Botschafter des Heils in Christo 1882

Gestorben und auferweckt

Bist du errettet?

Ich hoffe es einst zu werden.

Soll Ich diese Antwort so verstehen, dass du noch nicht errettet bist?

Ich denke, dass niemand das Recht hat, etwas bestimmt zu behaupten, was erst am Tag des Gerichts offenbar werden wird.

Ganz recht; aber was willst du auf Worte erwidern, wie die folgenden: „Dieses habe ich euch geschrieben, auf dass ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes“; „wir wissen, dass wir aus Gott sind“; „wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind?“ (1. Joh 5,13.19; 3,14) Es sind dies Worte, die der Heilige Geist durch den Mund des Apostels Johannes zu den Gläubigen jener Zeit redete.

Ich muss gestehen, dass ich um eine Antwort verlegen bin; und in der Tat, wenn meine Errettung abhängig ist von dem bestimmten Bewusstsein, dass ich das ewige Leben besitze, dann bin ich nicht errettet.

Du verstehst mich falsch. Eine Tatsache hängt nicht von der Kenntnis ab, die ich von ihr habe, wohl aber die Kenntnis von dem Vorhandensein der Tatsache; oder mit anderen Worten: Wenn jemand errettet ist, so darf man erwarten, dass er dies mit Bestimmtheit weiß, obwohl niemals die vollkommenste Erkenntnis jemanden erretten kann. Nur der Glaube an das Blut Jesu Christi ist dazu im Stande. Ich habe jene Verse deshalb angeführt, weil du zu verstehen gabst, man könne vor dem Tag des Gerichts nicht wissen, ob man errettet sei, während der Apostel behauptet, dass die Personen, an die er schrieb und die damals auf der Erde lebten, errettet waren und dies auch wussten. Da nun die Schrift für uns eben sowohl geschrieben ist als für jene, so folgt daraus, dass auch heute noch jedes Kind Gottes die Gewissheit seiner Errettung haben kann.

Ich sehe ein, dass diese Gewissheit sehr wünschenswert ist und ihr Besitz mich sehr glücklich machen würde. Aber sage mir, warum dringst du so sehr darauf, dass ich diese Gewissheit erlange?

Weil ich weiß, dass, solange dieser Punkt nicht geordnet ist, das kostbare Werk Christi von dir nicht verstanden wird, und du dir dasselbe nicht zugeeignet hast.

Aber ich glaube an Christus.

Daran zweifle ich nicht; allein es gibt Tausende und Millionen in der Christenheit, die auch bekennen, zu glauben und dennoch nicht errettet sind.

Das ist wahr, aber ich glaube, dass Christus für Sünder gestorben ist.

Auch das glaubt der größte Teil der Christenheit, und darum hält sie so streng auf die Feier des Karfreitags.

Das ist bei den meisten zur bloßen Gewohnheitssache geworden; aber ich versichere dir, dass ich es aufrichtig meine. Ich weiß, dass ich ein Sünder bin, dass ich der Errettung bedarf, und ich weiß, dass nur Christus es ist, der mich erretten kann. Wenn ich je errettet werde, so ist es sein Werk, und nicht das meinige; darüber bin ich völlig klar.

Ich glaube, dass du es aufrichtig meinst, ja noch mehr: Wenn ich dich nicht für ein Kind Gottes hielte, so würde ich nicht in dieser Weise mit dir reden.

Glaubst du denn, dass ich errettet bin?

Würde es eine Beruhigung für dich sein, wenn ich es glaubte?

In gewisser Beziehung, ja. Du sprichst so überzeugend und führst Stellen an, auf die es mir unmöglich ist, zu antworten, dass ich deiner Meinung unwillkürlich einiges Gewicht beilegen muss.

Ach, mein lieber Freund, meine Gedanken über dich sind von geringer Wichtigkeit und können dir nimmermehr wahren Frieden geben. Dein Glaube darf nicht auf meinen Worten, sondern einzig und allein auf dem Wort Gottes ruhen. Und nun höre, was der Herr Jesus sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen“ (Joh 5,24). Könnte es etwas Einfacheres und Bestimmteres geben, als diese Erklärung?

In der Tat, diese Worte sind so klar, dass ich anfange, mich vor mir selbst zu schämen.

