Botschafter des Heils in Christo 1871

Die Errettung des Hauptmanns Kornelius

Wie einfach und lieblich ist die Geschichte jeder zu Christus geführten Seele! Mögen die Umstände, unter denen diese Führung geschah, auch noch so verschieden sein, so gewahrt man doch bei jeder Bekehrung die Tätigkeit und Wirkung einer und derselben Gnade, eines und desselben Lichtes und desselben Geistes. Nur ein Name ist dem Menschen zur Errettung gegeben, nur ein Werk der Versöhnung ist vorhanden, nur eine Grundlage des Friedens existiert, nur ein Ziel ist in Aussicht. Seit den Tagen der Apostel bis zu diesem Augenblick hin gilt nur die eine Wahrheit, dass der Mensch ein verlorener Sünder ist, und dass Gott in Christus eine vollkommene Gnade anbietet. Wie einst, so wohnt auch jetzt nichts als Feindschaft wider Gott in dem Herzen –des natürlichen Menschen; aber wie einst, so richtet auch jetzt das Wort die Mahnung an die Sünder: „Lasst euch versöhnen mit Gott! Denn Er hat den, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden Gottes Gerechtigkeit in Ihm“ (2. Kor 5,20–21).

„Es war aber ein gewisser Mann zu Cäsarea, mit Namen Kornelius, ein Hauptmann von der Schar, genannt die Italische; fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus, der auch dem Volk viele Almosen gab, und immerdar zu Gott betete“ (V 1–2). Diese Worte zeigen uns den Hauptmann in seiner äußeren Stellung, die dem Anschein nach keineswegs geeignet war, ein Fragen nach den Dingen des Reiches Gottes im Herzen wachzurufen. Der war nicht nur ein Kriegsmann, der, wie in unseren Tagen, für eine bestimmte Zeit zu einem solchen Dienste gesetzlich verpflichtet ist, sondern hatte sich zu dieser Stellung, als einem Gewerbe, freiwillig anwerben lassen; und es ist einleuchtend, dass ein solcher Beruf weit eher dazu angetan sein musste, sein Herz mit Stolz, Übermut und Kriegsliebe zu erfüllen, als demütig und friedliebend zu machen. Dazu war er ein Heide, also in natürlicher Verbindung mit denen, die da „wandeln in der Eitelkeit ihres Sinnes, verfinstert am Verstand, entfremdet von dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihres Herzens, welche, weil sie alle Empfindlichkeit verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, alle Unreinigkeit gierig auszuüben“ (Eph 4,17–19). Ja, er war ein Heide, aufgewachsen unter Menschen, welche den lebendigen Gott weder kannten, noch liebten, noch ihm dienten, und die, lebend in Unwissenheit, Irrtum und Aberglauben, ohne Anrecht und Hoffnung auf irgendwelche Segnung Gottes, „den Willen des Fleisches und der Gedanken“ ausübten. In der Tat, sowohl seine äußere Stellung, als auch sein religiöser Standpunkt bildeten in seinem natürlichen Herzen einen Boden, auf dem keine Frucht für Gott hervorsprießen konnte.

Nichtsdestoweniger aber hatte die freie und unumschränkt wirkende Gnade einen hellen Lichtstrahl in das tiefe Dunkel der Seele dieses Heiden geworfen und Bedürfnisse in seinem Herzen geweckt, die nur in dem Wort vom Kreuz eine völlige Befriedigung finden konnten. Wir finden unseren Kriegsmann in einem Zustand, der selbst manchem Christen die Schamröte ins Gesicht treiben sollte. Es wird daher nicht ohne Segen sein, etwas näher darauf einzugehen und die Herzensstellung des Hauptmanns im Licht Gottes zu betrachten.

