Betrachtungen über den Propheten Daniel
Botschafter des Heils in Christo 1880

Betrachtungen über den Propheten Daniel - Teil 2/16

Kapitel 1. Das Kapitel beginnt mit der Schilderung der völligen Demütigung der Juden von Seiten ihrer Feinde. Das Königreich, das Gott selbst in der Person Davids errichtet hatte, kommt unter die Macht Nebukadnezars, und der König, der Gesalbte Jehovas, wird durch Jehova selbst in die Hände des Hauptes der Nationen, dem Er jetzt die Macht gegeben, überliefert. „Im dritten Jahre des Königreichs Jojakims, des Königs von Juda, kam Nebukadnezar, der König von Babel, gen Jerusalem und belagerte sie. Und der Herr gab Jojakim, den König von Juda, in seine Hand, und einen Teil der Gefäße des Hauses Gottes; und er brachte sie in das Land Sinear, in das Haus seines Gottes, und die Gefäße brachte er in das Schatzhaus seines Gottes“ (V 1–2). Die Prophezeiung Jesajas war, wie wir schon in der Einleitung bemerkten, buchstäblich in Erfüllung gegangen. Der König Hiskia hatte, anstatt nach seiner wunderbaren Errettung vom Tod mit einem demütigen Herzen in der Furcht Gottes zu wandeln, den Gesandten Merodach–Baladans, des Königs von Babel, in selbstgefälliger Weise alle die Herrlichkeiten seines Königreichs gezeigt, und deshalb wurden ihm durch den Propheten die ernsten und inhaltsschweren Worte zugerufen: „Siehe, es kommen Tage, da alles, was in deinem Haus ist, und was deine Väter aufgesammelt haben bis auf diesen Tag, wird weggeführt werden gen Babel; es wird nichts übrigbleiben, spricht Jehova. Und von deinen Söhnen, die aus dir Hervorkommen, die du Zeugen wirst, werden sie nehmen, und sie werden Kämmerer sein im Palast des Königs von Babel“ (Jes 39,5–7). Und wie wir hier lesen, ist Jojakim, der König, in die Hand Nebukadnezars gegeben; dieser lässt einen Teil der Geräte des Hauses Gottes in das Land Sinear bringen und sie in dem Haus seines Gottes aufstellen, er befiehlt Aspenas, dem Obersten seiner Kämmerer, von den Kindern Israels, sowohl von dem königlichen Samen, als auch von den Edlen, Jünglinge auszusuchen, „an denen kein Fehl sei, und die schön seien von Ansehen und klug in aller Weisheit und kenntnisreich und des Wissens kundig, und in denen Tüchtigkeit sei, im Palast des Königs zu stehen“ (V 3–4). Kann es wohl eine genauere Erfüllung der Worte Gottes geben? Konnte sich das angekündigte Gericht in buchstäblicherer Weise vollziehen?

Allein obwohl Gott seinen Grimm über sein abtrünniges Volk ausschüttete, so vergaß Er doch nicht den – kleinen Überrest, der inmitten des schrecklichen Abfalls treu festhielt an Ihm und seinen Geboten. Er wachte über diese wenigen Getreuen und brachte sie in Gunst bei denen, in deren Gewalt sie sich befanden; und dies war besonders der Fall mit Daniel und seinen drei Freunden. „Und der König verordnete ihnen den Bedarf des Tages an seinem Tag von seiner Speise des Königs und von dem Wein seines Trankes, und dass man sie erziehe drei Jahre, und dass sie am Ende derselben vor dem König stehen sollten. Und es waren unter ihnen aus den Kindern Juda Daniel, Hananja, Misael und Asarja“ (V 5–6).