Das freut mich aufrichtig; und da du mir so viel bekannt hast, so will ich dir ein Geheimnis mitteilen, das dich persönlich betrifft und von dem du mir nichts gesagt hast.

Und was sollte das sein?

Höre mir zu: Du findest in dir selbst viele Mängel, Unvollkommenheiten, Widersprüche und dergleichen, und so oft du bestimmt sagen willst: „ich bin errettet“, stellt sich alles dieses vor deine Augen und verurteilt dich.

In der Tat, du Haft Recht.

Noch mehr: es gibt eine Menge von mehr oder weniger starken Vorurteilen und Widersprüchen in dir, welche du nicht loswerden kannst. Und selbst wenn du wüsstest, wie du sie loswerden könntest, so würdest du dich dennoch bedenken, ob du dieselben, nachdem sie dir bekannt und lieb geworden, rückhaltlos fahren lassen solltest. Ist es nicht so?

Ich muss bekennen, dass deine Worte meinen Zustand klar kennzeichnen. Ich hätte es nicht gewagt, ihn vor mir selbst, noch weniger vor dir einzugestehen; aber da du jetzt mein Geheimnis erraten hast, so sage mir, was ich machen soll. Seit mehreren Monaten lastet es auf mir wie ein schwerer Druck. Zuweilen glaube ich, errettet zu sein; wenn ich dann aber auf mein Verhalten blicke, so gerate ich wieder in die größte Verwirrung. Ich schäme mich, es sagen zu müssen, aber ich habe zu verschiedenen Malen eine Unterhaltung mit dir angeknüpft in der Hoffnung, dich in jener Gewissheit, welche du besitzest, die mir aber noch fehlt, wankend zu machen. Das war schlecht, ich fühle es; aber da wir einmal an dieser Sache sind, so ist es besser, ich gestehe alles ein.

Du tust recht daran, denn nichts erleichtert das Gewissen mehr, als ein aufrichtiges Bekenntnis; nur sollen wir vor allen Dingen Gott bekennen. Johannes sagt in Bezug darauf: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“

Ich bin überzeugt, dass alles, was du mir sagst, wahr ist, da du mich stets auf Gottes Wort hinweisest, und ich fühle, dass Gott an mich gedenkt und mich liebt, da Er sonst seinen Sohn nicht für mich hingegeben haben würde. Was mich aufhält, sind meine verkehrten Wege. Ich kann nicht vor Gott meine Knie beugen, nachdem ich vielleicht soeben erst zornig oder ungeduldig gewesen bin. Ich würde mich für einen Heuchler halten, wenn ich es täte.

Ich meine nun, dass gerade dann der passende Augenblick gekommen wäre, um dich vor Gott niederzuwerfen.

In gewissem Sinn, ja. Aber wenn ich nun niederknie und um Vergebung bitte, weil ich mich vergessen habe, – indem ich mir bewusst bin, dass ich mein letztes Versprechen, besser zu handeln, nicht gehalten habe und außerdem von vornherein weiß, dass ich auch meine neuen Versprechungen, trotz aller Anstrengung, sie zu halten, brechen werde, bevor der Tag vergeht – sieht es dann nicht wie Hohn aus, wenn ich noch bete? Und dennoch kann ich andererseits nicht ehrlich sagen, dass ich errettet bin, wenn ich das Gebet vernachlässige.

