Betrachtungen über den Propheten Daniel
Botschafter des Heils in Christo 1880

Betrachtungen über den Propheten Daniel - Teil 3/16

„Du, o König, sähest, und siehe, es war ein großes Bild; dieses Bild war gewaltig, und sein Glanz ausnehmend; es stand dir gegenüber, und seine Gestalt war schrecklich“ (V 31). In diesem Bild werden dem König vier aufeinanderfolgende Monarchien, deren Zustand verschieden ist, vor Augen gestellt. In den Augen Gottes bilden sie ein Ganzes; es ist eine Person, ein großes Bild. Nebukadnezar war von Gott selbst als das große Haupt dieser Monarchien eingesetzt. „Du, o König, bist ein König der Könige, denn der Gott des Himmels hat dir Königreich, Macht und Stärke und Ehre gegeben; und überall, wo Menschenkinder wohnen, hat Er in deine Hand gegeben das Tier des Feldes und den Vogel des Himmels, und hat dich zum Herrscher gesetzt über sie alle. Du bist das Haupt von Gold“ (V 37–38). Gott offenbart sich hier, wie wir in Vers 37 sehen, als der Gott des Himmels; in Israel war Er der Gott der Erde, und dies wird Er auch bei der Wiederherstellung aller Dinge im tausendjährigen Reich sein. Hier handelt Er in seiner Unumschränktheit als der Gott des Himmels, indem Er auf der Erde in gewissem Sinn einen Menschen an seine Stelle gesetzt hat. Die Zeit der Nationen hatte begonnen.

„Dieses Bild – sein Haupt war von seinem Gold, seine Brust und seine Arme von Silber, sein Bauch und seine Lenden von Erz, seine Schenkel von Eisen, seine Füße teils von Eisen und teils von Ton“ (V 32–33). Wie wir gesehen, war Nebukadnezar das Haupt von „seinem Gold.“ Seine besondere Auszeichnung bestand darin, dass er sein Ansehen unmittelbar von Gott selbst empfangen hatte. Babylon war die von Gott eingesetzte Macht; ihre unumschränkte Autorität war auf die Gabe des Gottes des Himmels gegründet. Die übrigen Monarchien gingen, so zu sagen, aus der babylonischen hervor und übernahmen ihre Herrschaft; und es sollte sich, in gewisser Hinsicht, ein fortschreitender Verfall offenbaren, je mehr sie sich von der Quelle entfernten. Auf das Haupt von seinem Gold folgten eine Brust und Arme von Silber, Bauch und Lenden von Erz, und endlich Schenkel von Eisen und Füße, aus Eisen und Ton zusammengesetzt. Allein trotz dieses allmählichen Verfalls in dem Charakter der vier Reiche entdecken wir keine Abnahme der materiellen Kraft; denn wir lesen in Vers 40: „Und das vierte Königreich wird hart sein wie Eisen; ganz so wie das Eisen alles zermalmt und zerschlägt, und wie das Eisen, das dies alles zerbricht, wird es zermalmen und Zerbrechen.“

Das erste der vier Königreiche ist also, nach den eigenen Worten des göttlichen Sehers, das babylonische, repräsentiert durch Nebukadnezar. Das Zweite wird mit den Worten eingeführt: „Und nach dir wird ein anderes Königreich aufstehen, niedriger, denn das deinige“ (V 39). Es ist vorgebildet durch die Brust und Arme von Silber. Doch welches ist sein Name? Das Buch Daniels selbst gibt Antwort auf diese Frage. Wir lesen im 5. Kapitel, dass in Folge der schrecklichen Gotteslästerung Belsazars, des Enkels Nebukadnezars, eine Menschenhand erscheint und an die Wand des königlichen Palastes die Worte schreibt: „Mene, Mene, Tekel, Upharsin.“ Der von dem erschreckten König herbeigerufene Daniel gibt folgende Auslegung: „Mene – Gott hat dein Königreich gezählt und es vollendet. Tekel – du bist auf der Waage gewogen und zu leicht erfunden. Peres – dein Königreich ist verteilt und den Medern und Persern gegeben“ (V 26–28). Einige Verse weiter wird uns die Ermordung Belsazars und die Übernahme der Herrschaft durch Darms, den Meder, mitgeteilt. Es steht also außer aller Frage, dass das Zweite Reich das medischpersische ist. Es nahm, wie wir gesehen, unter Darius, dem Meder, seinen Anfang, erreichte unter Kyrus seinen Glanzpunkt und fand endlich unter Darius III., mit dem Beinamen Codomannus, sein Ende. Es machte, nach Kapitel 8,20–21, dem griechischen Reich unter Alexander dem Großen Platz. Dieses bezeichnet Daniel in dem uns vorliegenden Kapitel als „das Königreich von Erz, das über die ganze Erde herrschen wird.“ In der Tat war die damals bekannte Welt der Herrschaft Alexanders unterworfen; Griechenland, Mazedonien, Kleinasien und Ägypten verband er zu einem einzigen gewaltigen Reich; ja selbst bis nach Indien dehnte er seine Eroberungszüge aus. Man sagt, er habe bedauert, dass es nicht noch eine andere Welt gebe, die er sich unterwerfen könne. Kyrus war ebenfalls ein großer Eroberer, allein er hat nie die Grenzen Asiens überschritten.

