Botschafter des Heils in Christo 1880

"Also bleibt eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig"

In dem 4. Kapitel des Briefes an die Hebräer weist der Apostel die Gläubigen auf die Ruhe hin, die noch für das Volk Gottes bleibt. Diese Ruhe ist nicht die Ruhe des Herzens oder des Gewissens, sondern die Ruhe, welche unser in dem Himmel wartet. Es gibt eine Ruhe des Herzens und eine Ruhe des Gewissens, doch darum handelt es sich hier nicht. Ein jeder, der als ein Mühseliger und Beladener zu Jesu gekommen ist, hat Ruhe für seine Seele erhalten. Jeder, der sein Vertrauen auf das allgenügsame Opfer Jesu setzt, hat ein freies und reines Gewissen und kann mit aller Freimütigkeit in der heiligen Gegenwart Gottes erscheinen. Doch davon ist in Hebräer 4 nicht die Rede. Die Ruhe, welche bleibt für das Volk Gottes, ist ein Teilnehmen an der Ruhe Gottes selbst. „Denn wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ruht auch von seinen Werken, gleich wie Gott von seinen eignen.“ Unmöglich kann es sich daher hier um das Ruhen der Seele, von den Werken des Gesetzes und den eitlen Anstrengungen der Eigengerechtigkeit handeln.

Die Beweisführung des Apostels ist bemerkenswert. Er ermahnt die Hebräer, da eine Verheißung, in seine Ruhe einzugehen, hinterlassen ist, nicht zurückzubleiben. So war es den Israeliten in der Wüste ergangen. Sie waren aus Ägypten erlöst und durch das rote Meer geführt worden und wanderten durch die Wüste nach Kanaan; in Folge ihres Unglaubens jedoch gelangten sie nicht in das gelobte Land; die meisten von ihnen starben in der Wüste. Wie nun jenen eine frohe Botschaft verkündigt wurde – dass sie nämlich in das gelobte Land, das von Milch und Honig floh, kommen sollten – so ist auch uns die frohe Botschaft verkündigt worden, dass wir, die geglaubt haben, in die Ruhe eingehen sollen. Das Vorbild der Israeliten in der Wüste ist daher eine ernste Warnung für uns.

Doch in welche Ruhe gehen wir, die geglaubt haben, ein? Nicht in die Ruhe des siebenten Tages. „Denn“, sagt der Apostel, „Er hat irgendwo von dem siebenten Tage also gesprochen: Und Gott ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken.“ Und an dieser Stelle wiederum: „Wenn sie in meine Ruhe eingehen werden ..“ (V 4–5). Wäre die Ruhe des siebenten Tages die Ruhe, welche Gott hier im Auge hat, so würde Er später nicht von einer anderen Ruhe sprechen können. Worin bestand die Ruhe des siebenten Tages? Es war die Ruhe Gottes, als Schöpfer, nachdem Er in sechs Tagen den Himmel und die Erde gemacht hatte, so wie sie jetzt sind. Als der Mensch gebildet war, waren die Werke Gottes, im Blick auf diese Schöpfung, vollendet; alles, was Gott gemacht hatte, war sehr gut, und der Herr ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken. Doch diese Ruhe hat leider nur einige Augenblicke gewährt. Die Sünde kam in die schöne Schöpfung Gottes und verdarb alles. Der Mensch fiel von Gott ab und kam unter die Herrschaft Satans. Konnte der Herr unter solchen Umständen seine Ruhe bewahren? Unmöglich. Er begann sogleich wieder zu wirken, und sein erstes Werk bestand darin, dass Er Schürzen von Tierfell machte, um damit die Nacktheit von Adam und Eva zu bedecken. Von jenem Augenblick an wirkt Gott wieder und wird dieses solange tun, bis alle seine Pläne und Ratschlüsse erfüllt und alles unter ein Haupt, nämlich unter Christus, zusammengebracht sein wird. Der Herr Jesus selbst sagt: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke“ (Joh 5,17).

Die Ruhe der ersten Schöpfung ist gestört worden und kehrt nie wieder zurück. Es kommt eine andere Ruhe. Welche Ruhe? Die Ruhe von Kanaan? O nein. Wäre dies die Ruhe gewesen, die Gott seinem Volk schenken wollte, so würde David, solange Zeit nach dem Einzug der Kinder Israel in das gelobte Land, nicht von einem anderen Tage gesprochen haben. „Denn wenn Josua sie in die Ruhe gebracht hätte, so würde er danach nicht von einem anderen Tage reden“ (V 8). Die Ruhe, welche dem Volk Gottes bleibt, ist daher weder die Ruhe des siebenten Tages, noch auch die Ruhe von Kanaan – es ist eine Ruhe, nicht hienieden, sondern droben bei dem Herrn, in dem herrlichen Haus des Vaters. Welch eine Ruhe wird das sein! Die Ruhe der ersten Schöpfung ist gestört, die Ruhe von Kaiman nie genossen worden – diese Ruhe bleibt ununterbrochen fortbestehen; sie kann nicht gestört werden. Es ist die Ruhe Gottes selbst. Wie Er einst von den Werken der ersten Schöpfung ruhte, so wird Er auch bis in Ewigkeit ruhen, nachdem alles erfüllt ist, was Er sich vorgenommen hat zu tun – nachdem die Sünde mit ihren Folgen verschwunden und ein neuer Himmel und eine neue Erde gekommen sein werden, in denen Gerechtigkeit wohnt. Und an dieser Ruhe Gottes sollen wir teilnehmen. „Also bleibt noch eine Sabbatruhe dem Volk Gottes. Denn wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ruht auch von seinen Werken, gleich wie Gott von seinen eigenen“ (V 9–10).

Wie unaussprechlich herrlich ist diese Aussicht! Wir sollen ruhen von unseren Werken, wie Gott von den Seinen, und uns ungestört in der glückseligen Gemeinschaft des Herrn erfreuen. Unaufhörlich werden wir seine Liebe betrachten, seine Werke bewundern und seine Pläne und Ratschlüsse ergründen; von Ewigkeit zu Ewigkeit werden wir seinen Ruhm erzählen. Sein Lob verkündigen und Ihm Ehre und Herrlichkeit, Dank und Anbetung bringen. Obwohl wir dort nicht mehr wirken, weil alles in Ordnung, alles vollkommen sein wird, so werden wir doch nicht untätig sein, sondern fortwährend den Thron Gottes und des Lammes umringen und Ihm Lob, Ehre und Herrlichkeit bringen. Welche eine Freude wird das sein! Unser Herz verlangt nach dieser herrlichen Zeit. Unsere Augen erheben sich nach Oben, um zu sehen, ob der Herr noch nicht kommt, um uns abzuholen und in unsere glückselige und ewige Heimat zu bringen. Solange wir noch auf der Erde sind, wirken wir, eifrig und treu, als Knechte des Herrn, indem wir Ihm nachfolgen, der allezeit wirkte, weil der Vater dieses auch tat. Doch bald kommt die Ruhe – die ewige Ruhe – die Sabbatruhe, welche dem Volk Gottes bleibt. Danach sehnt sich der müde Pilger, und mit wachsendem Verlangen ruft er: „Amen! komm, Herr Jesu!“

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel