Botschafter des Heils in Christo 1871

Die Glaubensprobe

In der gleichlautenden Stelle in Markus 6,30 lesen wir, dass sich „die Apostel wieder zu Jesu versammelten und Ihm alles erzählten, sowohl was sie getan, als auch was sie gelehrt hatten.“ Und hier in Matthäus 14 lesen wir, dass die Jünger Johannes des Täufers, nachdem sie den Leib ihres Meisters begraben hatten, „kamen und es Jesu berichteten“. Das Heilmittel sowohl gegen Selbsterhebung, als gegen Traurigkeit ist stets in seiner unmittelbaren Gegenwart zu finden. Er sagte zu seinen aus ihrem Arbeitsfeld zurückkehrenden Jüngern: „Kommt ihr selbst her an einen wüsten Ort besonders und ruht ein wenig aus“ (Mk 6). Welche zärtliche Fürsorge zeigt hier der Herr den Seinen, während Er sich kaum selbst Ruhe gönnte, und Er überall, sei es in der Wüste, oder im Schiff, übermäßige Arbeit fand! Doch als ihre Füße den wüsten Ort betreten halten, fand Er es für nötig, den Glauben der Jünger auf die Probe zu stellen. Eine große Volksmenge hatte, sich versammelt. Die Schar war groß; und der Vorrat an Lebensmitteln bestand nur aus fünf Broten und zwei Fischen. Das Herz Jesu war bewegt beim Anblick der Menge; Er beschäftigte sich sogleich mit ihren Bedürfnissen. Wie am Jakobsbrunnen bei der Samariterin, so vergaß Er auch hier sich selbst und dachte nur an andere. Nicht so die Jünger. In ihren selbstsüchtigen Herzen mochten sich etwa folgende Gedanken regen: „Der Vorrat reicht gerade für uns selbst hin; aber was wir haben, müssen wir auch für uns selbst brauchen!“ Und aus solchen Herzen kamen die Worte: „Der Ort ist wüst, und es ist schon spät an der Zeit. Entlass sie, damit sie hingehen auf die Felder und Dörfer ringsum und sich Brote kaufen; denn sie haben nichts zu essen.“ Doch der Herr sagt zu ihnen: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ – Wie selbstsüchtig zeigt sich hier das Herz, wie schwach der Glaube jener Jünger, die soeben noch Bericht gegeben halten über das, was „sie getan und was sie gelehrt hatten“! Sicher bot das Verfahren des Herrn ein geeignetes Mittel dar, um die Stimmen der Selbsterhebung zum Schweigen zu bringen, und dann zeigt der Herr seine Macht gegenüber ihrer Schwachheit. Er speist die Schar, und jeder Jünger behielt noch einen vollen Korb für sich übrig. Wie beschämend für sie!

Im Licht seiner Gegenwart entdecken wir unsere Schwachheit und unsere Selbstsucht, aber auch seine Macht und seine Liebe. O möchte in dieser seiner Gegenwart stets unser Platz sein! Dort machen wir die Probe über das, was wir sind, und was Er ist.

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