Salbung und Versiegelung

Wir kommen nun zu der Salbung und der Versiegelung mit dem Heiligen Geist.

In Lukas 4,18 lesen wir: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil Er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen“, in Johannes 6,27: „Diesen hat der Vater, Gott, versiegelt“, in Apostelgeschichte 4,27: „Den du gesalbt hast“ und Kapitel 10, 38: „wie Gott Ihn mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat“, in Johannes 3,34: „Denn der, welchen Gott gesandt hat, redet die Worte Gottes; denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß“. Diese Stellen sprechen allesamt von dem Herrn Jesus. Er, der von dem Heiligen Geist gezeugt war (Mt 1,20), war auch gesalbt und versiegelt mit dem Geist. Und da Gott Ihm die Fülle des Geistes gegeben hatte, konnte Er die Worte Gottes reden. Vor Apostelgeschichte 2 lesen wir nicht von anderen, dass sie mit dem Heiligen Geist gesalbt oder versiegelt gewesen wären. Christus (das ist: Gesalbter) war allein. Niemand konnte den Heiligen Geist empfangen, ehe nicht das Werk der Erlösung zustande gebracht war. Dies ist auch in Übereinstimmung mit den Bildern im Alten Testament. In 2. Mose 29 und 3. Mose 8, wo wir die Weihung der Priester finden, wird Aaron vor dem Darbringen der Opfer gesalbt. Die Söhne Aarons aber werden nach den Opfern mit Blut und Salböl besprengt. Dem Brief an die Hebräer zufolge ist Aaron ein Bild des Herrn Jesus, und die Söhne Aarons sind ein Bild von uns als dem priesterlichen Haus (siehe z. B. Heb 2,11–13; 3,1.6; 1. Pet 2,4–5).

In den Briefen finden wir drei Stellen, die von unserer Salbung sprechen. „Der uns aber mit euch befestigt in Christus und uns gesalbt hat, ist Gott, der uns auch versiegelt hat und hat das Unterpfand des Geistes in unsere Herzen gegeben“ (2. Kor 1,21). „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles.“ „Die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr bedürft nicht, dass euch jemand belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist und wie sie euch belehrt hat, so werdet ihr in Ihm bleiben“ (1. Joh 2,20.27).

Aus diesen Stellen wird uns klar, was die Bedeutung der Salbung ist. Dadurch wissen wir alle Dinge, denn sie belehrt uns über alles. In 1. Korinther 2 wird dies durch den Apostel Paulus auseinandergesetzt. Der Geist Gottes weiß, was in Gott ist, und wir haben empfangen „den Geist, der aus Gott ist, auf dass wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind“ (Verse 10–12). Die Salbung mit dem Heiligen Geist hat also zur Folge, dass wir durch das Innewohnen des Heiligen Geistes in unmittelbarer Gemeinschaft mit Gott sind, dadurch seine Gedanken kennen und auch wissen, was damit in Widerspruch ist, und dass wir uns an der Wahrheit Gottes in Christus in Kraft erfreuen können.

In dem Bild von der Priesterweihung in 3. Mose 8 und 9 wird uns dies deutlich gezeigt. Nachdem in dem ersten Teil von Kapitel 8 die Weihung stattgefunden hat, finden wir in den letzten Versen und in Kapitel 9 die Aufgabe der Priester. In Kapitel 8 ist das die Vorschriften Jehovas beobachten und in Kapitel 9, im Blick auf die zukünftige Herrlichkeit und den Segen des Volkes, das Blut dahin bringen, wo der Hohepriester es gebrauchen muss.

Durch die Salbung zu Priestern haben sie Gemeinschaft mit Gott in seinem Haus, kennen die Vorschriften des Herrn, haben Einsicht in das Erlösungswerk und wissen, wo der Hohepriester das Blut anwendet. Sie wissen auch, dass dieses Werk die Herrlichkeit und den schließlichen Segen für das Volk mit sich bringen wird.

