Die Versammlung und Israel
Vorbilder im Alten Testament

Aaron und seine Söhne

Die Versammlung und Israel

„Und du sollst deinen Bruder Aaron und seine Söhne mit ihm, aus der Mitte der Kinder Israel, zu dir herzutreten lassen, um mir den Priesterdienst auszuüben: Aaron, Nadab und Abihu, Eleasar und Ithamar, die Söhne Aarons“ (2. Mo 28,1).

In diesem Kapitel kommen wir wieder zu einem Vorbild der Versammlung, das von ganz anderer Art ist. Dieses Mal handelt es sich um eine Gruppe von Personen, und zwar um Aaron und seine Söhne. Gemeinsam geben sie ein Bild der Versammlung als priesterliche Familie ab.

Hintergrund

Gott hatte das Volk Israel aus Ägypten befreit. Es sollte Ihm als eine heilige Nation gehören und ein „Königtum von Priestern“ sein. Im Gesetz vom Sinai wurde das Priestertum genauer definiert und auf eine einzige Familie beschränkt, die Familie Aarons (2. Mo 19,6.8; 28,1). Der Stamm Levi sollte sich um das Heiligtum, das Zelt der Zusammenkunft und seinen Transport kümmern und auf diese Weise die Familie Aarons (die aus dem Stamm Levi kam) unterstützen. Daher sprechen wir vom „aaronitischen“ oder auch „levitischen“ Priestertum.

Die Aufgabe der Priester bestand nicht darin, Erlösung zu bewirken (das Volk war bereits erlöst), sondern dafür zu sorgen, dass die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk aufrechterhalten wurde. Ohne den Priesterdienst wäre es für Gott nicht möglich gewesen, unter seinem Volk zu wohnen. Es hätte keinen Zugang in die Nähe Gottes und keine Anbetung gegeben.

Die Anweisungen über die Einsetzung und den Dienst der Priester waren nicht nur zur Zeit Moses (und in den folgenden Jahrhunderten) von Belang, sondern sie sind auch für gläubige Christen von großem Interesse. Sie liefern eine Menge an Anschauungsmaterial für uns, die wir zu Priestern gemacht worden sind (Off 1,6).

Beim Vergleich zwischen dem „levitischen“ oder „aaronitischen“ Priestertum und dem christlichen Priestertum stoßen wir sowohl auf Parallelen als auch auf Kontraste. Beide gemeinsam helfen zu veranschaulichen, was es für uns bedeutet, Priester zu sein.

Die priesterliche Familie

In den Bibelstellen, die von den Priestern handeln, wird manchmal nur Aaron, der Hohepriester erwähnt, manchmal nur seine Söhne und manchmal beide. Diese Unterscheidung ist wichtig, um die Bedeutung dieser Aussagen über die Priester gut zu verstehen. Sehen wir uns diese drei Fälle kurz an:

  1. Nur Aaron wird erwähnt: Aaron allein ist ein Vorbild auf Christus als den Hohenpriester. In vielen Fällen geht es um Parallelen zwischen Aaron und Christus, in anderen geht es um Gegensätze. In beiden Fällen dient jedoch das Vorbild Aarons dazu, uns etwas davon zu vermitteln, dass wir in Christus einen großartigen Hohenpriester haben (siehe 2. Mo 30,7.10; 3. Mo 16,2; Heb 7,24-28; 8,1.2; 9,11-14).
  2. Nur die Söhne Aarons werden genannt: In solchen Bibelstellen geht es um Aspekte, die nur die Gläubigen betreffen, nicht aber Christus (siehe 3. Mo 21,1-9).
  3. Aaron und seine Söhne werden erwähnt: Hier geht es um ein Bild von der Versammlung als priesterliche Familie. Wir sind als Gläubige eine heilige Priesterschaft, die in Verbindung mit Christus als dem Hohenpriester steht (siehe 2. Mo 28,1).