Wir kommen jetzt zu dem vierten Reich. „Und das vierte Königreich wird hart sein wie Eisen; ganz so wie das Eisen alles Zermalmt und Zerschlägt, und wie das Eisen, das dies alles zerbricht, wird es zermalmen und zerbrechen“ (V 40). Unverkennbar sind dies die Charakterzüge des römischen Reiches. Während sich nach dem Tod Alexanders des Großen das griechische Reich in vier Teile zersplitterte und unter der Regierung der Generäle des großen Königs und ihrer Nachfolger mehr und mehr in Verfall geriet, dehnte sich im Westen das römische Reich immer weiter aus. Unaufhaltsam drangen die römischen Heere nach allen Seiten hin vor und unterwarfen ein Land nach dem anderen der Herrschaft Roms. „Ganz wie das Eisen Zermalmt und Zerschlägt, wird es zermalmen und zerbrechen.“ Bald wurde auch Griechenland erobert und zu einer römischen Provinz gemacht. Kleinasien und die im Innern von Asien liegenden Reiche folgten nacheinander. Nichts vermochte den kriegsgewohnten römischen Legionen Widerstand zu leisten. Bald war das ganze Gebiet, welches früher das Reich Alexanders ausgemacht hatte, in der Gewalt der Römer, so dass das Reich allmählich zu einer ungeheuren Größe anwuchs. Die ganze, den damaligen Völkern bekannte Welt stand unter der Herrschaft Roms. Wir lesen in Lukas 2,1: „Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben.“ Es war in der Tat ein gewaltiges, eisernes Reich.

Allein wir sehen in Vers 41, dass zu dem ursprünglichen Bestandteil des Reiches, dem Eisen, etwas hinzukommt, das die Kraft desselben, wenn auch nicht ganz, so doch teilweise bricht. „Und dass du die Füße gesehen, Heils von Töpferton, teils von Eisen – es wird ein geteiltes Königreich sein, aber von der Härte des Eisens wird in ihm sein, weil du gesehen hast das Eisen vermengt mit lehmigem Ton.“ In dem Charakter des römischen Reiches tritt ein Wechsel ein; ein, anderes Element wird eingeführt – ein Element, das nicht die Festigkeit des Eisens besitzt, sondern mehr dem lehmigen Ton entspricht. Wahrscheinlich deutet der Heilige Geist hiermit auf die barbarischen Horden hin, die zu Ende des vierten und zu Anfang des fünften Jahrhunderts von Norden und Osten her in das römische Reich eindrangen, die Macht desselben schwächten und nach und nach getrennte Königreiche innerhalb der Grenzen des großen Weltreiches bildeten. Die Macht und der Stolz des letzteren waren dadurch gebrochen; ein innerer Zusammenhang dieser beiden völlig verschiedenen Elemente konnte nicht bestehen. „Es wird ein geteiltes Königreich sein.“ Und in Vers 43 heißt es: „Und dass du gesehen das Eisen vermengt mit lehmigem Ton – so werden sie sich vermengen mit dem Samen der Menschen, aber sie werden nicht aneinanderhaften, gleich wie sich Eisen mit Ton nicht vermengt.“ Der energische Wille und die eiserne Kraft, die ursprünglich das römische Reich charakterisierten, schwanden unter dem Einfluss der Vermengung mit anderen Elementen, die in diesem Vers als „Samen der Menschen“ bezeichnet werden. „Sie werden sich vermengen, aber nicht aneinanderhaften.“ Der Zusammenhang der einzelnen Glieder des gewaltigen Körpers lockerte sich, und der allmählige Verfall, die Zerteilung in verschiedene Reiche, war die natürliche Folge.

„Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das ewiglich nicht zerstört werden wird, und das Königreich wird keinem anderen Volk überlassen werden; es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, aber es selbst wird bestehen ewiglich“ (V 44). Beachten wir die Worte: „In den Tagen dieser Könige.“ Es kann damit unmöglich die Zeit der ersten Ankunft Christi angedeutet sein; denn damals stand das römische Reich auf dem Gipfel seiner Macht. Es gab nicht mehrere Könige, sondern alles mühte sich einem Herrscher und einem Willen unterwerfen. Ich glaube vielmehr, dass sich dieser Vers auf die Schlussszene des römischen Reiches bezieht, und zwar auf die Zeit, wenn Gott „Seinen Erstgeborenen wieder in den Erdkreis einführen wird.“ Der Herr Jesus wird zum zweiten Male erscheinen, doch nicht, um, wie einst, zu leiden und zu sterben, sondern um zu richten und zu regieren. „Der Gott des Himmels wird ein Königreich aufrichten, das ewiglich nicht zerstört werden wird.“ Es ist das einzige Königreich, das von Seiten Gottes den Platz des babylonischen Reiches einnehmen wird. Der Gott des Himmels hatte, wie wir oben gesehen, Nebukadnezar erhöht und ihm Macht und Ehre gegeben, und die anderen Reiche waren ihm, ohne Zweifel nach dem Willen dessen, der alles leitet, gefolgt. Aber nur in Bezug auf das letzte Königreich in Vers 44 wird noch einmal gesagt, dass es von dem Gott des Himmels aufgerichtet werden wird. Der zu jener Zeit „ohne Hände losgerissene Stein“ ist Christus; doch ist es nicht so sehr seine Person, als vielmehr das Reich, welches Gott in Ihm und durch Ihn aufrichten wird. Dieser Stein hat hier einen zerstörenden Charakter, indem er die Königreiche der Erde vernichtet. Von dem Berg ohne Hände losgerissen, „zermalmte Er das Eisen, das Erz, den Ton, das Silber und das Gold“ (V 45). Es handelt sich dann nicht, wie bei der ersten Ankunft Christi um die Errettung der Seelen, sondern um das Gericht; der Stein wirft alles nieder, was sich Wider den wahren Gott erhebt. Er fällt auf die Füße des Bildes, die teils aus Eisen und teils aus Töpferton bestanden, d. h. auf das römische Reich in seiner letzten Gestalt; und „es wurden mit einander zermalmt Eisen, Ton, Erz, Silber und Gold, und sie wurden wie Spreu der Dreschtennen des Sommers, und der Wind nahm sie hinweg, und es ward keine Stätte für sie gefunden“ (V 35). Es bleibt keine Spur von ihnen zurück. Der Stein ist kein Werkzeug, das durch die Weisheit oder Entwürfe des Menschen in die Erscheinung tritt; er wird „ohne Hände“, d. h. ohne Mitwirkung des Menschen, losgerissen. Er handelt auch nicht durch einen moralischen Einfluss, so dass er das Vorhandene verändert, sondern er zerstört mit Gewalt. Gott selbst ist es, der ihn aufrichtet und ihm diese Gewalt gibt. Da ist kein allmähliges Wachstum des Steines, so dass er nach und nach das ganze Bild verdrängt, sondern erst nach der Zerstörung desselben wird er zu „einem gewaltigen Berge“, der die ganze Erde füllt (V 35). Christus wird die Macht der Nationen in Stücke zerbrechen und vernichten und danach sein Reich (ein irdisches Reich) aufrichten, das sich über die ganze Erde ausdehnen wird.

Es möchten nun vielleicht viele meiner Leser fragen: „Wie kann Christus bei seiner Erscheinung das römische Reich zerstören, das schon seit Jahrhunderten nicht mehr besteht?“ Allerdings ist dieses Reich jetzt nicht mehr vorhanden, aber es wird wiederhergestellt werden. In Offenbarung 17,8 lesen wir von dem Tier, das die kaiserliche Macht des römischen Reiches repräsentiert: „Das Tier, welches du sähest, war und ist nicht und wird aufsteigen aus dem Abgrund“, und einige Zeilen nachher: „Wenn sie das Tier sehen, dass es war und nicht ist und sein wird.“ Das Tier oder das Reich, welches bestand, ist verschwunden und wird später wieder in die Erscheinung treten. Es wird aus dem Abgrund aufsteigen; Satan wird die Wiedervereinigung der Bruchstücke, in welche das römische Reich einst Zerfiel, zu Stand bringen. Zu der Zeit, wenn das Tier wiedererscheinen wird, werden Zehn Könige sein, die dem Tier, oder der Person, die durch Satan aufgestellt ist, um das Reich zu organisieren und zu regieren, ihre Macht geben (Off 17,12–13). Satan wird diese Macht gegen Gott und das Lamm gebrauchen; jede Spur von. Christentum wird Zerstört, der Götzendienst eingeführt werden und der Antichrist auftreten. Alsdann wird die Geduld und Langmut Gottes zu Ende sein. Der Herr Jesus wird seinen Platz zur Rechten Gottes verlassen und über diese gottlosen Könige Gericht ausüben.

Es mag dem Verständnis des Lesers einige Schwierigkeit darbieten, dass der Stein, der auf das Bild fällt, nicht nur das Eisen und den Ton, sondern auch das Erz, das Silber und das Gold Zermalmt, als ob alle die vier aufeinander folgenden Reiche noch zusammen existierten. Bei näherer Betrachtung schwindet jedoch diese Schwierigkeit. Wohl ist es wahr, dass Babylon und die beiden nächstfolgenden Königreiche ihren Platz der Herrschaft verloren, aber sie haben nie aufgehört, in einer untergeordneten Weise unter der späteren Macht fortzubestehen. Ebenso werden, wenn das endliche Gericht über das wiederhergestellte vierte Reich hereinbrechen wird, die Repräsentanten der früheren drei Reiche noch vorhanden sein und mit jenem vernichtet werden.

Schließlich teilen uns die letzten Verse dieses Kapitels mit, wie der König Nebukadnezar dem Gott Israels Ehre gibt und wie er, der stolze und gewaltige Monarch der Erde, einem armen Gefangenen Huldigung darbringt. „Da fiel der König Nebukadnezar auf sein Angesicht und betete Daniel an und befahl, dass man ihm Speisopfer und liebliche Gerüche spenden sollte. Der König antwortete Daniel und sprach: Wahrheit ist es, dass euer Gott ein Gott der Götter ist, und ein Herr der Könige und ein Offenbarer der Geheimnisse“ (V 46–47). Das war die köstliche Frucht der Treue Daniels; und ebenso gesegnet und herrlich wird der Ausgang aller sein, die in Treue ausharren bis ans Ende. In Bezug auf Israel wird die Verheißung erfüllt werden: „Und alle Völker der Erde werden sehen, dass der Name Jehovas über dich genannt ist, und sie werden sich fürchten vor dir“ (5. Mo 28,10); und in Bezug auf die Versammlung das Wort des Herrn: „Siehe, ich werde machen, dass sie kommen und huldigen vor deinen Füßen und erkennen, dass ich dich geliebt habe“ (Off 3,9). Daniel wurde, wie es bei dem treuen Überrest Israels am Ende der Fall sein wird, sehr erhöht. Nebukadnezar „setzte ihn zum Herrscher über die ganze Landschaft Babel und zum Obervorsteher über alle Weisen Babels“ (V 48). Auf seine Bitte wurden Schadrach, Meschach und Abed–Nego über die Verwaltung der Landschaft Babel gesetzt, und er war im Tor des Königs. Kapitel 3.

Die Kapitel 3–6 teilen uns historische Ereignisse mit und scheinen auf den ersten Blick keinen prophetischen Charakter zu haben. Doch müssen wir uns immer daran erinnern, dass die Schrift gewöhnlich einen weit ausgedehnteren Zweck hat, als die bloße Mitteilung von Begebenheiten, mögen diese auch noch so belehrend und moralisch wichtig sein. Besonders ist dies in einem Buch, wie das unserer Betrachtung vorliegende, der Fall. In dem Buch Daniels dürfen wir nicht nur die Gesichte und Offenbarungen als prophetisch betrachten, sondern die damit in Verbindung stehenden Tatsachen und Ereignisse haben ebenfalls einen prophetischen Charakter. Dasselbe ist auch in Bezug auf die vorhin erwähnten Kapitel der Fall. In den darin mitgeteilten, geschichtlichen Ereignissen kommen völlig unterschiedliche Charakterzüge zum Vorschein, die von dem Propheten aufgezeichnet worden sind, um das Verhalten und das zukünftige Schicksal der großen heidnischen Mächte anzukündigen.

Im zweiten Kapitel haben wir gesehen, dass Gott, nachdem Er sein untreues Volk dem Gericht übergeben hatte, einen Herrscher als den Herrn der Welt einsetzte. Nebukadnezar war ein großer Fürst; er war nicht nur selbst ein mächtiger König, sondern gebot auch über andere Könige und Fürsten als seine Untertanen und Vasallen. Doch die erste Handlung dieses mit unumschränkter Herrschermacht bekleideten Menschen war die Einrichtung eines schrecklichen Götzendienstes. Er machte ein Bild von Gold und richtete es auf in der Ebene Dura, in der Landschaft Babel, und berief alle seine Satrapen, Stadthalter, Landpfleger usw. zur gemeinschaftlichen Einweihung desselben (V 1–2). An den Gott Daniels, von dem er bezeugte (Kap 2,47), dass „Er ein Gott der Götter und ein Herr der Könige“ sei, denkt er nicht mehr; er will seinen eigenen Gott haben – einen Gott, der von dem Willen des Menschen abhängig ist – einen Gott, der ihm behilflich ist, sein Reich zu einigen und seine Macht zu befestigen. Menschlich betrachtet war es ein wohl überlegter Plan. Nebukadnezar herrschte über Königreiche und Landschaften, deren Sprachen, Sitten und Gebräuche sehr voneinander verschieden waren, und um jene dauernd in Unterwürfigkeit und enger Verbindung zu erhalten, bedurfte es eines gemeinsamen Bandes. Und in dieser Beziehung gibt es kein geeigneteres Mittel, nichts, was größeren Einfluss auf die Gemüter ausübt, als eine gemeinsame Religion, ein gemeinsamer Kultus, wo alle vor demselben Gegenstand ihre Herzen und ihre Knie beugen. Zu allen Zeiten ist dieser mächtige Hebel in Bewegung gesetzt worden, um die Völker untereinander zu verbinden und sie um einen gemeinsamen Mittelpunkt zu vereinigen. Man macht sich einen Gott, der den Neigungen, Wünschen und Leidenschaften der Menschen angemessen ist und dieselben befriedigt; man führt Zeremonien und Gebräuche ein, durch deren Erfüllung sich der Mensch in seinen eigenen Augen erheben, wodurch aber nie ein aufgewachtes Gewissen zur wahren Ruhe gebracht werden kann. Das ist die Religion, die der Mensch sucht und liebt, und die er mit allem möglichen Glanz umgibt, um ihr Ansehen zu verschaffen, und das ist der Weg, auf dem er seine religiösen Bedürfnisse zu befriedigen sucht; ach, ein trauriger Weg, auf dem der Mensch erhöht und Gott erniedrigt wird.

