Botschafter des Heils in Christo 1880

Was ist Glaube?

Der Glaube urteilt so, wie Gott urteilt. Er sieht die Sünde im Licht der Heiligkeit Gottes und lernt dann die Gnade kennen, die im Herzen des Vaters ist. Der Gläubige „versiegelt, dass Gott wahrhaftig ist.“ Der Glaube ist das Einzige, was Gewissheit geben kann. Es mag richtig sein, nach Beweisen zu fragen, wenn es sich um die Dinge dieser Welt handelt; aber sobald Gott spricht, glaubt der Glaube seinem Wort. Er „versiegelt“, nicht dass dieses oder jenes möglich ist, sondern „dass Gott wahrhaftig ist.“ „Abraham glaubte Gott“ (nicht an Gott, obgleich das auch wahr ist); er glaubte, dass das, was Gott sagte, die Wahrheit sei.

Wie spricht Gott nun zu mir, wenn ich an seinen Sohn glaube? Er sagt mir, dass Er „meiner Sünden und Gesetzlosigkeiten nie mehr gedenken“ will. Ich glaube das. Ferner sagt mir Gott: „Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben.“ Auch das glaube ich. Es wäre Sünde, daran zu zweifeln. Dasjenige nicht zu glauben, dessen Er mich versichert, wäre ein Unrecht gegen Gott. Sobald ich ein Kind Gottes bin, stehe ich kraft des Blutes des Lammes in seiner Gegenwart ohne einen Flecken von Sünde. Der Glaube glaubt dies, weil Gott es sagt. Wollte ich in dem Kleid meiner eignen Gerechtigkeit vor Ihm erscheinen, so würde ich nicht bestehen können. Es würde in Fetzen Zerreißen. Doch es ist nicht meine Gerechtigkeit, sondern das Blut Christi, welches mich passend macht für die heilige Nähe Gottes, und es handelt sich darum, wie hoch Gott den Wert dieses Blutes schätzt. Was sagt mir sein Wort hierüber? Was hat das Blut Christi getan? Hat es mich gereinigt von der Hälfte meiner Sünden? Nein, „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigt uns von aller Sünde.“ Ferner lese ich: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater; Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in die Zeitalter der Zeitalter!“ Handelt es sich hier um einen Teil meiner Sünden? Es heißt einfach: „der uns gewaschen hat von unseren Sünden.“ Weiter höre ich, dass Gott uns „begnadigt hat in dem Geliebten, in welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen.“ Er hat uns „errettet aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.“ Lerne ich auf der einen Seite den Wert des Blutes des Lammes in den Augen Gottes kennen, so erfahre ich auf der Anderen, dass dies alles die Liebe des Vaters zur Quelle hat.

Hierin also liegt Trost und Friede, wenn wir versiegeln, dass Gott wahrhaftig ist. Und welch einen Trost gewährt die bestimmte Gewissheit der Erlösung! Sie ruht nicht auf dem, was ich in meinem Herzen finde, sondern auf der Versicherung des Wortes Gottes. Nichts gleicht der einfachen Gewissheit des Glaubens. „Wer sein Zeugnis angenommen hat, der hat versiegelt, dass Gott wahrhaftig ist.“ Bin ich in meiner Seele beunruhigt und wünsche ich, die Gewissheit von dem Besitz des Lebens zu erlangen, so habe ich nur nötig, im Glauben auf das Zeugnis Gottes zu blicken. Ich erlange dann völlige Gewissheit. Ich sage: „Gott ist wahrhaftig und kann nicht lügen.“ Das ist Glaube. Alles, was ich in mir selbst entdecke, ist nicht Glaube. Ich mag sehr beunruhigt sein, aber in meinem eignen Herzen finde ich nicht das Geringste, was mir Aufschluss – über jenes Leben geben könnte. Der Glaube beruft sich auf das Zeugnis Gottes. Wenn ich sein Zeugnis angenommen habe und auf demselben ruhe, dann ist es wichtig, mich in Betreff meiner Wege, meines Handels und Wandels zu prüfen. Aber ich suche nicht in meinem Herzen nach Gewissheit, ob das, was der Sohn Gottes mir gesagt hat, die Wahrheit ist. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen.“ In Bezug hierauf gibt es kein ferneres Suchen; ich glaube dem, der den Sohn gesandt hat, und in der Gegenwart des Vaters und des Sohnes habe ich das ewige Leben. Wer könnte mir mehr geben? Das Leben mag hienieden genährt und späterhin verherrlicht werden, aber da ist kein ferneres Suchen. Die Seele mag viele Übungen durchzumachen haben, aber die Erklärung, welche Johannes von einem Christen gibt, ist folgende: „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat“ (1. Joh 4,16).

Durch den Glauben erkennen wir, dass alles getan ist. Wir brauchen nur zu glauben. Der Glaube bringt mancherlei Früchte in uns hervor; eine wunderbare Kraft wohnt in ihm. Doch was wir zu tun haben, ist nur in glauben. Nehmen wir an, ich steckte tief in Schulden, und ein guter Freund ginge hin, bezahlte die Schulden und schickte dann einen Boten zu mir, um mich davon zu benachrichtigen. Der Bote kommt und erzählt mir, dass alle meine Schulden durch meinen Freund bezahlt seien; ich glaube ihm. Ohne Zweifel wird dieser Glaube Glück und Freude in meinem Herzen hervorbringen, aber er wird nicht hingehen und die Schuld bezahlen. So ist es auch mit der Erlösung. Die Schuld ist bezahlt; Christus hat das Werk vollbracht, und die gläubige Seele genießt die Resultate davon. Der Glaube wird in dem geübt, was schon vollendet ist. „Dasselbe ist aus Glauben, auf dass es nach der Gnade sei, dass die Verheißung dem ganzen Samen fest sei.“ Nichts bleibt für das Geschöpf, dessen es sich rühmen könnte. Es kann nichts zu dem Werk der Erlösung beitragen. Es verlässt sich einfach auf die Wahrheit Gottes.

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