Botschafter des Heils in Christo 1882

Bist du arm oder reich?

Wenn ich die obige Frage an dich richtete, mein lieber Leser, mit Bezug auf deine Stellung in der menschlichen Gesellschaft, so würdest du mir vielleicht mit Recht erwidern: „Darauf ist schwer zu antworten, denn ich kann nicht sagen, dass ich reich, aber auch nicht, dass ich arm bin.“ Die meisten Menschen in dieser Welt gehören weder zu den Reichen, noch zu den wirklich Armen. Sobald ich aber diese Frage stelle im Blick auf den Zustand deiner Seele vor Gott, so brauchst du mir die Antwort nicht schuldig zu bleiben. Denn so viele Klassen es auch in der menschlichen Gesellschaft geben mag, so gibt es doch im Blick auf die Ewigkeit nur zwei. Gott kennt nur zwei Klassen oder Arten von Menschen auf dieser Erde, nämlich Reiche und Arme, oder Lebendige und Tote, Errettete und Verlorene. Dies geht deutlich aus den Worten hervor, die wir in 1. Johannes 5,12 finden: „Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.“

Hieraus sehen wir, dass der Besitz des Lebens abhängig ist von dem Besitz Jesu, des Sohnes Gottes. Wer Ihn hat, hat das Leben und ist deshalb reich; wer Ihn nicht hat, hat das Leben nicht und ist arm. Dies ist eine sehr wichtige Wahrheit. Hast du schon einmal ernstlich darüber nachgedacht, mein Leser? Hast du dich schon gefragt: „Besitze ich Jesus?“ Das ist eine Frage, völlig verschieden von derjenigen, die man sich gewöhnlich stellt. Im Allgemeinen fragt man sich: „Habe ich viele Sünden getan?“ Und die Folge davon ist, dass die meisten Menschen, in dem Bewusstsein, dass sie keine Diebe, Hurer, Trunkenbolde und dgl. sind, mit einem gewissen Gefühl der Zufriedenheit mit sich selbst ihren Weg fortsetzen und sich mit der Hoffnung schmeicheln, einmal für ewig gerettet zu werden. Vielleicht hast du es bis heute auch so gemacht. Da ich nun weiß, dass jene Hoffnung eitel ist und jene Gedanken dem Wort Gottes widerstreiten, so komme ich mit diesen Zeilen zu dir. Du selbst wirst zugeben, dass es schrecklich sein würde, wenn du bei dem Eintritt in die Ewigkeit erkennen müsstest, dass du dich betrogen und mit einer falschen Hoffnung beruhigt hättest. Denn dann ist es zu spät, um noch errettet zu werden. Und es ist doch wahrlich keine geringfügige Sache, für ewig verloren und außerhalb der Gemeinschaft Gottes zu sein. O, beachte deshalb sorgfältig die Worte Gottes!

Gott sagt: „Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn nicht hat, hat das Leben nicht.“ Du bist vielleicht ein sehr braver, rechtschaffener und ehrbarer Mensch; vielleicht kann dir niemand Vorwürfe machen in Bezug auf dein Leben und deinen Wandel. Alles das ist sehr anerkennenswert und macht dich in den Augen deiner Mitmenschen liebenswürdig. Aber so anerkennenswert es auch sein mag, so macht es dich doch nicht passend für den Himmel; es befähigt dich nicht, ohne Furcht vor dem Richterstuhl Christi zu erscheinen. Vor diesem Richterstuhl wird nicht nur danach gefragt, wie viele Sünden du getan hast, sondern die wichtigste Frage ist, ob du arm oder reich, tot oder lebendig bist, ob du Jesus, den Sohn Gottes, als deinen Erretter besitzest, oder nicht. Wohl ist es wahr, dass die Sünden, die der Mensch getan hat, seine Strafe erschweren oder vermindern, aber das hat nichts mit dem Besitz des Lebens zu tun. Was hilft es, wenn ein Verbrecher sich vor dem Richter darauf beruft, dass es viele gibt, die noch größere Missetaten begangen haben, wie er? Dadurch erlangt er doch keine Freisprechung. Und was würde es dir helfen, wenn du vor dem Richterstuhl Christi wirklich beweisen könntest, dass du von allen deinen Mitmenschen am wenigsten gesündigt hättest, wenn du das Leben nicht besäßest? Nehmen wir an, du wärst wirklich der bravste aller Menschen, so bist du doch, ohne Jesus, ohne das Leben, tot in Sünden und Vergehungen. Mag auch äußerlich ein großer Unterschied zwischen dir und einem Dieb, einem Mörder oder Trunkenbold bestehen, so ist doch in dieser Hinsicht kein Unterschied. Ohne den Herrn Jesus hast du ebenso wenig das Leben und bist deshalb ebenso wenig passend für den Himmel, wie jene. Das Wort Gottes sagt, dass es keinen Unterschied gibt, sobald der natürliche Zustand der Seele vor Gott in Frage kommt. Alle sind von Natur Sünder; alle sind verloren und haben das Leben nicht. Alle aber, die Jesus besitzen, haben das Leben; denn Er selbst sagt: „Ich bin das Leben“, und: „Wer an mich glaubt, hat das ewige Leben.“ Deshalb frage ich dich noch einmal: Bist du arm oder reich?