Christen sind nicht nur – als Einzelpersonen gesehen – Priester (Off 1,6), sondern sie bilden auch gemeinsam eine „Priesterschaft“ (1. Pet 2,5). Es geht also auch um ein kollektives Bild. Dass mit dieser Priesterschaft tatsächlich die Versammlung gemeint ist, geht auch daraus hervor, dass sie in einem Atemzug mit dem geistlichen Haus erwähnt wird:

„… werdet auch ihr selbst als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, zu einer heiligen Priesterschaft“. Die Versammlung, die ein geistliches Haus bildet, ist eine „heilige Priesterschaft“.

Wir stehen also auf solider Grundlage, wenn wir Aaron und seine Söhne als Vorbild auf die Versammlung als neutestamentliche priesterliche Familie betrachten, die mit Christus in Verbindung steht (vgl. auch Heb 3,6; 10,21, wo wir das Haus Gottes als Familie Aarons bilden).

Priestertum – für wenige oder für alle?

Das levitische Priestertum war einer einzigen Familie und damit wenigen Personen innerhalb des Volkes Gottes vorbehalten. Nur sie durften „ihr Priesteramt versehen“. Es war unter Todesstrafe verboten, dass ein Fremder diesen Dienst ausübte (siehe 4. Mo 3,10.38). Sogar der König hatte kein Recht, Priesterdienst auszuüben. Als der König Ussija sich anmaßte, Weihrauch zu verbrennen, widerstand ihm der Priester Asarja mutig, und 80 „tapfere Männer“ mit ihm. „Nicht dir, Ussija, geziemt es, dem HERRN zu räuchern, sondern den Priestern, den Söhnen Aarons, die geheiligt sind zum Räuchern“. Der König Ussija nahm die Zurechtweisung nicht an, sondern wurde zornig. Gott strafte ihn mit Aussatz, sodass Ussija bis zum Tag seines Todes ein Aussätziger blieb (2. Chr 26,18-21).

Das christliche Priestertum dagegen ist ein „allgemeines Priestertum“. Alle gläubigen Christen sind Priester. Dieser Kontrast hat einen tieferen Sinn. Er veranschaulicht, dass es ein sehr hohes Vorrecht ist, Priester zu sein. Priester sind privilegierte Leute. Gott hat uns als Christen auch in dieser Hinsicht reich gemacht. Jeder Gläubige darf zu Gott kommen, mit Ihm Gemeinschaft haben und Ihn anbeten.

Wie kamen Aaron und seine Söhne also dazu, so privilegiert zu sein? Es gibt nur eine Antwort: Sie hatten das Vorrecht nicht verdient, sondern es aus reiner Gnade geschenkt bekommen. In Hebräer 5,4 heißt es ausdrücklich, dass niemand sich das Priesteramt nehmen kann: „Und niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern er wird von Gott berufen wie auch Aaron.“ Nur durch göttliche Ernennung kann man Priester werden.

Es ist herzerwärmend, die Versammlung heute als eine Gemeinschaft zu betrachten, die äußerst bevorrechtigt ist: Sie besteht aus Priestern, die sich in der Nähe Gottes aufhalten und Ihn anbeten können. Wer nicht zu dieser Gemeinschaft gehört – der Versammlung, die aus allen wahren Gläubigen besteht – hat weder das Recht noch die Fähigkeit, Gott ein Opfer zu bringen, das Er annehmen kann. Selbst die Milliardenbeträge der größten (ungläubigen) Wohltäter kann Gott nicht als Opfer annehmen. Aber jedes Kind Gottes kann als Anbeter in die Nähe Gottes kommen und Ihm etwas bringen, an dem Er Freude hat (siehe Abschnitt „Priesterdienst“). Das ist reine Gnade.

Das biblische Christentum kennt also kein „vermittelndes“ Priestertum durch bloße Menschen. Doch was für den unvoreingenommenen Bibelleser offensichtlich erscheint, wurde leider in der Geschichte schnell aus dem Auge verloren. Es dauerte nicht lange und man führte eine Klasse von „Priestern“ ein, die zwischen Gott und „gewöhnlichen“ Gläubigen stehen sollte – ganz im Gegensatz zur Lehre des Neuen Testaments.

Aber auch für diejenigen, die die Wahrheit des allgemeinen Priestertums erkannt haben und festhalten möchten, ergibt sich unmittelbar eine praktische Herausforderung: Ist es uns bewusst, dass wir äußerst bevorrechtigt sind? Und nutzen wir das, um Gott persönlich und gemeinsam anzubeten?

