Himmel und Erde
Botschafter des Heils in Christo 1880

Himmel und Erde - Teil 2/3

Das 2. und 3. Kapitel der Offenbarung enthalten eine Fülle von Ankündigungen himmlischer Freuden und Herrlichkeiten. Die in denselben gemachten Verheißungen enthüllen vor unseren Augen in heiliger und genauer Ordnung die Dinge, welche in den zukünftigen Tagen das Teil der himmlischen Heiligen sein werden.

Ephesus – „Dem, der überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, der in dem Paradies Gottes ist.“

Dies ist die einfachste Form der Verheißung. Sie sagt dem Heiligen, dass er sich, wenn wir so sprechen dürfen, von dem Kern oder dem Mark des ewigen Lebens nähren wird. Denjenigen, welche außerhalb sind, werden die Blätter desselben Baumes zur Heilung dienen (Off 22), doch die himmlischen Heiligen sollen mehr besitzen. Ihr Teil ist die Frucht des Baumes selbst, die ihnen nicht gebracht wird, sondern welche sie sich gleichsam mit eignen Händen inmitten des Gartens Gottes sammeln. Es deutet dies, wie ich nicht zweifle, auf die stete Frische dieses Lebens hin. Jesus sagt: „Weil ich lebe, werdet auch ihr leben.“ Die himmlischen Heiligen nehmen, wie in der Verheißung an Ephesus ausgedrückt wird, unmittelbar Anteil an dem Baum des Lebens. Das ist ihr besonderes Teil; sie empfangen Leben aus der Quelle selbst und nähren sich von ihr.

Smyrna – „Sei getreu bis zum Tod, und ich will dir die Krone des Lebens geben. ... Wer überwindet, wird gar nicht beschädigt werden von dem zweiten Tod.“

Diese Verheißung geht über die vorhergehende in etwa hinaus. Dort wurde das Leben betrachtet, als in seiner reichsten Form mitgeteilt, hier bei Smyrna sehen wir es gewonnen. Die Versammlung von Smyrna wurde schwer geprüft. Einige wurden ins Gefängnis geworfen; alle befanden sich in großer Drangsal. Sie hatten vieles zu leiden, aber es wird ihnen, wenn sie treu sind bis zum Tod, die Krone des Lebens verheißen. Jakobus spricht hiervon in ähnlicher Weise: „Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Er verheißen hat denen, die Ihn lieben“ (Kap 1,12). Hier wird die Krone des Lebens denen verheißen, welche die Prüfung erdulden. Es ist die Freude des Herrn, den Glauben seiner Heiligen anzuerkennen; wenn sie gezeigt haben, dass sie in dieser Welt ihr Leben nicht liebten, so wird es sein, als wenn sie es in der zukünftigen gewonnen hätten. Das Leben wird dort für sie eine Krone sein, der herrliche Lohn dafür, dass sie es hier nicht liebten.

Pergamus – „Dem, der überwindet, dem will ich von dem verborgenen Manna geben, und ich will ihm einen weißen Stein geben, und auf den Stein einen neuen Namen geschrieben, den niemand kennt, als wer ihn empfängt.“

Eine neue Quelle der Freude wird hier vor uns aufgeschlossen – der Genuss der persönlichen Zuneigung und Liebe des Herrn, eine Gemeinschaft mit Ihm, wie sie nur von Herzen erkannt und verstanden wird, die in jenen Freuden und Erinnerungen, in welche sich kein Fremder mischen kann, auf das engste mit einander verbunden sind. Davon wird hier zu dem treuen Überrest in Pergamus gesprochen. Er hatte den Glauben an Ihn inmitten der Schwierigkeiten bewahrt und an seinem Namen festgehalten. Seine Belohnung besteht in den köstlichen Zeichen persönlicher Zuneigung, welche das süße Bewusstsein und die bestimmte Überzeugung wecken, dass das Herz des Herrn mit ihm verbunden ist. Er wird den Gläubigen „küssen mit den Küssen seines Mundes.“ Es ist das verborgene Manna, von welchem der Gläubige sich hier nährt, und der Stein, der ihm gegeben wird, trägt einen Namen, den niemand kennt, als wer ihn empfängt. Dies drückt persönliche Zuneigung aus. Es handelt sich hier nicht um öffentliche Freude, sondern um die Wonne, welche das Herz fühlt in dem bewussten Besitz der Liebe des Herrn. Welch ein herrlicher Charakter der Freude! In Ephesus und Smyrna sahen wir den Besitz des Lebens in Überfluss und in Ehre, hier in Pergamus begegnen wir dem gesegneten Bewusstsein der persönlichen Zuneigung des Herrn.

