Gedanken über das Zusammenkommen der Gläubigen
Botschafter des Heils in Christo 1883

Gedanken über das Zusammenkommen der Gläubigen - Teil 4/4

Es gibt also eine persönliche Gemeinschaft der Seele mit dem Herrn und mit Gott; man wandelt mit Ihm. Das aber schließt durchaus nicht die gemeinsame Gemeinschaft aus, wie geschrieben steht: „Auf dass auch ihr mit uns Gemeinschaft habt, und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“; und weiterhin: „So haben wir Gemeinschaft miteinander“ (1. Joh 1,3.7). Diese Gemeinschaft wird aber nicht aufrecht gehalten und bezeugt, wenn man sich voneinander absondert. Wo aber könnten wir sie besser und völliger verwirklichen, als bei dem zusammenkommen im Namen Jesu und an dem Tisch des Herrn? Jesus erschien zwar nach seiner Auferstehung auch einzelnen Personen, und dies war köstlich für sie, allein erst in dem Augenblick, als die Seinen in Schwachheit versammelt waren, kam Er in ihre Mitte, um ihnen seine Gaben: Friede, Freude und den Heiligen Geist, mitzuteilen und sie als seine Zeugen in die Welt zu senden (Joh 20,19–23). Also fügt der sich vereinzelnde Christ sich selbst Schaden zu und geht einer kostbaren Segnung verlustig.

Andererseits muss die Gemeinschaft unter einander der Wahrheit entsprechend sein, denn sie entspringt aus der Tatsache, dass wir Gemeinschaft mit Gott haben und in dem Licht wandeln, gleich wie Er selbst in dem Licht ist (1. Joh 1,7). Wir haben daher zu unterscheiden, ob eine Zusammenkunft wirklich „im Namen des Herrn“ geschieht, und ob das, was Er ist, dabei festgehalten wird. Wir dürfen nicht unter dem Vorwand der Gemeinschaft und der Liebe uns mit irgendetwas verbinden, was die Wahrheit und infolge dessen auch die Ehre des Herrn verletzt. Denn dies hieße nicht Gemeinschaft mit Gott haben im Licht. Bevor wir an einem „Tische“ Platz nehmen, müssen wir uns fragen, ob die Autorität des Herrn dort praktisch anerkannt wird; denn es ist unmöglich, an einem Tisch teilzunehmen, getrennt von denen, die sich, an demselben befinden – man macht sich ja eins mit ihnen (1. Kor 10,18). Das Brot und der Wein, welche man mit einander nimmt, sind in der Tat das innigste Zeichen der Gemeinschaft. Damit soll nicht gesagt sein, dass ich als Christ nicht mit anderen Christen eine gewisse Gemeinschaft Pflegen könne, obwohl ich ihnen in ihre Versammlung nicht folgen kann. Sie zu lieben mit brüderlicher Liebe, ist mein hohes köstliches Vorrecht, aber es muss in der Wahrheit geschehen, wenn es anders dem Willen des Herrn entsprechen soll. Wenn ferner ein Christ in Unwissenheit mit einem Tisch verbunden ist, an welchem die Rechte des Herrn praktisch nicht anerkannt werden, so Zweifel ich nicht daran, dass er dort persönlich den Segen genießen kann, der mit der Feier des Gedächtnismahles des Herrn verknüpft ist. Der Herr antwortet seinem Glauben. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass der Christ nicht zur Unwissenheit berufen ist. Der Apostel sagt vielmehr: „Wachst in der Erkenntnis und in der Gnade des Herrn Jesus Christus.“ Auch müssen wir uns wohl hüten, dass wir nicht unter dem Vorwand der Unwissenheit unseren eigenen Willen verbergen; (ich habe vorhin von solchen gesprochen, denen das Licht des Wortes über den vorliegenden Gegenstand noch nicht vorgestellt worden ist) Endlich gibt es, außer jenem persönlichen Genuss, den man am Tisch des Herrn haben kann, noch denjenigen, welcher mit der Gegenwart Jesu in einer Zusammenkunft in seinem Namen verbunden ist – eine verlorene Freude für alle, die sich absondern.

