Botschafter des Heils in Christo 1876

"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben"

Das Wort Gottes ist allein die lautere und unvermischte Quelle der Wahrheit. Und dennoch zeigen so viele Leser die Neigung, bezüglich des einen oder des anderen Punktes ihre eigenen Gedanken hineinzutragen – Gedanken, die sie von anderen, vielleicht hervorragenden christlichen Männern übernommen und zu den ihrigen gemacht haben, ohne zu prüfen, ob dieselben aus jener Quelle der Wahrheit wirklich geflossen sind. Es ist dieses eine traurige Erscheinung, die hauptsächlich nur in der Eigenliebe ihren Grund hat. Sollten nicht vielmehr alle unsere Anschauungen das Wort Gottes zur Grundlage haben, und sollten wir nicht alles verwerfen, was nicht mit diesem Wort in der völligsten Harmonie ist? Zum wahren Verständnis der Heiligen Schrift aber gehört ein „einfältiges Auge“ und ein „gehorsames Herz“: und beides ist eine Wirkung des Geistes Gottes. Wo das eine oder das andere, oder gar beides fehlt, da fehlt alles zu einer wahren und göttlichen Einsicht in die Gedanken Gottes. Nur bei einem einfältigen Auge und einem unterwürfigen Herzen ist das Bewusstsein der Abhängigkeit von Gott lebendig, so dass das göttliche Wort unter Gebet und Flehen erforscht werden kann. Möge der Geist Gottes auch uns bei der Betrachtung des vorliegenden Gegenstandes leiten!

Zunächst müssen wir uns erinnern, dass uns Christus in diesem Abschnitt (Joh 15,1–8) weder als Heiland, der das Verlorene zu suchen und zu erretten gekommen ist, noch als – das Haupt seines Leibes im Himmel, oder seiner Versammlung, die Er in ununterbrochener Gnade und Liebe nährt und pflegt, vorgestellt wird. Bezüglich der errettenden und bewahrenden Liebe Gottes in Christus Jesus können die Seinen völlig versichert sein, dass niemand sie aus seiner Hand rauben kann. Seine Gnade und Macht sind ebenso vollkommen in Bezug auf die Bewahrung des Erlösten, als sie es in Bezug auf die Errettung des Sünders sind. Allein im vorliegenden Abschnitt handelt es sich keineswegs um diese errettende und bewahrende Gnade und Macht des Herrn. Er nennt sich hier den „wahren Weinstock“ und nimmt mithin den Platz Israels ein. Israel war von alters her der „Weinstock“: denn wir lesen in Psalm 80,8: „Einen Weinstock zogst du aus Ägypten, vertriebst die Nationen und pflanztest ihn.“ Aber dieser Weinstock – Israel nach dem Fleisch – blieb leer und ohne Frucht. Christus, der Sohn Gottes, nahm als der „wahre Weinstock“ seine Stelle ein. Er wurde von Gott aus Ägypten heraufgeführt (Mt 2,15) und nahm Israels Platz in Segnung ein (vgl. Jes 49). Wie groß auch die Vorrechte und demgemäß die Verantwortlichkeit dieses Volkes sein mochten, so war doch alles, was sich außer dem Bereich Christi befand, jetzt unter der Gewalt des Feindes. Jede Segnung für die Seele ward nur in Christus gefunden. Außer Ihm war kein Heil, kein Frieden zu finden. Der einzige wahre Weinstock war Jesus, und als solcher stellt Er sich hier seinen Jüngern vor. Er nimmt stellvertretend den Platz alles dessen ein, womit sie bisher verbunden waren, und worin sie bis zu diesem Augenblick vergeblich ihre religiöse Befriedigung gesucht hatten. Das ganze jüdische System hatte sich als gänzlich kraftlos erwiesen, der Seele irgendwie Ruhe und Heil zu verschaffen; und daher wurde auch keine Frucht gefunden. Israel war also nicht der wahre Weinstock – es ist Christus, der im Gegensatz zu Israel an dessen Stelle als der wahre Weinstock auf der Erde gepflanzt ist. Nicht, wie in den vorhergehenden und nachfolgenden Kapiteln, wo Jesus in seiner letzten Unterredung mit seinen Jüngern seine unwandelbare Liebe zu ihnen bezeugt, handelt es sich hier um das, was Er nach seinem Weggang für sie sein wollte, sondern Er nimmt in seiner Stellung auf der Erde seinen Platz als Weinstock ein und kennzeichnet seine Beziehungen zu seinen Jüngern und Bekennern, die auf der Erde gesehen werden. Als Haupt ist Christus im Himmel, als Weinstock ist Er gepflanzt auf der Erde. Im Himmel kann weder vom Pflanzen eines Weinstocks, noch vom Beschneiden der Reben die Rede sein; beides geschieht auf der Erde.

