Das Buch der Offenbarung

Kapitel 16

Das Buch der Offenbarung

Beim Lesen dieses Kapitels fällt uns die Ähnlichkeit der Gerichte der Zornschalen mit denen der sieben Posaunen auf, obwohl auffallende Unterschiede wahrzunehmen sind. In der Hauptsache erstrecken sie sich auf dieselbe Zeit, aber der dritte Teil der Erde wird hier nicht erwähnt, wie bei den Gerichten der Posaunen. Die Gerichte der Zornschalen scheinen in ihrem  Charakter allgemeiner und nicht auf die römische Erde beschränkt zu sein, wie die Gerichte der Posaunen.

Die vier ersten haben dieselben Gegenstände des Gerichts wie die vier ersten Posaunen. Sie treffen Menschen, die Erde, das Meer, die Ströme und die Sonne. Die fünften und sechsten Gerichte der Zornschalen stimmen wiederum überein mit den Gerichten der fünften und sechsten Posaunen, indem sie gleicherweise das Tier und das Gebiet des Euphrat betreffen. Die siebente führt uns auf jeden Fall bis zum Ende hin, unmittelbar bis vor die Aufrichtung des Reiches Christi. Wir haben Blitze und Donner und ein großes Erdbeben.

In dem ersten Vers ergeht der Befehl an die sieben Engel: „Gehet hin und gießet die sieben Schalen des Grimms Gottes aus auf die Erde“. Zweifellos umfasst die Erde in diesem Verse den ganzen Schauplatz, wo Gott gekannt ist. Sie hatten große Vorrechte genossen, und das Licht hatte in wunderbarer Weise unter ihnen geleuchtet, aber nun war das Licht Finsternis geworden, und die Völker, unter denen Gott gekannt und bekannt war, waren völlig von Gott abgefallen, daher werden sie in Seinem Grimm hingegeben für das Gericht. Die erste Zornschale wird ausgegossen über die Menschen, die in die Schlinge Satans gefallen waren hinsichtlich des gesellschaftlichen und religiösen Bösen. Paulus konnte Timotheus warnen in bezug auf falsche Lehren, dass „ihr Wort um sich fressen würde wie ein Krebs“, ein übel, das frisst und verdirbt, wo es auftritt, und das wird solche kennzeichnen, die einst die Gegenstände des heilsamen Einflusses göttlicher Lehre gewesen waren, jetzt aber falschen Lehren unterlegen sind. Sie weigern sich, sich vor dem Herrn Jesus zu beugen und haben den angenommen, der in seinem eigenen Namen kam. Nun müssen sie ernten, was sie gesät haben.

Der zweite Engel gießt seine Schale aus auf das Meer, auf die Nationen, die ausserhalb der prophetischen Erde sind. An dem Tage, der jetzt kommen wird, wird Judäa der Schauplatz der Offenbarung der Wege Gottes sein, und es wird dann die Erde genannt Das Meer ist die Masse der Völker ausserhalb dieser prophetischen Erde. „Und es wurde zu Blut, wie von. einem Toten, und jede lebendige Seele starb, alles, was in dem Meere war“ (Vers 3), In dem Lebenden ist das Blut das Leben, aber das, was die Aufgabe hatte, das Leben zu ernähren, wird hier der Ausdruck des Todes. Jede lebende Seele in dem Meer starb. Hier handelt es sich wahrscheinlich nicht um leiblichen, sondern um moralischen Tod. Man wird sogar das Bekenntnis aufgeben, dass ein Gott ist, und der Abfall wird zu einem nie geahnten Ausmaß ansteigen.

