Fragen zu biblischen Themen

Zuversicht festhalten

Fragen zu biblischen Themen

Frage: Der Schreiber des Hebräer-Briefes ist besorgt wegen der Gefahr, in der die hebräischen Christen damals standen: dass sie, hauptsächlich durch Verfolgungen bedingt, wieder ins Judentum zurückfallen könnten.
Die folgenden Verse des Briefes dienen alle dazu, sie vor diesem Schritt zu bewahren, enthalten aber teilweise ganz ungewöhnliche Formulierungen. Was bedeuten sie?
Kapitel 3, Vers 6: „die Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhalten.“
Kapitel 3, Vers 14: „den Anfang der Zuversicht bis zum Ende standhaft festhalten.“
Kapitel 6, Vers 11: „zur vollen Gewissheit der Hoffnung bis ans Ende.“
Kapitel 10, Vers 23: „das Bekenntnis der Hoffnung unbeweglich festhalten.“
Kapitel 10, Vers 35: „Werft nun eure Zuversicht (Freimütigkeit) nicht weg.“

Antwort: Die in diesen Versen enthaltenen Warnungen und Ermahnungen an die hebräischen Gläubigen haben neben der Gefahr der Erschlaffung einen weiteren Grund darin, dass sich unter ihnen solche Juden befanden, die sich wohl äußerlich zum Christentum bekannten, aber in Wahrheit nie eine neue Geburt erlebt hatten. Letztere bloßzustellen und von den wahren Christen zu scheiden ist ein ernstes Ziel der Warnungen, das wir beachten sollten. Denn die echten (gläubigen) Bekenner würden den Ermahnungen Gehör schenken, die unechten dagegen nicht. Daran würden die einen wie die anderen offenbar werden. Keineswegs jedoch zweifelt der inspirierte Schreiber die Echtheit des Glaubens derer an, die ihre Zuversicht auf Christus gesetzt hatten. Ganz im Gegenteil will er sie in ihrem Glauben stärken – durch das Bewusstsein, dass das Echte bleiben, das Unechte jedoch irgendwann ausscheiden und abfallen wird.

Gehen wir nun kurz auf die einzelnen Stellen ein, die – zugegebenermaßen – schwierig klingende Wendungen enthalten. Ich will versuchen, ihren Sinn anzugeben, beziehe mich aber bei den Erklärungen vorrangig auf die damalige Situation, auf die ursprüngliche Bedeutung also. Grundsätzlich aber sind sie auch auf uns heute anzuwenden. Denn auch wir leben in einer Christenheit, die durch das Nebeneinander von Echtem und Unechtem gekennzeichnet ist.

Zu Kapitel 3, Vers 6:

Hier wird von Christus als Sohn und von Seinem „Haus“ gesprochen und gesagt: „… dessen Haus wir sind“. Alle Hebräer, die sich zum Christentum bekannten, gehörten zu diesem Haus, wobei das Bekenntnis als echt vorausgesetzt wird. Dennoch wird die Möglichkeit eingeräumt, dass es unecht sein kann. Deswegen die einschränkende Warnung: „… wenn wir nämlich (oder: wirklich) die Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhalten.“ Der ungläubige, leblose Bekenner wird unterwegs ausscheiden. Der gläubige Bekenner aber wird seine Echtheit dadurch beweisen, dass er die Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhält.

Die Freimütigkeit oder Zuversicht, die er im Umgang mit Gott besitzt, gründet sich auf den Herrn Jesus und Sein Opfer. Sie macht ihn auch dazu fähig, in der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes sich zu rühmen, das heißt zu freuen (vgl. Röm 5, 2). Diese Vorzüge oder Segnungen gilt es, bis zum Ende standhaft festzuhalten. Dafür ist jeder Einzelne von uns verantwortlich, und dazu werden wir aufgerufen – an dieser Stelle und an den folgenden Stellen. Dieser Verantwortlichkeit kann man indes nur im Glauben entsprechen. Und nur auf diesem Weg wird das Ziel erreicht.

Zu Kapitel 3, Vers 14:

Hier werden die Gläubigen als „Genossen des Christus“ betrachtet, und auch hier folgt ein ›Wenn‹: „… wenn wir nämlich den Anfang der Zuversicht bis zum Ende standhaft festhalten.“ Die Vermischung der gläubigen Hebräer mit bloßen Bekennern machte diese Einschränkung notwendig. Wo echter Glaube vorhanden ist, wird er sich darin beweisen, dass die Zuversicht, die schon zu Anfang mit der Annahme des Christentums verbunden war, bis zum Ende standhaft festgehalten wird.