Nachdem nun Nebukadnezar sein goldenes Bild von sechzig Ellen Höhe und sechs Ellen Breite durch alle die Großen und Machthaber seines ausgedehnten Reiches eingeweiht und ihm auf diese Weise ein großes Ansehen verschafft hatte, lesen wir weiter: „Und ein Herold rief mit Macht: Zurzeit da ihr hören werdet den Schall des Hornes, der Pfeife, der Laute usw., sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das aufgerichtet hat Nebukadnezar, der König. Und wer nicht niederfällt und anbetet, der soll in selbiger Stunde mitten in den Ofen des Feuers geworfen werden“ (V 5–6). Das war in der Tat ein hartes Gebot – ein Gebot, das Tod und Verderben über jeden Übertreter brachte. Wer hätte da sich weigern mögen, seine Knie vor dem Bild zu beugen? Es heißt daher weiter: „Deswegen in selbiger Zeit, da alle Völker den Schall des Hornes, der Pfeife, der Laute usw. hörten, fielen alle Völker, Völkerschaften und Zungen nieder und beteten das goldene Bild an“ (V 7). So war also der Zweck des Königs erreicht; seine Autorität hatte eine glänzende Anerkennung und sein aufgerichtetes Götzenbild eine allgemeine Würdigung und Verehrung gefunden; eine Religion verband alle ihm unterworfenen Völkerschaften.

Wurde denn in jenen finsteren Tagen des allgemeinen Götzendienstes niemand gefunden, der die Ehre Gottes aufrecht hielt? Gewiss; dieselben Männer, die sich geweigert hatten, sich durch die seine Speise des Königs zu verunreinigen, weigerten sich jetzt, das Bild des Königs anzubeten. Es waren Schadrach, Meschach und Abed–Nego. Von Daniel hören wir nichts; allein wir können versichert sein, dass er ebenso wenig wie seine Gefährten, weder an der Einweihung noch an der Anbetung des Bildes, teilgenommen hat. Jene Männer des Glaubens unterwarfen sich völlig der Autorität des großen Königs, den der Gott des Himmels auf der Erde eingesetzt hatte, aber sobald dieser die Grenzen seiner Befugnis überschritt, sobald er seine Macht und Autorität gebrauchte, um Gott zu verachten, um die Ihm allein gebührende Ehre und Anbetung einem Götzenbild zuzuwenden, und hierin von ihnen Gehorsam verlangte, weigerten sie sich standhaft. War auch die ganze Welt gegen sie, hatte es auch den Schein, als wollten sie besser sein wie andere, als wollten sie durch ihr Verhalten sich über andere erheben und sie richten, so vermochte doch nichts, selbst nicht der schreckliche Gedanke, in den Ofen des brennenden Feuers geworfen zu werden, sie einen Augenblick zu bestimmen, die Anbetung, deren würdiger Gegenstand Gott allein ist, einem Götzenbild, einem Scheingott darzubringen, wenn auch Nebukadnezar und alle seine Hochgestellten und alles Volk seines großen Reiches ihm ihre Huldigung aufs willigste darbrachten. Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. So urteilt der Gehorsam des Glaubens zu aller Zeit. Natürlich konnte das Verhalten jener treuen Männer nicht lange verborgen bleiben. Von Nebukadnezar eingesetzt als Verwalter der Landschaft Babel, in deren Mitte die Haupt– und Residenzstadt lag, nahmen sie eine hervorragende Stellung ein, und die Augen einer großen Menge waren auf sie gerichtet. Es traten „eben zu der Zeit“, vielleicht durch Hass und Neid gegen die verachteten Juden geleitet, chaldäische Männer auf, die Schadrach, Meschach und Abed–Nego bei Nebukadnezar anklagten. Sie erinnerten diesen zunächst an seinen Befehl und sagten dann (V 8–11): „Nun sind jüdische Männer, die du über die Verwaltung der Landschaft Babel gesetzt hast, Schadrach, Meschach und Abed–Nego, diese Männer, o König, achten nicht auf dich, deinen Göttern dienen sie nicht, und das goldene Bild, das du aufgerichtet hast, beten sie nicht an“ (V 12).

