Botschafter des Heils in Christo 1883

Bruckstücke

Wir haben einen mächtigen Gegner, der stets darauf ausgeht, uns von dem Pfad der Wahrheit und Reinheit abzulenken und uns zu Fall zu bringen. Wir würden nicht einen einzigen Augenblick unseren Weg fortsetzen können, wenn nicht Gott in so gnädiger Weise für alle unsere Bedürfnisse Vorsorge getroffen hätte in dem kostbaren Tod und in der unaufhörlich tätigen, allumfassenden Sachwalterschaft unseres Herrn Jesus Christus. Gepriesen sei der Gott aller Gnade! Er ist allen unseren Bedürfnissen in seiner eignen, vollkommenen Weise begegnet, und zwar nicht, um uns sorglos, sondern um uns wachsam zu machen.

Möchten wir stets in dem Bewusstsein der vollkommenen Reinheit stehen, in welche der Tod Christi uns eingeführt hat, und in welcher Er uns zu erhalten bemüht ist! Möchten wir nie vergessen, dass unser anbetungswürdiger Herr und Heiland genötigt ist, den geringsten Sklavendienst an uns zu versehen, uns die Füße zu waschen, so oft wir sie im Wandel durch diese versuchungsreiche Welt beschmutzen!

Die Prüfungen der Wüste stellen die Natur auf die Probe; sie bringen hervor, was im Herzen ist. Freunde verlassen uns; so manche Stütze, auf welche wir unser Vertrauen gesetzt haben, bricht; Mitarbeiter ermüden oder wenden sich von uns ab; Miriams und Aarons sterben – aber Gott bleibt. Und wenn unser Herz mit dem lebendigen Gott erfüllt und unser Auge auf Ihn gerichtet ist, so brauchen wir nichts zu fürchten. Wenn wir sagen können: „Der Herr ist mein Hine“, so können wir auch mit aller Gewissheit hinzufügen: „mir wird nichts mangeln ... Güte und Huld werden mir folgen alle die Tage meines Lebens.“ Die Hilfsquellen des Herrn sind ganz und gar unerschöpflich. Er kann ein Herz, das Ihm vertraut, nie beschämen. Lasst uns stets daran gedenken! Es erfreut das Herz Gottes, wenn wir von Ihm und seiner Gnade einen ausgiebigen Gebrauch machen. Nie wird es Ihm zu beschwerlich, nie ermüdet Er, die Bedürfnisse der Seinen zu stillen. Der Weg durch diese Wüste bringt allerdings zum Vorschein, was in uns ist – und das ist heilsam für uns – aber er offenbart auch, was in Gott ist für uns.

Der Mensch möchte lieber in dem Land der Finsternis und des Todes bei den Fleischtöpfen sitzen, als mit Gott durch die Wüste wandern und das Brot aus dem Himmel essen.

Die Not und das Elend des Menschen haben stets der Gnade und dem Erbarmen Gottes Gelegenheit gegeben, sich zu entfalten. Als Israel murrte, war der tätliche Biss der feurigen Schlangen die Antwort. Sobald es aber seine Sünde bekannte, trat die Gnade Gottes in Wirksamkeit und verschaffte in der ehernen Schlange ein untrügliches Heilmittel.

Balak würde gerne das Volk Gottes verflucht haben, aber, Gott sei gepriesen! Er erlaubt niemandem, seine Geliebten und teuer Erkauften anzutasten. Er selbst mag mit ihnen im Stillen über manche Dinge zu verkehren haben, aber Er wird niemandem erlauben, auch nur seine Zunge gegen sie zu spitzen. Vielleicht muss Er sie auf viele Dinge in ihrem Wandel aufmerksam machen, die nicht mit seiner Natur in Übereinstimmung sind, vielleicht sie züchtigen und schwere Wege führen, aber nie wird Er es einem anderen erlauben, wider seine Auserwählten Anklage zu erheben. Er selbst ist es, der da rechtfertigt; wer will verdammen?