Diese Verordnung des heidnischen Königs war eine ernste Prüfung für die jungen Israeliten – eine Prüfung, die nur der Glaube zu bestehen vermochte. Das fleischliche Gewissen konnte unter solchen Umständen leicht zum Schweigen gebracht werden. Wie war es möglich, als Gefangene in einem fremden Land und als Sklaven am Hof eines heidnischen Despoten nach den Geboten Jehovas zu wandeln? Und sollte Jehova dies verlangen, nachdem sie all der gesegneten Hilfsmittel ihres Landes beraubt waren? Hatte Er nicht selbst sie in Nebukadnezars Hand gegeben, in eine elende Sklaverei, die es ganz unmöglich machte, die Stellung eines Nasiräers aufrecht zu halten? Waren sie persönlich nicht schuldlos an dieser schweren Züchtigung, und erforderte nicht schon die Selbsterhaltung, sich dem Willen Nebukadnezars zu unterwerfen? So mochte die Vernunft urteilen und so das fleischliche Gewissen sich beruhigen; „aber Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, sich nicht zu verunreinigen mit der Speise des Königs und mit dem Wein seines Trankes“ (V 8). In seinem Herzen war die Furcht Jehovas und darum erwählte er in jeder Lage und um jeden Preis den Pfad des Glaubens, den Pfad der Absonderung für Ihn. Befand er sich auch, gleich den Übrigen, im fernen Land, so war doch das Wort ihm sehr nahe, in seinem Mund und in seinem Herzen, um es zu tun (Siehe 5. Mo 30,1–14). War auch sein Volk in Folge von großer Untreue in elender Sklaverei und von allen Segnungen des Landes Kanaan abgeschnitten, so blieben doch seinem Glauben die reichen Quellen der Gnade und Güte Gottes zugänglich. Inmitten der Finsternis, die ihn umgab, blieb Jehova sein Licht und seine Kraft; alle seine Quellen waren in Ihm.

Daniel hatte sich keinen Augenblick geweigert, den Namen Belsazar zu tragen, so schmerzlich es auch für ihn sein mochte, da dieser Name in Beziehung zu dem Götzen Bel stand; sobald aber durch den Befehl Nebukadnezars die Autorität Gottes in Frage kam, fasste er in seinem Herzen den festen Entschluss, sich nicht zu verunreinigen. Seine drei Gefährten, Hananja, Misael und Asarja, folgten seinem Beispiel. Sie waren überzeugt, dass auch in Babylon sie nichts verhindern könne, durch Glauben in wahrer Absonderung als Jünger des Herrn zu wandeln; und sie wurden nicht beschämt. Wie immer bekannte sich der Herr zu ihrem Glauben, der umso glänzender hervorstrahlte und umso ehrenvoller war, je dichter die Finsternis sie umgab. Mag auch der ganze Horizont mit den schwärzesten Wolken umzogen sein, der Glaube wandelt im ungetrübten Licht der Gunst und Treue Gottes, der „Seine Augen nicht abwendet von dem Gerechten“ (Hiob 36,7). Das Bewusstsein seiner Gegenwart und seines Beistandes kräftigt den Glauben und bahnt den Weg. Dies sehen wir so deutlich bei Daniel und seinen Freunden. Gott war mit ihnen und gab ihnen Gnade und Barmherzigkeit vor den Augen des Obersten der Kämmerer, so dass dieser der Bitte Daniels, sie Zehn Tage zu versuchen, willfahrte. Und was war der Erfolg? „Am Ende der Zehn Tage erschienen ihre Gestalten schöner und genährter an Fleisch, denn alle die Jünglinge, welche die seine Speise des Königs aßen“ (V 15). Ihr Vertrauen wurde also reichlich belohnt. Doch Gott zeigte in einer noch augenscheinlicheren Weise seine Anerkennung ihres Verhaltens.