Mein lieber Freund, ich fühle tief mit dir, da ich das Bittere einer solchen Stellung an mir selbst erfahren habe. Aber, Gott sei Dank! ich kann dir den Weg der Befreiung zeigen, der dir nicht nur für einige Augenblicke Erleichterung, sondern eine vollkommene Freiheit zu geben vermag. Zunächst hast du bis heute ganz irrige Vorstellungen über das Werk Christus, sowie über deine eigene Stellung gehabt. Obwohl du weißt, dass du von Natur ein Sünder und tot in Übertretungen und Sünden bist, so hast du dennoch geglaubt, Christus sei gekommen und am Kreuz gestorben, um dich, den Sünder, fähig zu machen, deinen Zustand zu verbessern und Werke der Gerechtigkeit statt der bisherigen Werke der Ungerechtigkeit zu tun. Du hast gemeint, ein schlechter Baum könne durch geschickte Behandlung dahin gebracht werden, dass er gute Früchte trage. Du hast die Tatsache völlig aus dem Auge verloren, dass der Mensch, als Kind des ersten Adam, durchaus verdorben ist, und vergessen, dass Gott erklärt hat, du müssest von neuem geboren werden. Wenn eine solche allmählige Vervollkommnung der alten Natur möglich wäre, so würde eine neue Geburt nicht nötig sein. Du Haft gerade wie Nikodemus gedacht: „Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist?“ Aber wenn Gott sagt, dass eine neue Geburt notwendig sei, so ist es offenbar, dass Er an die Verbesserung der alten Natur nicht denkt. Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch. Man kann es ausbilden und verfeinern; es kann religiös, moralisch und ehrbar sein, ja es kann das Christentum angenommen haben, getauft sein und von Zeit zu Zeit das Abendmahl empfangen – es kann alle diese Dinge nach seinen Gedanken angenommen haben und ausüben, aber trotz alledem hat es nicht einen einzigen Schritt über das Fleisch hinaus gemacht, und das Wort Gottes sagt: „Die aber, welche im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen“ (Röm 8,8).

Wenn das wahr ist – und es scheint die Wahrheit zu sein – wer kann dann errettet werden?

Ein jeder ist errettet, welcher von neuem geboren ist.

Aber ich habe bisher gemeint, ich sei von neuem geboren. Ich habe an Jesus, den erhöhten Sohn des Menschen, geglaubt, und Er selbst versichert mich in seinem Wort, dass alle, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Ich glaube in Wahrheit an Ihn. Ich habe keine andere Zuflucht, keine andere Hoffnung. Kann ich nun nicht sagen, dass ich von neuem geboren bin?

Sicher kannst du dies sagen, und ich danke Gott, dass Er unsere Unterhaltung dazu dienen lässt, deinen Glauben so deutlich ans Licht zu stellen. Ich freue mich, in deiner Seele eine göttliche Grundlage zu finden, auf welcher weiter gebaut werden kann, und wenn du nur deine vorgefassten Meinungen fahren lassen und mit Unterwürfigkeit auf das Wort Gottes lauschen willst, so wirst du bald deine wahre Stellung vor Gott erkennen, und alles Übrige wird dir dann klar und einfach werden.

– Ich beginne mit dem Thron Gottes.

Wie? Mit dem Thron Gottes? Ich hätte geglaubt, du würdest von dem Kreuz ausgehen.

Ja, wenn der Herr Jesus noch an dem Kreuz hinge. Aber Er hat mit dem Kreuz abgeschlossen, so gesegnet die Folgen des dort vollbrachten Werkes auch sein mögen. Er hat dort die Frage der Sünde in Ordnung gebracht – eine Frage, welche für den Gläubigen nicht wieder aufgeworfen werden kann. Dort hat Er die Heiligkeit des Charakters Gottes aufrecht gehalten, indem Er, der Sohn Gottes, der Reine und Heilige, ein Opfer wurde, um die Schöpfung von der hässlichen Befleckung der Sünde zu reinigen. Dort wurde von Ihm die Schranke weggenommen, welche den Strom der Liebe und der Gnade Gottes zurückhielt. Dieser Strom war zwar von jeher bereit, zu stießen, wurde aber bis dahin zurückgehalten, weil Gott in Folge seiner unbefleckbaren Heiligkeit und Gerechtigkeit seiner Liebe nicht freien Lauf lassen konnte, Er hätte dann die Augen vor der Sünde verschließen müssen, was gerade das Gegenteil von alle dem gewesen wäre, was Gott ist. Auf dem Kreuz machte Jesus nicht nur alles wieder gut, was der Mensch unter der Leitung Satans verdorben hat, sondern Er vollbrachte auch ein Werk, durch welches Gott völlig verherrlicht wurde, und zwar in einer Weise verherrlicht, die man nur ermessen kann nach dem Wert und der Vorzüglichkeit dessen, der dort am Kreuz starb. Durch alle die Zeitalter der Ewigkeit hindurch wird das auf Golgatha vollbrachte Werk in hervorragender Weise die Bewunderung und Anbetung aller Erlösten wachrufen, sowie die höchste Herrlichkeit desjenigen bilden, welcher der Gott der Herrlichkeit ist. Doch vor allem möchte ich deine Aufmerksamkeit auf die Auferstehung des Herrn richten, eine Wahrheit, deren Tragweite man fast gänzlich aus dem Auge verloren hat, wodurch die Herrlichkeit des Kreuzes verdunkelt wird, gerade so wie eine Wolke den Glanz der Sonne verdunkelt. Durch die Auferstehung erhalten alle die kostbaren Resultate des Werkes Christi gleichsam erst ihre Wirksamkeit und Gültigkeit, wie denn der Apostel Paulus zu den Korinthern sagt: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, so ist euer Glaube eitel, ihr seid noch in euren Sünden“ (1. Kor 15,17). Ehe Christus starb, rief er aus: „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30). Das Werk, welches der Vater Ihm zu tun gegeben hatte, war vollendet. Köstlich für uns, doch noch köstlicher für Gott! In der Auferstehung nun sehen, wir Ihn, als den Erstgeborenen, als das Haupt der neuen Schöpfung (Kol 1,18). Nachdem Er durch den Tod gegangen ist und für immer die Frage der Sünde in Ordnung gebracht hat, hat Er seinen Platz auf dem Thron Gottes eingenommen, und dort ist jetzt der Ausgangspunkt für einen jeden Gläubigen. Setzt dieses das Kreuz bei Seite?