Thyatira – „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem will ich Gewalt geben über die Nationen; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße Zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe; und ich will ihm den Morgenstern geben.“

Hier kommen wir zu öffentlichen Szenen, in welchen sich Macht und Herrlichkeit entfalten. Die Heiligen sollen die Gefährten des Herrn sein, wenn Er erscheinen wird, um seine Feinde zu dem Schemel seiner Füße zu machen, oder – um mit den Worten des 2. Psalms zu reden – sie mit eisernem Zepter zu zerschmettern und wie Töpfergefäße zu zerschmeißen. Er wird seine Macht entfalten, wenn Er die Herrschaft übernimmt. Er wird alles ausrotten, was mit dem Reich nicht in Übereinstimmung ist. Er wird das Schwert um seine Hüfte gürten wie David, ehe Er den Thron besteigt gleich Salomo (Ps 45). Er wird richten und Krieg führen in Gerechtigkeit, ehe das tausendjährige Reich beginnt (Off 19). Und in dieser Ausübung seiner Macht und Entfaltung. Seiner Herrlichkeit werden die Heiligen, wie uns hier mitgeteilt und verheißen wird, bei Ihm sein. Dies ist gesegnet an seinem Platz und wird uns zu seiner Zeit gegeben werden; denn nach dem Leben und der persönlichen, verborgenen Freude beginnt die Einführung der öffentlichen Herrlichkeiten.

Sardes – „Sie werden einhergehen mit mir in weißen Kleidern, denn sie sind es wert. Wer überwindet, der wird mit weißen Kleidern bekleidet werden, und ich will seinen Namen nicht auslöschen aus dem Buch des Lebens und will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.“

Dies geht noch einen Schritt weiter in die Szenen der Herrlichkeit hinein. Die Rache ist vollzogen, das Schwert dessen, der auf dem weißen Pferd sitzt, hat sein gerechtes Werk vollbracht, die Töpfergefäße sind zerschmettert, und das Reich ist gekommen. Hier verheißt Jesus seinen Getreuen, dass Er sie bekennen will vor seinem Vater und seinen Engeln. Es handelt sich hier nicht um die Errettung von dem Gericht, oder um die Erlösung ihrer Seelen, sondern um ihre öffentliche Anerkennung vor den versammelten Würdenträgern des Reiches. Der Herr verheißt ihnen, dass sie wandeln sollen mit Ihm in weißen Kleidern, „denn sie sind es wert.“ Dieselbe Hand, welche jetzt in Gnade ihre Füße wäscht, wird sie dann bekleiden; der Herr selbst wird in inniger, vertrauter Gemeinschaft mit ihnen die Reiche der Herrlichkeit durchwandeln.

Welch ein neuer, herrlicher Charakter der Freude ist dieses! In wie mannigfaltiger Weise schildert uns der Geist Gottes die zukünftigen Freuden der Gläubigen! Das Leben, die Liebe, die Herrlichkeit, der Baum und die Krone des Lebens, der weiße Stein, das Unterpfand der innigen Liebe des Herrn, Gemeinschaft mit dem König der Herrlichkeit auf seinen Wanderungen durch die glückseligen, herrlichen Gefilde seiner Herrschaft – alles das ist aufbewahrt für sie. Doch noch mehr als das hat der Geist den Versammlungen zu sagen.