„Und diese vier Jünglinge – ihnen gab Gott Kenntnis und Verstand in aller Schrift und Weisheit; und dem Daniel gab er Verstand in allen Gesichten und Träumen“ (V 17). Gott bekennt sich zu denen, die Ihn bekennen. Daniel und seine Freunde hatten den Pfad der Absonderung für Jehova inmitten des gänzlichen Verfalls ihres Volkes und unter den schwierigsten Umständen erwählt, und der Herr war mit ihnen. Sie hatten sich gereinigt von den Gefäßen der Unehre und waren deshalb ein Gefäß zur Ehre, geheiligt, dem Hausherrn nützlich und zu allem guten Werke bereitet (2. Tim 2,21). Welch eine ernste Unterweisung für den Christen in diesen letzten, bösen Tagen, inmitten des traurigen Verfalls der Kirche!“ Wie groß auch die Finsternis um uns her sein mag, der, Glaube des unterwürfigen Bekenners findet immer einen Pfad, um in Ergebenheit zu wandeln, findet zu jeder Zeit und unter allen Umständen in dem Herrn das, was er bedarf. Er ist die Quelle unserer Kraft, und sein Wort die Leuchte für unsere Füße und das Licht auf unserem Pfad. Und wie der Herr in seiner treuen Fürsorge in Bezug auf die gegenwärtige Zeit gesagt hat: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20), so war Er auch mit jenen vier Jünglingen und versorgte sie in allem. Er befähigte sie zu ihrem Werk, Er rüstete sie aus mit Weisheit und Kraft und machte sie zu einem hellglänzenden Zeugnis inmitten einer finsteren Welt. Er gab ihnen, was sie nie, selbst durch ein unausgesetztes Studium in den Schriften der Chaldäer, nie durch die weisesten Lehrer erlangt hätten; denn die wahre Weisheit kommt allein von Oben. Wer unter den Menschen könnte Gesicht und Träume deuten, das Verborgene offenbaren und das zukünftige mitteilen, wenn nicht Gott ihn dazu befähigt? Seine Geheimnisse aber sind für die, so Ihn fürchten. Er gab seinen treuen Bekennern einen neuen glänzenden Beweis, dass Er mit ihnen war, und zugleich eine köstliche Ermunterung, zu aller Zeit allein auf Ihn zu vertrauen. Am Ende der drei Jahre redete der König mit ihnen, „und aus ihnen allen ward niemand gefunden wie Daniel, Hananja, Misael und Asarja; und sie standen vor dem König. Und in allen Sachen von Weisheit des Verstandes, die der König von ihnen begehrte, fand er sie zehnmal über allen Schriftgelehrten und Beschwörern, die in seinem ganzen Königreich waren“ (V 19–20). das war das gesegnete Ergebnis ihrer Absonderung und zugleich ein unzweideutiges Zeugnis von der Dazwischenkunft und Treue Gottes. Kapitel 2.

Die erste Hälfte dieses Kapitels zeigt uns, wie unzulänglich alles menschliche Wissen und alle menschliche Weisheit, wie ohnmächtig das Geschöpf gegenüber seinem Schöpfer ist. Nebukadnezar, der König der Könige, muss erkennen, dass alle seine Schriftgelehrten und Beschwörer, auf die er ein so großes Vertrauen setzte, nichts sind. Alle ihre Weisheit und Zauberei ist nicht vermögend, seine für ihn so wichtige Frage zu beantworten und sein geängstigtes Gemüt zu beruhigen. Er muss erfahren, dass Daniel, der Jude, der arme Gefangene, allem befähigt ist, Licht in das Dunkel zu bringen, und er muss bekennen, dass der Gott Daniels „ein Gott der Götter, ein Herr der Herren und ein Offenbarer der Geheimnisse ist“ (V 47). Gott selbst belehrt ihn, dass die Weisheit der Menschen Torheit ist vor Gott, und lässt ihn zugleich verstehen, dass Er sich zu seinem Volk bekennt, obwohl Er es seiner Herzenshärtigkeit wegen für eine Zeit dem Gericht übergeben musste, und dass Er das arme, verachtete Häuflein zu Mitwissern seiner Gedanken und Ratschlüsse macht. Wohl mag Gott für eine Zeit „Königreich, Macht und Stärke und Ehre“ den Händen der Nationen übergeben haben, aber seine Zuneigungen und die Offenbarung seiner Geheimnisse sind stets, selbst in der Stunde der Erniedrigung, das Teil der Seinen.