Um noch einmal auf den Tisch selbst zurückzukommen, so gibt es nur einen einzigen Tisch „des Herrn“ für alle die seinigen, obwohl dieser eine Tisch an verschiedenen Orten seinen lokalen Ausdruck finden mag in den im Namen Jesu gebildeten Versammlungen. Hieraus folgt, dass, wenn wir an einem Ort an einem solchen Tische teilnehmen, wir auch an jedem anderen, auf demselben Grund errichteten Tische teilhaben, wo sich derselbe auch befinden möge. Und es gibt nur einen Tisch, weil es nur ein Brot, nur einen Leib, einen Geist, einen Herrn, sowie nur einen wahren Grund des Zusammenkommens gibt.

Die Tatsache, dass es in diesen Tagen des Verfalls für die Heiligen, für die Kinder Gottes, einen solchen Grund des Zusammenkommens nach dem Wort und den Gedanken Gottes gibt, ist so köstlich und von solcher Tragweite, dass ich noch ein wenig in einige sich eng daran knüpfende Folgerungen eingehen möchte. Wenn sich an einem Ort eine Anzahl von Christen, geleitet durch das Wort und den Geist Gottes, von den mannigfaltigen religiösen Systemen menschlicher Erfindung oder von den großen Anstalten, die in den verschiedenen Ländern sich anmaßen, die rechtmäßige Fortsetzung der ursprünglichen Kirche zu sein, getrennt haben, und „im Namen Jesu“ zusammenkommen, in dem Sinn, wie wir es soeben besprochen haben, so bilden sie daselbst eine Versammlung. Man kann jedoch nicht sagen, dass sie die Versammlung Gottes an jenem Ort ausmachen. Ein solcher Ausdruck war vielleicht passend zu einer Zeit, als die Versammlung an einem Ort noch den lokalen Ausdruck von der ganzen Versammlung bildete, deren Einheit damals äußerlich sichtbar war (vgl. 1. Kor 1,2; 10,32; 2. Kor 1,1). Er würde aber in einer Zeit des Verfalls und der Verwirrung, wie die gegenwärtige, durchaus unpassend sein, selbst dann, wenn sich alle wahre Christen an einem Ort „im Namen Jesu“ versammelten. Eine solche Versammlung aber, so gering die Zahl derer, welche sie bilden, und so groß ihre Schwachheit auch sein mögen, ist eine Versammlung Gottes insofern, als sie auf dem Boden steht, welchen uns das Wort angibt. Beachten wir ferner, dass die auf das Haus Gottes bezüglichen Grundsätze nicht dadurch ihre Anwendbarkeit verloren haben, dass durch die Untreue des Menschen der Verfall tatsächlich herbeigeführt worden ist. Jene Grundsätze bestehen fort, um uns in einer im Namen Jesu gebildeten Versammlung zu leiten.

Wenn sich nun solche Versammlungen an verschiedenen Orten in Unterwürfigkeit unter das Wort gebildet haben, wie dies durch die Gnade des Herrn in den letzten Jahren wirklich geschehen ist, dürfen sich dieselben dann als unabhängig voneinander betrachten? Darf jeder einzelne sich absondern und sagen: Was anderswo geschieht, geht mich nichts an? Keineswegs. Wir können uns in dem Zeugnis, das wir ablegen, ebenso wenig allein stellen, als wir uns von dem Verfall, in dessen Mitte das Zeugnis abgelegt wird, ausschließen können. Allein beachten wir wohl, dass diese Abhängigkeit oder gegenseitige Verbindlichkeit der Versammlungen nicht die Folge irgendeiner Übereinkunft oder Organisation ist, noch auch eine menschliche Organisation nötig macht; sie geht einzig und allein aus der Wahrheit selbst hervor und kann nur auf den Grundsätzen derselben beruhen.