Philadelphia – „Wer überwindet, den will ich zu einer Säule machen in dem Tempel meines Gottes, und er wird nicht mehr hinausgehen; und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen neuen Namen.“

Wir haben soeben den Erben des Reiches als den Begleiter des Herrn gesehen, wandelnd mit Ihm in weißen Kleidern und anerkannt vor dem Vater und vor den Engeln; hier finden wir die Verheißung, dass der Getreue seinen Platz in dem System der Herrlichkeit selbst haben soll. Er soll zu jener herrlichen Ordnung von Königen und Priestern gehören, welche der ganzen Szene ihren Charakter geben werden, indem jeder von ihnen eine Säule in dem Tempel ist und als zu der Stadt gehörend bezeichnet wird. Welch hohe und heilige Würden! Ein jeder der Gläubigen füllt seinen Platz aus in dem Tempel und in der Stadt, ein jeder ist ein Glied jenes königlichen Priestertums, welches in den Himmeln, dort wo das neue Jerusalem ist und sein Licht ausstrahlt, errichtet wird. Welch eine Ehre wird dem verachteten Häuflein zu Teil! Ein jeder von ihnen tragt einen Teil der Herrlichkeit in sich selbst; ein jedes Gefäß ist nötig zu dem vollkommenen Ausdruck des Lichtes des neuen Jerusalem und bildet einen notwendigen Bestandteil der Fülle dessen, der alles in allem erfüllt. Als König und Priester hat ein jeder einzelne seinen besonderen Platz und Rang in dem Tempel und der Stadt, dem Salem des wahren Melchisedek. Welch ein erhabener, würdevoller Platz! Wahrlich, die Liebe findet ihre Wonne darin, zu zeigen, was sie tun kann und tun will. Hätten wir nur Herzen, die diese Dinge zu schätzen verständen! Sie erzählen uns von jener Liebe, die solche Ratschlüsse in Bezug auf uns gefasst hat, und welch erhabeneren und beglückenderen Gedanken könnte es selbst in Betreff der Herrlichkeit geben, als den, dass sie die Art und Weise ist, in welcher die Liebe uns sehen lasst, was sie für ihre Auserwählten tun will?

Laodizea – „Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.“

Diese Verheißung erreicht, obwohl sie scheinbar die erhabenste ist, nicht die Höhe der vorhergehenden. Sie entspricht dem Zustand der Versammlung in Laodizea. Wohl verheißt sie dem, der überwindet, einen Platz in der himmlischen Herrlichkeit, ja das Sitzen auf dem Thron des Herrn selbst, aber sie enthält nichts von dem innigen, persönlichen Vertrautsein mit Jesu, von dem Wandel mit Ihm in weihen Kleidern oder endlich von dem bevorzugten Platz in dem Tempel und der Stadt Gottes. Immerhin aber ist es eine herrliche, köstliche Verheißung.

Außerordentlich große Dinge sind bei der Betrachtung dieses wunderbaren Teiles der Schrift vor unseren Augen vorübergegangen: Der Baum und die Krone des Lebens – das verborgene Manna und der weiße Stein – der Morgenstern – der Wandel mit Jesu durch die herrlichen Räume des Himmels – das Wohnen in dem Tempel und der Stadt und endlich das Sitzen auf seinem Thron. Sicherlich, wenn Jesus hochgeschätzt wird, so werden auch alle diese Dinge kostbar für uns sein. Und wie schon oben bemerkt, wenn wir in den Besitz derselben gelangen werden, so wird auch eine Verbindung zwischen den höheren und niederen Regionen bestehen; wir werden in bewusster königlicher Würde und in vollkommener priesterlicher Heiligkeit die Geschäfte des Reiches versehen.

Auch wird die Herrlichkeit in uns offenbart werden (Röm 8); ein jeder Heilige wird ein Träger oder ein Gefäß derselben, ein jeder ein Kind des Lichts, ein Kind des Tages und ein Sohn der Herrlichkeit sein, verherrlicht zusammen mit Christus, um in Verbindung mit Ihm über die Schöpfung hienieden ein, Licht auszustrahlen, welches dasjenige der Sonne oder des Mondes weit übertrifft, so dass das gegenwärtige, sehnsüchtige Harren der Kreatur in der dann erfüllten „Offenbarung der Söhne Gottes“ seine völlige Befriedigung gefunden haben wird.

„Und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihren Stirnen sein“ (Off 22,4). Sie werden in innigem, vertrautem Verkehr mit Ihm stehen und mit Ihm reden von Angesicht zu Angesicht, wie ein Freund zum Freund spricht, ohne Furcht oder Misstrauen; denn ihr Recht dazu wird gleichsam von seiner eignen Hand gezeichnet und versiegelt sein. Er wird sie mit sich selbst verbunden haben; und sie werden dieses wissen, weil sein Name an ihren Stirnen ist. Sie werden, gleichsam innerhalb aller Vorhänge, in dem himmlischen Tempel wandeln, ihren Herrn anschauen, Ihn lieben und bewundern.