Priesterkleidung

Im zweiten Buch Mose legt Gott die Details der priesterlichen Kleidung (Kapitel 28) und der Priesterweihe (Kapitel 29) fest. Diese beiden Kapitel unterbrechen die Beschreibung des Zeltes der Zusammenkunft, das angefertigt werden sollte:

  • Vor diesen beiden Kapiteln werden die Geräte beschrieben, die Christus darstellen (wie z. B. die Bundeslade).
  • Danach geht es um die Geräte, die nötig waren, um Anbetung zu bringen (z. B. der Räucheraltar).

Dazwischen wird das Priestertum eingeführt, denn ohne dieses gibt es keine Anbetung.

In 2. Mose 28 geht es also um die Priesterkleidung. Dabei fällt auf, dass sich etwa 90 Prozent dieses langen Kapitels mit der Kleidung Aarons befassen und nur wenige Verse mit der Kleidung für seine Söhne. Beide zusammengenommen veranschaulichen sehr schön, was es für uns bedeutet, Priester zu sein und mit Christus, dem Hohenpriester in Verbindung zu stehen.

Die schönen Kleider oder Gegenstände, die ausschließlich von Aaron getragen wurden, waren:

  • Ephod und sein Gürtel (Verse 5–14)
  • Brustschild (Verse 15–30)
  • Oberkleid des Ephods (blau) (Verse 31–35)
  • Blech aus reinem Gold mit der Inschrift „Heilig dem HERRN!“ (Verse 36–38.)

Zusätzlich gab es einige einfache Kleidungsstücke aus Leinen, die sowohl von Aaron als auch von seinen Söhnen getragen wurden:

  • Gewand aus Byssus (Vers 39)
  • Kopfbund aus Byssus (Vers 39)
  • Gürtel in Buntwirkerarbeit (Vers 39)
  • Beinkleider aus Leinen (Vers 42).

Wenn wir die erste Gruppe von Kleidungsstücken – jene, die ausschließlich Aaron gehörten – im Detail ansehen, können wir gut verstehen, dass sie „zur Herrlichkeit und zum Schmuck“ waren (Vers 2). Überraschenderweise wird jedoch von den weitaus einfacheren Kleidungsstücken, die auch von seinen Söhnen getragen wurden, dasselbe gesagt. Auch ihre Kleidung war „zur Herrlichkeit und zum Schmuck“ (Vers 40). Worin lag die Schönheit dieser Kleidungsstücke?

  1. Die Tatsache, dass diese Kleidungsstücke sowohl von Aaron als auch von seinen Söhnen getragen wurden, verband beide miteinander. Die Söhne Aarons standen als Priester mit ihrem Vater in Verbindung. In Vers 41 heißt es ausdrücklich: „Und du sollst deinen Bruder Aaron damit bekleiden und seine Söhne mit ihm“. Gemeinsam würden „sie“, Aaron und seine Söhne, in das Zelt hineingehen und vor den Altar treten (Vers 43). Dadurch wird veranschaulicht, dass wir heute in unserem priesterlichen Dienst „mit Ihm“, mit dem Herrn Jesus, verbunden sind.
  2. Das Material Leinen ist ein Symbol für praktische Reinheit und Gerechtigkeit (siehe Off 19,8). Diese Eigenschaften gehören unserem wahren Hohenpriester im absoluten Sinn (Heb 1,9; 7,26). Für uns ist es eine wesentliche Voraussetzung dafür, unseren priesterlichen Dienst ausüben zu können.
  3. Die Leinenbeinkleider sollten das Fleisch „von den Hüften bis zu den Schenkeln bedecken“ (Vers 42). Fleischliche Aktivität (davon spricht die Sichtbarkeit des Fleisches) und priesterlicher Dienst sind unvereinbar. Der Herr Jesus hatte kein sündiges Fleisch: „In ihm ist keine Sünde“ (1. Joh 3,5). Wir haben es sehr wohl in uns (Röm 7,17) – aber es sollte nicht aktiv werden.