Er war, wie das Wort sagt, „fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus“. Welch ein herrliches Zeugnis aus dem Mund des Heiligen Geistes! Hier ist nicht von einer pharisäischen Frömmigkeit die Rede, wie man sie damals bei dem Volk Israel in so vielfacher Weise finden konnte, und wie man sie heutzutage in der bekennenden Kirche in den verschiedenartigsten Formen finden kann. Nein; das Auge Gottes, das die tiefsten Falten des Herzens zu durchdringen vermag, ruhte mit Wohlgefallen auf dieser aufrichtigen Frömmigkeit; Gott selbst sagt: „Er war fromm und gottesfürchtig.“ Selbst unter den Gläubigen des Alten Bundes, die Propheten mit eingerechnet, gab es nur eine geringe Zahl derer, die sich eines solchen Zeugnisses von Seiten Gottes zu erfreuen hatten. Und wie verschwindend klein mag in unseren Tagen die Zahl der Christen sein, die nach dem Zeugnis Gottes ihren Wandel zieren durch Frömmigkeit und wahre Gottesfurcht? Und was würde der Herr von uns zeugen? O möchten wir stets unser Urteil in dieser Sache nach dem untrüglichen Worte der Wahrheit bilden?

Er war „fromm und gottesfürchtig“. Frömmigkeit und Gottesfurcht sind unzertrennlich mit einander verbunden; die eine entspringt aus der anderen, und beide sind Früchte des Glaubens an Gott. Wer in Wahrheit an den allmächtigen, allwissenden und gerechten Gott glaubt, der fürchtet Gott; und ein gottesfürchtiger Mensch scheut das Böse und sucht es zu meiden. Diese heilige Scheu weckt in ihm die Frage: „Was muss ich Gutes tun?“ – und es ist das Verlangen seines Herzens, durch wahren Gehorsam gegen Gott, durch Ausübung dessen, was Gott wohlgefallt, die Gunst Gottes zu erlangen. So war es bei Kornelius. Er glaubte an den Allmächtigen; und seine Frömmigkeit und Gottesfurcht waren die, Früchte dieses Glaubens.

Und was war die nächste gesegnete Wirkung eines solchen Betragens? – Frömmigkeit und Gottesfurcht übten ihre Herrschaft über sein ganzes Haus aus. Er war „fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus“. Welch ein Familiensegen! Der himmlische Ton, der so klar, bestimmt und ungemischt aus dem Herzen des frommen und gottesfürchtigen Kriegers hervorklang, hatte einen Wiederhall in den Herzen seiner Angehörigen gefunden. Alle stimmten mit in denselben Ton ein, und der gemeinschaftliche Klang stieg hinauf „in das Geheimnis vor Gott“. Kornelius übte durch die Aufrichtigkeit und Gründlichkeit seiner Frömmigkeit und Gottesfurcht einen solch gesegneten Einfluss aus, dass nicht nur sein Gesinde, sondern selbst Kriegsknechte (V 7) von dieser Macht erfasst wurden und der Frömmigkeit und Gottesfurcht einen Platz in ihrem Herzen einräumten. Er war gleich einer Quelle in der Wüste, die durch beständige Spendung ihres erfrischenden Wassers den sie umringenden dürren, unfruchtbaren Sandboden, soweit das befeuchtende Büchlein zu rinnen vermag, zu einer fruchtbaren Oase umwandelt. Seine Worte und seine Werke wurden zu einem hellstrahlenden Licht, das die dunklen Schatten in seiner Umgebung verscheuchte, das Böse offenbar machte, strafte und verdrängte, und die Herzen zum Guten erwärmte und belebte. Welch eine gesegnete Macht ist doch die wahre Frömmigkeit und Gottesfurcht eines Familienhauptes! Aber auch wie ernst und groß ist seine Verantwortlichkeit in dieser seiner Stellung! Sein Einfluss erstreckt sich über sein ganzes Haus, über Weib und Kind und Gesinde – mag dieser Einfluss ein guter oder ein böser sein. O möchten wir alle, die wir einen solchen Platz einnehmen, stets die ganze Größe dieser Verantwortlichkeit fühlen! Ach, wie groß mag in unseren Tagen die Zahl christlicher Hausväter sein, die, beschämt über ihr nachlässiges Verhalten in ihren Häusern, zu den Füßen dieses frommen und gottesfürchtigen Heiden sitzen und von ihm lernen müssten, wie sie ihrem eigenen Haus vorstehen sollen! Wie, gering und unbedeutend ist oft der Einfluss der Väter den Kindern gegenüber! Vielleicht ermahnen und strafen sie viel; vielleicht lassen sie es nicht an Vorschriften und Drohungen mangeln. Aber nirgends Zeigt sich ein günstiger Erfolg, nirgends eine gesegnete Frucht. Es keimt und sprießt das Böse in den jungen Herzen immer mehr empor, und immer kühner legen Satan und die Welt ihre Stricke, bis der Einfluss des Elternhauses völlig gelähmt und das Verderben zu schreckenerregender Größe gewachsen ist. Und warum dieses alles? Weil das Familienhaupt kein Muster ist, zu dessen Nachahmung sich jemand gedrungen fühlt. Es fehlt der lautere, treue, entschiedene Wandel, der den Christen ziert. Ist es daher ein Wunder, wenn das Haus nicht zu Gott gebracht wird, und das Böse bis zum Gericht fortwuchert? O möchten doch alle das Wort beachten: „Wer auf Fleisch sät, wird vom Fleisch das Verderben ernten.“