Nein, durchaus nicht. Aber alles, was du sagst, ist völlig neu für mich, so neu, dass ich es kaum zu fassen vermag.

Natürlich; alles ist neu in der neuen Schöpfung. Du bist an die alte Schöpfung gewohnt gewesen und nie über das Kreuz hinausgekommen. Das Kreuz bildete gleichsam den Abschluss der alten Schöpfung, das Ende des ersten Bandes, wenn ich einen bildlichen Ausdruck gebrauchen darf. Der Zweite Band beginnt mit der Auferstehung Jesu aus den Toten am ersten Tage der Woche. Sobald der Herr das Grab verlassen hatte, konnte Er die Maria Magdalena mit der Botschaft an die Jünger senden: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, und zu meinem Gott und zu eurem Gott.“

Wo ist denn die Sünde?

Sie ist gerichtet und hinweggetan (Röm 8,3; 2. Kor 5,21).

Wo aber ist das Fleisch geblieben?

Es ist gekreuzigt samt seinen Leidenschaften und Lüften (Gal 5,24).

Wo ist denn der Tod?

Sowohl der Tod ist zunichtegemacht (2. Tim 1,10), als auch „der, welcher die Macht des Todes hat, das ist der Teufel“ (Heb 2,14).

Wo aber bin ich?

In Christus; gestorben und auferweckt mit Ihm (Kol 2,12–13; 3,1–4), versetzt in Christus Jesus in die himmlischen Örter (Eph 2,6). „Daher, wenn jemand in Christus ist – eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden“ (2. Kor 5,17).

Wie herrlich ist das! Das Alte vergangen, alles neu geworden! Wie wunderbar! Aber sage mir: Wie kommt es, dass diese köstlichen Wahrheiten nicht allgemein bekannt sind?

Die Einführung menschlicher Gedanken und Meinungen an Stelle des klaren Wortes Gottes hat eine falsche, unvollkommene und ungenügende Lehre hervorgebracht. Im Anfang war es nicht so.

Wie? Predigten denn die Apostel nicht das Kreuz?

Ganz gewiss; aber sie taten noch mehr als das. Da das Werk des Kreuzes eine vollbrachte Tatsache war, so wurde die Auferstehung der Hauptgegenstand ihrer Predigten. Sie „verkündigten die Auferstehung der Toten im Namen Jesu“ (Apg 4,2); „sie gaben mit großer Kraft Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus“ (Apg 4,33). Die Athener sagten von dem Apostel Paulus: „Er scheint ein Verkündiger fremder Götter zu sein; weil er ihnen das Evangelium von Jesu und der Auferstehung verkündigte“ (Apg 17,18). „Und als sie von der Auferstehung aus den Toten hörten, spotteten die Einen, und die Anderen sprachen: wir wollen dich darüber nochmals hören“ (Apg 17,32). Aus diesen Stellen, die ich leicht vervielfältigen könnte, siehst du, dass die Auferstehung die hervorragende Wahrheit war, welche die Apostel verkündigten.

