gestalt annehmen. Die Versammlung wird in Ruhe, ihre Verfolger aber werden in Drangsal sein. Solange der Tag des Menschen dauert, ist die Versammlung berufen, zu leiden; aber am Tag des Herrn wird sich das Gegenteil zeigen.

Der Leser möge es wohl beachten, dass hier nicht von Leiden die Rede ist, welche die Gläubigen zu erdulden haben. Sie sind gegenwärtig in dieser Welt dazu berufen, solange die Gottlosigkeit die Oberhand hat. Christus litt, und darum müssen auch sie leiden. Aber der Punkt, den wir gern dem Geist und Herzen des Christen einprägen möchten, ist, dass, wenn Christus kommt, um sein Reich aufzurichten, es durchaus unmöglich ist, dass die seinigen in Trübsal sein können. So erweist sich also die Lehre des Feindes, wodurch er die Gläubigen zu Thessalonich zu verwirren trachtete, als völlig falsch. Der Apostel fegt das ganze Gebäude bis auf den Grund durch die einfache Darlegung der Wahrheit Gottes hinweg. Das ist die göttliche Weise, um die Menschen von falschen Vorstellungen und von unnötiger Furcht zu befreien. Man teile ihnen die Wahrheit mit, und der Irrtum muss vor derselben fliehen: man lasse den Sonnenstrahl des ewigen Wortes Gottes hineinfallen, und alle die Nebel und Wolken einer falschen Lehre müssen schwinden.

Doch lasst uns noch einen Augenblick die fernere Belehrung des Apostels in diesem beachtenswerten Briefe untersuchen, und wir werden sehen, wie bestimmt er den Unterschied zwischen der „Ankunft“ und „dem Tag“ hervorhebt – einen Unterschied, den zu erwägen der Leser wohltun wird – „Wir bitten euch aber, Brüder, um der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus willen und unserer Versammlung zu Ihm, dass ihr nicht schnell erschüttert werdet in der Gesinnung, noch erschreckt, weder durch Geist, noch durch Wort, noch durch Brief als durch uns, als ob der Tag des Herrn da sei“ (Kap 3,1–3).

Ein kurzer Augenblick des Nachdenkens wird genügen, um den einfältigen Leser zu überzeugen, dass der Apostel unmöglich die Thessalonicher belehren wollte, als ob der Tag des Herrn zu jener Zeit nicht nahe gewesen sei. Die Schrift kann sich nie widersprechen; denn in Römer 13,12 wird uns ausdrücklich gesagt: „Der Tag ist nahe.“ Welcher Tag? Selbstredend der Tag des Herrn, ein Ausdruck, der stets in Verbindung mit unserer persönlichen Verantwortlichkeit in unserem Dienst und Wandel gebraucht wird.

Dieses ist, im Vorbeigehen bemerkt, ein Punkt von großer, praktischer Wichtigkeit. Wenn sich der Leser die Mühe geben will, die Stellen, welche von dem „Tage“ reden, zu prüfen, so wird er finden, dass dieselben mehr oder weniger auf das Werk, den Dienst und die Verantwortlichkeit des Gläubigen Bezug haben. Als Beispiele führen wir folgende Stellen an: „Dass ihr tadellos seid, nicht (bei der Ankunft, sondern) an dem Tag unseres Herrn Jesus Christus“ (1. Kor 1,8). – „So wird das Werk eines jeden offenbar werden; denn der Tag wird es klarmachen“ (1. Kor 3,13). – „Dass ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi“ (Phil 1,10). – „Fortan ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tag“ (3.Tim 4,8).

Aus allen diesen und vielen anderen Stellen, die angeführt werden könnten, ersehen wir, dass der „Tag des Herrn“ jene Zeit ist, in welcher mit den Arbeitern abgerechnet, der Dienst nach göttlichem Maßstab abgeschätzt, jede Frage betreffs der persönlichen Verantwortlichkeit in Ordnung gebracht, die Belohnung ausgeteilt und der eine Diener über zehn, der andere über fünf Städte gesetzt werden wird.