Die Priesterweihe

Auch die Beschreibung der Priesterweihe liefert wertvolle Hinweise in Bezug auf die Versammlung als priesterliche Familie (2. Mose 29). Die Zeremonie beinhaltete:

  • Drei Dinge, die für Aaron und seine Söhne getan wurden, und
  • vier Dinge, die mit ihnen getan wurden.

Für Aaron und seine Söhne

Für die priesterliche Familie mussten drei Opfer gebracht werden:

  1. Ein Sündopfer (Verse 10–14): Priester sind Sünder.1 Nur auf der Grundlage des Sündopfers können sie Priester sein. Für Aaron und seine Söhne musste ein Stier als Sündopfer geopfert werden. Als Christen wissen wir, dass Christus unsere Sünden getragen hat (1. Pet 2,24) und für unsere Sünden gestorben ist (1. Kor 15,3). Das ist die Grundlage. Die Tatsache, dass als Opfer ein Stier gewählt werden musste, spricht von der Größe und dem Wert des Opfers Christi.
  2. Ein Brandopfer (Verse 15–18): Priester können Gott nahen, weil sie in seiner Gunst stehen. Sie sind Leute, die ihre Hände auf den Kopf des Brandopfers (eines Widders) gelegt haben. Als Christen sind wir angenehm gemacht „in dem Geliebten“ (Eph 1,6). Dieses Bewusstsein ist eine weitere Voraussetzung für priesterlichen Dienst.
  3. Ein Friedensopfer (Verse 19–28): Ein zweiter Widder wurde als Friedensopfer dargebracht. Das Blut dieses Widders wurde auf das Ohr, den Daumen und den Fuß Aarons und seiner Söhne aufgetragen (Vers 20). Dieser Teil der Weihung spricht davon, dass wir mit einem Preis erkauft worden sind (1. Kor 6,20). Wir gehören Christus und wir sollten unseren Körper als lebendiges Opfer Gott darstellen (Röm 12,1).

Teile des Widders sowie des dazu gehörenden Speisopfers wurden dann in die Hände Aarons und in die Hände seiner Söhne gelegt (Vers 24). Dieser Teil der Zeremonie veranschaulicht die Bedeutung der Weihe auf wunderschöne Weise (der hebräische Ausdruck 2 bedeutet so viel wie „die Hände füllen“). Diese Elemente wurden dann aus ihren Händen genommen und auf dem Altar als Brandopfer verbrannt, „zum lieblichen Geruch vor dem HERRN“ (Vers 25).

Wir dürfen als heilige Priester „geistliche Opfer“ darbringen, die Gott angenehm sind durch Jesus Christus (1. Pet 2,5).

Aaron und seine Söhne durften „die Dinge essen, wodurch Sühnung geschehen ist, um sie zu weihen“ (Vers 33). Wenn wir über den Tod des Herrn nachdenken, nehmen wir dadurch Nahrung zu uns, die uns befähigt, unseren Dienst als Priester auszuüben.

Mit Aaron und seinen Söhnen

Vier Dinge geschahen mit Aaron und seinen Söhnen am Tag ihrer Weihe:

  1. Sie wurden mit Wasser gewaschen (Vers 4). Nur solche, die „aus Wasser und Geist geboren“ sind (Joh 3,5), können Teil der priesterlichen Familie sein.
  2. Sie wurden bekleidet (Vers 8). Die Kleider stehen für Würde. Auf uns übertragen sprechen sie von unserer Stellung vor Gott.
  3. Sie wurden mit Blut besprengt (Vers 21). Die Besprengung mit dem Blut spricht einerseits von der Grundlage ihrer Beziehung zu Gott und andererseits von Gottes Anrecht an sie.
  4. Sie wurden mit Öl gesalbt (Vers 21; vgl. 2. Mo 40,14.15). Durch diese Salbung wurden sie befähigt, den Priesterdienst auszuüben. Das Öl spricht vom Heiligen Geist, den wir empfangen haben (2. Kor 1,21.22). Der Heilige Geist befähigt uns, echte Anbetung zu bringen (vgl. Joh 4,23.24).