„Mein Vater ist der Ackerbauer.“ Es ist hier nicht der „allmächtige Gott“, unter welchem Namen Er sich Abraham offenbarte, und ebenso wenig „Jehova“, wie Er sich Israel kundgemacht hatte, sondern „mein Vater.“ Der Fürsorge dieses Vaters sind alle anvertraut, die mit Christus in Verbindung sind; stets bedürfen sie seiner Pflege, und diese wird zu dem Zweck geübt, damit Frucht hervorgebracht werde. Israel war nicht der wahre Weinstock und darum konnte von keiner Frucht die Rede sein. Christus ist der wahre Weinstock. Bringt eine Rebe in Ihm keine Frucht, so ist sie untauglich und wird abgeschnitten; bringt sie Frucht, so wird sie vom Vater gereinigt, damit sie mehr Frucht bringe (V 2). Es wird einfach Frucht gesucht. Wie bereits gesagt, handelt es sich hier nicht um die errettende und bewahrende Gnade Gottes, sondern um die Verantwortlichkeit aller, die den Namen Christi tragen, um die Verantwortlichkeit aller Bekenner Christi. Die Beziehung zu Christus im Himmel, die, weil der Heilige Geist sie bewirkt hat, nimmer aufgelöst werden kann, kommt hier nicht in Betracht. Es ist vielmehr ein Band, das auf der Erde gebildet und gesehen wird, und welches bereits vorhanden war, als der Herr hienieden wandelte. Es umfasste alle, die zu jener Zeit, trotz der Verachtung von Seiten der Juden, Ihm nachfolgten, alle, die später das Juden– und das Heidentum verließen und sich Ihm anschlössen und auf seinen Namen getauft wurden; es umfasst jetzt die ganze Christenheit auf der Erde. Dieses Band kann ein lebendiges und ewiges sein, oder auch nicht. Die Frucht allein kennzeichnet den Charakter der Rebe. Die Verantwortlichkeit dehnt sich über alle aus; ein jeder wird auf die Probe gestellt. Alle Wege derer, welche mit Christus in Verbindung sind und Ihm anzugehören bekennen, werden in die Waagschale gelegt. Wo keine Frucht gefunden wird, da findet die Ausübung des Gerichts statt; wo sich Frucht zeigt, da folgt zu ihrer Vermehrung die Reinigung. Das Beobachten äußerer Vorschriften und Satzungen, wie solches von dem alten Weinstock Israel gefordert wurde, genügt keineswegs. An diesem Weinstock war und blieb man eine gute Rebe, wenn man als Jude geboren, wenn man beschnitten war und die Satzungen beobachtete; und man wurde nur dann abgeschnitten, wenn man das Gesetz absichtlich übertrat. Anders verhält es sich mit dem wahren Weinstock: nur die wirkliche Fruchtbringung bezeichnet eine gute Rebe.

Während nun der Vater die unfruchtbaren Reben durch das Gericht hinwegnimmt, ist Er mit den fruchttragenden beschäftigt, um ihre Frucht zu vermehren. Seine züchtigende Hand ist stets bemüht, um alles hinweg zu schneiden, was dem Hervorbringen der Frucht hinderlich ist. Er leitet uns Wege, führt uns durch Schwierigkeiten und begegnet uns mit Züchtigungen aller Art, welche geeignet sind, unseren Eigenwillen zu brechen, unser Selbstvertrauen zu Grund zu richten und das Gefühl der Abhängigkeit stets wach zu erhalten. Das sind die Mittel, durch welche der Vater uns reinigt; und wie sehr bedürfen wir einer solchen Reinigung! Mag die Frucht bisher gering gewesen sein, sie wird sich unter der Bemühung des Vaters vermehren und zu seiner Verherrlichung dienen. Wie viele Ursache haben wir im Blick auf dieses herrliche Resultat, uns der Trübsale zu rühmen und die mannigfachen Versuchungen für lauter Freude zu achten! Alle Wege, die der Vater uns führt, sind gesegnet.

„Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe“ (V 3). Hiermit wendet sich der Herr an seine Jünger. Judas Iskariot hatte sich bereits entfernt (Kap 13,30); und schon früher hatten sich viele seiner Jünger umgewandt und wandelten nicht mehr mit Ihm (Kap 6,66). Die Ihn jetzt noch umringenden Jünger waren schon gereinigt durch das zu ihnen geredete Wort. Beachten wir es wohl, dass Er nicht sagt: „Gereinigt durch das Blut, das ich für euch vergießen werde.“ Das „Wort“ steht mit unserer Verantwortlichkeit, das „Blut“ mit seiner Gnade in Verbindung. Das Wort richtet alles, was dem in Christus Jesus offenbarten Charakter Gottes oder dem durch Ihn kundgemachten Willen des Vaters entgegengesetzt ist. Und dieses Gericht findet seine Anwendung auf die Gedanken und Gesinnungen des Herzens, auf unsere Handlungen und Wege. Nichts entgeht dem scharfen, zweischneidigen Schwert, dem Wort Gottes. Da, wo die Reinigung durch das Wort vollzogen ist, ist der Mensch bekehrt, wiedergeboren, einer neuen Natur teilhaftig geworden. Wir finden dieses im 3. Kapitel unseres Evangeliums, wo das Wort unter dem Bild des Wassers dargestellt wird; und dasselbe Wort wird auch nachher zur praktischen Reinigung an jedem Tag unseres Wandels hienieden angewandt (vgl. Joh 13). Ohne Zweifel ist jeder Gläubige durch das Versöhnungsblut Christi gereinigt: jeder Flecken von Sünde und Schuld ist durch dieses kostbare Blut für immer getilgt; aber davon ist nicht hier die Rede. Der Herr spricht hier nur von seinem Wort, als dem Mittel der Reinigung und dem Gericht, sowohl in Bezug auf die Zucht, als auch in Bezug auf das Abschneiden. Es handelt sich hier einfach um die Verantwortlichkeit des Menschen, und nicht um das, was die Gnade und die Macht Gottes zu tun vermögen. Es ist die persönliche Verantwortlichkeit eines jeden Menschen – eine Verantwortlichkeit, welcher niemand ohne die Gnade zu entsprechen vermag, die aber nichtsdestoweniger in ihrer ganzen Schärfe aufrechterhalten wird. Bald gab es eine Menge, die von dem Judentum, und später die von dem Heidentum ausgingen und sich auf Christus taufen ließen; aber sie bedurften es, auf die Probe gestellt zu werden. Das Fleisch ist fähig, den Glauben nachzuahmen und einen Schein von Gottseligkeit anzunehmen. Zum Fruchtbringen aber genügte weder die Taufe, noch die Annahme der Formen des Christentums, das Bleiben in Christus war unabweisbar nötig. Deshalb sagte der Herr: „Bleibt in mir und ich in euch. Gleichwie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn im Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir“ (V 4). Die Quelle aller Kraft für die Jünger war in Jesu. Sie mussten in Ihm bleiben und Er in ihnen. Weites sich um die Verantwortlichkeit handelt, so wird die an den Menschen gerichtete Aufforderung an die Spitze gestellt: „Bleibt in mir und ich in euch.“ Handelt es sich um die Gnade, so nimmt Gott allein für immer den ersten Platz ein; denn nur die Gnade vermag zu erretten und zu bewahren. Wenn nun das Bleiben in Christus von der Verantwortlichkeit des Menschen abhängig gemacht ist, so ist es in Frage gestellt. Dennoch aber wie unmöglich es ist, dass eine Rebe, welche nicht im Weinstock bleibt, Frucht bringen kann, ebenso unmöglich ist es, dass ein Mensch Gott Frucht zu bringen vermag, wenn er nicht in Christus bleibt. Wir sind gänzlich von Ihm abhängig: und Er verändert sich nicht. Das Bewusstsein unserer steten und völligen Abhängigkeit ist die erste und unerlässlichste Bedingung und wird zur Folge haben, dass wir stets auf Ihn blicken und, indem wir Ihm völlig vertrauen, mit unseren Herzen stets in seiner Nähe bleiben. Dieses Verhalten beweist einerseits die Wirklichkeit des Werkes Gottes in der Seele, und wird andererseits das Hervorbringen der wahren Frucht bewirken: denn außer Ihm vermögen wir nichts zu tun (V 5) – nichts, was Gott Wohlgefallen und wodurch Er verherrlicht werden könnte.