Von welcher Seite wir daher auch diesen Gegenstand betrachten mögen, so tritt uns der Unterschied zwischen der „Ankunft“ unseres Herrn und seiner „Erscheinung“ oder seinem „Tage“ doch immer deutlicher vor Augen. Erstere wird dem Herzen des Gläubigen stets als seine herrliche und gesegnete Hoffnung vorgestellt, die sich in jedem Augenblick verwirklichen kann, während die „Erscheinung“ oder der „Tag Christi“ sich mit tiefem Ernst an das Gewissen wendet und die ganze praktische Laufbahn derer ins Auge fasst, welche berufen sind, in dieser Welt für einen abwesenden Herrn zu zeugen und zu wirken. Die Schrift, wie sehr dieses unsrerseits auch geschehen mag, vermengt diese Dinge nie mit einander; auch gibt es nicht eine einzige Schriftstelle, welche lehrt, dass die Gläubigen nicht immer die Ankunft des Herrn erwarten, und nicht stets eingedenk sein sollten, dass „der Tag des Herrn nahe ist.“ Nur der böse Knecht im 24. Kapitel des Evangeliums Matthäus sagt in seinem Herzen: „Mein Herr verzieht zu kommen;“ und wir sehen die traurigen Folgen, die stets daraus hervorgehen müssen, wenn wir solche Gedanken in unseren Herzen nähren.

Wenden wir uns noch auf einen kurzen Augenblick zu 2. Thessalonicher 2 zurück und zwar zu einer Stelle, welche für die Untersucher der prophetischen Schriften zu vielen Erörterungen Veranlassung gegeben und große Schwierigkeiten bereitet hat.

Es ist offenbar, dass die falschen Lehrer die Thessalonicher durch die irrige Meinung, dass sie am „Tage des Herrn“ von den Schrecken dieses Tages umringt sein würden, zu beunruhigen trachteten. O nein, versichert der Apostel, das ist unmöglich; denn bevor dieser Tag anbricht, müssen wir alle versammelt sein, um dem Herrn in der Luft zu begegnen. Er bittet sie auf Grund seiner Ankunft und unserer Versammlung zu Ihm im tiefsten Ernste, sich nicht irremachen zu lassen. Er hatte ihnen bereits die himmlische Seite der Ankunft des Herrn eröffnet: er hatte sie belehrt, dass sie Söhne des Lichts und Söhne des Tages seien und dass ihre Heimat, ihr Teil, ihre Hoffnung in jener Region sei, von wo aus der Tag hervorbrechen werde. Es war daher durchaus unmöglich, dass der Tag des Herrn für die, welche durch die Gnade Söhne des Tages waren, Schrecken und Trübsale in sich enthalten konnte.

Und selbst, wenn wir diesen Gegenstand von der irdischen Seite betrachten, befanden sich diese falschen Lehrer gänzlich im Irrtum. „Lasst euch von niemandem auf irgendeine Weise verführen; denn er kommt nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und offenbart sei der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, welcher widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt, oder ein Gegenstand der Verehrung ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und stellt sich selbst dar, dass er Gott sei. Erinnert ihr euch nicht, dass ich dies zu euch sagte, da ich noch bei euch war? Und nun wisst ihr, was zurückhält, dass er offenbart werde zu seiner Zeit. Denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam; nur ist jetzt der, welcher zurückhält, bis er aus dem Weg ist; und dann wird offenbart werden der Gesetzlose, den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung seiner Ankunft, ihn, dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans ist, in aller Macht und Zeichen und Wundern der Lüge und in allem Betrug der Ungerechtigkeit denen, die verloren gehen, darum, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden“ (2. Thes 2,3–10).