Ein solches Verhalten musste notwendig den Stolz des gewaltigen Monarchen, der noch soeben durch die Anbetung des von ihm aufgerichteten Bildes von allen Völkern, Völkerschaften und Zungen die größte Huldigung empfangen hatte, aufs tiefste verletzen und seinen ganzen Grimm wachrufen. Nicht nur seine eigene Autorität, sondern auch seine Götter waren verachtet, das Ansehen seiner und seines ganzes Volkes Religion war in Frage gestellt, und dies sogar durch Männer, die er aus ihrer Niedrigkeit und Verachtung hervorgezogen und als Verwalter über die Landschaft Babel gesetzt hatte. Ein solches Vergehen konnte nicht ungeahndet bleiben. Voll von Zorn und Grimm ließ er jene drei Männer vor sich kommen und sprach zu ihnen: „Ist es Vorsatz, Schadrach, Meschach und Abed–Nego, dass ihr meinen Göttern nicht dient und das goldene Bild, das ich aufgerichtet, nicht anbetet? Nun denn, wenn ihr bereit seid zurzeit, da ihr hören werdet den Schall des Horns, der Pfeife, der Laute usw., nieder zu fallen und das Bild, das ich gemacht habe, anzubeten. – aber wenn ihre nicht anbetet, sollt ihr in selbiger Stunde mitten in den Ofen des brennenden Feuers geworfen werden; und wer ist der Gott, der euch erretten sollte aus meinen Händen?“ (V 13–15)

Ach, wie bald war bei Nebukadnezar der tiefe Eindruck, den der Traum und dessen Deutung auf sein Inneres hervorgebracht hatte, so gänzlich verwischt! Er verachtete jetzt den Gott des Himmels, der ihm „Königreich, Macht und Stärke und Ehre gegeben“ hatte; er verhöhnte jetzt den Gott Israels, von dem er selbst bekannt hatte, dass Er ein Gott der Götter, ein Herr der Könige und ein Offenbarer der Geheimnisse sei, und forderte ihn trotzig heraus. So schnell ändert sich der natürliche Mensch, wenn seine Ehre und sein Ansehen in Frage kommen. Doch mit welcher Ruhe und Unerschrockenheit stehen jene drei Männer vor dem stolzen und ergrimmten Machthaber der Erde! Mit welch einer Kühnheit geben sie Antwort! Sie wussten, wessen sie waren und wem sie dienten; Gott war ihnen alles und die Welt nichts. Zunächst entgegnen sie dem König: „Wir haben nicht nötig, dir darauf zu antworten“ (V 16). Hätte es sich um eine Frage in Betreff der ihnen von Nebukadnezar übertragenen Verwaltung gehandelt, so wäre es sicher ihre Wicht gewesen, sie mit aller Unterwürfigkeit und der Wahrheit gemäß zu beantworten; hier aber handelte es sich um eine Frage in Bezug auf ihr Gewissen und um die Rechte und Herrlichkeit Gottes, und darin waren sie keinem Menschen, sondern Gott allein Rechenschaft schuldig. Sie wussten, dass geschrieben stand: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und Ihm allein dienen“; sie handelten völlig im Geist der Worte des Herrn: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ Gott allein waren sie Verehrung und Anbetung schuldig. Nebukadnezar griff daher mit seiner Forderung, vor dem Bild niederzufallen und es anzubeten, in die Rechte Gottes ein und verletzte dieselben auf die gröbste Weise, und deshalb sprachen sie zu ihm: „Wir haben nicht nötig, dir darauf zu antworten.“

Die nächstfolgenden Worte, die aus dem Mund dieser treuen Zeugen hervorkommen, geben Zeugnis von der tiefen Ruhe ihres Herzens, von ihrem unerschütterlichen Vertrauen auf Gott und ihrer völligen Ergebenheit in seinen Willen. „Wenn dem so ist“, sagen sie, „unser Gott, dem wir dienen, vermag uns zu erretten aus dem Ofen des brennenden Feuers, und Er wird uns erretten aus deiner Hand, o König. Wenn aber nicht, so sei dir kund, o König, dass wir deinen Göttern nicht dienen, noch das goldene Bild, das du aufgerichtet hast, anbeten werden“ (V 17–18). Sie fürchteten den Gott, der über der Macht Nebukadnezars und aller Macht im Himmel und auf Erden stand; es war ihr Gott, der Gegenstand ihres Herzens, ihrer Anbetung und ihres Dienstes. Sie wussten, dass Er sie zu erretten vermochte, und dass Er sie aus der Hand des Königs erretten würde. Es war nicht ihr Verstand, der also enteilte, sondern ihr Glaube. Doch war nicht diese Überzeugung der Beweggrund, dass sie sich weigerten, das goldene Bild anzubeten; nein, wenn Gott sie nicht erretten würde, waren sie ganz bereit, den Tod des Feuers zu erdulden. Keine Macht der Erde, keine Versuchung, selbst nicht ein schrecklicher Tod war vermögend, ihre Ergebenheit und ihre Treue gegen Gott zu erschüttern. Welche Ruhe und Energie gibt der Glaube an einen lebendigen Gott! In welch einer erhabenen Stellung des Zeugnisses befindet sich ein Mensch, der in diesem Glauben wandelt! Diese treuen Männer waren in jenem Augenblick der Gegenstand der Aufmerksamkeit des ganzen babylonischen Reiches. Nebukadnezar, der stolze und gewaltige Herrscher, war machtlos in der Gegenwart dieser israelitischen Gefangenen, die so ruhig und unerschrocken vor ihm standen, und er offenbarte seine Schwäche in einer ohnmächtigen Wut und in all den Vorbereitungen, die er traf, um seinen Zweck zu erreichen. „Da ward Nebukadnezar voll Grimmes, und die Gestalt seines Antlitzes verwandelte sich wider Schadrach, Meschach und Abed–Nego. Er antwortete und befahl, den Ofen siebenmal heißer zu machen, als man ihn heiß zu machen pflegte. Und zu den stärksten Männern an Kraft, die in seinem Heer waren, sprach er, dass sie Schadrach, Meschach und Abed–Nego binden sollten, um sie in den Ofen des Feuers zu werfen. Da wurden jene Männer in ihren Beinkleidern, ihren Unterkleidern und ihren Gewändern gebunden, und sie warfen sie mitten in den Ofen des Feuers“ (V 19–21).