Aber sie verkündigten doch auch die Kreuzigung?

Allerdings; aber beachte wohl den Gegensatz. Der Mensch tötete Jesus auf der Erde, Gott aber erhob Ihn zu seiner Rechten in die himmlischen Örter und machte Ihn zum Herrn und Christus (Apg 2,36).

Vergib mir, wenn ich so zähe an dem Kreuz festzuhalten scheine. Aber hast du nicht soeben gesagt, dass dasselbe das Ende der alten Schöpfung sei?

Du kannst in Betreff des Kreuzes nie zu unnachgiebig sein. Ohne das am Kreuz vollbrachte kostbare Werk wären wir, du und ich, noch tot in unseren Sünden, noch unter dem gerechten Zorn Gottes und ständen noch in der Erwartung der Verdammnis der Hölle. Ohne das Kreuz wäre Gott in der Schöpfung entehrt geblieben; aber jetzt ist Er durch dasselbe unermesslich verherrlicht worden, und dies ist eine Tatsache von unendlich größerer Wichtigkeit, als unsere Errettung obgleich durch die Weisheit und Gnade Gottes diese beiden Dinge mit einander verbunden sind – das Eine ist mittelst des Anderen vollbracht worden. Wenn ich nun sage, das Kreuz habe der alten Schöpfung ein Ende gemacht, so spreche ich davon, als von dem Platz, wo der Mensch seinen Heiland gekreuzigt hat. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass der bestimmte Nachschlich und die Vorkenntnis Gottes sich gegen diese Bosheit des Menschen vorgesehen hatten; denn während der Mensch als Mensch sein eigenes Verderben besiegelte, indem er Jesus an das Kreuz nagelte, machte Gott aus diesem Kreuz die Grundlage, auf welcher Er die neue Schöpfung aufrichten konnte; und die Auferstehung ist der offenbare Beweis davon. Ein Mensch kann nicht auferstehen, wenn er nicht vorher tot gewesen ist.

Das verstehe ich; aber war ich denn tot?

Das Wort Gottes sagt, dass der Mensch tot ist in Vergehungen und Sünden (Eph 2,1); aber durch den Glauben an denjenigen, den Gott aus den Toten auferweckt hat, bist du jetzt auferweckt, wie der Apostel in Kolosser 2,12 sagt: „Mit Ihm begraben in der Taufe, in welcher ihr auch mit auferweckt worden durch den Glauben an die Wirksamkeit Gottes, der Ihn aus den Toten auferweckt hat“ (vgl. auch Joh 5,24–25).

Bezieht sich diese Stelle denn nicht auf die Taufe?

Allerdings; aber die Taufe ist nur das äußere Sinnbild eines unsichtbaren Aktes, der aber ebenso wirklich, ja noch wirklicher ist, als das, was wir sehen. Die sichtbare Handlung stellt die unsichtbare des Glaubens vor. Der Herr selbst setzte dieses Sinnbild ein, und es ist ebenso schön wie einfach. Wir sehen darin, wie der Herr in seiner zärtlichen Sorge für uns sich an unsere große Unfähigkeit, die göttlichen Dinge zu verstehen, erinnert hat, indem Er uns dieses Bild gab, um uns dadurch das Wesen und den Inhalt desselben verständlicher zu machen. Und wie köstlich ist es, dass Gott uns stets in diesem neuen Zustand, als auferweckt mit Christus, betrachten Er sieht uns nicht mehr in unserem alten Zustand, sondern vollendet in Ihm.

Aber nun erlaube mir noch die eine Frage: Was habe ich zu tun, wenn jetzt noch Sünden vorkommen?

Sie gehören der alten Schöpfung an, und sie werden dir, da du im Licht Gottes stehst, ebenso verabscheuungswürdig erscheinen, wie sie es vor Gott sind.

Aber wird Gott nicht wegen derselben Rechenschaft von mir fordern?