Hier zeigt sich ein interessanter Kontrast zwischen Aaron einerseits und Aaron und seinen Söhnen (gemeinsam betrachtet) andererseits:

  • Aaron wurde mit Öl gesalbt (Vers 7), bevor vom Blut die Rede ist. Wenn es um seine Söhne geht (Vers 21), lesen wir, dass Blut und Öl auf Aaron und seine Söhne gesprengt wurden.
  • Der Herr Jesus wurde mit dem Heiligen Geist gesalbt, bevor das Werk der Erlösung vollendet war. Aber Gläubige können nur aufgrund der Wirksamkeit des Blutes des Herrn Jesus mit dem Geist gesalbt werden. Erst nach dem vollbrachten Werk der Erlösung konnte der Geist in Gläubigen Wohnung nehmen.

Die Priester am Sühnungstag

Auch die Vorschriften über den großen Sühnungstag (3. Mo 16, vgl. 3. Mo 23,26-32) enthalten interessante Hinweise auf die besondere Stellung der priesterlichen Familie. Die Opfer, die für Aaron und seine Söhne gebracht wurden, unterschieden sich von denen, die für das Volk als solches gebracht wurden. Die folgende Tabelle fasst die Hauptunterschiede zusammen:

 

Aaron und sein Haus

das Volk

Sündopfer

ein Stier

zwei Ziegenböcke

Brandopfer

ein Widder

ein Widder

Räucherwerk

beide Hände voll

Die beiden Hauptunterschiede betreffen das Sündopfer und den Weihrauch. Die Bedeutung dieser Unterschiede wird schnell klar, wenn wir bedenken, dass Aaron und seine Söhne für die Versammlung stehen („das Volk“ dagegen für Israel).

Das Sündopfer

Zwei Ziegenböcke

Das Volk bringt zwei Ziegenböcke als Sündopfer, die priesterliche Familie bringt einen Stier. Warum dieser Unterschied? Der erste für das Volk (Israel) präsentierte Bock ist „für den Herrn“ und spricht von Sühnung: Gott ist in der Lage, auf der Grundlage des Werkes Christi Sündenvergebung anzubieten. Der zweite Ziegenbock trägt im Bild gesprochen die Sünden des Volkes in die Wüste. Dies spricht von Stellvertretung: Er hat am Kreuz den Platz derer eingenommen, die sein Werk annehmen (1. Pet 2,24; Mt 20,28). Für Israel gibt es einen Zeitunterschied von mindestens 2000 Jahren zwischen diesen beiden Aspekten:

  1. Als Christus am Kreuz starb, geschah Sühnung für sie.
  2. Israel wird dieses Werk aber erst in der Zukunft annehmen, wenn die gläubigen Juden ihre Sünden bekennen und wiederhergestellt werden (Sach 12,10). Dann wird ihnen bewusst werden, dass der Christus, den sie verachtet und abgelehnt hatten, tatsächlich für sie gelitten hat. Was sie in diesem Moment empfinden werden, wird in Jesaja 53 treffend und eindrucksvoll geschildert. Erst dann kennen sie Christus als ihren Stellvertreter.

Für die Versammlung gibt es keine solche Zeitdifferenz. Schon heute werden beide Segnungen, Sühnung und Stellvertretung, von denen genossen, die die Versammlung bilden.

Ein Stier

Das „Volk“ bringt zwei Ziegenböcke, die priesterliche Familie bringt einen Stier, also ein sehr wertvolles Tier. Dadurch wird angedeutet, dass die priesterliche Familie, die Versammlung, eine höhere Wertschätzung des Opfers Christi hat, als Israel je haben wird. Der Besitz des Heiligen Geistes, der die Dinge Christi nimmt und sie den Gläubigen heute vorstellt, ist ein Vorrecht, das für die Versammlung charakteristisch ist. Der Heilige Geist führt uns zu einer gesteigerten Wertschätzung des Werkes Christi. Es ist nicht unser Verdienst, sondern ein besonderer Segen, der den Gläubigen während der Zeit der Versammlung geschenkt wird.