Der Boden, auf dem man sich versammelt, ist der nämliche. Man steht auf demselben als Glieder des einen Leibes, um demselben Herrn zu gehorchen; derselbe Geist ist es, der da sammelt, und derselbe Tisch vereinigt alle diejenigen, welche so versammelt sind, um an demselben Brote teil zu nehmen, wenngleich an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Völkern. Wie könnten nun diese Versammlungen voneinander unabhängig sein? Dies zu behaupten, würde heißen, sich von dem einen Herrn und dem einen Geist unabhängig erklären. Die innigste Gemeinschaft verbindet die einzelnen Versammlungen miteinander, so dass der Apostel sagen kann: „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit“ (1. Kor 12,26). Dass Paulus an dieser Stelle nicht bloß an ein Glied der Versammlung zu Korinth denkt, sondern vielmehr an ein Glied des Leibes Christi im Allgemeinen, geht klar aus dem 12. Verse desselben Kapitels hervor. Würde man die Einheit des Geistes bewahren und die Worte verwirklichen: „wir sind alle zu einem Geist getränkt“, wenn man die Versammlungen für unabhängig erklären wollte? Eine solche Unabhängigkeit wäre die Verleugnung all der Wahrheiten, welche wir oben behandelt haben und welche sämtlich auf die Tatsache unseres Zusammenkommens im Namen Jesu Bezug haben. Er ist „die Wahrheit“, Er ist „der Wahrhaftige.“ Dürfte man behaupten, in seinem Namen versammelt zu sein, wenn man die Wahrheit nicht festhielte?

Auch ist Jesus „der Heilige“, und nur insofern wir diesem seinem Charakter entsprechen, können wir in seinem Namen versammelt sein und an seinem Tisch teilnehmen. Diese Tatsache hat ohne Zweifel zunächst eine persönliche Folge in Betreff des Tisches: „Der Mensch aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch.“ Diese Prüfung, welche ein jeder von uns an sich selbst vorzunehmen hat, soll uns nicht veranlassen, uns von dem Abendmahl fern zu halten; im Gegenteil. Das Fleisch will uns allerdings einflüstern, es sei richtig, wenn wir gefehlt haben, von dem Tisch des Herrn fern zu bleiben. Allein was würde das anders heißen, als die Sünde annehmen und das Bekenntnis von dem Wert des Todes Christi fallen lassen? Vielmehr sollen wir uns selbst prüfen und dann zum Tisch des Herrn gehen. Auf diese Weise werden die Rechte des Todes Christi in unserem Gewissen von neuem zur Geltung gebracht – denn alles ist in diesem Tod vergeben und gesühnt – und wir gehen zum Tisch des Herrn, um diese Rechte als den Beweis der unendlichen Gnade anzuerkennen. Ebenso wenig sollen wir uns von dem Tisch des Herrn aus dem Grund fernhalten, weil jemand, unseres Erachtens nach, sich gegen uns vergangen hat. Für solche Fälle hat das Wort ebenfalls Vorsorge getroffen (vgl. Mt 18,15ff; Kol 3,13).

Allein diese Frage hat nicht nur eine persönliche Seite. Die Heiligkeit, welche die Person Christi charakterisiert, muss auch durch die Versammlung, als solche, an seinem Tisch aufrechterhalten werden. Wenn es in Bezug auf den Wandel des Einzelnen heißt: „Ein jeglicher, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit“, sollte dann nicht dieselbe Trennung von dem Bösen auch die Versammlung derer charakterisieren, welche im Namen des Herrn zusammenkommen? „Seid nicht in einem verschiedenen Joch mit Ungläubigen ... sondert euch ab, und rührt Unreines nicht an“ (2. Kor 6). Dieser durch das Wort aufgestellte Grundsatz ist sicherlich auch auf die Versammlung und auf den Tisch des Herrn anzuwenden. Die Versammlung hat von dem Herrn die nötige Autorität empfangen, um das Böse zu richten und sich von demselben zu reinigen. „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“, ermahnt der Apostel (1. Kor 5,13).

