Botschafter des Heils in Christo 1872

Der Brunnen zu Bethlehem

„Und David hatte ein Gelüst und sprach: O dass man mich mit Wasser tränkte aus dem Brunnen zu Bethlehem, der im Tor ist!“ – Und dieses Verlangen Davids wurde durch drei Helden aus jener tapferen Schar gestillt, die ihn in der Höhle Adullam umringte. „Da brachen die drei Helden durch ins Lager der Philister und schöpften Wasser aus dem Brunnen zu Bethlehem, der im Tor ist, und trugen und brachten es zu David.“ – David hatte keinen Befehl dazu gegeben; er hatte nur einen Wunsch ausgesprochen. Jedoch hierdurch ward den drei Männern eine Gelegenheit geboten, ihre Zuneigung und Liebe zu ihm zu zeigen. Wäre ein Befehl gegeben worden, so hätte nur blinder Gehorsam ans Licht treten können; weil aber ein bloßer Wunsch ausgesprochen war, so konnte sich die Liebe für den verworfenen König offenbaren.

Die drei Helden werden indessen sicher nicht daran gedacht haben, dass die Handlung ihrer Anhänglichkeit und Liebe in das ewige Buch Gottes aufgezeichnet und von Taufenden gelesen werden würde. O nein; ihre Herzen waren mit David beschäftigt; sie setzten ihr Leben aufs Spiel, um ihn zu erfreuen und seinen Geist zu erquicken. Hätten sie gehandelt, um sich einen Namen oder Platz zu erwerben, dann würde ihre Handlung aller Schönheit beraubt gewesen sein. Aber nein, die Liebe zu David war ihr einziger Beweggrund; und sie lieferten den Beweis, dass er ihrem Herzen teurer war, als ihr eigenes Leben. Sie vergaßen alles über dem Dienst, den sie dem König erwiesen; der duftende Wohlgeruch dieses ihres Opfers stieg zu dem Thron Gottes empor, und ihr Liebeswerk fand einen Platz in dem heiligen Buch und wird darin solange glänzen, als dieses Buch besteht.

O wie sehr sollten wir nach einer ähnlichen Gesinnung gegenüber dem wahren David trachten! Wahrlich, wir bedürfen der völligsten Hingebung als eine Frucht der Liebe Christi. Wir dürfen nicht im Blick auf eine Belohnung, auf eine Krone, oder auf einen Ehrenplatz unseren Dienst verrichten, obwohl wir völlig überzeugt sein dürfen, dass der Herr unsere Mühe nicht vergessen wird. Ist das Auge auf die Belohnung gerichtet, dann stehen wir nicht auf dem rechten Platze. Ein solcher Dienst ist mangelhaft. Wir müssen uns mit dem Herrn und seiner Liebe beschäftigen, dann wird die Liebe uns dringen, Ihm zu dienen und für Ihn zu leben. Jesus muss den ersten und vornehmsten Platz in unserem Herzen einnehmen, dann werden die guten Werke von selbst folgen. Sie sind dann eine Frucht der Liebe Gottes, die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen ist. – O möchten wir uns doch gänzlich dem Dienst des Herrn widmen und uns ganz und gar mit allem, was wir sind und haben. Ihm übergeben! Wie hat's die Seele doch so gut,

die sich dem Herrn ergibt,

die nichts mehr will und nichts mehr tut,

als dass sie Jesus liebt! Still wandelt sie an seiner Hand,

ein selig Kind des Lichts;

das Antlitz hin zu Ihm gewandt,

und scheut und fürchtet nichts. Sie zieht mutig ihre Bahn,

mit Ihm wird nichts zu schwer;

durch Kampf und Leid geht's himmelan,

sie weiß, Er liebt so sehr.

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