Natürlich will das nicht sagen, dass jeder, in dem der Heilige Geist wohnt, die gesamte Wahrheit in ihren Einzelheiten kennt und keine Unterweisung nötig hätte. In den folgenden Kapiteln von 3. Mose werden den Priestern ausführliche Anweisungen gegeben. Und nachdem der Apostel in 1. Johannes 2,20 sagt: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles“, gibt er im weiteren Verlauf des Briefes noch viele Unterweisungen. Vers 27 erklärt den Ausdruck: „sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt“. Jeder, in dem der Heilige Geist wohnt und der also die Salbung von dem Heiligen hat, ist damit in die direkte Gegenwart Gottes gebracht. Und dort in der Gegenwart des Heiligen wird unmittelbar gesehen, ob etwas mit Gott in Übereinstimmung ist oder nicht.

Das gilt auch für den jüngsten Gläubigen mit der geringsten Kenntnis, für einen, der gerade Frieden gefunden hat. Der Apostel schreibt an Kindlein. Diese Kindlein wussten, dass ihre Sünden in Jesu Namen vergeben waren (1. Joh 2,12; Apg 4,12), und sie hatten den Vater erkannt (1. Joh 2,13). Das war genug, denn dann wohnte der Heilige Geist in ihnen, dann hatten sie die Salbung von dem Heiligen und wussten alles. Sie kannten sicher nicht die gesamte offenbarte Wahrheit – welcher Vater in Christus könnte ihre ganze Fülle kennen? Wenn ein Irrlehrer zu ihnen kam, konnten sie ihn sicher nicht widerlegen, und vielleicht konnten sie nicht einmal sagen, worin seine Irrlehre bestand. Aber in der Gegenwart des heiligen Gottes fühlten sie, was mit diesem heiligen Gott in Widerspruch war: „Wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist, und wie sie euch belehrt hat, so werdet ihr in Ihm bleiben“.

Das ist ein herrlicher Gedanke für einen jungen Gläubigen. In der Christenheit gibt es so viele verschiedene Lehren. Sogar von Gläubigen hört man manchmal die widersprüchlichsten Gedanken. Wie kann dann ein Neubekehrter, der noch wenig weiß, auf dem rechten Weg bleiben und wissen, was Gottes Gedanken sind? Hier haben wir die Antwort: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst alles“. In 1. Johannes 2,24 wird hinzugefügt: „Was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch“. Das Wort Gottes offenbart uns die Wahrheit, und der Heilige Geist, der in unseren Herzen wirkt, unterweist uns aus diesem Wort und bewahrt uns vor Irrlehren.

Wie kommt es denn, dass Gläubige manchmal dennoch in eine Irrlehre fallen und andere es nicht wahrnehmen, wenn durch eine Irrlehre die Wahrheit angetastet wird? Die Priester des Alten Testamentes konnten durch Verunreinigung, durch Gebrechen – oder durch beides – manchmal nicht in der Nähe Gottes sein (3. Mo 21), obwohl sie zum Haus Aarons gehörten. Nachdem der Apostel in 1. Korinther 2 gesagt hat: „Der geistliche aber beurteilt alles“ (V. 15), muss er in Kapitel 3, 1 zu den Korinthern sagen, sie seien nicht geistlich, sondern fleischlich. Sie waren praktisch nicht in der Nähe Gottes geblieben. Es gab etwas, das sie hinderte, dort zu sein. In der Gegenwart Gottes zu sein ist ein wunderbares Vorrecht und ein unaussprechliches Glück, es bedeutet Ruhe für das Herz eines Gläubigen. Aber dort kann man keinen eigenen Willen haben. Dort können keine Sünden bestehen, die nicht im Selbstgericht beseitigt sind. Dort kann weder die Welt sein noch irgendetwas von der Welt. Dort kann man nur sein, wenn man sich im Selbstgericht gereinigt hat und nur mit einem Herzen, das Ihm geweiht ist. Dort können wir auch nur sein, wenn wir allein nach seinen Gedanken handeln wollen und also eigene Gedanken ausschalten. Bei den Korinthern waren fleischliche Dinge vorhanden. Es war Neid und Streit in ihrer Mitte. Menschliche Weisheit hatte bei ihnen Eingang gefunden. Sittlich Böses wurde geduldet. Ihre Einsicht ging verloren, so dass einige von ihnen in Irrlehren verfielen (1. Kor 15,12).

Wie steht es mit uns, mit jedem persönlich und mit uns gemeinschaftlich?