Wer ist nun dieser „Böse?“ Kann nur der „böse“ genannt werden, welcher in eine der in genanntem Kapitel aufgezählten Sünden gefallen ist? Offenbar nicht, denn dann würde ein Mörder am Tisch des Herrn bleiben können. Der Böse ist derjenige, welcher der Natur und dem Willen Gottes zuwiderhandelt. Die schlimmste und bedenklichste Art des Bösen nun ist nicht das, was unsere Gefühle als Menschen verletzt und schon von der Welt verurteilt werden sollte, sondern das, was die Wahrheit, die Herrlichkeit und die Rechte Christi antastet. Wir haben uns nicht allein von der Befleckung des Fleisches, sondern auch von derjenigen des Geistes zu reinigen. „Böse“ in dem Sinn der Schrift, ist nicht allein derjenige, welcher in grobe Sünden fällt, sondern auch der, welcher sich durch den Irrtum verführen lässt und darin beharrt. Die im Namen Jesu versammelt sind, haben sich vom Bösen zu reinigen, indem sie „den Bösen“ aus ihrer Mitte hinaustun; wie würden sie sonst dem Charakter dessen entsprechen, der „heilig“ und „wahrhaftig“ ist?

Die Tatsache, dass die Kirche oder Versammlung im Verfall ist und nicht mehr dasteht, wie in den Tagen des Apostels Paulus, kann unsere Verpflichtung, einem aus der göttlichen Natur selbst hervorgehenden Grundsatz zu gehorchen, nicht schwächen. Wir können nicht in Gemeinschaft mit Gott sein, wenn wir das Böse dulden. Könnten wir, wenn wirklich versammelt im Namen Jesu, einem tatsächlichen, erkannten Bösen in unserer Mitte zu weilen erlauben? Wir stehen auf keinem anderen Boden, als die Versammlung zu Korinth damals stand. Der Zustand des allgemeinen Verfalls, in dessen Mitte die „zwei oder drei“ – wenn wirklich treu – ein Zeugnis sind, erfordert im Gegenteil ein umso treueres und strengeres Festhalten an dem Wort. Werfen wir z. B. einen Blick auf die armen Juden, welche einst unter Esra und Nehemia in ihr Land zurückkehrten. Was charakterisierte sie in ihrem Verfall und in ihrer Schwachheit? Das Festhalten am Wort Gottes und die völlige Trennung von dem Bösen. Sie taten diejenigen hinaus, welche sich durch unerlaubte Ehen verunreinigt hatten, ja, sie schlossen alle von dem Priestertum aus, welche ihr Geschlechtsregister nicht aufzuweisen vermochten.

Die Versammlung hat also die Pflicht, sich von dem Bösen zu reinigen. Auch hat sie die Autorität dazu, so gering die Zahl derer auch sein mag, welche sie bilden. Bestände sie auch nur aus zweien oder dreien – sie hat Macht, zu binden und zu lösen. Was ist denn die Quelle dieser Autorität? Zunächst der Herr selbst, welcher gesagt hat: „Was irgend ihr auf Erden binden und lösen werdet, wird im Himmel gebunden oder gelöst sein“, und dann die Tatsache, dass Er gegenwärtig ist inmitten derer, die in seinem Namen versammelt sind. Es handelt sich für die Versammlung durchaus nicht um Unfehlbarkeit, sondern um Unterwürfigkeit unter das Wort des Herrn, welcher der Versammlung Berechtigung und Autorität verleiht. Er ist treu, und wenn sich eine Versammlung, die in seinem Namen zusammenkommt und in Unterwürfigkeit unter das Wort nach seiner Verherrlichung trachtet, in die Notwendigkeit versetzt steht, zu binden oder zu lösen, oder einen Beschluss zu fassen, so darf und soll sie auf die Treue des Herrn rechnen, sowie auf seine verheißene Gegenwart in ihrer Mitte und auf die Gegenwart und Wirksamkeit des Heiligen Geistes, dass derselbe sie bei dem zu fassenden Beschluss leiten werde. Dies leugnen oder in Frage stellen, heißt nichts anderes, als die Wirklichkeit der Verheißung Jesu in Zweifel ziehen oder gar leugnen.

Bevor wir weitergehen, möchte ich noch eins bemerken. Wir befinden uns nicht allein inmitten des Verfalls, sondern auch in großer Schwachheit. Daher kann es vorkommen, dass eine Versammlung in der Erkenntnis und Verurteilung des Bösen langsam ist, und dass alles, was sie tut, unter mancherlei Fehlern geschieht. Was hat nun ein Glied einer solchen Versammlung zu tun, wenn es das Böse erkennt, bevor die Versammlung darüber beunruhigt ist? Soll sich ein solcher von der Versammlung oder von dem Tisch des Herrn trennen? Nein; er kann sich an den Schuldigen wenden, ihn persönlich zurechtweisen und warnen und, wenn er nicht hören will, ihn meiden und sich von ihm fernhalten (vgl. Tit 3,10–11; Röm 16,17; 2. Thes 3,6). Was die Versammlung anbetrifft, so hat er Geduld und Langmut zu üben und auf Gott zu harren, dass Er auf die Herzen und Gewissen wirken möge, um sie hinsichtlich des Bösen aufzuwecken. Es mag und wird für ihn ohne Zweifel nicht ohne Schmerz abgehen, allein es ist gut, auf Gott zu harren, und der Herr ist treu und wird alle, die zu Ihm emporblicken, nicht beschämen. Paulus trennte sich nicht von den Korinthern, er ermahnte sie; und wir sehen, wie auch der Herr voll von Geduld ist gegen die Versammlungen, selbst wenn sie sich in dem traurigsten Zustand befinden mögen (vgl. 1. Kor 5; Off 2,8).

Indem wir jetzt auf den Fall zurückkommen, dass eine Versammlung einen Beschluss gefasst hat, so erhebt sich die Frage: Was sollen die übrigen Versammlungen tun, die sich auf demselben Boden versammeln, wie jene, und mit ihr an demselben Tische Gemeinschaft haben? Die Antwort ist einfach: Sie haben den gefassten Beschluss anzuerkennen. Dürfen sie nicht darauf rechnen, dass der Herr auch jene bewahrt und geleitet haben wird, welche, in seinem Namen versammelt, zu einem Beschluss gekommen sind? Und wenn dies der Fall ist, sollen sie dann nicht in Unterwürfigkeit und Vertrauen – nicht gegen eine Versammlung, sondern gegen den stets treuen Herrn – den gefassten Beschluss anerkennen, als einen solchen, der Ihm selbst entspricht und seine Billigung findet? Es mag sein, dass es dabei Schwachheiten gegeben hat und manche Fehler begangen worden sind. Ach, woran könnte der Mensch seine Hand legen, ohne Fehler aller Art zu begehen? Wollte man aber stets die Fehler in den Vordergrund stellen, um auf diese Weise den gefassten Beschluss zu entkräften, so würde man dadurch nicht nur die Ausübung jeder Tätigkeit, sich von dem Bösen zu reinigen, unmöglich machen, sondern auch tatsächlich die Gegenwart des Herrn inmitten derer, die in seinem Namen versammelt sind, sowie die Gegenwart des in der Versammlung wirkenden Heiligen Geistes leugnen. Der Herr hat verheißen, in der Mitte der „Zwei oder drei“ zu sein, welche in seinem Namen versammelt sind; Er hat ihnen Autorität gegeben, zu binden und zu lösen. Ist es nun nicht eine sehr ernste Sache, die Anerkennung dessen, was in jener Gegenwart und mit jener Autorität geschehen ist, unter dem Vorwand der etwa begangenen Fehler zu verweigern? Könnte man nicht ebenso gut einem Menschen, der sich vergeht – und „wir alle straucheln oft“ – die Wirklichkeit seines Christentums, seine Verbindung mit Christus durch den innewohnenden Heiligen Geist und seine Gotteskindschaft abstreiten? Einen Versammlungsbeschluss verwerfen heißt nichts anders, als die Einheit des Geistes außer Acht lassen; ihn anerkennen, heißt, diese Einheit und das Vertrauen zu dem Herrn bewahren. Gepriesen sei sein Name! Er hat uns nicht berufen, Tatsachen zu untersuchen, die außer unserem Bereich liegen, um aufs Neue eine Entscheidung zu treffen, welche bereits von denen getroffen worden ist, welchen der Herr selbst die zu entscheidende Frage vorgelegt hat; sondern Er gibt uns die Versicherung, dass Er in ihrer Mitte ist. Wir werden ermahnt, „einander unterwürfig zu sein in der Furcht Christi.“ Möchten wir uns befleißigen, diese Ermahnung des Geistes zu befolgen und uns hüten, unser persönliches Urteil über das Urteil derer zu stellen, welche im Namen Jesu versammelt sind, und welchen Er seine Gegenwart zugesagt hat! Möchten wir vor allem bewahrt bleiben, was uns von der Unterwürfigkeit gegen den Herrn, von der Abhängigkeit von Ihm und von dem Vertrauen zu Ihm ableiten will!