Vielleicht zögerst du darauf zu antworten. Ich weiß, es ist nicht leicht, zu bekennen, dass man arm ist; es fällt dem Hochmut des Menschen so schwer, zu erkennen, dass er verloren ist und eines Erretters bedarf. Aber ich bitte dich, mein lieber Leser, erwäge jene Frage ernstlich. Von der Beantwortung derselben hängt dein ewiges Wohl und Wehe ab. Weigerst du dich, jetzt eine Antwort zu geben, so musst du es einst tun. Und was ist wohl besser, hier seine Armut und sein Verderben zu bekennen, um dann durch Jesus errettet und für ewig glücklich gemacht zu werden, oder mit einer falschen Hoffnung in die Ewigkeit hinüberzugehen und dann das Urteil der Verdammnis zu vernehmen? Gehe deshalb nicht in Gleichgültigkeit weiter voran! Höre auf, zu messen und abzuwägen, wie viele Sünden du getan Haft, und frage dich mit allem Ernst: „Habe ich Jesus?“ Es mag peinlich und demütigend für dich sein, dich selbst als arm und verloren zu erkennen, aber es ist der einzige Weg, um reich zu werden und Errettung zu finden.

Fragst du nun mit aufrichtigem Bedürfnis: Wie gelangt man denn zu diesem Reichtum? so gibt es eine herrliche Antwort für dich. Höre, was der Apostel Paulus zu den Korinthern sagt: „Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass Er, da Er reich war, um euertwillen arm wurde, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet“ (2. Kor 8,9). Siehe, Er, der Herr der Herrlichkeit, ist gekommen ans dem Schoß des Vaters, hat sich all seiner Herrlichkeit entäußert und ist freiwillig in unser Elend herabgestiegen. Er hat der Sünde wegen den schrecklichen Kreuzestod erduldet und das ganze Gericht eines heiligen und gerechten Gottes über die Sünde ertragen. Und jetzt, nachdem sein Werk vollbracht ist, ladet Er dich ein, zu Ihm deine Zuflucht zu nehmen. Er ist gekommen, um solch Verlorenen, wie wir, du und ich, von Natur sind, aus freier, unverdienter Gnade das Leben zu geben, um uns, die wir nichts besitzen als Sünden, in seinem Blut völlig rein zu waschen und uns seines Reichtums teilhaftig zu machen. Folge deshalb seiner Einladung, komme zu Ihm in deiner ganzen Armut und Blöße, glaube an Ihn mit Aufrichtigkeit deines Herzens, und Er wird dich bekleiden mit dem Kleid der göttlichen Gerechtigkeit. Du wirst erfahren, dass Er das Leben ist und auch das Leben mitteilt, und du wirst, wenn du in Wahrheit an Ihn glaubst, nicht lange in Ungewissheit bleiben, ob du lebst oder nicht; denn das Leben, das Er gibt, bleibt nicht verborgen, weder vor dir selbst, noch vor den Augen anderer. Und wenn dann an dich die Frage gerichtet wird: Bist du arm oder reich? so wirst du mit ganzem Herzen antworten können: Ich war arm, aber jetzt bin ich unendlich reich gemacht durch den, der für mich arm geworden ist.

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