Außerdem wird dann, wenn wir so sprechen dürfen, alles nach unserem Sinn sein; alles wird recht sein in unseren Augen, alles unser gleichmäßiges und völliges Wohlgefallen erregen und gerade so sein, wie wir es zu haben wünschen. Wir sehen dies in dem Buch der Offenbarung, in dessen Verlauf die himmlische Familie, wo sie auch immer vor unser Auge tritt, stets in der vollkommensten Übereinstimmung mit den geschilderten Vorgängen erscheint. In Kapitel 4 wird der Thron zum Gericht vorbereitet – Blitze, Donner und Stimmen gehen ans ihm hervor; doch die Ältesten und die vier lebendigen Wesen erheben ihre Stimmen, um den Namen des Herrn Gott, des Allmächtigen, der da sitzt und alles leitet, zu preisen. In Kapitel 5 nimmt das Lamm das Buch, und dies gibt ihnen wiederum Ursache zur Freude; sie nehmen ihre Harfen, um Ihn zu verherrlichen, und erfreuen sich an der Aussicht, welche dieser Anblick vor ihnen eröffnet. In Kapitel 11 kündigt der siebente Engel Gericht an, aber dies verursacht nur, dass sie auf ihr Angesicht niederfallen und anbeten und danksagen. In Kapitel 12 ist der Krieg in dem Himmel und sein Ausgang ganz in Übereinstimmung mit ihren Gedanken; mit lauter Stimme verkündigen sie „Heil.“ In Kapitel 15 sind die Werke und Wege Gottes, seine Ratschlüsse und seine Macht der Gegenstand ihres Gesanges. In Kapitel 19 ruft das Gericht des Weibes, welches die Erde verdarb, wieder und wieder das Halleluja der verherrlichten Familie wach. So ist alles, von Anfang bis zu Ende, ausnahmslos und völlig richtig in ihren Augen; alles ist genauso, wie sie es zu haben wünschen. Sie triumphieren ebenso laut, wenn der Herr erscheint als der Rächer (Off 19), wie wenn Er sich in seinem Charakter als der Erlöser offenbart (Off 5). Alles ist für sie schön zu seiner Zeit. Die Hochzeit des Lammes ist ebenso völlig in Übereinstimmung mit ihren Gedanken, als das Gericht der großen Hure.

Alles das ist sehr verschieden von dem, was der Gläubige jetzt fühlt. Wenn er geistlich ist, so ist nichts um ihn her für ihn völlig richtig. Und dies wird immer mehr der Fall sein, je weiter die Welt auf der Bahn ihrer Erfindungen fortschreitet und je mehr sie sich in ihrem Hochmut und ihrer Anmaßung erhebt. Es sollte dies in Bezug auf die Stärke unserer Zuneigungen eine ernste Prüfung in uns hervorrufen. Fragen wir uns selbst, in wie weit wir durch die besonders in den letzten Jahrzehnten sich steigernde Sucht, die Welt zu verschönern und zu vervollkommnen, beeinflusst werden? Wünschen wir uns Glück, zu einer solchen Zeit zu leben? Erfreuen uns jene weltlichen Bestrebungen, oder stimmen sie unsere Herzen zur Traurigkeit? Es ist dies ein Prüfstein für den Zustand unserer Seele, ob wirklich Christus unser Gegenstand ist oder nicht. Der große Turm in den Ebenen von Sinear mochte der Ruhm eines Nimrods sein; Abraham aber würde sich von ihm abgewandt haben, um zu weinen. Ebenso ist das, was die Trauer und Wehklage der Kaufleute der Erde hervorruft, die Ursache des Jubels der Himmel (Off 18).