Hier wird uns also gesagt, dass, bevor der Tag des Herrn kommt, der Gesetzlose, der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens offenbart werden muss. Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit muss den höchsten Gipfel erreichen. Der Mensch wird sich zu offenem Widerstand gegen Gott erheben, ja sich selbst den Namen Gottes aneignen und sich anbeten lassen. Alles dieses muss auf der Erde in die Erscheinung treten, bevor der große und schreckliche Tag des Herrn in Gericht über den Schauplatz hienieden hereinbrechen wird. Für den gegenwärtigen Augenblick steht der Offenbarung jener schrecklichen Persönlichkeit noch eine Schranke, ein Hindernis im Weg; 1 aber wir lernen aus dem Buch der Offenbarung, dass, bevor das Geheimnis der Gesetzlosigkeit in der Person des Menschen der Sünde den höchsten Gipfel erreicht hat, die Versammlung von dem Schauplatz hienieden gänzlich hinweg gerückt sein wird. Es ist unmöglich, das vierte und fünfte Kapitel der Offenbarung mit Verständnis zu lesen, ohne zu sehen, dass die Versammlung in dem innersten Kreis himmlischer Herrlichkeit sein wird, ehe ein einziges Siegel geöffnet, ein einziger Ton der Posaune hervorgebracht, eine einzige Schale des Zornes ausgegossen worden ist.

Wir werden später noch Gelegenheit haben, auf diesen höchst interessanten Punkt ausführlicher einzugehen und können vor der Hand den Leser nur bitten, dem Gegenstand eine eigene Betrachtung zu widmen und Gott um ein richtiges Verständnis der köstlichen Wahrheiten zu bitten, die in den Kapiteln 4 und 5 der Offenbarung enthalten sind. Auf diesem Weg wird er, wie wir völlig überzeugt sind, in den vierundzwanzig gekrönten Ältesten die himmlischen Heiligen dargestellt finden, die in der Herrlichkeit um das Lamm versammelt sein werden, ehe noch eine einzige Zeile des prophetischen Teiles dieses Buches ihre Erfüllung gefunden hat.

Bevor wir jedoch diesen Abschnitt schließen, möchten wir noch eine einfache Frage an den Leser richten, aber eine Frage, welche nur in der Gegenwart Gottes richtig beantwortet werden kann. Was erwartest du? Was ist deine Hoffnung? Erwartest du gewisse Begebenheiten, die sich auf dieser Erde zutragen müssen? Erwartest du z. B. die Wiederaufrichtung des römischen Reiches, die Entwicklung der zehn Königreiche, die Rückkehr der Juden nach Palästina, der Wiederaufbau Jerusalems, die Erscheinung des Antichristen, die große Drangsal und endlich die furchtbaren Gerichte, welche dem Tag des Herrn vorangehen werden?

Sage mir, geliebter Leser, erfüllen diese Dinge deine Seele? Erwartest du dieselben? In diesem Fall bist du sicher nicht von der wahren Hoffnung der Versammlung beherrscht. Ohne Zweifel werden alle die oben genannten Dinge zu seiner Zeit ihre Erfüllung finden; aber keinem derselben darf gestattet werden, sich Zwischen dich und deine Hoffnung zu drängen. Sie sind sämtlich in den Schriften der Propheten verzeichnet; sie finden alle ihren Platz in der Zukunftsgeschichte Gottes; aber es ist nimmer ihre Bestimmung, auch nur einen Schatten auf die herrliche und gesegnete Hoffnung des Christen zu werfen. Diese Hoffnung bildet eine herrliche, erhabene Schrift im Hintergrund der Prophezeiung. Und noch einmal fragen wir: Was ist diese Hoffnung? Antwort: der glänzende Morgenstern – die Ankunft Jesu – der hochgepriesene Bräutigam der Versammlung.