Das Wort ›Zuversicht‹ wird in Kapitel 11, Vers 1, mit ›Verwirklichung‹ übersetzt; es bedeutet auch ›Substanz, Sicherheit, Gewissheit‹. Nun, das ist es, worum es geht. Die Substanz, das eigentliche Wesen dessen, was wir durch die Gnade besitzen, ist so greifbar, so sicher, dass es nur eine Konsequenz gibt: das, was uns schon zu Anfang geschenkt worden ist, bis zum Ende standhaft festzuhalten.

Wir müssen keine Zweifel darüber haben, dass Gott jeden Seiner Heiligen bis ans Ende bewahren wird. Dennoch, wir müssen in der Rennbahn laufen, um die ewige Herrlichkeit zu gewinnen. Gott ist bis zum Ende treu, aber wir sollen es auch sein. Zu sagen: „Wir werden ja sowieso errettet“ ist nicht die Sprache des Glaubens, und auch nicht die der Heiligen Schrift.

Zu Kapitel 6, Vers 11:

Der Apostel wünscht, dass „jeder von euch denselben Fleiß beweise zur vollen Gewissheit der Hoffnung bis ans Ende“. Die Gläubigen aus den Hebräern hatten in Liebe den Heiligen gedient, und der Verfasser wünscht, dass sie diesen Dienst fortsetzen sollten in der vollen Gewissheit, dass sie das Ziel ihrer Hoffnung, die Herrlichkeit, erreichen werden. Die Hoffnung auf das Kommen und die Herrlichkeit Christi verleiht, wenn sie im Glauben verwirklicht wird, dem Herzen eine köstliche Gewissheit und bewahrt den Gläubigen vor jedem Wanken. Nur müssen wir eben das Ende voll im Auge behalten.

Dabei beeinflusst das eine das andere und umgekehrt. Der Fleiß fördert die volle Gewissheit der Hoffnung („zur vollen Gewissheit“), und die volle Gewissheit im Blick auf das, was vor uns liegt, fördert den Fleiß. So ist es häufig in den geistlichen Tugenden, die wir entwickeln sollen. Denken wir nur an Glauben und Liebe. Das eine kann ohne das andere nicht auskommen. Sie bedingen und stützen sich gegenseitig.

Zu Kapitel 10, Vers 23:

Hier wird von der Notwendigkeit gesprochen, das Bekenntnis der Hoffnung unbeweglich festzuhalten. Das bedeutet sicher nicht nur, dass wir mit dem Bekennen der Hoffnung, die uns beseelt, vor den Menschen fortfahren sollen. Der Schwerpunkt scheint hier mehr darauf zu liegen, dass wir schon zu Anfang unseres Glaubensweges ein Bekenntnis abgelegt haben, nämlich davon, dass wir auf das Kommen Christi warten. Und dieses Bekenntnis der Hoffnung sollen wir unbeweglich festhalten. Das heißt: Wir sollen uns nicht davon abbringen lassen, ständig und innig auf die Wiederkunft Christi, unseres Herrn, zu warten. Denn geben wir diese Haltung auf, wird die Welt zu unserer Heimat, und wir verlieren unseren wahren, himmlischen Charakter.

Es ist jedoch Gott, der uns „die Verheißung gegeben“ hat, und Er ist treu und wird sie wahr machen. Da sie sich aber auf die Zukunft bezieht, wird sie Hoffnung genannt. ›Hoffnung‹ im neutestamentlichen Sinn bezeichnet nicht etwas Ungewisses, sondern etwas Zukünftiges, heute noch Unsichtbares – etwas, was der Gläubige nicht in dieser Zeit und Welt erreichen wird. „Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren“ (Röm 8, 25). Köstliche Schlussfolgerung!

Zu Kapitel 10, Vers 35:

Die gläubigen Hebräer hatten um ihres Glaubens und Bekenntnisses willen vieles erlitten, hatten sogar den Raub ihrer irdischen Güter mit Freuden aufgenommen; denn sie wussten, dass sie droben einen besseren und bleibenden Besitz hatten. Aber jetzt bestand die Gefahr, unter dem anhaltenden Druck müde zu werden. Doch sollten sie, so nahe vor dem Ziel der Reise, entmutigt aufgeben? Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, ermahnt und ermuntert der Apostel sie und uns: „Werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat.“

Hier begegnet uns dasselbe Wort wie in der ersten Stelle: ›Zuversicht, Freimütigkeit, Kühnheit‹. Ja, wir können diese Zuversicht wegwerfen, sonst würden wir nicht ermahnt, es nicht zu tun. Und so werden wir noch einmal daran erinnert, dass es jetzt gilt, auszuharren und die noch verbleibenden, letzten Schritte bis zum Kommen des Herrn mutig voranzugehen. Gott wird bewiesenes Vertrauen einmal belohnen, mit einer „großen Belohnung“ – der Herrlichkeit bei Christus, der ewigen Ruhe Gottes.

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