Beim Ausgießen der dritten Schale werden die Ströme und die Wasserquellen getroffen und werden zu Blut, Es ist richtig gesagt worden, dass die Ströme Völker bezeichnen, die eins von dem anderen geschieden sind, während die Wasserquellen von den Quellen der Wohlfahrt der Völker reden. Alle diese wirkenden Grundsätze nehmen die Form des Todes an. Dem Grundsatz nach können wir dies schon heute in den Ländern des Kommunismus, wie in Russland, wahrnehmen. Man gibt Gott auf und alle Einrichtungen, die durch Gott aufgerichtet sind. Alle Schranken werden fallen gelassen und Sittlichkeit wird in jeder Weise verspottet; können wir uns wundern, dass alle diese Dinge in Finsternis und Tod enden? Das Leben wird für nichts geachtet, und die Menschen sind der Tyrannei und Bedrückung übelster Art unterworfen. Freiheit, welche die Sehnsucht der Völker war, wird durch die übelste Form der Sklaverei verdrängt. Den Menschen wird kein eigenes Denken gestattet, und mit jedem Ausdruck von Widerstand gegen die Führer wird rücksichtslos gehandelt. Solcher Art ist der Geist, der die Völker als Ganzes kennzeichnen wird, sowohl die Mächte im Nordosten als auch die Völker, die das große lateinische Reich bilden werden. Manche werden in ihrer Unwissenheit sagen: „Warum erlaubt Gott einen solchen Zustand der Dinge?“

In den Versen 5–7 wird uns der Grund gezeigt. „Und ich hörte den Engel der Wasser sagen: Du bist gerecht, der da ist und der da war, der Heilige, dass du also gerichtet hast. Denn Blut von Heiligen und Propheten haben sie vergossen, und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben, sie sind es wert.“ Gott wurde als gerecht gesehen in dem Ausgießen Seines Grimms auf die Menschenkinder wegen ihrer Ungerechtigkeit, aber auch als gnädig in Heiligkeit. Er blieb noch, was Er immer gewesen war, der allein Heilige. Heiligkeit ist hier mit Gnade vermischt wie in Kap. 15, 4, und Gott in Seiner barmherzigen Heiligkeit wird gepriesen, bevor die folgenden Zornschalen ausgegossen werden. In bezug auf den Ausdruck „der Engel der Wasser“ finden wir in Kap. 17, 15, dass die Wasser Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen sind, so dass unser Kapitel zeigen will, dass sie durch Gott in Seiner Vorsorge durch den Engel geleitet werden.

Gottes Gerechtigkeit im Gericht über die Nationen sehen wir in Vers 6. „Denn Blut von Heiligen und Propheten haben sie vergossen, und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben; sie sind es wert.“ „Sie sind es wert“, bedeutet einfach, dass sie das Gericht, welches über sie ausgegossen wird, reichlich verdient haben. Sie waren schuldig gewesen des vergossenen Blutes von Heiligen und Propheten, und jetzt suchte Gott sie heim mit gerechter Vergeltung. Sie ernteten, was sie gesät hatten. „Und ich hörte den Altar sagen: Ja, Herr, Gott, Allmächtiger, wahrhaftig und gerecht sind deine Gerichte“ (Vers 7). In Kapitel 6,9 lesen wir, wie Johannes unter dem Altar die Seelen derer sieht, die um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten, geschlachtet worden waren; wir hören den Schrei dieser Seelen: „Bis wann ... richtest und rächst du nicht unser Blut ...?“ Der Altar war Zeuge ihrer Mühsal und Opfer gewesen und rief nun nach Rache wie der Erdboden, der das Blut Abels empfangen hatte, nach Rache schrie. Es ist die Antwort des Altars auf den Ruf des Engels der Wasser und zeigt, dass beide miteinander übereinstimmen.

„Und der vierte goss seine Schale aus auf die Sonne, und es wurde ihr gegeben, die Menschen mit Feuer zu versengen“ (Vers 8). Die Sonne ist das Sinnbild höchster Autorität. Hier wird deutlich angespielt auf die tyrannischen Anstrengungen der dann bestehenden obersten Gewalt, welche offensichtlich einen Despotismus ausübt, welcher schreckliche Leidensproben für solche mit sich bringt, die sich unter seiner bedrückenden Macht befinden. Die Menschen werden fühlen, dass die Hand Gottes sich in diesen Plagen kundtut, aber anstatt sich, zu demütigen und in Busse Ihm die Ehre zu geben, lästern sie vielmehr den Namen Gottes, Der über diese Plagen Gewalt hat. Die Menschen sind langsam, Gottes Barmherzigkeit und die reichen Segnungen zu würdigen, die Er so reichlich über sie ausgießt. Sie wenden sich ab in Bitterkeit und tadeln Gott für jedes und alles, was sie in bezug auf Leiden zu erdulden haben.