Dieses und nichts anders ist die wahre und besondere Hoffnung der Versammlung Gottes. „Ich will ihm den Morgenstern geben“ (Off 2,28). „Siehe, der Bräutigam kommt!“ (Mt 25,6) Wann, möchten wir fragen, erscheint der Morgenstern an dem sichtbaren Himmel? Gerade vor dem Anbruch des Tages. Wer steht ihn? Nur der, welcher während der finsteren und traurigen Stunden der Nacht gewacht hat. Wie klar, wie anschaulich, wie selbstverständlich ist die Anwendung! Es wird vorausgesetzt, dass die Versammlung wacht, dass sie dem Herrn entgegenharrt und mit sehnsüchtigen Blicken ausschauend, die Frage erhebt: „Warum zaudert sein Wagen zu kommen?“ (Ri 5,28) Ach, die Versammlung hat in dieser Hinsicht sehr gefehlt. Aber das ist für den einzelnen Gläubigen kein Grund, um nicht persönlich in die volle Kraft dieser gesegneten Hoffnung einzutreten. „Und wer es hört, spreche: Komm!“ Das ist persönlich. Ach, möchte doch der Schreiber und der Leser dieser Zeilen immer mehr die reinigende, heiligende und erhebende Kraft dieser gesegneten Hoffnung verwirklichen! Möchten wir doch immer mehr die Worte des Apostels Johannes in ihrer praktischen Kraft verstehen und zur Schau tragen, wenn er sagt: „Ein jeglicher, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleich wie Er rein ist“ (1. Joh 3,3). 4. Die beiden Auferstehungen

Vielleicht mögen sich einige unserer Leser im Blick auf die Überschrift dieses Abschnitts ein wenig überrascht fühlen. Von ihrer Kindheit an gewöhnt, diese große Frage nach der Lehre und den Glaubensbekenntnissen der bekennenden Kirche aufzufassen, ist ihnen vielleicht niemals der Gedanke an zwei Auferstehungen in den Sinn gekommen. Dennoch aber spricht die Heilige Schrift in den bestimmtesten und unzweideutigsten Ausdrücken von einer „Auferstehung des Lebens“ und von einer „Auferstehung des Gerichts“ – von zwei Auferstehungen, welche hinsichtlich ihrer Zeit und ihres Charakters gänzlich verschieden sind.

Und nicht nur dieses, sondern die Schrift teilt uns sogar mit, dass zwischen diesen beiden Ereignissen ein Zeitraum von wenigstens tausend Jahren liegen werde. Wenn die Menschen anders lehren, wenn sie Systeme errichten und Glaubensbekenntnisse aufstellen, welche mit der bestimmten Lehre der Heiligen Schrift im Widerspruch sind, so werden sie, wie alle, die ihrer eigenen Erkenntnis vertrauen, sich vor ihrem Herrn zu verantworten haben. Aber erinnern wir uns, mein teurer Leser, dass es unsere Pflicht ist, nur auf die Autorität des Wortes Gottes zu horchen und uns in demütiger Unterwürfigkeit vor der heiligen Belehrung dieses Wortes nieder zu beugen. Untersuchen wir daher mit aller Ehrfurcht, was die Heilige Schrift über den Gegenstand sagt, der die Überschrift dieses Abschnitts bildet. Möge der Heilige Geist uns leiten und belehren!

Wir wenden uns zunächst zu der bemerkenswerten Stelle in dem Evangelium Johannes 5. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass die Stunde kommt und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben. Denn gleich wie der Vater das Leben hat in sich selbst, also hat Er auch dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in sich selbst: und Er hat Ihm Gewalt gegeben, auch Gericht zu halten, weil Er des Menschen Sohn ist. Wundert euch darüber nicht; denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden; und es werden hervorkommen, die das Guts getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse getan haben, zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh 5,24–39).

Hier sehen wir also in einer nicht mitzuverstehenden Weise die beiden Auferstehungen. Sie sind in dieser Stelle zwar nicht in Betreff der Zeit, wohl aber in Betreff des Charakters verschieden. Wir haben eine Auferstehung des Lebens und eine Auferstehung des Gerichts; und nichts kann mehr verschieden sein, als diese beiden Ereignisse. Es gibt hier also keinen Grund, auf welchen die Theorie einer gemeinsamen Auferstehung gebaut werden könnte. Die Auferstehung der Gläubigen wird auf demselben Grund geschehen und denselben Charakter tragen wie die Auferstehung unseres hochgelobten, anbetungswürdigen Herrn. Sie wird eine Auferstehung aus den Toten sein – eine Handlung göttlicher Macht, gegründet auf das vollbrachte Erlösungswerk, wodurch Gott zu Gunsten seiner entschlafenen Heiligen einschreiten und sie aus den Toten auferwecken wird, während die übrigen Toten noch tausend Jahre hindurch in ihren Gräbern bleiben (Off 20,5).