Nebukadnezar träumt einen Traum; Gott tut ihm in einem Gesicht kund, wie der Lauf der Ereignisse auf der Erde sich gestalten werde. Der König erwacht, kann sich aber der Einzelheiten seines Traumes nicht mehr entsinnen. Sein Geist ist bestürzt, und er lässt die Schriftgelehrten, die Beschwörer, die Zauberer und die Chaldäer zu sich rufen und sagt zu ihnen: „Ich habe einen Traum geträumt, und mein Geist ist bestürzt, den Traum zu wissen.“ Den armen Weisen aber erging es nicht besser; auch sie wurden bestürzt. Hätte der König ihnen seinen Traum erzählen können, so würden sie vielleicht um eine Deutung nicht verlegen gewesen sein; aber den Traum selbst zu wissen – das ging weit über die Grenzen ihrer Fähigkeit hinaus. „Sage deinen Knechten den Traum, so werden wir die Deutung anzeigen“, gaben sie dem König zur Antwort; und weder die ernstesten Drohungen, noch die schönsten Versprechungen vermögen etwas anderes aus ihnen herauszubringen als das trostlose Bekenntnis: „Kein Mensch ist auf dem Erdboden, der des Königs Wort sollte anzeigen können, weil kein großer und mächtiger König ist, der eine solche Sache gefordert von irgendeinem Schriftgelehrten oder Beschwörer oder Chaldäer. Denn die Sache, die der König fordert, ist außerordentlich, und es ist kein anderer, der sie dem König anzeigen kann, denn die Götter, deren Wohnung bei dem Fleisch nicht ist“ (V 10–11). Darin nun hatten die Weisen Recht; es gab in der Tat keinen Menschen auf dem ganzen Erdboden, der die Forderung des Königs hätte erfüllen können. Aber der Gott des Himmels weiß alles; Er kennt den Lauf und den Ausgang der menschlichen Geschicke bei ihrem Anfang, und Er kann sich denen offenbaren, die in Ergebenheit und Gehorsam vor Ihm wandeln und in der Kraft des Glaubens und mit Selbstverleugnung von dem Verderben in Babel sich absondern; und Er tut es auch. Deshalb haben diese eine weit größere Einsicht, als die weisesten Philosophen der Welt.

„Deswegen ward der König zornig und sehr ergrimmt und sprach, dass man alle Weisen Babels umbringe ... Auch suchte man Daniel und seine Genossen, um sie zu töten“ (V 12–13). Als aber Daniel durch Arioch, den Obersten der Trabanten, davon in Kenntnis gesetzt war, „ging er hinein und erbat vom König, dass er ihm eine bestimmte Zeit geben möge, um dem König die Deutung anzugeben“ (V 16). Beachten wir es wohl! Er verspricht dem König von vorn herein eine Deutung des Traumes, obwohl er denselben ebenso wenig kannte, als die armen Weisen Babels. Allein Daniel vertraute auf Gott; er richtete seinen Blick zu dem hin, der alle Dinge weiß und der die Seinen, die auf Ihn vertrauen, nie beschämt werden lässt. Seiner eigenen Schwachheit und seines Unvermögens, dem König zu antworten, sich bewusst, geht er in sein Haus und teilt „die Sache seinen Genossen, Hananja, Misael und Asarja, mit, dass sie von dem Gott des Himmels Barmherzigkeit erbitten möchten wegen dieses Geheimnisses“ (V 17–18). Hier finden wir diese Männer auf dem wahren Platz, an der Quelle der Weisheit und der Kraft. Mit vertrauensvollem Flehen zum Himmel aufzublicken, war der einzige Weg, um ein wahres Verständnis über die Schicksale der Erde zu erlangen. „Dazumal ward dem Daniel in einem Nachtgesicht das Geheimnis offenbart“ (V 19). Anbetungswürdige Treue Gottes!

Welchen Weg schlägt nun Daniel, nachdem er das Geheimnis wusste, zunächst ein? Möge es sich unseren Herzen tief einprägen und uns zur Nachahmung ermuntern! Er geht zunächst weder zu seinen drei Freunden, noch zum König, sondern wendet sich mit Lob und Dank zu dem Gott, der ihr Flehen erhört hat. „Da lobte Daniel den Gott des Himmels.“ Das ist es, was dem Geschöpf geziemt, und wodurch beide, der Geber und der Empfänger, an ihren wahren Platz gestellt werden, und das ist es auch, was uns vor Selbstüberhebung und Hochmut bewahrt. Es sind beherzigenswerte Worte, die dem Mund Daniels entströmen; alle Ehre wird Gott, als der Quelle aller Macht und Weisheit, zugeschrieben. Wir lesen in Vers 20–23: „Der Name Gottes sei gelobt – von Ewigkeit zu Ewigkeit, denn Weisheit und Kraft – sie sind sein. Und Er ändert Zeiten und Stunden, setzt Könige ab und setzt Könige ein; Er gibt Weisheit und Kenntnis denen, die Verstand haben. Er offenbart das Tiefe und das Verborgene; Er weiß, was im Finsteren ist, denn bei Ihm wohnt das Licht. Dich, Gott meiner Väter, preise und lobe ich, dass du mir Weisheit und Kraft gegeben und mir kundgetan, was wir von dir erbeten haben; denn die Sache des Königs hast du uns kundgetan.“