Doch, Gott sei Dank! dass auch in unseren Tagen – wie gering ihre Zahl auch sein mag – noch Väter vorhanden sind, die die Notwendigkeit eines eigenen treuen Wandels anerkennen, wenn sie anders gesegnete Erfolge durch die Zucht und Ermahnung ihrer Angehörigen erzielen wollen; und dass sie daher in Treue und Entschiedenheit, aber auch in der Unterwürfigkeit und Abhängigkeit ihres Gottes ihren Weg fortsetzen, beständig stehend, dass der Herr ihr ganzes Haus mit seinem Segen überschütten möge. Wie steht es in dieser Beziehung mit dir, mein teurer Leser? Bist du ein Familienvater, oder wenigstens in irgendeiner Stellung, wo du Einfluss ausüben kannst? Welch ein Zeugnis wird der Heilige Geist über dich aussprechen? Welch einen Einfluss übst du auf deine Familie oder auf deine nächste Umgebung aus? Erfreust du dich mit Dank gegen den Herrn solcher Erfolge, deren sich, schauend auf sein ganzes Haus, Kornelius erfreuen konnte. Bist du „fromm und gottesfürchtig mit deinem ganzen Haus“? Oder sind deine Kinder ungehorsam, weltlich, prunksüchtig und gegen die Wahrheit feindselig? Blicke auf Kornelius – blicke auf Eli! Der eine wandelte treu, fromm und gottesfürchtig; und sein ganzes Haus folgte seinem Beispiel; der andere kannte die Missetaten seiner Söhne, ohne einmal ihnen gewehrt zu haben (1. Sam 3,13). und fand samt ihnen ein trauriges Ende! Welch eine ernste Tatsache!

Weiter lesen wir in unserem Abschnitt, dass Kornelius auch „dem Volk viele Almosen gab und immerdar zu Gott betete“. Wie lieblich und beachtenswert ist auch dieses von Gott selbst ausgestellte Zeugnis – ein Zeugnis, welches leider nicht allen Christen gegeben werden kann! Ein Herz, das in Gott alle Bedürfnisse befriedigt sieht und mit wahrhaftiger Liebe von Gott und seinem Werk eingenommen ist, teilt gern die ihm vertrauten Gaben auch anderen mit und zeigt sich überhaupt stets bereit, das vor Gott Wohlgefällige zu tun. „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ Sicher gehörte Kornelius nicht in die Reihen derer, die mit pharisäischem Dünkel ihre Gaben spenden, um von den Leuten gesehen zu werden. In diesem Fall wäre sein Lohn dahin gewesen. Aber im Gegenteil, Gott, der jede Triebfeder und jede Handlung mit göttlicher Wage abwägt, sandte ihm durch seinen Engel die Botschaft: „Deine Gebete und deine Almosen sind hinaufgestiegen in das Gedächtnis vor Gott“ (V 4). Was indessen seinen Gabenspendungen die wirkliche Weihe verlieh, und was ihnen den Stempel des Glaubens, „ohne welchen es unmöglich ist, Gott wohl zu gefallen“, aufdrückte, war, dass er seine Almosen „dem Volk“ gab; denn diese Handlung bezeugte es, dass er, der Heide, das Volk Israel als das Volk des lebendigen Gottes anerkannte, dem er mit seinen Gaben diente. Und dieses ist wohl hauptsächlich der Grund, dass „seiner Almosen vor Gott gedacht wurde“, und zwar als eine von Gott gegebene Antwort auf den Glauben, den er durch seine Gnadenspendungen an den Tag legte. Seine Gabenspenden und sein Gebet – Beides hatte seine Quelle in Gott und stieg empor zu Gott. Taten und Worte standen im Einklänge. Er betete „allezeit“. Nachahmungswürdiges Beispiel! Die gefüllte Hand streute reichlich aus; aber das Herz beschäftigte sich mit Gott, der diese Hand gefüllt hatte. Ist das auch unsere Weise? Ach, wie oft schaut unser Herz mit Selbstgefälligkeit auf das, was wir tun, anstatt im Gebet mit. Gott zu verkehren! Soll aber die Linke nicht wissen, was die Rechte tut, dann müssen wir das Beispiel unseres frommen und gottesfürchtigen Kriegers nachahmen: Er betete „allezeit“.