„Und der fünfte goss seine Schale aus auf den Thron des Tieres; und sein Reich wurde verfinstert; und sie zerbissen ihre Zungen vor Pein und lästerten den Gott des Himmels“ (Verse 10. 11). Dieses Gericht ist ein vernichtender Schlag für den Thron des Tieres und bewirkt, dass sein Reich mit Finsternis erfüllt wird. Mit dem Tiere selbst ist bis Jetzt noch nicht gehandelt worden, da es für das Gericht von der Hand des Herrn aufbewahrt wird, das Er bei Seinem Kommen ausüben wird. Auch dies bewirkt noch keine Busse, obgleich die Menschen vor Pein ihre Zungen zerbissen. Unter dem Gericht der vierten Zornschale wurde der Name Gottes gelästert, zweifellos durch solche, die zu Seinem irdischen Volke gehörten, aber jetzt lästern sie den Gott des Himmels wegen ihrer Pein und wegen ihrer Geschwüre, und taten nicht Busse von ihren Werken.

„Und der sechste goss seine Schale aus auf den großen Strom Euphrat; und sein Wasser vertrocknete, auf dass der Weg der Könige bereitet würde, die von Sonnenaufgang herkommen“ (Vers 12). Der Euphrat war die östliche Grenze des Landes nach der Verheißung von 1. Mose 15, 18 und bildete die östliche Grenze des Römischen Reiches. Dieser Strom bildete die große Schranke, auf die ohne Zweifel die ständigen Angriffe gerichtet wurden, aber unter der sechsten Zornschale ist diese Schranke weggeräumt und der Weg für den Einfall der Mächte des Ostens geöffnet worden.

„Und ich sah aus dem Munde des Drachen und aus dem Munde des Tieres und aus dem Munde des falschen Propheten drei unreine Geister kommen, wie Frösche“ (Vers 13). Wir haben hier die Dreieinheit des Bösen vor uns, wie vorher schon in Kapitel 12 und 13. Zuerst hatten wir den Drachen, den offenen Widersacher Christi, dann das Tier aus dem Meere und zuletzt den Antichristen, das Haupt der Juden, hier in Kapitel 16 der falsche Prophet genannt. Hier lesen wir: „denn es sind Geister von Dämonen, die Zeichen tun, welche zu den Königen des ganzen Erdkreises ausgehen, sie zu versammeln zu dem Kriege jenes großen Tages Gottes, des Allmächtigen“ (Vers 14). Wenn der Zerstörer das Land wie eine Flut überschwemmen wird, wird die Sammlung der Heerscharen der westlichen Völker stattfinden, um ihnen zu widerstehen. So sehen wir hier, wie die großen Heere in Palästina gesammelt werden, um an dem großen und schrecklichen Kampf jenes Tages teilzunehmen. Vers 16 besagt, dass sie an den Ort versammelt werden, der auf Hebräisch Armagedon heißt.

Aber zwischen den Versen 14 und 16 haben wir eine bemerkenswerte Einschaltung: „Siehe, ich komme wie ein Dieb. Glückselig, der da wacht und seine Kleider bewahrt, auf dass er nicht nackt wandle und man seine Schande sehe“ (Vers 15). Das ist der Charakter, in welchem der Herr Jesus für die Welt kommen wird. Er kommt für die Welt als ein unwillkommener Besucher, plötzlich und überraschend. Es ist nicht die Weise, in welcher Er für den Christen kommt. „Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, dass euch der Tag wie ein Dieb ergreife“ (1. Thess. 5, 4). Das Kommen des Herrn wird für den gottesfürchtigen Überrest der künftigen Tage eine Quelle der Freude sein, denn durch das Gericht über ihre Feinde bringt Er ihnen Befreiung. Eine Glückseligpreisung wird hier ausgesprochen über den, der da wacht und seine Kleider bewahrt. Die Welt wird zu ihrer Beschämung nackt erfunden werden und dem Gericht ausgesetzt sein.

Wir haben dann hier den Namen Armagedon. Das war in alten Tagen der Name eines Hügels, in der Nachbarschaft des Tales Megiddo. Er war der Schauplatz der großen Schlacht, die Barak schlug, dem Gott einen großen Sieg über seine Feinde gab (siehe Richter 5,18). Hier werden das Tier und seine Heere versammelt sein in Widersetzlichkeit gegen den Herrn Jesus, denn während Satan durch die bösen Geister die Völker versammelt, um dem Einfall der nordöstlichen Mächte Widerstand zu bieten, sucht er in Wirklichkeit alle Kräfte der Menschen unter seiner Leitung zu vereinigen, um den Ansprüchen des Herrn Jesus zu widerstehen.