Der Inhalt dieses schönen Lobgesangs ist so einfach, dass er dem Verständnis des Lesers keinerlei Schwierigkeit darbietet, es seien denn die Worte: „Er gibt den Weisen Weisheit und Kenntnis denen, die Verstand haben.“ Es ist dies ein sehr wichtiger Grundsatz. Sicher blickt der Herr mit Mitleiden auf den Unwissenden und erweist seine Güte denen, die kein Verständnis haben; aber Daniel spricht hier von der Regierung Gottes in Bezug auf solche, deren Herzen für Ihn schlagen, die weise und verständig sind. Denselben Grundsatz vernehmen wir aus dem Mund des Herrn: „Denn jeglichem, der da hat, wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben, von dem aber, der nicht hat, von dem wird auch, was er hat, genommen werden“ (Mt 25,29). Es ist höchst gefährlich, auf dem Pfad der Erkenntnis in den Wegen Gottes einzuhalten, und ein großer Irrtum, wenn man denkt, auf diesem Pfad eine Zeitlang ausruhen oder stillstehen zu können. Man geht entweder vorwärts und empfängt immer mehr Licht und Verständnis, oder man geht zurück, und das Licht, das man bis dahin besaß, wird schwächer und schwächer, bis man zuletzt nichts mehr klar unterscheiden kann; hier gibt es keinen Stillstand.

Doch kehren wir zu dem Gegenstand unserer Betrachtung zurück. Nachdem Daniel sein Gebet beendet hatte, eilte er zu Arioch, dem Obersten der Trabanten, und sprach zu ihm: „Bringe die Weisen Babels nicht um; bringe mich vor den König, und ich werde dem König die Deutung anzeigen. Da brachte Arioch mit Eile den Daniel vor den König“ (V 24–25). Die Antwort Daniels auf die Frage des Königs: „Bist du vermögend, mir den Traum, den ich gesehen, und seine Deutung kund zu tun?“ ist von außerordentlicher Schönheit; sie Zeugt von einem wirklich demütigen Herzen. Die wahre Erkenntnis in den Wegen Gottes ist immer von wahrer Demut begleitet. Menschliche Gelehrsamkeit mag aufblähen, aber ein geistliches Verständnis der Gedanken und Wege Gottes bewirkt das Gegenteil. Daniel antwortet dem König: „Das Geheimnis, das der König fordert, können Weise, Beschwörer, Schriftgelehrte und Sterndeuter dem König nicht anzeigen. Doch es ist ein Gott im Himmel, der Geheimnisse offenbart, und Er hat dem König Nebukadnezar kundgetan, was am Ende der Tage geschehen wird. Mir aber ist das Geheimnis offenbart, nicht durch die Weisheit, die in mir wäre vor allen Lebendigen, sondern darum, dass man dem König die Deutung kundtue, und dass du deines Herzens Gedanken wissen mögest“ (V 27–30). Es ist bemerkenswert, dass Daniel sagt, Gott habe Nebukadnezar die kommenden Ereignisse kundgetan, während er es doch war, der die Offenbarung empfangen hatte. Vielleicht wollte er den König darauf aufmerksam machen, welches Interesse Gott an ihm nahm; jedenfalls aber zeigt es uns, wie sehr Daniel sich verbirgt und Gott in den Vordergrund stellt, damit Ihm allein alle Ehre zu Teil werde; aber indem er dieses tut, wird es offenbar, dass Gott in ihm ist. Welch eine Ehre und welch ein gesegneter Platz für Daniel! Doch wenden wir jetzt unsere Aufmerksamkeit auf den Traum Nebukadnezars und seine Deutung (Fortsetzung folgt).

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