Wie sehr beschämt dieser Heide die gedankenlose Menge der Christenheit! Bald begegnet man einer erschreckenden immer mehr zunehmenden Zahl offenbarer Spötter und Verächter des Gebets, bald einer unabsehbaren Schar, welche nach vorgeschriebenen Regeln und Formen Gebete hersagt, die nimmer „in das Gedächtnis vor Gott emporsteigen“. Der Unglaube und der Aberglaube erheben in unseren Tagen mächtig ihre Riesenhäupter, um bis zum Gericht ihren Wettlauf fortzusetzen. Kornelius dagegen betete allezeit, und seine Gebete erreichten das Ohr des allmächtigen Gottes. Sie drangen aus einem aufrichtigen Herzen und stiegen empor zu Gott. Welch eine unendliche Gnade, dass es dem Menschen zu jeder Zeit und in jeder Lage gestattet ist, Gott anzurufen und auf seine Hilfe zu rechnen! Er ermahnt den Hilfsbedürftigen, indem Er sagt: „Ruf mich an in der Not, und ich will dich retten, und du sollst mich preisen.“ Er verweigert nimmer seine Hilfe, seinen Rat, seine Gnade, sein Erbarmen. Wie wenig wird dieses erkannt und geschätzt! Wie sehr fühlt sich der Mensch geehrt, wenn er bei einem König Zutritt hat und demselben seine Angelegenheit vorstellen darf! Und wie wenig schätzt er es, dass ihm in Christus eine Tür bei Gott, dem König aller Könige, geöffnet ist, um dort Rat, Trost und Hilfe holen zu können. Kornelius, obgleich ein Heide, machte Gebrauch von dieser Gnade, dem Thron Gottes zu nahen. „Er betete allezeit.“ Und du, mein teurer Leser? Hast du Gott gesucht als ein mühseliger, beladener Sünder? Nun sicher, dann wirst du auch den Reichtum seiner ihn Christus offenbarten Gnade kennen gelernt, die Kraft der versöhnenden Liebe erfahren und Gott selbst als deinen Vater gefunden haben. Aber wie machst du es jetzt nach solch herrlichen Erfahrungen? Eilst du in deinen Sorgen und Mühen, in deinen Leiden und Kümmernissen stets zu Ihm, der dem Vater ist? Betest du allezeit, wie Kornelius? Ach, wie wenig ist oft unter den Kindern Gottes dieses anhaltende Gebet zu finden! Hast du dich in dieser Beziehung nicht anzuklagen? Vielleicht versäumst du es nie. Dich bei Tische tagtäglich im Gebet zum Herrn zu wenden; aber findet man dich auch öfters allein in deinem Kämmerlein beschäftigt, vor dem Herrn dein Herz auszuschütten? Wenn dieses mangelt, dann vernachlässigst du sicher die Ausübung eines großen Vorrechts, welches dir in dem Gebet verliehen ist, und zeigst Trägheit und Gleichgültigkeit gegen Ihn, der dich liebt, und der, schauend die uns umringenden Gefahren, in seinem Wort uns zuruft: „Betet ohne Unterlass!“ und: „Haltet an am Gebet!“ Und was ist die Ursache einer solchen Gleichgültigkeit? O es ist klar, die Welt und die Dinge dieser Welt erfüllen und beschäftigen das Herz; und darum gibt es keinen Platz mehr für andere Bedürfnisse. O möchten wir doch einen solchen Zustand mit Entschiedenheit richten! Kornelius betete „allezeit.“ Und mit welch einem Ernst! Sicher, sein Verhalten beschämt manchen Christen!