Die wichtige Frage für uns besteht darin: Ist Christus der Gegenstand unserer Herzen – das, wonach wir uns sehnen? Gerade das wird der erhabenste und herrlichste Teil unserer reichen Segnungen in dem Himmel sein, dass Er unser ist, dass Er in unserer Nähe, bei uns weilt. Das, was für das Herz bereitet wird, ist stets der köstlichste Gedanke, mit dem wir uns beschäftigen können. So war es mit Adam im Anfang. Er wurde in den Besitz jenes herrlichen Gartens gestellt, der alles in sich schloss, was die Sinne befriedigen konnte. Es gab dort Bäume und Früchte, die für Auge und Gaumen gleich angenehm waren; die Wünsche des Einen wie des Anderen, ja aller Sinne und Fähigkeiten des Menschen, konnten in heiliger Weise befriedigt werden, da der Baum der Erkenntnis noch nicht berührt worden war. Gott nahm den ersten Platz ein; das Geschöpf wurde nicht höher gehalten und mehr verehrt als der Schöpfer. Alle die Sinne konnten in richtiger Weise ihre Befriedigung finden, da der göttliche Pflanzer des Gartens für sie Vorsorge getroffen hatte (1. Mo 2,9). Und mehr als das. Adam empfing aus derselben Hand die Herrschaft. So wie Gott in den höheren Welten die Sterne bei ihren Namen nannte, so gab er auf der Erde dem Menschen das Recht, den Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels Namen zu geben, und machte ihn so zu dem Herrn der Schöpfung. Für sein Auge, sein Ohr, seinen Geschmack und sein Verlangen nach Würde und Herrschaft war in göttlicher und vollkommenster Weise Vorsorge getroffen. Doch das Herz war bis dahin unbefriedigt. Der Tag der Krönung Adams war nicht der Tag seiner Heirat. Doch der Herr Gott kannte ihn. Er kannte das Geschöpf, welches Er in seiner Liebe und Vollkommenheit gebildet hatte. „Es ist nicht gut“, sagt Er, „dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen.“ Und Adam empfängt Eva aus derselben Hand, die ihm den Garten Eden mit seinen Früchten und die Herrschaft über die Erde gegeben hatte. Bei dieser Gelegenheit öffnen sich seine Lippen. „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund.“ „Dieses Mal ist es Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch“, sagt Adam und drückt dadurch seine volle Befriedigung aus. Jetzt bedurfte er nichts mehr. Eden mit all seinen Erfrischungen für das Auge und den Gaumen, die Herrschaft in ihrer weiten, unbegrenzten Ausdehnung, nichts konnte das in ihm bewirken, was der Anblick Evas hervorbrachte. Sie entlockte seinen Lippen das Bekenntnis, dass er jetzt befriedigt war. Und so wird es mit uns sein, wenn wir Jesus besitzen und für immerdar in unserem himmlischen Eden sein werden.

Es ist sehr gesegnet, diese und ähnliche durch das Wort hin Zerstreuten Nachrichten über den Himmel einer eingehenden Betrachtung zu unterwerfen. Der Heilige Geist, welcher das Unterpfand unseres Erbes genannt wird, macht dieselben lebendig für unsere Seelen. Und gerade diese Nachrichten und Bemerkungen sind es, die uns in einem göttlichen Sinn zu Fremdlingen und Pilgern hienieden machen. Abraham wurde nicht deshalb ein Fremdling, auf der Erde, weil er in Mesopotamien Not und Elend fand – wir lesen nichts davon – sondern weil der Gott der Herrlichkeit in der Sprache der „Verheißung“ Zu ihm geredet hatte. Er verließ seine Heimat, seine Verwandtschaft und das Haus seines Vaters im Blick auf das, was vor ihm stand, aber er wurde nicht ausgetrieben durch das, was hinter ihm lag. Es war eine göttliche Fremdlingschaft hienieden.

Steht es auch so in unserer Seele, mein lieber christlicher Leser, oder wünschen wir, dass es so sein möchte? Betrachten wir stets die vor uns liegende, herrliche Aussicht und suchen wir die verschiedenen Andeutungen, die uns in Betreff derselben gemacht worden sind, zu erforschen? Das sind Fragen, die unsere Seelen beleben und leiten sollten. Eine aufrichtige Prüfung wird vielleicht Demütigung und Selbstgericht in uns hervorrufen, aber sie wird außerordentlich heilsam sein.