Räucherwerk

Nur im Fall der priesterlichen Familie lesen wir davon, dass Räucherwerk dargebracht wird (3. Mo 16,12). Die Versammlung bringt Gott Anbetung, die als süßer (lieblicher) Geruch aufsteigt. Der Herr Jesus hat gesagt: „Es kommt aber die Stunde und ist jetzt, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden …“ (Joh 4,23). Diese Stunde, die kommt und „jetzt ist“, spricht von der christlichen Zeit, der Zeit der Versammlung. Was für ein Segen ist es, in der Zeit zu leben, in der Gott auf diese Weise angebetet wird!

Aaron sollte „seine beiden Hände voll wohlriechenden Räucherwerks“ nehmen, wenn er in das Heiligtum ging. „Beide Hände“ – das betont die Menge des Räucherwerks. Gott wünscht nicht weniger als „beide Hände voll“, und die priesterliche Familie heute darf sich ermutigen lassen, mit vorbereiteten Herzen zu Gott zu kommen, bereit, Ihm ein volles Maß der Anbetung zu bringen.

Priesterliche Nahrung

Auch die priesterliche Nahrung hat uns viel zu sagen. Wir nennen hier nur einige Beispiele, bei denen ausdrücklich von „Aaron und seinen Söhnen“ die Rede ist.

Kuchen und Brot ohne Sauerteig

Aaron und seine Söhne durften vom Speisopfer essen (3. Mo 2,3.10; 7,10). Übertragen auf uns als Christen bedeutet das, uns mit dem reinen Leben (das Speisopfer enthielt keinen Sauerteig) des Herrn zu beschäftigen, das Er vollkommen zur Ehre Gottes gelebt hat (daran erinnert der Weihrauch).

Auch die Schaubrote gehörten ihnen (3. Mo 24,9). Christus ist die Nahrung der priesterlichen Familie.

Die Brust des Widders

Die Vorschriften im Gesetz des Friedensopfers enthalten ein weiteres interessantes Detail: Die Brust des Friedensopfers sollte Aaron und seinen Söhnen gehören (3. Mo 7,31). Dieser Vorschrift wird dadurch Nachdruck verliehen, dass sie in Vers 34 noch einmal wiederholt und dort als „ewige Gebühr“ (ein für ewig Bestimmtes) bezeichnet wird.

Weist uns dieser Umstand nicht darauf hin, dass die Versammlung das besondere Vorrecht hat, die Liebe des Christus zu genießen? So betete Paulus im Blick auf die Epheser, dass sie in der Lage sein sollten, „völlig zu erfassen, … mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Höhe und Tiefe sei, und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus“ (Eph 3,18.19).

Priesterdienst

Priester zu sein bedeutete nicht nur Privileg, sondern auch Verpflichtung, und zwar zum Dienst. So heißt es, dass Aaron und seine Söhne „den Priesterdienst ausüben“ sollten (2. Mo 29,44).

Dienst für Gott

An anderen Stellen steht ein wichtiger Zusatz: Sie sollten nicht nur „den Priesterdienst ausüben“, sondern sie sollten Gott darin dienen. Das zeigt das Wort „mir“: „Und du sollst deinen Bruder Aaron und seine Söhne … herzutreten lassen, um mir den Priesterdienst auszuüben“ (2. Mo 28,1.4; 30,30).

Opferdienst

Dieser Dienst umfasste vielfältige Aufgaben. Zentral dabei war die Darbringung von Opfern (3. Mo 1-5). Sie mussten das Blut sprengen, das Holz zurichten, das Opfer auf dem Altar räuchern und das Feuer in Brand erhalten (3. Mo 1,7.8.11; 3,2.5; 6,2).

Dieser Teil des Dienstes erinnert uns daran, dass es Aufgabe der Versammlung ist, als heilige Priesterschaft geistliche Schlachtopfer darzubringen (1. Pet 2,5). Diese Opfer bestehen darin, dass wir anbeten und dabei ausdrücken, welche Vortrefflichkeiten Christi wir erkannt und schätzen gelernt haben. Uns wird versichert, dass solche Opfer Gott gefallen – nicht, weil wir so eloquent (wortgewandt) oder einsichtsvoll wären, sondern weil sie von Christus sprechen.