Christus ist also nicht nur das ewige Leben für die Seele, sondern auch die alleinige Quelle der Kraft und der Frucht während unseres ganzen Lebens hienieden. Nur wer in Ihm bleibt, bringt viel Frucht. Wer ein wahres Selbstgericht übt, seine Freude und Wonne an Christus hat, wer, ausharrend im Gebet, in stetem und gläubigen Hinschauen auf Christus durch alle Schwierigkeiten hindurchgeht, der wird reichliche Frucht zum ewigen Leben hervorbringen. Aber ach! Wie viele ermatten darin, Sie hören auf, im Licht des Richterstuhles Christi zu wandeln; und selbstredend erkaltet dann ihr Eifer, Ihm wohlzugefallen. Ihr Gewissen mahnt, beunruhigt sie und klagt sie an; aber sie verlieren Christus mehr und mehr aus ihren Augen und machen von Tag zu Tag immer ersichtlichere Rückschritte; und nicht wenige von ihnen sinken schließlich so tief, dass sie wiederum ihre Genüsse hienieden suchen und durch die Träber dieser Welt ihren Hunger stillen. Und gibt es nicht eine unzählige Menge, die, auch wenn sie zwar bekennt, dass nur in Christus das Heil zu finden sei, trotz dieses Bekenntnisse ihre Befriedigung in äußeren Formen, Satzungen und selbstgewählten Wegen sucht? Wie ernst reden solche Erfahrungen zu dem Herzen eines Jüngers des Herrn! Er hat uns auserwählt, um Frucht zu bringen – eine Frucht, welche bleibt: und Er ist es, welcher sagt: „Hierin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viele Frucht bringt, und ihr werdet meine Jünger sein“ (V 8). Die Verherrlichung des Vaters nahm stets den ersten Platz in dem Herzen Jesu ein. Er konnte am Ende seiner irdischen Laufbahn in vollkommener Weise sagen: „Ich habe deinen Namen verherrlicht auf Erden.“ Selbst im Blick auf die schreckliche Stunde, die vor Ihm lag, wünschte Er nur, dass der Name des Vaters verherrlicht werde (Joh 12,27–28), Er brachte Frucht im vollkommensten Maße; und wir erweisen uns als seine Jünger dadurch, dass wir viele Frucht bringen. Auf diesem Weg verherrlichen auch wir den Vater. Welch ein Vorrecht für uns! Möchte doch seine Verherrlichung in all unseren Gedanken, Worten und Werken stets den ersten Platz einnehmen!

Ja, der Name des Vaters wird dadurch verherrlicht, dass wir viele Frucht bringen; und das kann nur dann der Fall sein, wenn wir in Christus, der alleinigen Quelle des Fruchtbringens, bleiben. Nur aus Ihm stießt jede Segnung, alle Gnade und alle Kraft, ja die ganze Fülle, deren wir zum Fruchtbringen bedürfen: und wir genießen von dieser Gnade, Kraft und Fülle, wenn in dem lebendigen Bewusstsein unserer Abhängigkeit das Auge des Glaubens auf Ihn gerichtet und das Herz praktischer Weise in einer steten, verborgenen Gemeinschaft mit Ihm bleibt.