Es möchte jemand fragen: Konnte denn der Herr seine treuen Diener nicht bewahren? Konnte Er nicht verhindern, dass sie in den glühenden Ofen geworfen wurden? Gewiss, es wäre Ihm ein Leichtes gewesen; aber Er wollte, dass der Glaube seiner Diener bewahrt, dass er im Feuer erprobt werde. Hatte Er seine Macht zu ihrer Bewahrung angewandt, so würde Er weniger verherrlicht und sie weniger gesegnet worden sein. Es war weit besser für sie, seine Gegenwart und sein Mitgefühl im Feuerofen zu genießen, als seine Macht zu ihrer Bewahrung zu erfahren. Sie wandelten mit Gott, da sie in der Gunst des Königs standen, und jetzt wandelt Gott mit ihnen inmitten des Feuerofens. Der König gedachte, sie zu verderben; aber in der Tat brachte er sie durch seinen Grimm in eine erhabene und gesegnete Stellung. Es war unvergleichlich besser, mit Gott in dem feurigen Ofen zu sein, als ohne ihn im Palast Nebukadnezars. Die Glut des Ofens, in welche Schadrach, Meschach und Abed–Nego gebunden geworfen wurden, war so groß, dass die kräftigen Männer, die sie hinauftrugen, von der ausströmenden Hitze getötet wurden (V 22–23). Gott aber war bei den seinigen, und das veränderte alles. Er hatte Nebukadnezar erlaubt, seinen gottlosen Vorsatz auszuführen, seinen despotischen Willen durchzusetzen; aber dann zeigte Er ihm auf eine überwältigende Weise seine Ohnmacht und drückte den Stempel der Verachtung auf seine Widerspenstigkeit. „Der im Himmel sitzt, lacht; der Herr spottet ihrer“ (Ps 2,4). Die Wut des Königs war für Ihn nur ein Anlass geworden, um sein tiefes und herzliches Mitgefühl gegenüber seinen treuen und geprüften Dienern umso herrlicher zu entfalten. In seiner überströmenden Gnade befreite Er sie von den Banden Nebukadnezars und verwandelte für sie den feurigen Ofen in einen Ort hoher und heiliger Gemeinschaft. Wir haben in der Tat Ursache, uns der Trübsale zu rühmen, uns der Schmach und Verachtung um Christi willen zu erfreuen, denn das ist der Weg, um von den Banden, die uns noch an diese Welt gefesselt hielten, völlig befreit zu werden und die gesegnete Gemeinschaft und das innige Mitgefühl unseres geliebten Herrn zu genießen.

„Da entsetzte sich Nebukadnezar, der König, und stand eilend auf, antwortete und sprach zu seinen Räten: Haben wir nicht drei Männer gebunden mitten ins Feuer geworfen? Sie antworteten und sprachen zum König: Gewiss, o König! Er antwortete und sprach: Siehe, ich sehe vier Männer frei wandeln inmitten des Feuers, und keine Beschädigung ist an ihnen, und das Ansehen des Vierten ist gleich einem Sohn der Götter“ (V 24–25). Hier war es kein Traum, kein Gesicht, sondern ein Wunder – die Macht Gottes entfaltete sich vor den Augen Nebukadnezars. Wo war jetzt seine große Macht? Was hatte sein Zorn und seine Wut gegen die treuen Diener Gottes ausgerichtet? Seine eigenen Diener, seine stärksten Kriegsleute, lagen tot vor der Öffnung des Ofens, aber bei den Anbetern des wahren Gottes hatte das Feuer nur die Fesseln verschlungen und sie fähig gemacht, frei und ungehindert in der Begleitung des Sohnes Gottes zu wandeln, und der König und alle seine Edlen, die der falsche Gottesdienst versammelt hatte, waren Zeugen dieser großen und herrlichen Tatsache. Gott war in seiner befreienden Macht auf den Schauplatz getreten, und der Feind war ganz zu Schanden gemacht. Alle „sahen diese Männer, über deren Leiber das Feuer keine Macht gehabt hatte; und das Haar ihres Hauptes war nicht versengt, und ihre Beinkleider waren nicht verändert, ja, der Geruch des Feuers war nicht an sie gekommen“ (V 27). Gott war verherrlicht, und seine teuren Diener gingen völlig unbeschädigt aus dem glühenden Ofen hervor.