In Markus 9 finden wir eine beachtenswerte Stelle, welche diesen Gegenstand klar ins Licht stellt. Nachdem uns in den ersten Versen über die Verklärung des Herrn berichtet worden ist, lesen wir: „Als sie aber von dem Berg hinabstiegen, gebot Er ihnen, dass sie niemandem erzählen sollten, was sie gesehen, außer wenn der Sohn des Menschen aus den Toten auferstanden wäre. Und sie behielten das Wort für sich und befragten sich unter einander: Was ist das: aus den Toten auferstehen?“ (V 9–10) – Die Jünger fühlten, dass hier von einer ganz besonderen Sache, von einer Sache, die außer der gewöhnlichen, orthodoxen Vorstellung von der Auferstehung der Toten lag, die Rede war. Und so war es in der Tat, wiewohl das, was sie gehört, in jener Zeit noch ihr Verständnis überschritt.

Wenden wir uns nun zu Philipper 3 und lauschen wir auf die Worte eines Mannes, der diese erhabene christliche Lehre völlig erfasste und sich dieser herrlichen und himmlischen Hoffnung hoch erfreute. „Zu erkennen Ihn und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde, ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten“ (V 10–11). – Ein Augenblick ruhigen Nachdenkens wird genügen, um den Leser zu überzeugen, dass hier der Apostel nicht von der allgemeinen „Auferstehung der Toten“, an welcher ein jeder Teil hat, redet, sondern dass dieser teure Diener Christi etwas ganz Besonderes vor seinem Auge hat, nämlich eine „Auferstehung aus den Toten“ – eine Auferstehung, die derjenigen von Christus gleichförmig ist. Nach einer solchen sehnte er sich unaufhörlich. Sie war die herrliche und gesegnete Hoffnung, die in seine Seele ihre Strahlen warf, und die ihn tröstete inmitten der Sorgen und Trübsale, der Entbehrungen, Schwierigkeiten und Kämpfe auf seiner außergewöhnlichen Laufbahn.

„Aber“ – konnte man fragen – „bedient sich der Apostel stets der unterscheidenden Bezeichnung: ‚Aus den Toten‘ – wenn er von der Auferstehung redet?“ – Nicht immer. So lesen wir z. B. in Apostelgeschichte 24,15: „Und habe die Hoffnung zu Gott, welche auch selbst diese annehmen, dass eine Auferstehung sein wird, sowohl der Gerechten, als der Ungerechten.“ – Hier berührte er mit keiner Silbe die christliche oder himmlische Seite dieses Gegenstandes, und zwar aus dem einfachen Grund, weil er zu solchen redete, welche unfähig waren, in die besondere Hoffnung der Gläubigen einzugehen. Wie hätte er diese Wahrheit vor einem Hananias, einem Tertullus oder einem Felix entwickeln können? Konnte er zu ihnen von dieser trostreichen Hoffnung reden? Keineswegs. Er konnte nur von der großen, allgemeinen Tatsache reden, welche alle orthodoxen Juden gemein hatten. Hatte er hingegen von einer Auferstehung aus den Toten gesprochen, so hätte er nicht die Worte: „Welche auch selbst diese annehmen“, hinzufügen können; denn sie nahmen nichts dergleichen an.

Aber wie verschieden ist die Art und Weise, wenn sich der Apostel vor seinen Anklägern verteidigt (Apg 21), und wenn er vor seinen geliebten Brüdern sein Herz ausschüttet (Phil 3)! Zu letzteren kann er von der wahren christlichen Hoffnung reden, und zwar in dem vollen Licht, welches die Herrlichkeit Christi darüber ausgießt. Er kann seinen innersten Gedanken und Gefühlen, sowie dem brennenden Verlangen seines liebenden Herzens Ausdruck geben, um seine Sehnsucht nach der Auferstehung des Leibes zu bezeichnen, wo er, erwachend in dem Bild seines viel geliebten Herrn, volle Befriedigung finden wird.

