Botschafter des Heils in Christo 1881

Befreiung

Es ist eine Tatsache, der sicher niemand – widersprechen wird, dass ein Christ, wenn er stirbt und zum Himmel geht, von der Macht der Sünde völlig befreit ist. Es ist augenscheinlich unmöglich, dass die Sünde über einen tobten Menschen Macht oder Gewalt haben kann. Aber es wird nicht so leicht erkannt oder zugegeben, dass der Gläubige jetzt schon von der Macht der Sünde ebenso gänzlich befreit ist, als wenn er schon gestorben und zum Himmel gegangen wäre. Die Sünde hat nicht mehr Herrschaft über ihn, als über einen Menschen, der bereits gestorben und begraben ist.

Wir sprechen natürlich von der Macht der Sünde und nicht von ihrer Gegenwart. Der Leser möge dies sorgfältig beachten. Es gibt in Bezug auf die Frage der Sünde einen wesentlichen Unterschied zwischen einem Christen hier und dort. Hier ist er nur befreit von der Macht der Sünde; dort wird er auch von ihrer Gegenwart befreit sein. In seinem gegenwärtigen Zustand wohnt die Sünde in ihm, aber die Herrschaft ist ihr genommen; bald wird sie auch nicht mehr in ihm wohnen. Die Herrschaft der Sünde ist bei dem Gläubigen beendigt, und die Herrschaft der Gnade hat begonnen. „Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade“ (Röm 6,14).,

Wir haben wohl zu beachten, dass der Apostel in Römer 6 nicht von Vergebung der Sünden spricht. Dieser Gegenstand wird im 3. Kapitel behandelt. Gepriesen sei Gott! alle unsere Sünden sind vergeben, ausgetilgt und hinweggetan. Allein im 6. Kapitel handelt es sich um die Befreiung von der Sünde als Macht oder als herrschender Grundsatz.

Wie erlangen wir diese unermessliche Gabe? Durch den Tod. Wir sind der Sünde gestorben – gestorben in dem Tod Christi auf dem Kreuz. Ist dies für jeden Gläubigen wahr? Gewiss; es ist kein Vorrecht etlicher; es gehört jedem Kind Gottes, jedem wahren Gläubigen an, es ist die allgemeine Stellung aller. Heilige, gesegnete Stellung! Lob und Dank sei Ihm, der sie für uns erworben und uns in dieselbe gebracht hat! Wir leben unter der glorreichen Herrschaft der Gnade – „der Gnade, welche herrscht durch die Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn“ (Röm 5,21).

Diese befreiende Wahrheit wird durch die Erlösten des Herrn wenig verstanden. Verhältnismäßig gehen nur wenige über die Vergebung der Sünden hinaus, wenn sie selbst soweit gehen. Ihre völlige Befreiung von der Macht der Sünde kennen sie nicht. Anstatt sich für das zu halten, was Gott von ihnen sagt, urteilen sie nach ihrem Gefühl, das unter der Macht der Sünde seufzt, und sind bezüglich ihrer Bekehrung oft in Furcht und Zweifel. Sie sind mit sich selbst beschäftigt, anstatt mit Christus. Sie blicken auf ihren Zustand, um Frieden und Trost zu erlangen, und deshalb sind sie unglücklich und müssen es sein. Wir werden nie Frieden erlangen, wenn wir ihn in uns suchen. Wir werden ihn aber in Wahrheit besitzen, wenn wir glauben, dass wir mit Christus gestorben, mit Ihm begraben, mit Ihm auferweckt, mit Ihm gerechtfertigt sind; mit einem Wort „dass wie Er ist, so auch wir in dieser Welt sind“ (1.Joh, 4,17).

Dies ist die feste Grundlage des Friedens; und nicht allein das, sondern es ist die alleinige göttliche Grundlage eines heiligen Lebens. Wir sind der Sünde gestorben; wir sind nicht berufen, uns zu töten, sondern wir sind gestorben in Christus. Manche mögen durch allerlei heilige Hebungen versuchen, die Sünde zu töten; aber alle ihre Anstrengungen, wenn auch noch so ernst und aufrichtig gemeint, werden vergeblich sein und nur schmerzliche Täuschungen im Gefolge haben.

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