Sicherlich; aber es besteht ein großer Unterschied zwischen der Rechenschaft, die du als Erlöster, als Heiliger zu geben hast, und zwischen derjenigen, die du als ein Sünder oder als ein Verlorener schuldig wärst.

Ich werde also niemals mehr als ein Sünder vor Gott gestellt werden?

Niemals. Was deine Stellung anbetrifft, so bist du vor Gott stets als ein Heiliger, als ein Glied Christi, ein Kind der neuen Schöpfung – rein, fleckenlos, heilig und tadellos.

Demnach hätte ich zwei Naturen, eine, die vom Fleisch geboren ist – unrein, befleckt, sündig und der Erde angehörend – und eine andere, die von Gott geboren ist – rein, heilig, unbefleckt und dem Himmel angehörend.

Ja, die Erste gehört der alten, die Zweite der neuen Schöpfung an. Die Erste wurde von Satan verdorben, die Zweite ist die Frucht des Werkes Christi. Die Erste ist befleckt durch den Ungehorsam, die Zweite ist uns durch einen vollkommenen Gehorsam zu Teil geworden.

Aber wie wird diese neue Natur erhalten?

Durch den Heiligen Geist, der ausdrücklich zu diesem Zweck und als Folge der Auferstehung Christi vom Himmel hernieder gesandt worden ist. Er ist das lebendige Band, das unsere neue Natur hienieden mit Christus verbindet, welcher zur Rechten Gottes sitzt. Jede Handlung, die wir persönlich als geistliche Menschen begehen, wird von dem Heiligen Geist, welcher uns mit Christus verbindet, geleitet und beaufsichtigt.

Aber ist nicht die alte Natur ein großes Hindernis für uns? Wirkt nicht Satan auf die alte Natur ein, wie der Heilige Geist auf die neue?

Ganz recht.

Aber dann muss ich noch einmal fragen: Wenn nun meine neue Natur die Handlungen der alten verabscheut – Handlungen, welche gewisse Personen Mängel nennen können, aber welche ich ihrem wahren Namen nach Sünde nennen muss – sage mir, was soll ich denn mit diesen hässlichen Sünden anfangen?

Bekenne sie Gott. Verbirg Ihm nichts. Das Blut Jesu Christi, das dich einmal gereinigt hat, hat eine ewige Wirkung. Sein Werk kann nie wiederholt werden – es ist ein für alle Mal auf dem Kreuz vollbracht worden; aber Er fährt fort, uns auch praktisch rein zu erhalten; Er ist es, der unsere Füße wäscht. „Wer gebadet – d. h. von neuem geboren – ist, hat nicht nötig, denn sich die Füße zu waschen, sondern ist ganz rein“ (Joh 13,10). Das Bekenntnis erhält die Seele in der wahren Abhängigkeit von Gott, und anstatt sich selbst zu rechtfertigen, rechtfertigt sie Gott in – Betreff der begangenen Sünden. Was Gott von dir erwartet, ist, dass du deine Sünde richtest als Sünde, und zwar nach seinem eignen Urteil über dieselbe; denn Er hat dir eine neue Natur gegeben, welche fähig ist, die Sünde zu hassen, wie Er sie hasst. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh 1,9)..

O, ich verstehe jetzt, was du sagen willst; aber ich fürchte, dass ich noch wenig von den herrlichen Wahrheiten, die du mir mitgeteilt hast, wirklich in meinem Innern aufgenommen habe.

„Wer hat, dem wird gegeben werden, auf dass er mehr habe.“ Erwäge mit einem aufrichtigen Herzen die Wahrheiten, die du heute gehört hast, und handle furchtlos danach. Schenke den Einflüsterungen Satans oder seiner Werkzeuge, welche dir sagen wollen, dass es Anmaßung sei, jene Wahrheiten anzunehmen, oder dass du eine zu gute Meinung von dir selbst hast usw., kein Gehör, sondern „vergessend, was dahinten ist und dich ausstreckend nach dem, was da vorne ist, jage, das vorgesteckte Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach Oben in Christus Jesus“ (Phil 3,14).

Ja, das wünsche ich. Der Herr wolle mir Gnade geben, es auszuführen! Du hast mich in der Tat sehr glücklich gemacht.

„Gott sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1. Kor 15,57)

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