Über unsere Versiegelung mit dem Heiligen Geist wird außer in 2. Korinther 1,21.22 noch in Epheser 1,13; 4,30 gesprochen. In Johannes 6,27 wird von dem Herrn Jesus gesagt: „Diesen hat der Vater, Gott, versiegelt“. Aus den verschiedenen Stellen, wo über Versiegelung gesprochen wird (siehe z. B. Est 8,8; Dan 6,18; Jer 32; Off 5,1–7 und Off 7,1–8), wird klar, was sie zu bedeuten hat: das Versiegelte wird gekennzeichnet als das Eigentum dessen, der versiegelt. In allen Stellen, wo von dem Versiegeln mit dem Heiligen Geist die Rede ist, finden wir dies auch bestätigt. In Epheser 1,10–12 spricht Paulus von den gläubigen Juden, die auf Grund der Verheißung teilhaben sollen an der Herrlichkeit des Friedensreiches auf Erden in der Verwaltung der Fülle der Zeiten. Aber in Vers 13 (siehe Fußnote der Elberfelder Übersetzung) sagt er dann: „in welchem [das ist Christus] auch ihr ein Erbteil erlangt habt, nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, in welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist, zur Erlösung des erworbenen Besitzes, zum Preise seiner Herrlichkeit“.

Wir sehen hieraus:

  1. dass die Versiegelung stattfindet, nachdem wir geglaubt haben und in Verbindung damit,
  2. dass sie stattfindet im Blick auf das Erbe.

Dass die Versiegelung stattfindet, nachdem man geglaubt hat, bestätigt aufs Neue, dass das Innewohnen des Heiligen Geistes etwas ganz anderes ist als die Wiedergeburt. Die Wiedergeburt macht aus einem Sünder einen neuen Menschen. Der Heilige Geist versiegelt den Gläubigen.

Aber Epheser 1,13 sagt mehr. Das Versiegeln steht in Verbindung mit dem „Evangelium eures Heils“ und mit dem Glauben daran. In 3. Mose 14,17 wird das Öl auf das rechte Ohr, den rechten Daumen und die große Zehe des rechten Fußes, „auf das Blut des Schuldopfers“ getan. Wenn wir den Aussprüchen und Bildern der Schrift genau nachgehen, scheint mir, dass wir sagen können, dass der Glaube an das Werk des Herrn Jesus zur Vergebung der Sünden versiegelt wird.

Wir waren Sünder aus den Nationen, die kein Teil hatten an den Verheißungen (Eph 2,12). Wir haben an das vollkommene Werk, an das vergossene Blut geglaubt. Durch dieses Blut haben wir Frieden mit Gott und sind Ihm nahe gebracht (Röm 3,21–26; Kol 1,20; Eph 2,13.14). Diesen Glauben versiegelt Gott. Er erkennt ihn an und setzt zum Zeichen sein Siegel darauf, wodurch er gleichzeitig sichergestellt und befestigt ist. Der Heilige Geist, als in uns wohnend, ist dieses Siegel: der Beweis, dass wir sein Eigentum sind.

Epheser 4,30 sagt, dass wir mit dem Heiligen Geist Gottes versiegelt sind „auf den Tag der Erlösung“, und auch Epheser 1,13 und 2. Korinther 1,22 sprechen von dem zukünftigen Erbteil. Wie schon gesagt, haben wir die Erlösung unseres Leibes noch nicht empfangen und ist das Erbteil noch „zukünftig“. Wir sind errettet worden in „Hoffnung“ (Röm 8,23–24). Aber diese zukünftigen Dinge sind für uns dennoch nicht ungewiss, wenn wir auch keine Juden sind und also an den ihnen gegebenen Verheißungen kein Teil haben. Gott hat uns jetzt schon versiegelt zum Beweis, dass wir Ihm angehören und also teilhaben werden an seinem Erbteil. Und dieses Siegel, der Heilige Geist, ist zugleich das Unterpfand, der Beweis, dass diese Erlösung unser Teil sein wird. Denn der Heilige Geist ist es ja, durch den wir die Erlösung unseres Leibes empfangen werden (Röm 8,11). So hat das „in Hoffnung seid ihr errettet worden“ wohl eine ganz andere Bedeutung als oftmals gesagt wird. Keine Ungewissheit, sondern Gewissheit ohne jeden Zweifel! Gott der Heilige Geist ist jetzt schon das Siegel, durch das Gott uns als die Seinen anerkennt, und zugleich unser Unterpfand, dass Gott seine Verheißungen an uns erfüllen wird.

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