Die Lampen zurichten

Interessanterweise werden Aaron und seine Söhne ein einziges Mal erwähnt, bevor sie die priesterlichen Kleider bekommen (2. Mo 28) und geweiht werden (2. Mo 29), und zwar in einer Anordnung, die das Olivenöl betrifft, das das Volk bringen sollte:

„Und du sollst den Kindern Israel gebieten, dass sie dir reines, zerstoßenes Olivenöl bringen zum Licht, um die Lampen beständig anzuzünden. Im Zelt der Zusammenkunft, außerhalb des Vorhangs, der vor dem Zeugnis ist, sollen Aaron und seine Söhne sie zurichten vom Abend bis zum Morgen, vor dem Herrn: eine ewige Satzung für ihre Geschlechter vonseiten der Kinder Israel“ (2. Mo 27,20.21).

Das Olivenöl spricht vom Heiligen Geist. Nur durch Ihn kann ein Zeugnis abgegeben werden. Aaron und seine Söhne sollten dafür sorgen, dass die Lampen beständig versorgt waren. Dazu mussten sie Dochte abschneiden und dafür sorgen, dass die Lampen mit Öl versorgt waren, damit diese nicht erloschen.

Sie sollten diese Aufgabe „vom Abend bis zum Morgen“ verrichten, also die ganze Nacht hindurch. Die Versammlung hat die Aufgabe und das Vorrecht, als priesterliche Familie ein Zeugnis für Christus zu sein während der langen Nacht seiner Abwesenheit, bis der Morgenstern erscheint und ein neuer Tag anbricht.

Fazit

Es ist ein gewaltiges Vorrecht, zur priesterlichen Familie zu gehören. Das war schon im levitischen System der Fall, aber es gilt erst recht für Christen. Sie bilden ein heiliges Priestertum. Es macht glücklich, die verschiedenen Details zu betrachten, die sich auf uns als Christen übertragen lassen:

  • Wir sind als Priester geweiht worden.
    • Dazu mussten wir gewaschen (neue Geburt) und bekleidet werden (Stellung vor Gott), und wir mussten mit Blut besprengt (Anwendung des Todes Christi) und mit Öl gesalbt werden (wir haben den Heiligen Geist empfangen).
    • Um alles das zu ermöglichen, war der Tod Christi am Kreuz erforderlich. Davon sprechen die Einweihungsopfer: das Sünd- und Brandopfer und das Friedensopfer.
  • Gott hat uns bekleidet, sodass wir in seiner Gegenwart erscheinen können. Diese Kleidung spricht von der Würde, die wir durch das Opfer Christi bekommen haben. Gleichzeitig zeigt sie, dass wir mit dem Hohenpriester in Verbindung stehen.
  • Als Priester dürfen wir priesterliche Nahrung zu uns nehmen. Das erfolgt durch die Beschäftigung mit dem reinen Leben und dem vollkommenen Opfer Christi. Das befähigt uns, uns in der Gegenwart Gottes aufzuhalten und Ihm den Priesterdienst auszuüben.
  • Unser Dienst als Priester besteht in erster Linie in der Anbetung in Geist und Wahrheit, in der wir dem Vater etwas von den Herrlichkeiten der Person und des Werkes Christi vorstellen.
  • Wir dürfen als Priestertum in der Nacht der Abwesenheit Christi dazu beitragen, dass auf der Erde ein Zeugnis für Ihn besteht.

Die Anweisungen zum levitischen Priestertum wollen uns dazu anregen, unser Vorrecht zu genießen und unseren priesterlichen Dienst auszuüben.

Insgesamt ergibt sich ein wunderschönes Bild: die Versammlung Gottes, gesehen als heiliges Priestertum, das Gott Anbetung bringt und ein Zeugnis für Ihn auf der Erde ist.

Fußnoten

  • 1 Aaron als Person war ein Sünder, unser Hoherpriester (Christus) dagegen war vollkommen sündlos.
  • 2 Der Ausdruck besteht aus den Wörtern „Hand“ und „Füllen“ (jad und mala). Siehe dazu die Anmerkung zu Vers 33 in der „Elberfelder Übersetzung“ (Edition CSV Hückeswagen).
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