Botschafter des Heils in Christo 1882

Gewissheit

Vor ungefähr einem Jahr wurde ein junger Mann zu einem Gefühl seines Zustandes vor Gott erweckt. Er erkannte, dass er ein Sünder und auf dem Weg zur ewigen Verdammnis sei, und in tiefer Seelenangst suchte er nach einem Mittel zur Errettung. Wie einst der Kerkermeister zu Philippi, so rief auch er aus: „Was muss ich tun, dass ich errettet werde?“ Aber anstatt die Antwort zu beherzigen, die jenem Mann von den Aposteln Paulus und Silas gegeben wurde, und einfach an Jesus zu glauben, suchte er sich durch seine eignen Anstrengungen für die Gegenwart Gottes passend zu machen. So verbrachte er mehrere Wochen in dem heftigsten, aber völlig fruchtlosen Kampf mit sich und mit der Sünde, die er in sich entdeckte. Alle seine Anstrengungen waren nicht nur vergeblich, sondern überzeugten ihn nur noch mehr von seiner gänzlichen Sündhaftigkeit. Je mehr er sich anstrengte, das Gute zu tun und das Böse zu lassen, desto mehr musste er erfahren, wie er zu beidem völlig unfähig war. Ach, es ging ihm wie so vielen nach Frieden suchenden Seelen, die, anstatt den einfachen Heilsweg, den Gott ihnen vorzeichnet, zu betreten, allerlei andere Wege einschlagen, um ans Ziel zu kommen. Sie haben sich selbst nicht völlig erkannt, noch auch ihre Unfähigkeit, etwas zu ihrer Rettung beizutragen.

Aber wie einfach erscheint der Weg der Errettung, sobald einmal der Heilige Geist die durch Unglauben verblendeten Augen öffnet und uns erkennen lässt, wie unwissend und töricht wir sind, aus unserer Kraft einen Heilsweg bereiten zu wollen, der vor Hunderten von Jahren durch den Einen bereitet worden ist, der jetzt sitzt zur Rechten der Majestät in der Höhe! Welch ein Staunen und welch eine anbetende Bewunderung ergreift uns, wenn wir endlich das göttliche. Licht in unsere Herzen scheinen lassen! So erging es auch meinem jungen Freunde. Ich besuchte ihn eines Tages, gerade als seine Not den höchsten Punkt erreicht hatte, und erzählte ihm die Geschichte einer Frau, die gleich ihm lange Zeit vergeblich um ihre Errettung gekämpft hatte, bis jemand sie überzeugte, dass Christus das Werk auf dem Kreuz vollkommen vollbracht habe. Auf ihre Klagen, dass sie trotz aller Anstrengungen keine Ruhe und keinen Frieden finden könne, hatte er ihr einfach mit den Worten des Herrn geantwortet:

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen“ (Joh 5,24).

Die Frau hatte ihn einen Augenblick verwundert angesehen, und als er dann fragte: „Sind Sie errettet?“ nach kurzem Nachdenken erwidert:

„Ich glaube an Jesus, und Gott sagt, dass ich dann errettet sei – ja, ja, ich bin errettet! Jesus ist für mich gestorben, Er hat alles gutgemacht!“

Diese Worte eines einfältigen, kindlichen Glaubens wurden für meinen jungen Freund ein Mittel zu großem Segen. Nach kurzer Zeit vermochte auch er das Wort Gottes vertrauensvoll anzunehmen und sich in dem vollbrachten Werk Jesu und in der Gewissheit der Vergebung aller seiner Sünden zu erfreuen. Sein ganzes ferneres Verhalten ließ an der Wirklichkeit seiner Bekehrung keinen Zweifel.

Und nun erlaube mir die Frage, mein lieber Leser: Bist auch du schon wegen deiner Sünden in der Gegenwart Gottes gewesen und hast du dich im Licht dieser Gegenwart als ein verlorener, verdammungswürdiger Sünder erkannt und mit dem Propheten Jesaja ausrufen müssen: „Wehe mir! denn ich vergehe, denn ich bin ein Mann unreiner Lippen?“ Hast du erkannt, wie sehr du Gott durch dein bisheriges Leben, durch deine Sünden, deinen Unglauben und deine Gleichgültigkeit verunehrt und betrübt hast, und wie Er dich gerechter Weise für alle Ewigkeit aus seiner Gemeinschaft verbannen und dem „zweiten Tod, dem Feuersee“, überantworten muss? – Wenn es so ist, so lautet meine Botschaft an dich: „Siehe das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt!“ Sein Blut kann dich von aller Sünde reinigen und dich auf ewig für die Gegenwart eines heiligen und gerechten Gottes passend machen. Zögere nicht, zu Jesu zu kommen und im Glauben an Ihn Vergebung, Freude und Frieden zu finden! Höre, was Gott dir in seinem Wort sagen lässt: „Diesem geben alle die Propheten Zeugnis, dass ein jeglicher, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfangen wird durch seinen Namen“; und: „Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt ans ihm“ (Apg 10,43; Joh 3,36).

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