„Wenn jemand nicht in mir bleibt, der wird hinausgeworfen, wie die Rebe, und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen“ (V 6). Es ist hier zu beachten, dass der Herr nicht sagt: „Wenn ihr“, sondern „wenn jemand nicht in mir bleibt.“ Die elf Jünger, die in jenem Augenblick um Ihn versammelt waren, hatten um seinetwillen alles verlassen. Der Herr kannte sie als fruchtbringende Reben und als solche, die schon rein waren. Sein zu ihnen geredetes Wort hatte sie gereinigt. Sie waren wiedergeboren aus Wasser und Geist. Das Werk des Geistes war in ihnen gewirkt; sie waren gebadet und ganz rein, und hatten nur nötig, sich die Füße zu waschen. Die Worte des hier angeführten Verses enthielten daher keine unmittelbare Warnung für sie. Es würde überhaupt die größte Verwirrung zur Folge haben, wenn man jene Worte auf das ewige Leben oder auf unsere Einheit mit Christus anwenden wollte. Unmöglich kann das ewige Leben vertilgt, unmöglich die bis zum Tag Christi durch den Geist geschehene Versiegelung ungültig gemacht, unmöglich ein Glied des Leibes Christi abgeschnitten werden. Würde nicht dadurch dieser Leib für immer verstümmelt sein? Mögen wir nie einem solchen Gedanken Raum geben! Unleugbar gibt es viele, die sich nach seinem Namen nennen und die auf seinen Namen getauft sind, die Ihn als ihren Herrn anrufen und bekennen und ganz und gar die Form der Erkenntnis besitzen. Was aber wird ihr Ende sein, wenn sie nicht in Ihm erfunden werden? Wie groß ist die Menge derer, die durch ihre Erkenntnis und ihr Verhalten eine Zeitlang den Schein eines wahren Jüngers von sich geben, aber sich danach wieder umwenden und es dann mit ihnen ärger ist, als vorher! Von solchen spricht Petrus in seinem zweiten Brief (Kap 2,9–22); und Judas nennt sie „fruchtleere, zweimal erstorbene Bäume“ (V 12). Alles wird auf die Probe gestellt. Wer keine Frucht bringt, wird abgeschnitten: und wer nicht in Christus bleibt, nicht in Ihn erfunden wird, dessen Teil wird in dem See sein, der mit Feuer und Schwefel brennt (Off 21,3).

Doch der Herr verheißt, indem Er sich wieder speziell mit seinen wahren Jüngern beschäftigt, noch einen Segen von hohem Wert. „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch geschehen“ (V 7). Köstliche zusage! Wir wissen, dass alle Macht in der Hand unseres Gottes ist. Er allein vermag uns zu jeder Zeit und in allen Umständen zu helfen; und wir – schwach und hilflos in uns selbst – sind von seiner Macht völlig abhängig. In dieser Stelle nun wird uns ein Weg offenbart, auf welchem wir selbst über ihre Hilfsmittel frei verfügen können, so dass uns alles, um was wir bitten, geschehen wird. Und dieser Weg, auf welchem allein dieses große Vorrecht genossen werden kann, ist genau gekennzeichnet. Zunächst heißt es: „Wenn ihr in mir bleibt.“ Es ist also vor allem nötig, dass der Herr selbst der erste Gegenstand unseres Herzens ist, und unser Auge stets auf Ihn, indem Bewusstsein völliger Abhängigkeit, gerichtet bleibt. Dann heißt es: „Und wenn meine Worte in euch bleiben.“ Wir bedürfen also eines unterwürfigen Sinnes, um uns in allen Umständen unter sein Wort, den Ausdruck seines Willens zu beugen und unsere Herzen durch den Einfluss desselben beherrschen und leiten zu lassen. Dann, aber auch nur dann können wir versichert sein, dass alles, um was wir bitten, geschehen wird; denn nur in diesem Fall sind wir fähig, um das zu bitten, was nach dem wohlgefälligen Willen Gottes und zu unserem Besten ist. Wir nahen zu Gott auf einem unerschütterlichen Grund; und dieser Grund ist Christus und sein Wort. Welch eine trostreiche Wahrheit! Möge der Herr es uns in seiner reichen Gnade verleihen, in dem völligen Bewusstsein unserer Ohnmacht und Abhängigkeit und in ungeschwächtem Vertrauen auf seine mächtige Hilfe diesen gesegneten Pfad zu wandeln und das Fruchtbringen zur Verherrlichung seines Namens als unser höchstes Vorrecht zu betrachten. Er ist völlig dazu bereit; sein eigenes Wort bürgt uns dafür. Denn Er ruft den Seinen zu: „Dies habe ich euch gesagt, auf dass meine Freude in euch sei, und eure Freude erfüllt werde“ (V 11). Und wiederum: „Nicht ihr habt mich auserwählt, sondern ich habe euch auserwählt und euch gesetzt, dass ihr hingeht, und Frucht bringt, und dass eure Frucht bleibe, auf dass, was irgend ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, er euch gebe“ (V 16).

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