Unser teurer Herr und Heiland hat also inmitten des Verfalls, der Verwirrung der menschlichen Systeme und der Bemühungen des Feindes, jedes Zeugnis von der Wahrheit in den schweren Zeiten zu zerstören, in seiner Gnade einen einfachen Weg für die Einfältigen bereitet. Und wie bisher, so wird Er auch fernerhin die bewahren, welche einfältig auf Ihn blicken, als auf den Heiligen und den Wahrhaftigen, der da öffnet und niemand schließt, und schließt und niemand öffnet! Sie dürfen in Frieden das Glück genießen, sich auf einem Boden versammelt zu finden, von welchem das Ich, die natürliche Unabhängigkeit, ausgeschlossen ist, weil Jesus, trotz all ihrer Schwachheit, da ist mit der ganzen Gnade, Autorität, Vortrefflichkeit und Allgenügsamkeit seiner gesegneten Person. Auch dürfen sie, als Glieder des einen Leibes, getauft mit einem Geist und gesetzt an einen Tisch, das Glück einer wirklichen Gemeinschaft genießen. Ist das nicht der einzig wahre, passende Boden des Zusammenkommens für alle, welche durch Christus errettet, mit Ihm gestorben und auferstanden sind, und für die das Alte vergangen und alles neu geworden ist? Wenn es sich um uns als einzelne Personen handelt, so erkennen wir nach dem Wort an – und wir sind glücklich, dies zu tun – dass es mit dem alten Menschen, mit dem Ich aus ist, dass nicht mehr wir leben, sondern Christus in uns. Sollten wir denn, wenn es sich darum handelt, versammelt zu sein zum Dienst und zur Anbetung unseres Gottes und Vaters, wünschen, einer anderen Regel zu folgen und das „Ich“ wieder aufleben zu lassen? „Im Namen Jesu“, Jesus „in der Mitte“, das ist das Passende für den Tag des Verfalls und zugleich das Passende für den neuen Menschen. Lasst uns Acht haben, dass wir nicht in „unser Zusammenkommen“ die Anmaßungen und die Unabhängigkeit des alten Menschen hineintragen!

O, möchten wir dieses zusammenkommen im Namen Jesu hochschätzen als das einzig Wahre, durch Ihn selbst Angeordnete! Möchten wir durch den Glauben und in der Kraft des Heiligen Geistes, wenn wir also versammelt sind, seine Gegenwart unter uns verwirklichen, indem wir einmütig sind, eines Sinnes, dieselbe Liebe haben (Phil 2,2), da wir ja ein und denselben Gegenstand für unsere Herzen besitzen, Jesus selbst, auf welchen ein und derselbe Geist unsere Gedanken und Zuneigungen richtet!

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