Es handelt sich nicht so sehr darum, was der Feind über das Volk Gottes denkt, oder was sie über sich selbst und über einander denken. Die über alles wichtige Frage ist vielmehr die: Was denkt Gott über sie? Gott kennt uns vollkommen, mit Ihm allein haben wir es zu tun; und deshalb können wir in der triumphierenden Sprache des Apostels sagen: „Wenn Gott für uns ist, wer wider uns?“

Wir dürfen nie unsere Stellung vor Gott nach unserem praktischen Zustand messen, sondern haben vielmehr stets unseren Zustand nach der Stellung zu beurteilen, in welche Gott uns gebracht hat. Sobald wir beginnen, wegen unseres praktischen Zustandes niedriger von unserer Stellung zu denken, als Gott sie uns in seinem Wort zeigt, machen wir jeden Fortschritt im geistlichen Leben unmöglich.

Wenn ich das Volk Gottes „von der Höhe des Gebirges“ herab betrachte, so sehe ich es so, wie Gott es sieht, nämlich bekleidet mit all der Annehmlichkeit Christi, vollendet in Ihm, angenommen in dem Geliebten. Und das wird mich befähigen, mit ihnen voranzugehen, mit ihnen Gemeinschaft zu pflegen und mich über ihre Mängel und Gebrechen, ihre Schwachheiten und Fehler zu erheben.

Christus sollte stets den Gegenstand und Inhalt unserer Anbetung bilden, und Er wird dies tun in demselben Verhältnis, als wir uns durch den Geist Gottes leiten lassen. Das Herz weiß davon zu erzählen, wie oft es leider anders bei uns ist. Wie oft ist, sowohl in der Versammlung, als auch in dem Kämmerlein, das Herz beschwert und trocken, die Anbetung schwach und gehindert! Woher kommt das? Ach, wir sind beschäftigt mit uns selbst, anstatt mit Christus; und der Heilige Geist, anstatt fähig zu sein, sein Werk zu tun, d. h. von den Dingen Christi zu nehmen und uns mitzuteilen, ist gezwungen, uns mit uns selbst zu beschäftigen im Selbstgericht, weil unsere Wege nicht in Übereinstimmung waren mit unserer Berufung.

Es gibt nichts, was das Herz bedürfen könnte und was es nicht fände in Jesu. Verlangt es nach aufrichtigem Mitgefühl? Wo könnte es dasselbe finden, wenn nicht in Ihm, der seine Tränen mit denen der betrübten, ihres geliebten Bruders beraubten Schwestern zu Bethanien vermischte? Sehnt es sich nach dem Genuss einer innigen Zuneigung? Wo gäbe es eine Liebe wie in jenem Herzen, das auf Golgatha im Tod brach? Sucht es den Schutz einer wirklichen Macht? Es braucht nur auf den zu blicken, der die Welten gemacht hat. Fühlt es das Bedürfnis nach einer nie irrenden Weisheit? Es kann sich getrost an Ihn wenden, der uns von Gott zur Weisheit gemacht ist. Mit einem Wort, wir haben alles in Christus.

Beten und Pläne machen kann nie zusammengehen. Tue ich das letztere, so stütze ich mich mehr oder weniger auf meine Pläne. Wenn ich aber bete, so sollte ich mich ausschließlich auf Gott stützen. Aber nicht eher werde ich an das Ende meiner Pläne kommen, bis ich an dem Ende meines eignen Ichs angelangt bin.

Es ist so überaus köstlich, sich von einem abhängig zu wissen, der seine Freude darin findet, uns unaufhörlich zu segnen. Indes ist es etwas anderes, auf Gott zu vertrauen, wenn ich den Kanal vor Augen habe, durch welchen die Segnung fliehen soll, als wenn alle Kanäle verstopft zu sein scheinen.

Gott wünscht Wirklichkeit zu sehen, und wo Er sie findet, da ehrt Er sie. Er will nicht, dass wir in seinen Segnungen, sondern dass wir in Ihm selbst ruhen.

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