Aber wie sehr seine Gebete und Almosen auch bei Gott eine durchaus gnadenreiche Beurteilung und sogar eine völlige Anerkennung fanden, so waren sie doch nicht das Mittel, durch welches er Versöhnung, Frieden, Leben und Gerechtigkeit – kurz alles das erlangen konnte, was er bedurfte, um als ein geretteter Sünder in die Herrlichkeit einzugehen. Weder seine von Gott anerkannte Frömmigkeit und Gottesfurcht, noch sein Glaube an den Allmächtigen, noch seine Almosen, noch sein Beten und Fasten, noch endlich seine gesegnete Wirksamkeit in seinem Haus – nichts von diesem allem, wie wertvoll und wohlgefällig es vor Gott auch an und für sich war, vermochte ihn vom ewigen Verderben zu erretten. Seine Gebete, anstatt für seine Seele ein Ruheplatz zu werden, weckten neue Bedürfnisse – Bedürfnisse nach einer vollkommenen Erlösung von allen Sünden und nach einem Frieden, den ihm seine Frömmigkeit, seine Gebete und Handlungen nimmer verschafft hätten. Wie manche nach Heil und Frieden verlangende Seele mag schon gedacht haben: „Ach, wäre ich doch auch so fromm und mildtätig, so gottesfürchtig und gebetseifrig wie dieser Kornelius, dann würde ich nicht länger an meiner Seligkeit zweifeln!“ – Doch Kornelius nährte nicht solche Gedanken in seinem Herzen. Sein beständiges Beten, obwohl sicher gewirkt durch die Gnade, verriet es nur zu deutlich, dass in seiner Seele ein Sehnen und Verlangen erwacht war, worüber er sich vielleicht selbst keine Rechenschaft zu geben vermochte. Selbst die Erscheinung eines Engels stillte diese Sehnsucht nicht. Der durch den Geist Gottes wach gerufene Sturm konnte auch nur durch den Geist Gottes selbst zum Schweigen gebracht werden.

Wie viele Seelen gibt es selbst noch in unseren Tagen, die, anstatt mit einfältigem Herzen den Aussprüchen Gottes zu glauben, eine große Neigung verraten, ihre Errettung auf etwas, was sie gesehen oder gehört haben wollen, d. h. auf Erscheinungen zu gründen, welche nüchtern beurteilt, nichts sind als leere Trugbilder einer aufgeregten Phantasie und darum sicher der Seele keinen wahren dauernden Frieden zu geben vermögen! Ach! solche Seelen bedenken nicht, dass sie das Werk Christi, als die einzige Grundlage unserer Errettung, durch ihre vorgefassten Meinungen von seinem wahren Boden rücken, und dass es schon ein trauriger Beweis von Unsicherheit ist, wenn jemand bis zu den ersten Anregungen der Gnade zurückgreifen muss, um seine Bekehrung zu beweisen. Ein treuer Jünger des Herrn hat stets das Zeugnis des Heiligen Geistes in sich; er ruht auf dem Werk Christi und sein praktischer Wandel ist der Beweis seiner Bekehrung.