„Und der siebente goß seine Schale aus in die Luft; und es ging eine laute Stimme aus von dem Tempel des Himmels, von dem Throne, welche sprach: Es ist geschehen“ (Vers 17). Dieses Gericht scheint schwerer und durchdringender zu sein als die vorigen. Es mag sich wohl um einen Schlag gegen die satanischen Mächte handeln, denn Satan ist der Fürst der Gewalt der Luft, obwohl er zu dieser Zeit aus dem „Himmel hinausgeworfen sein wird. Es ist auch daran gedacht worden, dass diese Plage eine Auswirkung auf den Lebensodem des Menschen hat, weil die Luft so wesentlich für das Leben des Menschen ist. Die laute Stimme, welche sprach: „Es ist geschehen“, scheint anzudeuten, dass die Dinge jetzt ihrem Höhepunkt nahe sind. „Und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner; und ein großes Erdbeben geschah, desgleichen nicht geschehen ist, seitdem die Menschen auf der Erde waren, solch ein Erdbeben, so groß“ (Vers 18). Dieselben Dinge sind am Ende der Siegel in Kap. 8,5 erwähnt, und am Ende der Posaunen in Kap. 11,19. Sie finden offensichtlich unmittelbar vor dem persönlichen Kommen Christi statt. Ich möchte gerne wissen, ob das Erdbeben hier dasselbe ist wie das, von dem in Sacharja 14 gesprochen wird, nur scheint es dort, dass die Spaltung des Ölbergs durch das Erdbeben veranlasst wird, das dem Berühren des Gipfels des Ölbergs durch die Füße des Herrn folgt. Hier in Off 16 kann es auch Bezug haben auf die ungeheuren und beispiellosen Erschütterungen der bürgerlichen Gesellschaftsordnung, wie ein erfahrener Knecht des Herrn gesagt hat, ein Zerbrechen, nicht allein von dem, was hier als die große Stadt bezeichnet wird. Dies hat Bezug auf alles, was in dem Römischen Reich vereinigt ist; es wird aber auch gesagt, dass die Städte der Nationen fielen, und das will sagen, dass es den Ruin alles dessen bedeutet, was die Völker ausserhalb Roms politisch aufgebaut haben (nach Kelly).

Dann sehen wir, dass die große Babylon vor Gott ins Gedächtnis kam. Der Ausdruck Babylon, die große, bezeichnet den sittlichen oder götzendienerischen Charakter der bekennenden Kirche, oder den wirklichen Abfall vom Christentum unter der Führung des Papsttums Roms. Hier steht, dass sie ins Gedächtnis kommt vor Gott. Für sie gibt es keinen Becher der Rettung, sondern den Kelch des Weines des Grimms des Zorns Gottes. Die Zeit und die Art und Weise ihres Gerichtes wird in den zwei nachfolgenden Kapiteln beschrieben. Als Letztes sehen wir in unserem Kapitel, dass jede Insel entfloh und Berge nicht gefunden wurden. Isolierte Mächte werden nicht verschont vor Gottes Macht im Gericht, und auch große Mächte, die durch die Berge dargestellt werden, haben keinen Raum, wenn Gott wirkt, um sie wegzustoßen. Auf all dieses folgt ein großer Hagel, der vom Himmel auf die Menschen fällt. Dies mag sich auf Gottes Gericht über die große assyrische oder nordöstliche Macht beziehen, mit welcher gehandelt wird, wenn das Gericht über das Tier und den falschen Propheten ausgeführt ist. Es kann sich hier nicht um den Aufstand am Ende, nach dem Tausendjährigen Reiche, handeln. Dort werden die Menschen durch Feuer verschlungen und erscheinen dann vor dem großen weißen Thron, wo sie auf tausend nicht eins antworten können. Hier in unserem Kapitel finden wir, dass die Menschen Gott lästerten wegen der Plage des Hagels. Anstatt Busse zu tun, zeigen sich die Herzen der Menschen verhärtet, und sie gehen vom Bösen zum Schlimmeren, darum müssen diese aufrührerischen Menschen unterdrückt werden, bevor der Herr Jesus als der Friedefürst über die Erde herrschen kann.

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