Um uns gleichsam eine völlige Herzensfreudigkeit zum Genuss des Himmels, der einst unser Teil sein wird, zu geben, hat der Herr uns belehrt, dass wir in gewissem Sinn dort notwendig sind, so unwichtig wir in unseren eignen Augen auch sein mögen. Ein jeder soll, wie wir schon oben bemerkten, ein Gefäß der Herrlichkeit sein; das eine Gefäß mag mehr enthalten wie das Andere, aber ein jedes hat die Fülle und ist notwendig in jenem Haus der Herrlichkeit. Unsere Gedanken sind gewöhnlich damit beschäftigt, wie notwendig der Herr für uns ist. Aber es ist ebenso wahr – zum Preis der Reichtümer der Gnade – dass wir notwendig sind für Ihn. „Das Weib ist des Mannes Herrlichkeit.“ Sicherlich sind wir ohne jede Wichtigkeit, wenn es sich um Leben und Errettung handelt – Er ist notwendig für das Leben, wie für die Freude, für die Errettung, wie für die Herrlichkeit; aber wir sind wichtig, wenn seine Freude und Herrlichkeit in Frage kommt.

Gott trug Sorge für die Freude Adams, als Er beschloss, die Eva zu bilden. Sicher war Adam für Eva ein Gegenstand der reinsten und vollkommensten Freude; aber dennoch war es die Absicht Gottes, dass Adam in Eva sein Glück finden sollte. So ist es auch in der Jetztzeit, dem Zeitalter des Evangeliums. Für den wahren Adam wird jetzt Sorge getragen. „Das Reich der Himmel ist verglichen einem König, der seinem Sohn Hochzeit machte.“ Und ebenso wird es in dem Zeitalter der Herrlichkeit sein. Die Hochzeit, die dort gefeiert wird, wird „die Hochzeit des Lammes“ genannt, nicht „die Hochzeit der Kirche oder des Weibes des Lammes“, sondern des Lammes, als wenn dieses der einzige Hauptteilhaber jener Freude wäre. Und so ist es auch. Die Versammlung wird ihre Freude an Christus haben, aber Christus eine noch größere Freude an der Versammlung. Für alle Ewigkeit wird seine erlöste Braut der Gegenstand seiner höchsten Wonne sein. Wie in allen Dingen, so muss Er auch hierin den Vorrang haben – seine Freude an ihr wird größer sein, als ihre Freude an Ihm.

Und alle die zuvorerkannten, himmlischen Gläubigen keiner (darf fehlen) werden die Eva jenes Adam bilden und die Braut oder das Weib darstellen, welches bestimmt ist, die Freude und Herrlichkeit des Mannes zu sein. Alle sind jetzt „wohl zusammengefügt und verbunden durch jegliches Gelenk der Darreichung“, und ebenso werden auch dann alle erforderlich sein. Wie köstlich ist es, dass der Herr nicht allein den Himmel, sondern auch das Herz in einer Weise zubereitet, dass wir denselben mit völliger Freudigkeit genießen können, indem wir sehen, dass wir selbst einen notwendigen Teil der Herrlichkeit bilden. So tröstete einst Joseph seine Brüder, indem er ihnen sagte, dass Gott ihn vor ihnen her nach Ägypten gesandt habe, um sie am Leben zu erhalten. Es ist wahr, ihre verbrecherischen Hände hatten es getan, aber zugleich war es geschehen nach den Absichten und Ratschlüssen Gottes, und auf dies letztere wollte er ihre Gedanken richten. So handelt die Liebe, und „Gott ist Liebe.“ Die Liebe wird nicht nur das Fest bereiten, sondern auch alles tun, was in ihrer Macht steht, damit das Fest mit allem Vertrauen und aller Herzensfreude genossen werden kann. Sie stellt nicht nur einen Tisch auf, sondern bereitet auch Sitze für die Gäste und setzt ihnen einen gefüllten Teller vor und gibt ihnen Freudigkeit zu essen.

Können wir an diese Dinge, die bald, und dann für immer und ewig, unser Teil sein werden, denken und unseren Herzen Glück wünschen, dass es so ist? Können wir uns selbst glücklich schätzen, dass wir solche Aussichten haben? Können wir, wie der Geizige beim Gedanken an seine zu Haus aufgespeicherten Schätze den Spott der Welt ertragen kann, in der Hoffnung auf diese himmlische Freude über der Erde und ihren Verheißungen leben? (Schluss folgt)

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