Die Erscheinung des Engels war indessen kein Trugbild, sondern eine Wirklichkeit. Der Engel war der Überbringer einer göttlichen Antwort auf das Gebet des Hauptmannes. Aber sicher war diese wunderbare Tatsache kein Grund, worauf später Kornelius seine Bekehrung gestützt haben wird. Welches denn war der wahre Grund? – Kornelius empfängt von Gott die Weisung: „Sende Männer nach Joppe und lass Simon holen, der Petrus zubenannt wird;“ (V 5) und nicht lange nachher finden wir die nach Joppe gesandten Männer dem Apostel gegenüber und hören die Worte: „Kornelius ... ist göttlich gewiesen worden, dich in sein Haus holen zu lassen und Worte von dir zu hören“ (V 22). Welche gnadenreiche Fürsorge von Seiten Gottes! Eine nach Heil dürstende Seele wird zu den erquickenden Wassern einer ewigen Heilsquelle, zu jenem Wort geleitet, das von Christus und seinem Erlösungswerk zeugt. Kein anderer Name ist dem Menschen zur Errettung gegeben worden, als der Name Christus Jesus; kein anderer Grund kann gelegt werden, als jener unerschütterliche, auf Golgatha gelegte Grund. Und als Petrus, ebenfalls göttlich gewiesen, die Schwelle des Hauses eines Heiden überschritten hatte und vor Kornelius stand, „tat er den Mund auf und sprach: Das Wort, das Gott den Söhnen Israels gesandt hat, Frieden verkündigend durch Jesus Christus, kennt ihr – die Sache – betreffend den Jesus von Nazareth diesem geben alle Propheten Zeugnis, dass jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfangen wird durch seinen Namen“ (V 34–43).

Das war etwas ganz Neues. Dem frommen und gottesfürchtigen Mann, der reichlich dem Volk Almosen spendete und immerdar betete, wird die Vergebung seiner Sünden angeboten, ein Beweis, dass auch er vor Gott ein Sünder war und daher der Errettung bedurfte. Zugleich aber ertönt von den Lippen des Petrus jener Name, von welchem allein das Heil und die Rettung des Sünders abhängt, jener köstliche und gesegnete Name, dessen Bedeutung und Wichtigkeit eine für den Menschen unerforschliche Höhe und Tiefe hat. Es ist der Name unseres hochgelobten Herrn und Heilands, den Gott als das ewige Fundament unserer Errettung, als den Felsen des Heils, als die Tür zu den Schafen, als den Weg, die Wahrheit und das Leben, als die Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung gegeben hat, und auf welchem das ganze Wohlgefallen Gottes ruht. Ja, Petrus, das Werkzeug des Heiligen Geistes, predigt Jesus, den Heiland der Sünder, und offenbart, wie Er ist, und was Er getan hat; und die begierigen Herzen des Hauptmanns, und seiner Angehörigen lauschen auf die holdseligen Worte des von Gott gesandten Fremdlings, der in der Kraft des Heiligen Geistes die in Christus verborgenen Schätze der unendlichen Liebe Gottes aufschließt und die dürstenden Seelen erquickt an der unerschöpflichen, unversiegbaren Quelle des Lebens.

Und die Wirkung: Kornelius glaubte den Worten des kostbaren Evangeliums, und „der Heilige Geist fiel auf alle, die das Wort hörten“, (V 44) und Zwar zur Bestätigung des Zeugnisses, dass Christus Jesus am Fluchholz alle seine Sünden getragen und für immer hinweggetan habe. Zwei wichtige Tatsachen treten hier vor unser Auge. Kornelius glaubt den Worten, die Petrus zu ihm von Jesu redete; und Christus Jesus ist, kraft des auf Golgatha vollbrachten Versöhnungswerkes, der Grund seiner Errettung. Der Heilige Geist aber, nachdem Er seine Wohnung in ihm genommen hat, ist das Zeugnis und der Beweis dieser seiner Errettung.

Wie einfach ist der Weg der Errettung eines Sünders! O möchten doch alle heilsbegierigen Seelen ihre Krücken und falschen Stützen fallen lassen und allein zu Ihm eilen, der eine ewige Erlösung durch seinen Kreuzestod zuwege gebracht hat, und dessen Blut reinigt von allen Sünden! Wie groß wird die Freude des geretteten Hauptmanns und seines Hauses gewesen sein, als die Sonnenstrahlen eines ewigen Friedens die finsteren Schatten der Sünde und des Todes für immer verdrängt hatten! Das Ende unseres Kapitels zeigt uns etwas davon: „Da baten sie ihn, dass er etliche Tage bleiben möchte“ (V 48). Ein Herz, das Jesus kennen gelernt und die Kostbarkeit seines Gnadenwerkes gekostet hat, ist stets begierig, noch tiefer in die Geheimnisse einer solch unendlichen, unbegrenzten Liebe einzudringen. O möchten doch auch wir alle immer tiefer einzudringen begehren in das, was Er für uns getan hat, und was Er für uns ist!

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