Botschafter des Heils in Christo 1856

Der alte und der neue Wein

Es gibt noch etwas in dem Charakter dieses Evangeliums. Wir finden hier ein anderes großes Geheimnis der menschlichen Natur erklärt, nämlich, die Macht der Gewohnheit und des Verhältnisses des Menschen, welche Dinge, menschlich gesprochen, so sehr die Kraft Gottes in seiner Seele verhindern. Wir haben von dem alten Wein genossen, (welchen das Fleisch für uns von unserer Geburt an bereitete) und unser Appetit für den jungen Wein, den der Sohn Gottes gebracht hat, ist verdorben. Wir alle wissen dies. „Wie könnt ihr Gutes tun,“ sagt der Prophet, „die ihr gewohnt seid, Böses zu tun? Kann auch der Äthiopier seine Haut ändern, noch der Pardel seine Flecken?“ Und hier sagt uns der große Prophet in gleicher Weise, dass niemand, der alten Wein genossen hat, sogleich jungen verlangt.

Und, Geliebte, es ist dies ein ernstes Wort, und alle tun wir wohl, Acht zu haben, damit wir nicht den alten Wein genießen. Jeder Gedanke, dem wir folgen, jeder Wunsch, den wir erlauben, hat entweder den Geschmack des alten oder des jungen. Es ist ein Trunk (mag es auch noch so wenig sein), es ist dennoch ein Trunk von dem einen oder dem anderen. Und dies Bewusstsein legt auf eines jeden Herz und Gewissen eine ernste Ermahnung: Was denkst du jetzt? Was genießest du jetzt? können wir oft des Tages unsere Seele fragen. Ist es eine Speise für das Fleisch, welche du bereitest, oder ist es ein Wandeln im Heiligtum? Kommt es vom Himmel oder aus der Hölle? Und sehr oft, Geliebte, erkennt der Heilige zu seinem Kummer und seiner Beschämung erst nachher, was er selbst bereitet hat. Der Patriarch Noah war nicht im Anfang betrunken; aber er ist ein Weinbauer geworden, er pflanzte einen Weinberg und danach – betrank er sich von dem Wein. Es kann die Seele im Zorn antworten: „Ist dein Knecht denn ein Hund, dass er dieses tun soll?“ Aber wird man den versteckten Charakter des Hundes erlauben, so wird er auch zur Zeit offen ausbrechen. Darum: „Wandelt im Geist,“ – dies ist der Heiligen Sicherheit, „auf dass ihr die Lüste des Fleisches nicht vollbringt.“ Und gewiss, Geliebte, ein wenig von diesem Wandel wird uns Kraft geben, unsere Sprache zu ändern, und zu sagen: „Der junge ist besser.“ Das ist, was unser geliebter Herr verlangt. Die heilige, wachsame Gewohnheit, um das Fleisch, seinen Charakter und seine Lust, zu verhindern, wird immer den Appetit für diesen jungen, und besseren Wein frisch erhalten. Und in diesem möchte die sanfte und doch starke Hand des Geistes uns täglich leiten.

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