Doch wenden wir uns für einen Augenblick zu Johannes 5 zurück. Vielleicht bereitet es etlichen unserer Leser beim Ergreifen der Wahrheit dieser Hoffnung des Christen einige Schwierigkeit, dass der Herr Jesus, wenn Er von den beiden Klassen redet, sich des Wortes „Stunde“ bedient. „Wie“ – konnte man einwerfen – „kann ein Zeitraum von tausend Jahren zwischen diesen beiden Auferstehungen liegen, wenn unser Herr ausdrücklich sagt, dass alles im Verlauf einer Stunde stattfinden soll?“ – Wir haben eine zweifache Antwort auf diese Frage. Zunächst finden wir, dass der Herr dasselbe Wort gebraucht, wenn Er von dem großen Werk der Lebendigmachung toter Seelen redet. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass die Stunde kommt und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben.“ – dieses Werk, wo die Stimme Jesu, des Sohnes Gottes, kostbare Seelen aus dem Tod zum Leben ruft, hat bereits fast seit neunzehn Jahrhunderten – seit einer Zeit, die hier eine „Stunde“ genannt wird – seinen Fortgang gehabt. Wenn nun unser Herr in derselben Rede im Blick auf einen Zeitraum, der sich fast bis zu zweitausend Jahren ausgedehnt hat, sich des Wortes „Stunde“ bedient, welche Schwierigkeit bietet es denn, dieses Wort auf einen Zeitraum von eintausend Jahren anzuwenden? Sicherlich keine nach unserem Dafürhalten. Sollte aber dennoch noch irgendeine Spur von Zweifel zurückbleiben, so können wir demselben mit dem Zeugnis des Heiligen Geistes in Offenbarung 20 entgegentreten, wo wir lesen: „Die Übrigen der Toten aber wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet sind. Dieses ist die erste Auferstehung. Glückselig und heilig, wer Teil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Gewalt, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit Ihm herrschen tausend Jahre“ (V 5–6).

Dieses bringt die Frage vollkommen und auf immer für einen jeden in Ordnung, der, was jeder wahre Christ tun sollte, sich von der Heiligen Schrift belehren lassen will. Es werden zwei Auferstehungen, die erste und die zweite, stattfinden; und zwischen beiden wird ein Zeitraum von tausend Jahren liegen. Zu der ersten Auferstehung gehören alle Gläubigen des Alten Testaments, welche in Hebräer 12 als die Geister der vollendeten Gerechten bezeichnet werden, dann die Versammlung der Erstgeborenen (die Kirche oder Versammlung), und endlich alle die, welche während der großen Drangsal und während der ganzen Zeitdauer zwischen der Entrückung der Heiligen und der Erscheinung Christi zum Gericht über das Tier und seine Anhänger den Tod erleiden werden (Off 19). – zu der letzten Auferstehung aber gehören alle, welche von den Tagen Kains an in ihren Sünden gestorben sind (1. Mo 4), bis zu den letzten Abtrünnigen der tausendjährigen Herrlichkeit (Off 20).

Wie ernst, wie erschütternd ist dieses alles! Wenn unser Herr noch in dieser Nacht käme, welche Szenen würden dann auf unseren Friedhöfen und Totenäckern stattfinden! Könnte eine Zunge, könnte eine Feder die große Wirklichkeit eines solchen Augenblicks beschreiben? Vermöchte ein Herz sie zu erfassen? In taufenden von Gräbern liegen die Gebeine der Toten in Christus und die Gebeine der Toten außer Christus mit einander Vermischt. Selbst in mancher Familiengruft mögen die Überreste beider Klassen gefunden werden. Wenn aber die Stimme des Erzengels erschallt, dann werden alle entschlafenen Heiligen auferstehen, während alle Übrigen, welche in ihren Sünden gestorben sind, zurückbleiben müssen, um noch tausend Jahre in der Finsternis und in der öden Stille des Grabes zu verharren.