Doch noch eine weitere Ehre wurde diesen mutigen Bekennern zu Teil. „Nebukadnezar antwortete und sprach: Gelobt sei der Gott Schadrachs, Meschachs und Abed–Negos, der seinen Engel gesandt und errettet hat seine Knechte, die auf Ihn vertraut und des Königs Wort verändert und ihre Leiber hingegeben haben, um keinem Gott zu dienen, denn ihrem Gott“ (V 28). Welch ein schönes Zeugnis empfangen diese Männer aus dem Mund eines heidnischen Königs! Ihre unerschütterliche Treue hatte Gott Gelegenheit gegeben, seine Macht zu offenbaren, so dass Nebukadnezar gezwungen wurde, Ihn zu loben und anzuerkennen und seinen Namen – denn Er schämt sich nicht, ihr Gott zu heißen – mit dem seiner treuen Diener in Verbindung zu bringen. Er nennt Ihn den Gott Schadrachs, Meschachs und Abed–Negos und gibt Befehl, dass ein jeder, der wider diesen Gott eine Lästerung ausspricht, in Stücke zerhauen und sein Haus zu einem Schutthaufen gemacht werde (V 29). Doch ach, das folgende Kapitel Zeigt uns, wie wenig das Gewissen Nebukadnezars durch diese herrliche Offenbarung der Macht Gottes getroffen, wie wenig sein Herz erreicht war, es waren nur vorübergehende Gefühle, die gleich einer Morgenwolke an seiner Seele vorüberzogen und verschwanden.

Was die Stellung des Überrestes in diesem Kapitel betrifft, so ist dieselbe, wie schon oben angedeutet, eine andere wie in den beiden vorigen Kapiteln. In dem ersten Kapitel sahen wir seine Treue auf eine harte Probe gestellt. Doch er bestand dieselbe und verunreinigte sich nicht mit der Speise des Königs und dem Wein seines Trankes. Im zweiten Kapitel wurde diese Treue dadurch belohnt, dass Gott ihm in der Person Daniels den Geist der Prophezeiung verlieh: er hatte Verständnis in den Absichten und Offenbarungen Gottes. In diesem Kapitel endlich finden wir die Treue, die sich mit aller Entschiedenheit weigert, einen anderen als den allein wahren Gott anzuerkennen, und zugleich die Offenbarung des Interesses, das Gott an den Seinen nimmt, sowie seiner Macht, um sie aus der Trübsal zu befreien.

Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die in diesem Kapitel erzählten Ereignisse uns nicht nur deshalb mitgeteilt sind, um den schrecklichen Abfall eines einzelnen Menschen zu zeigen, sondern dass sie, wie schon oben angedeutet, das große charakteristische Kennzeichen der ganzen babylonischen Herrschaft und im weiteren Sinne auch der folgenden Weltreiche bilden. Die Herrschaft oder die Zeit der Nationen dauert noch immer fort, und ich glaube, dass am Ende dieser Zeit dieselben Dinge mit ebenso großer Kraft in die Erscheinung treten werden. Das Buch der Offenbarung belehrt uns, dass der letzte, große König seine ganze Autorität dazu benutzen wird, den Menschen das aufzuzwingen, was die Religion jener Tage genannt werden wird. Gleichwie es die erste Handlung der heidnischen Herrschaft war, als „Gott ihr Macht und Ehre und Stärke gegeben“ hatte, so wird es auch die letzte sein. Dieselbe Erscheinung, der wir hier in Daniel begegnen, wird sich auch am Ende zeigen, und es werden Personen aus demselben Geschlecht dieser heidnischen Abgötterei Widerstand leisten. Wie es hier ein treuer Überrest aus Israel war, der sich dem Befehl des gottlosen Königs nicht unterwarf, so werden auch die Träger des letzten Zeugnisses diesem Volk angehören. Das solange verworfene und zertretene Israel wird dann wieder ein Gegenstand der Handlungen Gottes sein und wird die Ankunft seines Messias und die Aufrichtung des Reiches in Macht und Herrlichkeit erwarten. Die Kirche oder Versammlung hat zu jener Zeit ihren irdischen Schauplatz verlassen und ist für immer mit ihrem himmlischen Bräutigam droben vereinigt (Fortsetzung folgt).

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