Das ist, geliebter Leser, das bestimmte Zeugnis des Wortes Gottes. Es befasst sich freilich nicht mit allerlei seltsamen Einzelheiten und bietet der krankhaften Einbildungskraft und der müßigen Neugierde keine Nahrung; aber es eröffnet uns die ernste und wichtige Tatsache einer ersten und zweiten Auferstehung – einer Auferstehung des Lebens und ewiger Herrlichkeit und einer Auferstehung des Gerichts und ewiger Verdammnis. Die Heilige Schrift zeigt uns keine Spur von einer gemeinsamen Auferstehung, oder einem Auferstehen aller zu gleicher Zeit. Wir müssen diesen wie so manchen anderen Gedanken, der mit uns groß geworden, aufgeben, wenn wir in Wahrheit wünschen, in der Erkenntnis göttlicher Offenbarungen zu wachsen; denn nichts hindert unser Verständnis der Gedanken Gottes mehr, als ein Erfülltsein mit unseren eigenen oder den Gedanken anderer. So haben z. B. vielleicht die Meisten von uns, in Bezug auf den Gegenstand unserer Betrachtung, ehemals an der Meinung festgehalten, dass alle, sowohl Gläubige als Ungläubige, mit einander auferstehen und miteinander vor den Richterstuhl treten würden. Wenn wir uns nun gleich einem Kind von der Heiligen Schrift unterweisen lassen, so kann nichts einfacher, klarer und verständlicher sein, als die Unterweisung derselben bezüglich dieser Frage. Das 20. Kapitel der Offenbarung belehrt uns, dass eine Zwischenzeit von taufend Jahren zwischen der Ruferstehung der Heiligen und der Auferstehung der Gottlosen bestehen wird.

Es ist nutzlos, von einer Auferstehung der Geister zu reden. Ein solcher Gedanke würde, da der Geist nicht stirbt und mithin auch nicht auferstehen kann, nichts als Torheit verraten. Ebenso töricht wäre es, von einer Prinzipien–Auferstehung zu reden. Nichts ist von dergleichen in der Heiligen Schrift zu finden. Ihre Sprache ist so einfach wie möglich. „Die Übrigen der Toten aber wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet sind. Dies ist die erste Auferstehung.“ Wer möchte es wagen, eine solch einfache Lehre bei Seite zu setzen, oder dieselbe abzuweisen? Sollten wir uns nicht vielmehr von unseren alten, uns lieb gewordenen Ansichten und Meinungen losreißen und das eingewurzelte Wort aufnehmen?

Geliebter Leser! Ist es dir nicht klar, dass, wenn die Heilige Schrift von einer ersten Auferstehung spricht, dann unmöglich alle zu derselben Zeit auferstehen können? Warum würde dort gesagt sein: „Glückselig und heilig, wer Teil hat an der ersten Auferstehung!“ – wenn alle zusammen zu derselben Zeit auferstehen würden? In der Tat, es scheint uns unmöglich, dass jemand das Neue Testament vorurteilsfrei lesen und dennoch an der Theorie einer gemeinsamen Auferstehung festhalten könnte. Es gehört zur Verherrlichung Christi, des Hauptes, dass seinen Gliedern eine ihnen eigentümliche Auferstehung zu Teil wird – eine Auferstehung, gleich der Seinen, aus den Toten; und sicher wird eine solche stattfinden. „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune, denn posaunen wird es, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dies Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dies Sterbliche Unsterblichkeit anziehen. Wenn aber dies Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dies Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in Sieg. Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Hades, dein Sieg? Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus“ (1. Kor 15,51–58). (Fortsetzung folgt)

Fußnoten

  • 1 Etliche haben gedacht, dass der Hindernde oder das Hindernis das römische Reich, andere, dass es der in der Kirche oder Versammlung wohnende Heilige Geist sei. Wir neigen uns seit vielen Jahren zur Annahme der letzteren Meinung, obwohl die erstere ein gewisses Maß von Wahrheit enthält. Das was wir ans anderen Teilen der Heiligen Schrift als gewiss erkennen, ist, dass, bevor der Gesetzlose diesen Schauplatz betritt, die Versammlung sicher und gesegnet in ihre eigene, ewige Heimat droben, in die für sie bereitete Stätte eingegangen sein wird. Welch ein köstlicher Gedanke!
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